chen oder Idanten zusammen (Fig. 18, II). Durch Edouard van Beneden haben wir zuerst erfahren, dass die Zahl dieser Idanten auf beiden Seiten die gleiche ist, eine Entdeckung, die seitdem für zahlreiche Thierarten, und neuerdings auch von Guignard für die Pflanzen bestätigt wurde, und die für die Auffassung der Idanten als der Vererbungssubstanz von ent- scheidender Bedeutung ist. Schon während die beiden Kerne sich einander nähern, verdoppeln sich ihre Centrosomen und ver- binden sich dann paarweise miteinander, um die beiden Pole einer Kerntheilungsspindel zu bilden (Fig. 18, III), welche meist erst nach völliger Auflösung der Kernmembranen die erste, zur Bildung des Embryo führende Zelltheilung (Fig. 18, IV) einleiten.
Der Vorgang der Befruchtung besteht also in der Ver- einigung der beiden Kerne der Geschlechtszellen innerhalb der mütterlichen Keimzelle und der beiderseitigen Zellkörper sammt ihren Theilungsapparaten. Das Keimplasma des durch Vereinigung der Geschlechtskerne gebildeten "Copulationskerns" besteht zur Hälfte aus Idanten der Mutter, zur Hälfte aus solchen des Vaters, und diese Combination zweier Vererbungs- substanzen leitet nun die Ontogenese und bestimmt den Aufbau des neuen Individuums. Dabei bleibt sich die Gesammtzahl der Idanten in allen Zellen des Körpers stets gleich, wenn z. B. acht väterliche und acht mütterliche Idanten bei der Amphi- mixis zusammentreten, so beträgt die Zahl der Idanten in allen1) Zellen des Körpers bei dem aus dem befruchteten Ei hervor- gehenden Individuum sechszehn, wenn -- wie in der bei- stehenden Figur -- deren nur zwei in jeder Keimzelle enthalten sind, so enthalten die somatischen Zellen deren vier.
1) Ob wirklich in "allen" Zellen die gleiche Zahl enthalten, wird durch eine neueste Beobachtung zweifelhaft; doch kann hier davon ab- gesehen werden, da sich die Bedeutung derselben noch nicht über- sehen lässt.
20*
chen oder Idanten zusammen (Fig. 18, II). Durch Edouard van Beneden haben wir zuerst erfahren, dass die Zahl dieser Idanten auf beiden Seiten die gleiche ist, eine Entdeckung, die seitdem für zahlreiche Thierarten, und neuerdings auch von Guignard für die Pflanzen bestätigt wurde, und die für die Auffassung der Idanten als der Vererbungssubstanz von ent- scheidender Bedeutung ist. Schon während die beiden Kerne sich einander nähern, verdoppeln sich ihre Centrosomen und ver- binden sich dann paarweise miteinander, um die beiden Pole einer Kerntheilungsspindel zu bilden (Fig. 18, III), welche meist erst nach völliger Auflösung der Kernmembranen die erste, zur Bildung des Embryo führende Zelltheilung (Fig. 18, IV) einleiten.
Der Vorgang der Befruchtung besteht also in der Ver- einigung der beiden Kerne der Geschlechtszellen innerhalb der mütterlichen Keimzelle und der beiderseitigen Zellkörper sammt ihren Theilungsapparaten. Das Keimplasma des durch Vereinigung der Geschlechtskerne gebildeten „Copulationskerns“ besteht zur Hälfte aus Idanten der Mutter, zur Hälfte aus solchen des Vaters, und diese Combination zweier Vererbungs- substanzen leitet nun die Ontogenese und bestimmt den Aufbau des neuen Individuums. Dabei bleibt sich die Gesammtzahl der Idanten in allen Zellen des Körpers stets gleich, wenn z. B. acht väterliche und acht mütterliche Idanten bei der Amphi- mixis zusammentreten, so beträgt die Zahl der Idanten in allen1) Zellen des Körpers bei dem aus dem befruchteten Ei hervor- gehenden Individuum sechszehn, wenn — wie in der bei- stehenden Figur — deren nur zwei in jeder Keimzelle enthalten sind, so enthalten die somatischen Zellen deren vier.
1) Ob wirklich in „allen“ Zellen die gleiche Zahl enthalten, wird durch eine neueste Beobachtung zweifelhaft; doch kann hier davon ab- gesehen werden, da sich die Bedeutung derselben noch nicht über- sehen lässt.
20*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0331"n="307"/><hirendition="#g">chen</hi> oder <hirendition="#g">Idanten</hi> zusammen (Fig. 18, II). Durch <hirendition="#g">Edouard<lb/>
van Beneden</hi> haben wir zuerst erfahren, dass die Zahl dieser<lb/>
Idanten auf beiden Seiten die gleiche ist, eine Entdeckung, die<lb/>
seitdem für zahlreiche Thierarten, und neuerdings auch von<lb/><hirendition="#g">Guignard</hi> für die Pflanzen bestätigt wurde, und die für die<lb/>
Auffassung der Idanten als der Vererbungssubstanz von ent-<lb/>
scheidender Bedeutung ist. Schon während die beiden Kerne sich<lb/>
einander nähern, verdoppeln sich ihre Centrosomen und ver-<lb/>
binden sich dann paarweise miteinander, um die beiden Pole<lb/>
einer Kerntheilungsspindel zu bilden (Fig. 18, III), welche meist<lb/>
erst nach völliger Auflösung der Kernmembranen die erste, zur<lb/>
Bildung des Embryo führende Zelltheilung (Fig. 18, IV) einleiten.</p><lb/><p>Der Vorgang der Befruchtung besteht also in der Ver-<lb/>
einigung der beiden Kerne der Geschlechtszellen innerhalb<lb/>
der mütterlichen Keimzelle und der beiderseitigen Zellkörper<lb/>
sammt ihren Theilungsapparaten. Das Keimplasma des durch<lb/>
Vereinigung der Geschlechtskerne gebildeten „Copulationskerns“<lb/>
besteht zur Hälfte aus Idanten der Mutter, zur Hälfte aus<lb/>
solchen des Vaters, und diese Combination zweier Vererbungs-<lb/>
substanzen leitet nun die Ontogenese und bestimmt den Aufbau<lb/>
des neuen Individuums. Dabei bleibt sich die Gesammtzahl<lb/>
der Idanten in allen Zellen des Körpers stets gleich, wenn z. B.<lb/>
acht väterliche und acht mütterliche Idanten bei der Amphi-<lb/>
mixis zusammentreten, so beträgt die Zahl der Idanten in allen<noteplace="foot"n="1)">Ob wirklich in <hirendition="#g">„allen“</hi> Zellen die gleiche Zahl enthalten, wird<lb/>
durch eine neueste Beobachtung zweifelhaft; doch kann hier davon ab-<lb/>
gesehen werden, da sich die Bedeutung derselben noch nicht über-<lb/>
sehen lässt.</note><lb/>
Zellen des Körpers bei dem aus dem befruchteten Ei hervor-<lb/>
gehenden Individuum <hirendition="#g">sechszehn</hi>, wenn — wie in der bei-<lb/>
stehenden Figur — deren nur zwei in jeder Keimzelle enthalten<lb/>
sind, so enthalten die somatischen Zellen deren vier.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">20*</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[307/0331]
chen oder Idanten zusammen (Fig. 18, II). Durch Edouard
van Beneden haben wir zuerst erfahren, dass die Zahl dieser
Idanten auf beiden Seiten die gleiche ist, eine Entdeckung, die
seitdem für zahlreiche Thierarten, und neuerdings auch von
Guignard für die Pflanzen bestätigt wurde, und die für die
Auffassung der Idanten als der Vererbungssubstanz von ent-
scheidender Bedeutung ist. Schon während die beiden Kerne sich
einander nähern, verdoppeln sich ihre Centrosomen und ver-
binden sich dann paarweise miteinander, um die beiden Pole
einer Kerntheilungsspindel zu bilden (Fig. 18, III), welche meist
erst nach völliger Auflösung der Kernmembranen die erste, zur
Bildung des Embryo führende Zelltheilung (Fig. 18, IV) einleiten.
Der Vorgang der Befruchtung besteht also in der Ver-
einigung der beiden Kerne der Geschlechtszellen innerhalb
der mütterlichen Keimzelle und der beiderseitigen Zellkörper
sammt ihren Theilungsapparaten. Das Keimplasma des durch
Vereinigung der Geschlechtskerne gebildeten „Copulationskerns“
besteht zur Hälfte aus Idanten der Mutter, zur Hälfte aus
solchen des Vaters, und diese Combination zweier Vererbungs-
substanzen leitet nun die Ontogenese und bestimmt den Aufbau
des neuen Individuums. Dabei bleibt sich die Gesammtzahl
der Idanten in allen Zellen des Körpers stets gleich, wenn z. B.
acht väterliche und acht mütterliche Idanten bei der Amphi-
mixis zusammentreten, so beträgt die Zahl der Idanten in allen 1)
Zellen des Körpers bei dem aus dem befruchteten Ei hervor-
gehenden Individuum sechszehn, wenn — wie in der bei-
stehenden Figur — deren nur zwei in jeder Keimzelle enthalten
sind, so enthalten die somatischen Zellen deren vier.
1) Ob wirklich in „allen“ Zellen die gleiche Zahl enthalten, wird
durch eine neueste Beobachtung zweifelhaft; doch kann hier davon ab-
gesehen werden, da sich die Bedeutung derselben noch nicht über-
sehen lässt.
20*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/331>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.