weiter, produciren aber weder neue Keimzellen, noch eine neue Kolonie.
Weshalb sollten sie es auch? Welchen Vortheil hätte die Art davon, die ohnehin in Milliarden von Individuen in dem- selben Sumpf das Wasser erfüllt und von denen jedes wieder Tochter-Individuen hervorbringt? Die Fortpflanzung ist ohnehin eine so starke, dass neue Mittel, die Existenz der Art zu sichern, nicht ergriffen zu werden brauchten.
Diese Mittel aber sind ergriffen worden bei zahl- reichen, ja vielleicht bei weitaus den meisten höher organisirten Pflanzen.
Man hat meiner Ansicht die Fähigkeit der Pilze und Moose entgegengehalten, aus jedem Stückchen der Pflanze unter günstigen Bedingungen eine neue Pflanze hervorgehen zu lassen. Ich sehe aber nicht, was uns hindert, diese Fähigkeit als eine Anpassung aufzufassen, entstanden, um die durch tausendfache Gefahren bedrohte Existenz der Art zu sichern. Wenn einem Hutpilz der Hut abgeschlagen wird, so bildet sich ein neuer (Brefeld); offenbar eine für die Erhaltung der Art sehr nütz- liche Einrichtung. Ein Lebermoos producirt aus den kleinsten Fetzen, in die es zerstückelt wird, die ganze Pflanze (Vöchting). Was macht die Annahme unwahrscheinlich, dass diese Fähigkeit erworben sei, um den Bestand der durch jede plötzliche Trockniss bedrohten Art vollends zu sichern. Ich besitze nicht aus- reichende Kenntniss vom Pflanzenleben, um diesen Gedanken im Einzelnen zu begründen, allein ich glaube noch andere Thatsachen zu kennen, die meine Auffassung gewissermassen von der entgegengesetzten Seite her bestätigen.
Warum besitzen Farne und Schachtelhalme in ihrer ausgebildeten Form diese Fähigkeit der Regeneration nicht? Ein abgeschnittener Farnwedel treibt aus seinem Stengel keinen neuen Wedel, ja er ergänzt nicht einmal einzelne Fiederblättchen,
weiter, produciren aber weder neue Keimzellen, noch eine neue Kolonie.
Weshalb sollten sie es auch? Welchen Vortheil hätte die Art davon, die ohnehin in Milliarden von Individuen in dem- selben Sumpf das Wasser erfüllt und von denen jedes wieder Tochter-Individuen hervorbringt? Die Fortpflanzung ist ohnehin eine so starke, dass neue Mittel, die Existenz der Art zu sichern, nicht ergriffen zu werden brauchten.
Diese Mittel aber sind ergriffen worden bei zahl- reichen, ja vielleicht bei weitaus den meisten höher organisirten Pflanzen.
Man hat meiner Ansicht die Fähigkeit der Pilze und Moose entgegengehalten, aus jedem Stückchen der Pflanze unter günstigen Bedingungen eine neue Pflanze hervorgehen zu lassen. Ich sehe aber nicht, was uns hindert, diese Fähigkeit als eine Anpassung aufzufassen, entstanden, um die durch tausendfache Gefahren bedrohte Existenz der Art zu sichern. Wenn einem Hutpilz der Hut abgeschlagen wird, so bildet sich ein neuer (Brefeld); offenbar eine für die Erhaltung der Art sehr nütz- liche Einrichtung. Ein Lebermoos producirt aus den kleinsten Fetzen, in die es zerstückelt wird, die ganze Pflanze (Vöchting). Was macht die Annahme unwahrscheinlich, dass diese Fähigkeit erworben sei, um den Bestand der durch jede plötzliche Trockniss bedrohten Art vollends zu sichern. Ich besitze nicht aus- reichende Kenntniss vom Pflanzenleben, um diesen Gedanken im Einzelnen zu begründen, allein ich glaube noch andere Thatsachen zu kennen, die meine Auffassung gewissermassen von der entgegengesetzten Seite her bestätigen.
Warum besitzen Farne und Schachtelhalme in ihrer ausgebildeten Form diese Fähigkeit der Regeneration nicht? Ein abgeschnittener Farnwedel treibt aus seinem Stengel keinen neuen Wedel, ja er ergänzt nicht einmal einzelne Fiederblättchen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0307"n="283"/>
weiter, produciren aber weder neue Keimzellen, noch eine neue<lb/>
Kolonie.</p><lb/><p>Weshalb sollten sie es auch? Welchen Vortheil hätte die<lb/>
Art davon, die ohnehin in Milliarden von Individuen in dem-<lb/>
selben Sumpf das Wasser erfüllt und von denen jedes wieder<lb/>
Tochter-Individuen hervorbringt? Die Fortpflanzung ist ohnehin<lb/>
eine so starke, dass neue Mittel, die Existenz der Art zu sichern,<lb/>
nicht ergriffen zu werden brauchten.</p><lb/><p><hirendition="#g">Diese Mittel aber sind ergriffen worden bei zahl-<lb/>
reichen, ja vielleicht bei weitaus den meisten höher<lb/>
organisirten Pflanzen</hi>.</p><lb/><p>Man hat meiner Ansicht die Fähigkeit der <hirendition="#g">Pilze</hi> und<lb/><hirendition="#g">Moose</hi> entgegengehalten, aus jedem Stückchen der Pflanze unter<lb/>
günstigen Bedingungen eine neue Pflanze hervorgehen zu lassen.<lb/>
Ich sehe aber nicht, was uns hindert, diese Fähigkeit als eine<lb/>
Anpassung aufzufassen, entstanden, um die durch tausendfache<lb/>
Gefahren bedrohte Existenz der Art zu sichern. Wenn einem<lb/>
Hutpilz der Hut abgeschlagen wird, so bildet sich ein neuer<lb/>
(<hirendition="#g">Brefeld</hi>); offenbar eine für die Erhaltung der Art sehr nütz-<lb/>
liche Einrichtung. Ein Lebermoos producirt aus den kleinsten<lb/>
Fetzen, in die es zerstückelt wird, die ganze Pflanze (<hirendition="#g">Vöchting</hi>).<lb/>
Was macht die Annahme unwahrscheinlich, dass diese Fähigkeit<lb/>
erworben sei, um den Bestand der durch jede plötzliche Trockniss<lb/>
bedrohten Art vollends zu sichern. Ich besitze nicht aus-<lb/>
reichende Kenntniss vom Pflanzenleben, um diesen Gedanken<lb/>
im Einzelnen zu begründen, allein ich glaube noch andere<lb/>
Thatsachen zu kennen, die meine Auffassung gewissermassen<lb/>
von der entgegengesetzten Seite her bestätigen.</p><lb/><p>Warum besitzen <hirendition="#g">Farne</hi> und <hirendition="#g">Schachtelhalme</hi> in ihrer<lb/>
ausgebildeten Form diese Fähigkeit der Regeneration nicht?<lb/>
Ein abgeschnittener Farnwedel treibt aus seinem Stengel keinen<lb/>
neuen Wedel, ja er ergänzt nicht einmal einzelne Fiederblättchen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[283/0307]
weiter, produciren aber weder neue Keimzellen, noch eine neue
Kolonie.
Weshalb sollten sie es auch? Welchen Vortheil hätte die
Art davon, die ohnehin in Milliarden von Individuen in dem-
selben Sumpf das Wasser erfüllt und von denen jedes wieder
Tochter-Individuen hervorbringt? Die Fortpflanzung ist ohnehin
eine so starke, dass neue Mittel, die Existenz der Art zu sichern,
nicht ergriffen zu werden brauchten.
Diese Mittel aber sind ergriffen worden bei zahl-
reichen, ja vielleicht bei weitaus den meisten höher
organisirten Pflanzen.
Man hat meiner Ansicht die Fähigkeit der Pilze und
Moose entgegengehalten, aus jedem Stückchen der Pflanze unter
günstigen Bedingungen eine neue Pflanze hervorgehen zu lassen.
Ich sehe aber nicht, was uns hindert, diese Fähigkeit als eine
Anpassung aufzufassen, entstanden, um die durch tausendfache
Gefahren bedrohte Existenz der Art zu sichern. Wenn einem
Hutpilz der Hut abgeschlagen wird, so bildet sich ein neuer
(Brefeld); offenbar eine für die Erhaltung der Art sehr nütz-
liche Einrichtung. Ein Lebermoos producirt aus den kleinsten
Fetzen, in die es zerstückelt wird, die ganze Pflanze (Vöchting).
Was macht die Annahme unwahrscheinlich, dass diese Fähigkeit
erworben sei, um den Bestand der durch jede plötzliche Trockniss
bedrohten Art vollends zu sichern. Ich besitze nicht aus-
reichende Kenntniss vom Pflanzenleben, um diesen Gedanken
im Einzelnen zu begründen, allein ich glaube noch andere
Thatsachen zu kennen, die meine Auffassung gewissermassen
von der entgegengesetzten Seite her bestätigen.
Warum besitzen Farne und Schachtelhalme in ihrer
ausgebildeten Form diese Fähigkeit der Regeneration nicht?
Ein abgeschnittener Farnwedel treibt aus seinem Stengel keinen
neuen Wedel, ja er ergänzt nicht einmal einzelne Fiederblättchen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/307>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.