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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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wenn mir die Jungfer Magd einmal
ein Hembde davor wüsche/ so wäre ich
zufrieden.
Lik. Wer es vor diesem besser gemacht
hätte/ der hätte sich nunmehro bessere
Freunde zu getrösten. Doch was will
ich thun? Wo ich meine Bude nicht
will zerstören lassen/ so muß ich vor das
gemeine Beste mit sorgen helffen.
Rais. (kommt/ Mein Herr/ ich höre er ver-
langet meiner.
Lik. Es ist nicht ohne/ ich verlange einen
rechtschaffenen Mann/ der mir helffen
kan. Ob ich aber den Herrn davor
ansehen soll/ dasselbe kan ich als ein un-
bekandter nicht wissen.
Rais. Wo mich die ehrlichen Leute anders
recht berichtet haben/ so hat der Herr
einen rechtschaffenen Advocaten begeh-
ret.
Lik. Sie haben ihre Commission gar wol
ausgerichtet. Hier steht ein Mann
der so viel Zeit und Jahre andern gehol-
fen hat/ nun muß er andere Leute an-
sprechen/ wo ihm soll geholfen werden.
Rais. Jn solchen Process-Händeln darff
man
wenn mir die Jungfer Magd einmal
ein Hembde davor wuͤſche/ ſo waͤre ich
zufrieden.
Lik. Wer es vor dieſem beſſer gemacht
haͤtte/ der haͤtte ſich nunmehro beſſere
Freunde zu getroͤſten. Doch was will
ich thun? Wo ich meine Bude nicht
will zerſtoͤren laſſen/ ſo muß ich vor das
gemeine Beſte mit ſorgen helffen.
Raiſ. (kom̃t/ Mein Herr/ ich hoͤre er ver-
langet meiner.
Lik. Es iſt nicht ohne/ ich verlange einen
rechtſchaffenen Mann/ der mir helffen
kan. Ob ich aber den Herrn davor
anſehen ſoll/ daſſelbe kan ich als ein un-
bekandter nicht wiſſen.
Raiſ. Wo mich die ehrlichen Leute anders
recht berichtet haben/ ſo hat der Herr
einen rechtſchaffenen Advocaten begeh-
ret.
Lik. Sie haben ihre Commiſſion gar wol
ausgerichtet. Hier ſteht ein Mann
der ſo viel Zeit und Jahre andern gehol-
fen hat/ nun muß er andere Leute an-
ſprechen/ wo ihm ſoll geholfen werden.
Raiſ. Jn ſolchen Proceſſ-Haͤndeln darff
man
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[646/0814] wenn mir die Jungfer Magd einmal ein Hembde davor wuͤſche/ ſo waͤre ich zufrieden. Lik. Wer es vor dieſem beſſer gemacht haͤtte/ der haͤtte ſich nunmehro beſſere Freunde zu getroͤſten. Doch was will ich thun? Wo ich meine Bude nicht will zerſtoͤren laſſen/ ſo muß ich vor das gemeine Beſte mit ſorgen helffen. Raiſ. (kom̃t/ Mein Herr/ ich hoͤre er ver- langet meiner. Lik. Es iſt nicht ohne/ ich verlange einen rechtſchaffenen Mann/ der mir helffen kan. Ob ich aber den Herrn davor anſehen ſoll/ daſſelbe kan ich als ein un- bekandter nicht wiſſen. Raiſ. Wo mich die ehrlichen Leute anders recht berichtet haben/ ſo hat der Herr einen rechtſchaffenen Advocaten begeh- ret. Lik. Sie haben ihre Commiſſion gar wol ausgerichtet. Hier ſteht ein Mann der ſo viel Zeit und Jahre andern gehol- fen hat/ nun muß er andere Leute an- ſprechen/ wo ihm ſoll geholfen werden. Raiſ. Jn ſolchen Proceſſ-Haͤndeln darff man

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/814>, abgerufen am 22.11.2024.