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Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693.

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Welt dencken? Ach! mein Hertzens-
Freund/ ist kein Weg mehr übrig/ daß
ich nur vor dißmal mit dem bittern To-
de verschonet werde.
Arn. Diese Gedancken verstören uns in
der Andacht.
Bir. Und dieses Urtheil verstöret mich in der
Freude. Ach was vor ein Unglück ist
dieses/ wenn einer sterben soll/ und hat
noch vielfältige Ursache zum Leben.
Geht Herr Pater, sagt dem Könige/
daß er seinen tapffersten Helden an mir
ruiniret: Sagt/ daß dem Königreiche
der höchste Schade geschiehet/ wenn sie
meiner ins künfftige sollen beraubet
seyn.
Arn. GOtt/ der vor seine Seele sorget/
wird auch des Königreichs nicht ver-
gessen.
Bir. Meiner ist allenthalben vergessen/ und
weil es denn so weit kommen ist/ daß ich
sterben muß/ so will ich doch nicht auff
diesem Platze sterben: Die Ecke gegen
über soll das Mahlzeichen meines Blu-
tes führen. Ach ihr Frantzösischen
Cavalliers, sehet her/ nun wird euere
Krone
Welt dencken? Ach! mein Hertzens-
Freund/ iſt kein Weg mehr uͤbrig/ daß
ich nur vor dißmal mit dem bittern To-
de verſchonet werde.
Arn. Dieſe Gedancken verſtoͤren uns in
der Andacht.
Bir. Und dieſes Urtheil verſtoͤret mich in der
Freude. Ach was vor ein Ungluͤck iſt
dieſes/ wenn einer ſterben ſoll/ und hat
noch vielfaͤltige Urſache zum Leben.
Geht Herr Pater, ſagt dem Koͤnige/
daß er ſeinen tapfferſten Helden an mir
ruiniret: Sagt/ daß dem Koͤnigreiche
der hoͤchſte Schade geſchiehet/ wenn ſie
meiner ins kuͤnfftige ſollen beraubet
ſeyn.
Arn. GOtt/ der vor ſeine Seele ſorget/
wird auch des Koͤnigreichs nicht ver-
geſſen.
Bir. Meiner iſt allenthalben vergeſſen/ und
weil es denn ſo weit kommen iſt/ daß ich
ſterben muß/ ſo will ich doch nicht auff
dieſem Platze ſterben: Die Ecke gegen
uͤber ſoll das Mahlzeichen meines Blu-
tes fuͤhren. Ach ihr Frantzoͤſiſchen
Cavalliers, ſehet her/ nun wird euere
Krone
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[586/0752] Welt dencken? Ach! mein Hertzens- Freund/ iſt kein Weg mehr uͤbrig/ daß ich nur vor dißmal mit dem bittern To- de verſchonet werde. Arn. Dieſe Gedancken verſtoͤren uns in der Andacht. Bir. Und dieſes Urtheil verſtoͤret mich in der Freude. Ach was vor ein Ungluͤck iſt dieſes/ wenn einer ſterben ſoll/ und hat noch vielfaͤltige Urſache zum Leben. Geht Herr Pater, ſagt dem Koͤnige/ daß er ſeinen tapfferſten Helden an mir ruiniret: Sagt/ daß dem Koͤnigreiche der hoͤchſte Schade geſchiehet/ wenn ſie meiner ins kuͤnfftige ſollen beraubet ſeyn. Arn. GOtt/ der vor ſeine Seele ſorget/ wird auch des Koͤnigreichs nicht ver- geſſen. Bir. Meiner iſt allenthalben vergeſſen/ und weil es denn ſo weit kommen iſt/ daß ich ſterben muß/ ſo will ich doch nicht auff dieſem Platze ſterben: Die Ecke gegen uͤber ſoll das Mahlzeichen meines Blu- tes fuͤhren. Ach ihr Frantzoͤſiſchen Cavalliers, ſehet her/ nun wird euere Krone

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/752>, abgerufen am 01.09.2024.