Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Ah. Was liegt uns an dem Weinberge/ da wir über das gantze Königreich zu gebieten haben? Wir wolten zehn sol- che Weinberge schuldig seyn/ wenn wir so einen lieben Naboth damit erkauffen könten. Auff die letzte wird der König an einem Fast-Tage gesteiniget wer- den. (Gehet ab.) (Sie stehen auff.) Beor. O wie unglücklich laufft unsere Verrichtung! Pal. Aber als ich und andere ehrliche Leute meines gleichen nur von dem gering- sten Auffschube reden wolte/ so muste uns das Volck überstimmen. Laed. Und vielleicht wird die Sache noch ferner untersucht/ daß diejenigen noch etwas freyer reden können/ die sich mit ihrer gebundenen Zunge schämen mu- sten. Beor. Der König hat Macht unsere Ver- richtung zu reformiren: Aber wenn ihr mit eurer Weißheit darzwischen kommen wollet/ so haltet mirs zu gute/ daß ich euch allein lasse. (Gehet ab.) Pal. Wir wollen an einer Stelle zusam- men J 7
Ah. Was liegt uns an dem Weinberge/ da wir uͤber das gantze Koͤnigreich zu gebieten haben? Wir wolten zehn ſol- che Weinberge ſchuldig ſeyn/ wenn wir ſo einen lieben Naboth damit erkauffen koͤnten. Auff die letzte wird der Koͤnig an einem Faſt-Tage geſteiniget wer- den. (Gehet ab.) (Sie ſtehen auff.) Beor. O wie ungluͤcklich laufft unſere Verrichtung! Pal. Aber als ich und andere ehrliche Leute meines gleichen nur von dem gering- ſten Auffſchube reden wolte/ ſo muſte uns das Volck uͤberſtimmen. Laed. Und vielleicht wird die Sache noch ferner unterſucht/ daß diejenigen noch etwas freyer reden koͤnnen/ die ſich mit ihrer gebundenen Zunge ſchaͤmen mu- ſten. Beor. Der Koͤnig hat Macht unſere Ver- richtung zu reformiren: Aber wenn ihr mit eurer Weißheit darzwiſchen kommen wollet/ ſo haltet mirs zu gute/ daß ich euch allein laſſe. (Gehet ab.) Pal. Wir wollen an einer Stelle zuſam- men J 7
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Ah. Was liegt uns an dem Weinberge/
da wir uͤber das gantze Koͤnigreich zu
gebieten haben? Wir wolten zehn ſol-
che Weinberge ſchuldig ſeyn/ wenn wir
ſo einen lieben Naboth damit erkauffen
koͤnten. Auff die letzte wird der Koͤnig
an einem Faſt-Tage geſteiniget wer-
den. (Gehet ab.)
(Sie ſtehen auff.)
Beor. O wie ungluͤcklich laufft unſere
Verrichtung!
Pal. Aber als ich und andere ehrliche Leute
meines gleichen nur von dem gering-
ſten Auffſchube reden wolte/ ſo muſte
uns das Volck uͤberſtimmen.
Laed. Und vielleicht wird die Sache noch
ferner unterſucht/ daß diejenigen noch
etwas freyer reden koͤnnen/ die ſich mit
ihrer gebundenen Zunge ſchaͤmen mu-
ſten.
Beor. Der Koͤnig hat Macht unſere Ver-
richtung zu reformiren: Aber wenn
ihr mit eurer Weißheit darzwiſchen
kommen wollet/ ſo haltet mirs zu gute/
daß ich euch allein laſſe. (Gehet ab.)
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/369>, abgerufen am 16.02.2025. |