Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Baurischer Machiavellus. Dresden [u. a.], 1679.

Bild:
<< vorherige Seite
MACHIAVELLUS
Cand. Und in dem Kopffe beweget sich nur e[ine]
Zunge/ das wir nur einerley Sprache führen sollen.
Fid. Jn der Brust wallet nur ein Hertze/ das [wir]
die Freundschafft aus einer Quelle heraus leiten soll[en]
Simpl. Der Todt macht alles gleich. Warum w[ird]
das Leben mit vielfältigen Farben verändert?
Cand. Ein jedweder Mensch erschrickt vor dem G[ra-]
be: doch wenn er Lasterhafftig ist/ so begräbet er s[ich]
selber.
Fid. Und alle verlangen die Göttliche Treue/ we[nn]
sie sterben sollen; niemand aber wil derselben gehorsa[m]
seyn/ so lange das Leben währet.
Simpl. Woher muß doch diese Veränderung entsta[n-]
den seyn?
Cand. Jch bekenne meine Gedancken offenhertz[ig]
heraus: Der betrügliche Machiavelius hat die letz[te]
Grundsuppe der Welt mit diesen Unrathe gekochet u[nd]
gewürtzet.
Fid. Warum reden wir verblühmt? Seit Machi[avellus]
vellus
seine Schrifften in der Welt ausgebreitet ha[t]
so ist die Treue verloschen/ und an derselben statt Falsc[h-]
heit/ Ehrsucht/ Geitz und Meineydt eingeführet word[en.]
Simpl. Hat der Welt verderber nicht verdienet/ da[ß]
er vor Gericht gezogen wird?
Cand. Man hat sich bißhero vor seinen Beystände
gefürchtet.
Fid. Und die spitzfündige Welt wil jhren Lehrme[i-]
ster nicht gerne verdammen lassen.
Simpl. Auff jhr Brüder/ weil der grosse Apollo sei[n]
Gerichte hält/ so versäumet die Zeit nicht. Hat er un[s]
auff das äuserste verfolget/ so mag jhn auch die ernst[e]
Stra-
A 3
MACHIAVELLUS
Cand. Und in dem Kopffe beweget ſich nur e[ine]
Zunge/ das wir nur einerley Sprache fuͤhren ſollen.
Fid. Jn der Bruſt wallet nur ein Hertze/ das [wir]
die Freundſchafft aus einer Quelle heraus leiten ſoll[en]
Simpl. Der Todt macht alles gleich. Warum w[ird]
das Leben mit vielfaͤltigen Farben veraͤndert?
Cand. Ein jedweder Menſch erſchrickt vor dem G[ra-]
be: doch wenn er Laſterhafftig iſt/ ſo begraͤbet er ſ[ich]
ſelber.
Fid. Und alle verlangen die Goͤttliche Treue/ we[nn]
ſie ſterben ſollen; niemand aber wil derſelben gehorſa[m]
ſeyn/ ſo lange das Leben waͤhret.
Simpl. Woher muß doch dieſe Veraͤnderung entſta[n-]
den ſeyn?
Cand. Jch bekenne meine Gedancken offenhertz[ig]
heraus: Der betruͤgliche Machiavelius hat die letz[te]
Grundſuppe der Welt mit dieſen Unrathe gekochet u[nd]
gewuͤrtzet.
Fid. Warum reden wir verbluͤhmt? Seit Machi[avelluſ]
vellus
ſeine Schrifften in der Welt ausgebreitet ha[t]
ſo iſt die Treue verloſchen/ und an derſelben ſtatt Falſc[h-]
heit/ Ehrſucht/ Geitz und Meineydt eingefuͤhret word[en.]
Simpl. Hat der Welt verderber nicht verdienet/ da[ß]
er vor Gericht gezogen wird?
Cand. Man hat ſich bißhero vor ſeinen Beyſtaͤnde
gefuͤrchtet.
Fid. Und die ſpitzfuͤndige Welt wil jhren Lehrme[i-]
ſter nicht gerne verdammen laſſen.
Simpl. Auff jhr Bruͤder/ weil der groſſe Apollo ſei[n]
Gerichte haͤlt/ ſo verſaͤumet die Zeit nicht. Hat er un[s]
auff das aͤuſerſte verfolget/ ſo mag jhn auch die ernſt[e]
Stra-
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="5"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">MACHIAVELLUS</hi> </fw><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Cand.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Und in dem Kopffe beweget &#x017F;ich nur e<supplied>ine</supplied><lb/>
Zunge/ das wir nur einerley Sprache fu&#x0364;hren &#x017F;ollen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Fid.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Jn der Bru&#x017F;t wallet nur ein Hertze/ das <supplied>wir</supplied><lb/>
die Freund&#x017F;chafft aus einer Quelle heraus leiten &#x017F;oll<supplied>en</supplied></p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIM">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Simpl.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Der Todt macht alles gleich. Warum w<supplied>ird</supplied><lb/>
das Leben mit vielfa&#x0364;ltigen Farben vera&#x0364;ndert?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Cand.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Ein jedweder Men&#x017F;ch er&#x017F;chrickt vor dem G<supplied>ra-</supplied><lb/>
be: doch wenn er La&#x017F;terhafftig i&#x017F;t/ &#x017F;o begra&#x0364;bet er &#x017F;<supplied>ich</supplied><lb/>
&#x017F;elber.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Fid.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Und alle verlangen die Go&#x0364;ttliche Treue/ we<supplied>nn</supplied><lb/>
&#x017F;ie &#x017F;terben &#x017F;ollen; niemand aber wil der&#x017F;elben gehor&#x017F;a<supplied>m</supplied><lb/>
&#x017F;eyn/ &#x017F;o lange das Leben wa&#x0364;hret.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIM">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Simpl.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Woher muß doch die&#x017F;e Vera&#x0364;nderung ent&#x017F;ta<supplied>n-</supplied><lb/>
den &#x017F;eyn?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Cand.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Jch bekenne meine Gedancken offenhertz<supplied>ig</supplied><lb/>
heraus: Der betru&#x0364;gliche <hi rendition="#aq">Machiavelius</hi> hat die letz<supplied>te</supplied><lb/>
Grund&#x017F;uppe der Welt mit die&#x017F;en Unrathe gekochet u<supplied>nd</supplied><lb/>
gewu&#x0364;rtzet.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Fid.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Warum reden wir verblu&#x0364;hmt? Seit <hi rendition="#aq">Machi<supplied>avellu&#x017F;</supplied><lb/>
vellus</hi> &#x017F;eine Schrifften in der Welt ausgebreitet ha<supplied>t</supplied><lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t die Treue verlo&#x017F;chen/ und an der&#x017F;elben &#x017F;tatt Fal&#x017F;c<supplied>h-</supplied><lb/>
heit/ Ehr&#x017F;ucht/ Geitz und Meineydt eingefu&#x0364;hret word<supplied>en.</supplied></p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIM">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Simpl.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Hat der Welt verderber nicht verdienet/ da<supplied>ß</supplied><lb/>
er vor Gericht gezogen wird?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#CAN">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Cand.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Man hat &#x017F;ich bißhero vor &#x017F;einen Bey&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
gefu&#x0364;rchtet.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Fid.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Und die &#x017F;pitzfu&#x0364;ndige Welt wil jhren Lehrme<supplied>i-</supplied><lb/>
&#x017F;ter nicht gerne verdammen la&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIM">
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#k">Simpl.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Auff jhr Bru&#x0364;der/ weil der gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Apollo</hi> &#x017F;ei<supplied>n</supplied><lb/>
Gerichte ha&#x0364;lt/ &#x017F;o ver&#x017F;a&#x0364;umet die Zeit nicht. Hat er un<supplied>s</supplied><lb/>
auff das a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;te verfolget/ &#x017F;o mag jhn auch die ern&#x017F;t<supplied>e</supplied><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Stra-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0017] MACHIAVELLUS Cand. Und in dem Kopffe beweget ſich nur eine Zunge/ das wir nur einerley Sprache fuͤhren ſollen. Fid. Jn der Bruſt wallet nur ein Hertze/ das wir die Freundſchafft aus einer Quelle heraus leiten ſollen Simpl. Der Todt macht alles gleich. Warum wird das Leben mit vielfaͤltigen Farben veraͤndert? Cand. Ein jedweder Menſch erſchrickt vor dem Gra- be: doch wenn er Laſterhafftig iſt/ ſo begraͤbet er ſich ſelber. Fid. Und alle verlangen die Goͤttliche Treue/ wenn ſie ſterben ſollen; niemand aber wil derſelben gehorſam ſeyn/ ſo lange das Leben waͤhret. Simpl. Woher muß doch dieſe Veraͤnderung entſtan- den ſeyn? Cand. Jch bekenne meine Gedancken offenhertzig heraus: Der betruͤgliche Machiavelius hat die letzte Grundſuppe der Welt mit dieſen Unrathe gekochet und gewuͤrtzet. Fid. Warum reden wir verbluͤhmt? Seit Machiavelluſ vellus ſeine Schrifften in der Welt ausgebreitet hat ſo iſt die Treue verloſchen/ und an derſelben ſtatt Falſch- heit/ Ehrſucht/ Geitz und Meineydt eingefuͤhret worden. Simpl. Hat der Welt verderber nicht verdienet/ daß er vor Gericht gezogen wird? Cand. Man hat ſich bißhero vor ſeinen Beyſtaͤnde gefuͤrchtet. Fid. Und die ſpitzfuͤndige Welt wil jhren Lehrmei- ſter nicht gerne verdammen laſſen. Simpl. Auff jhr Bruͤder/ weil der groſſe Apollo ſein Gerichte haͤlt/ ſo verſaͤumet die Zeit nicht. Hat er uns auff das aͤuſerſte verfolget/ ſo mag jhn auch die ernſte Stra- A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der vorliegenden Ausgabe wurde die originale … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_machiavellus_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_machiavellus_1679/17
Zitationshilfe: Weise, Christian: Baurischer Machiavellus. Dresden [u. a.], 1679, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_machiavellus_1679/17>, abgerufen am 23.04.2024.