Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberflüssiger Gedancken Vierdtes Dutzent. I. Er tröstet sich wegen seiner Mit-Buhler. MEin hertze bist du noch betrübt/ Dieweil das mädgen das dich liebt/ Auch andern schöne blicke gibt? Ach bilde dir durchauß nicht ein/ Als woltest du bey ihr allein Der hahn allzeit im korbe seyn. 2. Bedenck es besser was du thust/ Und wann du ja die süsse lust Mit andern leuten theilen must/ So habe doch genug daran/ Daß kein affection-galan Dir deinen spaß verwehren kan. 3. Du bist der beste bruder nicht/ Du hast dein geiles angesicht Gar offt zu andern hingericht/ Darum mein hertz/ was zürnstu viel/ Wann dich das mädgen durch ihr spiel Mit gleicher müntze zahlen wil? 4. Sie nimmt sich warlich noch in acht Wann sie mit andern freundlich lacht/ Daß sie es nicht zu lose macht/ Hergegen du bist so verpicht. Auffs liebe brod/ und achtest nicht/ Ob dich einander gleich verspricht. 5. Kein mensch hat die beliebte krafft Der mehr als theuren jungferschafft Auß ihrer jungen schoß gerafft/ Du
Uberfluͤſſiger Gedancken Vierdtes Dutzent. I. Er troͤſtet ſich wegen ſeiner Mit-Buhler. MEin hertze biſt du noch betruͤbt/ Dieweil das maͤdgen das dich liebt/ Auch andern ſchoͤne blicke gibt? Ach bilde dir durchauß nicht ein/ Als wolteſt du bey ihr allein Der hahn allzeit im korbe ſeyn. 2. Bedenck es beſſer was du thuſt/ Und wann du ja die ſuͤſſe luſt Mit andern leuten theilen muſt/ So habe doch genug daran/ Daß kein affection-galan Dir deinen ſpaß verwehren kan. 3. Du biſt der beſte bruder nicht/ Du haſt dein geiles angeſicht Gar offt zu andern hingericht/ Darum mein hertz/ was zuͤrnſtu viel/ Wann dich das maͤdgen durch ihr ſpiel Mit gleicher muͤntze zahlen wil? 4. Sie nimmt ſich warlich noch in acht Wann ſie mit andern freundlich lacht/ Daß ſie es nicht zu loſe macht/ Hergegen du biſt ſo verpicht. Auffs liebe brod/ und achteſt nicht/ Ob dich einander gleich verſpricht. 5. Kein menſch hat die beliebte krafft Der mehr als theuren jungferſchafft Auß ihrer jungen ſchoß gerafft/ Du
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Uberfluͤſſiger Gedancken
Vierdtes Dutzent.
I.
Er troͤſtet ſich wegen ſeiner Mit-Buhler.
MEin hertze biſt du noch betruͤbt/
Dieweil das maͤdgen das dich liebt/
Auch andern ſchoͤne blicke gibt?
Ach bilde dir durchauß nicht ein/
Als wolteſt du bey ihr allein
Der hahn allzeit im korbe ſeyn.
2. Bedenck es beſſer was du thuſt/
Und wann du ja die ſuͤſſe luſt
Mit andern leuten theilen muſt/
So habe doch genug daran/
Daß kein affection-galan
Dir deinen ſpaß verwehren kan.
3. Du biſt der beſte bruder nicht/
Du haſt dein geiles angeſicht
Gar offt zu andern hingericht/
Darum mein hertz/ was zuͤrnſtu viel/
Wann dich das maͤdgen durch ihr ſpiel
Mit gleicher muͤntze zahlen wil?
4. Sie nimmt ſich warlich noch in acht
Wann ſie mit andern freundlich lacht/
Daß ſie es nicht zu loſe macht/
Hergegen du biſt ſo verpicht.
Auffs liebe brod/ und achteſt nicht/
Ob dich einander gleich verſpricht.
5. Kein menſch hat die beliebte krafft
Der mehr als theuren jungferſchafft
Auß ihrer jungen ſchoß gerafft/
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/72>, abgerufen am 19.07.2024. |