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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Fünffte Handlung.
Leo. Wer seyd ihr?
Eus. Die elendeste person von der welt.
Leo. Worinn seyd ihr elend?
Eus. Daß ich von meinen besten freunden verlassen
bin?
Leo. Wo sind dieselben?
Eus. (sie steht auff.) Der vornehmste ist Leo/
welcher seine Eusebie nicht kennen will.

(Sie weinet.)
Leo. (lachet) Jhr gute frau sparet eure thränen/
euer Leo ist nicht hier: meine Eusebie ist auch nicht
mehr in der welt.
Eus. Ach mein herr/ er sehe doch diese lippen an/
welche er mit so viel brennenden küssen offtmahls über-
häuffet hat; doch welche bißher in solchen verfolgun-
gen ihren glantz verlohren haben.
Leo. Jch müste sonderliche freude an einem sol-
chen nachtstücke gehabt haben. Doch/ was halte ich
mich bey der unsinnigen auff?

(Geht ab.)
Eus. Mein tod ist vor der thür/ wollen mich dieje-
nigen nicht kennen/ denen zu gefallen ich leben möchte/
so will ich ihre freude im sterben erfüllen.
(Bojus kömmt/ Eusebie gehet betrübt
herum.)
Boj. Jch nicht weiß wo hencker hat hinführt mein
mutter/ ich suche und nicht finde. Und ich frage alle
leute nicht wissen/ wo ist der alt frau/ ich wolte geben
thaler/ daß ich wüste das weg. Jch nicht bin hund ich
nicht kan riechen. O/ böß frau ist lauff weg/ will mir
nicht geben tochter/ und hat mir sagt/ hat mir auch ge-
schrieben/ du solst haben tochter: Nun ich nicht seh/ wo
ist
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Fuͤnffte Handlung.
Leo. Wer ſeyd ihr?
Euſ. Die elendeſte perſon von der welt.
Leo. Worinn ſeyd ihr elend?
Euſ. Daß ich von meinen beſten freunden verlaſſen
bin?
Leo. Wo ſind dieſelben?
Euſ. (ſie ſteht auff.) Der vornehmſte iſt Leo/
welcher ſeine Euſebie nicht kennen will.

(Sie weinet.)
Leo. (lachet) Jhr gute frau ſparet eure thraͤnen/
euer Leo iſt nicht hier: meine Euſebie iſt auch nicht
mehr in der welt.
Euſ. Ach mein herr/ er ſehe doch dieſe lippen an/
welche er mit ſo viel brennenden kuͤſſen offtmahls uͤbeꝛ-
haͤuffet hat; doch welche bißher in ſolchen verfolgun-
gen ihren glantz verlohren haben.
Leo. Jch muͤſte ſonderliche freude an einem ſol-
chen nachtſtuͤcke gehabt haben. Doch/ was halte ich
mich bey der unſinnigen auff?

(Geht ab.)
Euſ. Mein tod iſt vor der thuͤr/ wollen mich dieje-
nigen nicht kennen/ denen zu gefallen ich leben moͤchte/
ſo will ich ihre freude im ſterben erfuͤllen.
(Bojus koͤmmt/ Euſebie gehet betruͤbt
herum.)
Boj. Jch nicht weiß wo hencker hat hinfuͤhrt mein
mutter/ ich ſuche und nicht finde. Und ich frage alle
leute nicht wiſſen/ wo iſt der alt frau/ ich wolte geben
thaler/ daß ich wuͤſte das weg. Jch nicht bin hund ich
nicht kan riechen. O/ boͤß frau iſt lauff weg/ will mir
nicht geben tochter/ und hat mir ſagt/ hat mir auch ge-
ſchrieben/ du ſolſt haben tochter: Nun ich nicht ſeh/ wo
iſt
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[677/0693] Fuͤnffte Handlung. Leo. Wer ſeyd ihr? Euſ. Die elendeſte perſon von der welt. Leo. Worinn ſeyd ihr elend? Euſ. Daß ich von meinen beſten freunden verlaſſen bin? Leo. Wo ſind dieſelben? Euſ. (ſie ſteht auff.) Der vornehmſte iſt Leo/ welcher ſeine Euſebie nicht kennen will. (Sie weinet.) Leo. (lachet) Jhr gute frau ſparet eure thraͤnen/ euer Leo iſt nicht hier: meine Euſebie iſt auch nicht mehr in der welt. Euſ. Ach mein herr/ er ſehe doch dieſe lippen an/ welche er mit ſo viel brennenden kuͤſſen offtmahls uͤbeꝛ- haͤuffet hat; doch welche bißher in ſolchen verfolgun- gen ihren glantz verlohren haben. Leo. Jch muͤſte ſonderliche freude an einem ſol- chen nachtſtuͤcke gehabt haben. Doch/ was halte ich mich bey der unſinnigen auff? (Geht ab.) Euſ. Mein tod iſt vor der thuͤr/ wollen mich dieje- nigen nicht kennen/ denen zu gefallen ich leben moͤchte/ ſo will ich ihre freude im ſterben erfuͤllen. (Bojus koͤmmt/ Euſebie gehet betruͤbt herum.) Boj. Jch nicht weiß wo hencker hat hinfuͤhrt mein mutter/ ich ſuche und nicht finde. Und ich frage alle leute nicht wiſſen/ wo iſt der alt frau/ ich wolte geben thaler/ daß ich wuͤſte das weg. Jch nicht bin hund ich nicht kan riechen. O/ boͤß frau iſt lauff weg/ will mir nicht geben tochter/ und hat mir ſagt/ hat mir auch ge- ſchrieben/ du ſolſt haben tochter: Nun ich nicht ſeh/ wo iſt U u 3

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/693>, abgerufen am 16.07.2024.