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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Des Lust-Spiels
so hübsche frau/ muß nicht haben tochter/ und so brav
kerl/ muß nicht haben jungfer. O bin ich böse wie wolff/
oder wie beer/ schwere ich mein seel/ seh ich Germanus/
kriegt ohrfeig und stich todt.
Eus. Ach liebster sohn/ diese drauworte haben hier
keine wirckung/ wir müssen uns erkundigen/ ob wir recht
ankommen.
Boj. Frau mutter/ du da bleibst/ ich gehn will/ und
sehn/ wo ist wirthshauß/ oder wo ist unser stiel jungser.
Eus. Jch bitte/ verziehet nicht/ ich will euer an diesem
orte erwarten.
Boj. Jst schon gut/ ich nicht lange bleiben will; will
fliegen wie vögel und springen wie hirsch.
(Geht ab.)
Eus. Ach solte es möglich seyn/ daß mich die leute
hieher gewiesen hät ten/ und ich fünde keine tochter/ und
müste vergebens zurücke gehn. Ach was muß eine mut-
ter vor müh und wiederwärtigkeit über sich nehmen/ da
doch auff der kinder seiten schlechter oder auch wohl gar
kein danck erstättet wird. Und dessen ungeacht breunt
das mütterliche hertz voll lauter liebe.

(Romana kömmt.)
Aber wie zum glück sehe ich meine alte vertraute an
diesem orte? ist es nicht Romana/ ach ich muß gehn und
sie empfangen. Wie stehts meine Romana/ lebt ihr noch?
Rom. Meine liebste Eusebie/ ist es möglich/ daß ihr
in ein Land kommt/ da nichts als feinde sind?
Eus. Jch traue meiner unschuld/ die soll mich beschü-
tzen.
Rom. Man sieht/ wie weit man heutiges tages mit
der blossen unschuld kommen kan.
Eus. GOtt ist über uns/ der kan alle feinde zu schan-
den machen. (nicht verhindern.
Rom. Jhr könnet einen versuch thun/ ich will euch
Eus.
Des Luſt-Spiels
ſo huͤbſche frau/ muß nicht haben tochter/ und ſo brav
kerl/ muß nicht haben jungfer. O bin ich boͤſe wie wolff/
oder wie beer/ ſchwere ich mein ſeel/ ſeh ich Germanus/
kriegt ohrfeig und ſtich todt.
Euſ. Ach liebſter ſohn/ dieſe drauworte haben hier
keine wirckung/ wir muͤſſen uns erkundigen/ ob wir recht
ankommen.
Boj. Frau mutter/ du da bleibſt/ ich gehn will/ und
ſehn/ wo iſt wirthshauß/ oder wo iſt unſer ſtiel jungſer.
Euſ. Jch bitte/ verziehet nicht/ ich will euer an dieſem
orte erwarten.
Boj. Jſt ſchon gut/ ich nicht lange bleiben will; will
fliegen wie voͤgel und ſpringen wie hirſch.
(Geht ab.)
Euſ. Ach ſolte es moͤglich ſeyn/ daß mich die leute
hieher gewieſen haͤt ten/ und ich fuͤnde keine tochter/ und
muͤſte vergebens zuruͤcke gehn. Ach was muß eine mut-
ter vor muͤh und wiederwaͤrtigkeit uͤber ſich nehmen/ da
doch auff der kinder ſeiten ſchlechter oder auch wohl gar
kein danck erſtaͤttet wird. Und deſſen ungeacht breunt
das muͤtterliche hertz voll lauter liebe.

(Romana koͤmmt.)
Aber wie zum gluͤck ſehe ich meine alte vertraute an
dieſem orte? iſt es nicht Romana/ ach ich muß gehn und
ſie empfangen. Wie ſtehts meine Romana/ lebt ihr noch?
Rom. Meine liebſte Euſebie/ iſt es moͤglich/ daß ihr
in ein Land kommt/ da nichts als feinde ſind?
Euſ. Jch traue meiner unſchuld/ die ſoll mich beſchuͤ-
tzen.
Rom. Man ſieht/ wie weit man heutiges tages mit
der bloſſen unſchuld kommen kan.
Euſ. GOtt iſt uͤber uns/ der kan alle feinde zu ſchan-
den machen. (nicht verhindern.
Rom. Jhr koͤnnet einen verſuch thun/ ich will euch
Euſ.
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[670/0686] Des Luſt-Spiels ſo huͤbſche frau/ muß nicht haben tochter/ und ſo brav kerl/ muß nicht haben jungfer. O bin ich boͤſe wie wolff/ oder wie beer/ ſchwere ich mein ſeel/ ſeh ich Germanus/ kriegt ohrfeig und ſtich todt. Euſ. Ach liebſter ſohn/ dieſe drauworte haben hier keine wirckung/ wir muͤſſen uns erkundigen/ ob wir recht ankommen. Boj. Frau mutter/ du da bleibſt/ ich gehn will/ und ſehn/ wo iſt wirthshauß/ oder wo iſt unſer ſtiel jungſer. Euſ. Jch bitte/ verziehet nicht/ ich will euer an dieſem orte erwarten. Boj. Jſt ſchon gut/ ich nicht lange bleiben will; will fliegen wie voͤgel und ſpringen wie hirſch. (Geht ab.) Euſ. Ach ſolte es moͤglich ſeyn/ daß mich die leute hieher gewieſen haͤt ten/ und ich fuͤnde keine tochter/ und muͤſte vergebens zuruͤcke gehn. Ach was muß eine mut- ter vor muͤh und wiederwaͤrtigkeit uͤber ſich nehmen/ da doch auff der kinder ſeiten ſchlechter oder auch wohl gar kein danck erſtaͤttet wird. Und deſſen ungeacht breunt das muͤtterliche hertz voll lauter liebe. (Romana koͤmmt.) Aber wie zum gluͤck ſehe ich meine alte vertraute an dieſem orte? iſt es nicht Romana/ ach ich muß gehn und ſie empfangen. Wie ſtehts meine Romana/ lebt ihr noch? Rom. Meine liebſte Euſebie/ iſt es moͤglich/ daß ihr in ein Land kommt/ da nichts als feinde ſind? Euſ. Jch traue meiner unſchuld/ die ſoll mich beſchuͤ- tzen. Rom. Man ſieht/ wie weit man heutiges tages mit der bloſſen unſchuld kommen kan. Euſ. GOtt iſt uͤber uns/ der kan alle feinde zu ſchan- den machen. (nicht verhindern. Rom. Jhr koͤnnet einen verſuch thun/ ich will euch Euſ.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/686>, abgerufen am 25.11.2024.