Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Des Lust-Spiels Das übrige bleibt/ wie gedacht/ bey des geneigten Lesers Erste Handlung. Leo/ Anestus. Leo. Jst es möglich herr Hofmeister? An. Jhr Gnaden/ nicht anders/ als ich berichte. Leo. Wolte er sich nicht gewinnen lassen? An. Er widersetzte sich zwar nicht/ gleichwol bat er inständig/ man möchte ihn bey seiner freyheit lassen. Leo. Ach du widerwärtiges glücke/ zu welcher be- trübnis hastu mich noch bestimmet? Meine höchstge- liebte gemahlin ist mir benebenst einem jungen fräu- lein vor vielen jahren entführet worden: Jch habe währender zeit die wenigste nachricht hiervon nicht er- halten können. Und nun muß ich erfahren/ daß mein sohn/ auff welchen ich den gantzen trost meines lebens gebauet hatte/ den hof verlassen/ und das wüste und wilde feld-leben ergreiffen will. Jch weiß nicht/ ob das verhängnis mich hierdurch meiner vorfahren er- innern wil/ welche ihre zeit in wäldern und wüsteneyen zugebracht haben: Oder ob ich ein vollkommenes bey- spiel eines unglückseligen vaters werden soll. Ach was rath/ herr Hofmeister? An. Jhr Gnaden/ ich sehe/ was zu wünschen ist/ im- mittelst bin ich betrübt/ daß ich nicht sehen kan/ wie zu helffen ist. Leo. So muß ich meine grauen haare vor der zeit in den tod hingeben. An.
Des Luſt-Spiels Das uͤbrige bleibt/ wie gedacht/ bey des geneigten Leſers Erſte Handlung. Leo/ Aneſtus. Leo. Jſt es moͤglich herr Hofmeiſter? An. Jhr Gnaden/ nicht anders/ als ich berichte. Leo. Wolte er ſich nicht gewinnen laſſen? An. Er widerſetzte ſich zwar nicht/ gleichwol bat er inſtaͤndig/ man moͤchte ihn bey ſeiner freyheit laſſen. Leo. Ach du widerwaͤrtiges gluͤcke/ zu welcher be- truͤbnis haſtu mich noch beſtimmet? Meine hoͤchſtge- liebte gemahlin iſt mir benebenſt einem jungen fraͤu- lein vor vielen jahren entfuͤhret worden: Jch habe waͤhrender zeit die wenigſte nachricht hiervon nicht er- halten koͤnnen. Und nun muß ich erfahren/ daß mein ſohn/ auff welchen ich den gantzen troſt meines lebens gebauet hatte/ den hof verlaſſen/ und das wuͤſte und wilde feld-leben ergreiffen will. Jch weiß nicht/ ob das verhaͤngnis mich hierdurch meiner vorfahren er- innern wil/ welche ihre zeit in waͤldern und wuͤſteneyen zugebracht haben: Oder ob ich ein vollkommenes bey- ſpiel eines ungluͤckſeligen vaters werden ſoll. Ach was rath/ herr Hofmeiſter? An. Jhr Gnaden/ ich ſehe/ was zu wuͤnſchen iſt/ im- mittelſt bin ich betruͤbt/ daß ich nicht ſehen kan/ wie zu helffen iſt. Leo. So muß ich meine grauen haare vor der zeit in den tod hingeben. An.
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Des Luſt-Spiels
Das uͤbrige bleibt/ wie gedacht/ bey des geneigten Leſers
nachſinnen. GOtt befohlen/ welcher der belieb-
ten Stadt das dreyfache Gluͤck noch lange zeit
erhalten wolle.
Erſte Handlung.
Leo/ Aneſtus.
Leo. Jſt es moͤglich herr Hofmeiſter?
An. Jhr Gnaden/ nicht anders/ als ich berichte.
Leo. Wolte er ſich nicht gewinnen laſſen?
An. Er widerſetzte ſich zwar nicht/ gleichwol bat er
inſtaͤndig/ man moͤchte ihn bey ſeiner freyheit laſſen.
Leo. Ach du widerwaͤrtiges gluͤcke/ zu welcher be-
truͤbnis haſtu mich noch beſtimmet? Meine hoͤchſtge-
liebte gemahlin iſt mir benebenſt einem jungen fraͤu-
lein vor vielen jahren entfuͤhret worden: Jch habe
waͤhrender zeit die wenigſte nachricht hiervon nicht er-
halten koͤnnen. Und nun muß ich erfahren/ daß mein
ſohn/ auff welchen ich den gantzen troſt meines lebens
gebauet hatte/ den hof verlaſſen/ und das wuͤſte und
wilde feld-leben ergreiffen will. Jch weiß nicht/ ob
das verhaͤngnis mich hierdurch meiner vorfahren er-
innern wil/ welche ihre zeit in waͤldern und wuͤſteneyen
zugebracht haben: Oder ob ich ein vollkommenes bey-
ſpiel eines ungluͤckſeligen vaters werden ſoll. Ach was
rath/ herr Hofmeiſter?
An. Jhr Gnaden/ ich ſehe/ was zu wuͤnſchen iſt/ im-
mittelſt bin ich betruͤbt/ daß ich nicht ſehen kan/ wie zu
helffen iſt.
Leo. So muß ich meine grauen haare vor der zeit
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An.
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