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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Dritte Handlung.
he mich um/ allein ich finde keinen/ dem ich trauen dörf-
te/ Poncinello ist noch der einfältigste/ solte ich diesen
antreffen/ der würde wol mit etwas heraus plumpen.
Doch siehe da/ zu gutem glücke kömmt er.
Pon. Jch dacht es wäre gar leicht/ wenn man ei-
nen schelm agirte/ doch nun befinde ichs was vor auf-
merckens und kopff-brechens darzu erfordert wird.
Da muß ich immer auff der schildwach stehn/ daß mir
kein loser vogel possen macht. Jch kan keine kanne
wein mit frieden sauffen; Jch kan keine mittags-ruh
halten; summirum summarum/ ich habe so viel sorge
als der Moscowitische Groß-Cantzler/ daß ich offt
dencke/ sind die leute nicht narren/ daß sie sich die losen
stücke so sauer werden lassen/ und könten mit eben der
müh was guts thun. Nun was hilffts/ die Profes-
siones sind unterschiedlich/ wir können nicht alle einer-
ley handwerck treiben: Ein feuermaurkehrer macht
keine schuh/ ein schneider flickt keine kessel/ eine köhlerin
kan keine wäscherin seyn; und also kan ein schelm kein
ehrlich mann seyn/ es muß doch alles gethan werden.
Doch halt/ was ist das vor ein gast/ ist es nicht unser
Cammer-diener? wie werde ich den betrügen? lauff
ich zum Borgia/ so führt ihn der lützel zum Flavio/
bleib ich bey ihm/ so ist die sache auch mißlich. Nun
laß sehn Poncinello/ raffe die weißheit zusammen/ der
kerle muß betrogen seyn.
Simpl. Sein diener Signor Poncinello.
Pon. Je Simplicio/ willkommen hier zu lande/ ich
erfreue mich euer guten gesundheit/ wie kommt ihr so
allein? oder ist euer herr schon voran gereiset?
Simpl. Ach nein/ ich bin nur allein abgeferti-
get. Doch weistu nicht wie die sachen stehn?
Ponc.
Dritte Handlung.
he mich um/ allein ich finde keinen/ dem ich trauen doͤrf-
te/ Poncinello iſt noch der einfaͤltigſte/ ſolte ich dieſen
antreffen/ der wuͤrde wol mit etwas heraus plumpen.
Doch ſiehe da/ zu gutem gluͤcke koͤmmt er.
Pon. Jch dacht es waͤre gar leicht/ wenn man ei-
nen ſchelm agirte/ doch nun befinde ichs was vor auf-
merckens und kopff-brechens darzu erfordert wird.
Da muß ich immer auff der ſchildwach ſtehn/ daß mir
kein loſer vogel poſſen macht. Jch kan keine kanne
wein mit frieden ſauffen; Jch kan keine mittags-ruh
halten; ſummirum ſummarum/ ich habe ſo viel ſorge
als der Moſcowitiſche Groß-Cantzler/ daß ich offt
dencke/ ſind die leute nicht narꝛen/ daß ſie ſich die loſen
ſtuͤcke ſo ſauer werden laſſen/ und koͤnten mit eben der
muͤh was guts thun. Nun was hilffts/ die Profeſ-
ſiones ſind unterſchiedlich/ wir koͤnnen nicht alle eineꝛ-
ley handwerck treiben: Ein feuermaurkehrer macht
keine ſchuh/ ein ſchneider flickt keine keſſel/ eine koͤhlerin
kan keine waͤſcherin ſeyn; und alſo kan ein ſchelm kein
ehrlich mann ſeyn/ es muß doch alles gethan werden.
Doch halt/ was iſt das vor ein gaſt/ iſt es nicht unſer
Cammer-diener? wie werde ich den betruͤgen? lauff
ich zum Borgia/ ſo fuͤhrt ihn der luͤtzel zum Flavio/
bleib ich bey ihm/ ſo iſt die ſache auch mißlich. Nun
laß ſehn Poncinello/ raffe die weißheit zuſammen/ der
kerle muß betrogen ſeyn.
Simpl. Sein diener Signor Poncinello.
Pon. Je Simplicio/ willkommen hier zu lande/ ich
erfreue mich euer guten geſundheit/ wie kommt ihr ſo
allein? oder iſt euer herr ſchon voran gereiſet?
Simpl. Ach nein/ ich bin nur allein abgeferti-
get. Doch weiſtu nicht wie die ſachen ſtehn?
Ponc.
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[511/0527] Dritte Handlung. he mich um/ allein ich finde keinen/ dem ich trauen doͤrf- te/ Poncinello iſt noch der einfaͤltigſte/ ſolte ich dieſen antreffen/ der wuͤrde wol mit etwas heraus plumpen. Doch ſiehe da/ zu gutem gluͤcke koͤmmt er. Pon. Jch dacht es waͤre gar leicht/ wenn man ei- nen ſchelm agirte/ doch nun befinde ichs was vor auf- merckens und kopff-brechens darzu erfordert wird. Da muß ich immer auff der ſchildwach ſtehn/ daß mir kein loſer vogel poſſen macht. Jch kan keine kanne wein mit frieden ſauffen; Jch kan keine mittags-ruh halten; ſummirum ſummarum/ ich habe ſo viel ſorge als der Moſcowitiſche Groß-Cantzler/ daß ich offt dencke/ ſind die leute nicht narꝛen/ daß ſie ſich die loſen ſtuͤcke ſo ſauer werden laſſen/ und koͤnten mit eben der muͤh was guts thun. Nun was hilffts/ die Profeſ- ſiones ſind unterſchiedlich/ wir koͤnnen nicht alle eineꝛ- ley handwerck treiben: Ein feuermaurkehrer macht keine ſchuh/ ein ſchneider flickt keine keſſel/ eine koͤhlerin kan keine waͤſcherin ſeyn; und alſo kan ein ſchelm kein ehrlich mann ſeyn/ es muß doch alles gethan werden. Doch halt/ was iſt das vor ein gaſt/ iſt es nicht unſer Cammer-diener? wie werde ich den betruͤgen? lauff ich zum Borgia/ ſo fuͤhrt ihn der luͤtzel zum Flavio/ bleib ich bey ihm/ ſo iſt die ſache auch mißlich. Nun laß ſehn Poncinello/ raffe die weißheit zuſammen/ der kerle muß betrogen ſeyn. Simpl. Sein diener Signor Poncinello. Pon. Je Simplicio/ willkommen hier zu lande/ ich erfreue mich euer guten geſundheit/ wie kommt ihr ſo allein? oder iſt euer herr ſchon voran gereiſet? Simpl. Ach nein/ ich bin nur allein abgeferti- get. Doch weiſtu nicht wie die ſachen ſtehn? Ponc.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/527>, abgerufen am 11.06.2024.