Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Leon. Ach muß der unglücks-vogel unser gespräch verstören. Borg. Schönste Leonore soll man sie hier antreffe? Leon. Die personen meines geschlechtes sollen die einsamkeit lieben. Borg. Jch weiß mich doch zu befinnen/ daß sie vor der zeit frölicher ausgesehen hat. Leon. Die stunden sind nicht alle gleich. Borg. So ist mirs höchlich leid/ wofern dieselbe in ihrem melancholischen divertissement verstöret wird. Leon. Und mir ists leid/ daß er an einen ort kommt/ da keine vergnügung ist. Borg. Es scheinet/ als sey die jahreszeit den frau- enzimmer zu wider. Meine schwester kan nichts thun als grillen fangen. Leon. Jst sie nicht wol auf? Borg. An der gesundheit spür ich keinen mangel/ sie hat einen kleinen spiegel/ davor übt sie sich in verlieb- ten minen/ daß ihr die thränen zu den augen heraus fallen. Leon. Daß muß ein kräfftiger spiegel seyn. Borg. Jch weiß nicht: Hier hab ich ihn entführt/ indem sie von etlichen gespielinnen aufgehalten wird. Leon. Darf ich so fürwitzig seyn/ und das wunder betrachten? Borg. Sie hat es volle macht. (er giebt es ihr) Leon. Was ist diß? Camillo bildnüß. Borg. Jch weiß nicht/ meine curiosität erstreckt sich so weit nicht/ ich habe es nur entführet/ meine schwester zu vexiren. Leon. (giebts wieder) Nun wir sind unhöfflich und halten denselben zu lang auf. (Gehen ab) Borg.
Der beſchuͤtzten Unſchuld Leon. Ach muß der ungluͤcks-vogel unſer geſpraͤch verſtoͤren. Borg. Schoͤnſte Leonore ſoll man ſie hier antreffe? Leon. Die perſonen meines geſchlechtes ſollen die einſamkeit lieben. Borg. Jch weiß mich doch zu befinnen/ daß ſie vor der zeit froͤlicher ausgeſehen hat. Leon. Die ſtunden ſind nicht alle gleich. Borg. So iſt mirs hoͤchlich leid/ wofern dieſelbe in ihrem melancholiſchẽ divertiſſement verſtoͤret wird. Leon. Und mir iſts leid/ daß er an einen ort kom̃t/ da keine vergnuͤgung iſt. Borg. Es ſcheinet/ als ſey die jahreszeit den frau- enzimmer zu wider. Meine ſchweſter kan nichts thun als grillen fangen. Leon. Jſt ſie nicht wol auf? Borg. An der geſundheit ſpuͤr ich keinen mangel/ ſie hat einen kleinen ſpiegel/ davor uͤbt ſie ſich in veꝛlieb- ten minen/ daß ihr die thraͤnen zu den augen heraus fallen. Leon. Daß muß ein kraͤfftiger ſpiegel ſeyn. Borg. Jch weiß nicht: Hier hab ich ihn entfuͤhrt/ indem ſie von etlichen geſpielinnen aufgehalten wird. Leon. Darf ich ſo fuͤrwitzig ſeyn/ und das wunder betrachten? Borg. Sie hat es volle macht. (er giebt es ihr) Leon. Was iſt diß? Camillo bildnuͤß. Borg. Jch weiß nicht/ meine curioſitaͤt erſtreckt ſich ſo weit nicht/ ich habe es nur entfuͤhret/ meine ſchweſter zu vexiren. Leon. (giebts wieder) Nun wir ſind unhoͤfflich und halten denſelben zu lang auf. (Gehen ab) Borg.
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Der beſchuͤtzten Unſchuld
Leon. Ach muß der ungluͤcks-vogel unſer geſpraͤch
verſtoͤren.
Borg. Schoͤnſte Leonore ſoll man ſie hier antreffe?
Leon. Die perſonen meines geſchlechtes ſollen die
einſamkeit lieben.
Borg. Jch weiß mich doch zu befinnen/ daß ſie vor
der zeit froͤlicher ausgeſehen hat.
Leon. Die ſtunden ſind nicht alle gleich.
Borg. So iſt mirs hoͤchlich leid/ wofern dieſelbe
in ihrem melancholiſchẽ divertiſſement verſtoͤret wird.
Leon. Und mir iſts leid/ daß er an einen ort kom̃t/
da keine vergnuͤgung iſt.
Borg. Es ſcheinet/ als ſey die jahreszeit den frau-
enzimmer zu wider. Meine ſchweſter kan nichts thun
als grillen fangen.
Leon. Jſt ſie nicht wol auf?
Borg. An der geſundheit ſpuͤr ich keinen mangel/
ſie hat einen kleinen ſpiegel/ davor uͤbt ſie ſich in veꝛlieb-
ten minen/ daß ihr die thraͤnen zu den augen heraus
fallen.
Leon. Daß muß ein kraͤfftiger ſpiegel ſeyn.
Borg. Jch weiß nicht: Hier hab ich ihn entfuͤhrt/
indem ſie von etlichen geſpielinnen aufgehalten wird.
Leon. Darf ich ſo fuͤrwitzig ſeyn/ und das wunder
betrachten?
Borg. Sie hat es volle macht.
(er giebt es ihr)
Leon. Was iſt diß? Camillo bildnuͤß.
Borg. Jch weiß nicht/ meine curioſitaͤt erſtreckt
ſich ſo weit nicht/ ich habe es nur entfuͤhret/ meine
ſchweſter zu vexiren.
Leon. (giebts wieder) Nun wir ſind unhoͤfflich
und halten denſelben zu lang auf.
(Gehen ab)
Borg.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/508>, abgerufen am 16.07.2024. |