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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der beschützten unschuld
Leon. So ist Jtalien zu wenig/ solche mängel zu
ersetzen?
Cam. Jch muß sehen was vor klugheit über den
alpen-gebirge zu finden ist.
Leon. Das heist/ ich muß meine Leonore verlassen.
Cam. Nein das heist/ ich muß meiner Leonore ei-
nen solchen liebsten zurücke bringen/ der sich umb ihre
schönheit desto kühner bewerben darff.
Leon. Nein das heist/ ich muß sehen/ ob anders-
wo schöner personen anzutreffen sind/ und ob mich auch
der erste schluß gereuen möchte.
Cam. Nein das heist ich muß mich in meinem ge-
müthe bekräfftigen/ daß in allen benachbarten provin-
tzen keine angene[hm]er sey/ als sie meine liebste Leonore.
Leon. Ach [die] worte seyn allzeit gut.
Cam. Was wollen wir schertzen? es ist an dem/ daß
ich meine seele zu dem höchsten unglück zwingen muß.
Sie lebe wohl/ wehrteste Leonore biß derselbe zurück
kömmt/ welcher sie mittlerzeit in gedancken begleiten
wird/ das ist/ biß Camillo in der that bezeiget/ daß er
mit gegenwärtigen verdacht unschuldig ist beleget
worden.
Leon. (Weinet) Ach mein Camillo/ sol ich ja
das unglück haben/ daß ich seiner holdseligen worte
zum letztenmahle gewürdigt werde/ so lache er nur bey
seiner zukünftigen liebsten nicht über meiner einfalt-
daß ich mir die stoltze hoffnung gemacht seine Affection
zu verdienen/ sondern erbarme sich vielmehr über die-
selbe/ welche sich/ bey seinen bessern glücke vor schmer-
tzen verzehren wird.
Cam. Wozu dienen die überflüssigen gedancken?
wil sie mir den trost der gegen liebe entziehen/ und mich
auff
Der beſchuͤtzten unſchuld
Leon. So iſt Jtalien zu wenig/ ſolche maͤngel zu
erſetzen?
Cam. Jch muß ſehen was vor klugheit uͤber den
alpen-gebirge zu finden iſt.
Leon. Das heiſt/ ich muß meine Leonore verlaſſen.
Cam. Nein das heiſt/ ich muß meiner Leonore ei-
nen ſolchen liebſten zuruͤcke bringen/ der ſich umb ihre
ſchoͤnheit deſto kuͤhner bewerben darff.
Leon. Nein das heiſt/ ich muß ſehen/ ob anders-
wo ſchoͤner perſonen anzutꝛeffen ſind/ und ob mich auch
der erſte ſchluß gereuen moͤchte.
Cam. Nein das heiſt ich muß mich in meinem ge-
muͤthe bekraͤfftigen/ daß in allen benachbarten provin-
tzen keine angene[hm]er ſey/ als ſie meine liebſte Leonore.
Leon. Ach [die] worte ſeyn allzeit gut.
Cam. Was wollen wir ſchertzen? es iſt an dem/ daß
ich meine ſeele zu dem hoͤchſten ungluͤck zwingen muß.
Sie lebe wohl/ wehrteſte Leonore biß derſelbe zuruͤck
koͤmmt/ welcher ſie mittlerzeit in gedancken begleiten
wird/ das iſt/ biß Camillo in der that bezeiget/ daß er
mit gegenwaͤrtigen verdacht unſchuldig iſt beleget
worden.
Leon. (Weinet) Ach mein Camillo/ ſol ich ja
das ungluͤck haben/ daß ich ſeiner holdſeligen worte
zum letztenmahle gewuͤrdigt werde/ ſo lache er nur bey
ſeiner zukuͤnftigen liebſten nicht uͤber meiner einfalt-
daß ich mir die ſtoltze hoffnung gemacht ſeine Affection
zu verdienen/ ſondern erbarme ſich vielmehr uͤber die-
ſelbe/ welche ſich/ bey ſeinen beſſern gluͤcke vor ſchmer-
tzen verzehren wird.
Cam. Wozu dienen die uͤberfluͤſſigen gedancken?
wil ſie mir den troſt der gegen liebe entziehen/ und mich
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[478/0494] Der beſchuͤtzten unſchuld Leon. So iſt Jtalien zu wenig/ ſolche maͤngel zu erſetzen? Cam. Jch muß ſehen was vor klugheit uͤber den alpen-gebirge zu finden iſt. Leon. Das heiſt/ ich muß meine Leonore verlaſſen. Cam. Nein das heiſt/ ich muß meiner Leonore ei- nen ſolchen liebſten zuruͤcke bringen/ der ſich umb ihre ſchoͤnheit deſto kuͤhner bewerben darff. Leon. Nein das heiſt/ ich muß ſehen/ ob anders- wo ſchoͤner perſonen anzutꝛeffen ſind/ und ob mich auch der erſte ſchluß gereuen moͤchte. Cam. Nein das heiſt ich muß mich in meinem ge- muͤthe bekraͤfftigen/ daß in allen benachbarten provin- tzen keine angenehmer ſey/ als ſie meine liebſte Leonore. Leon. Ach die worte ſeyn allzeit gut. Cam. Was wollen wir ſchertzen? es iſt an dem/ daß ich meine ſeele zu dem hoͤchſten ungluͤck zwingen muß. Sie lebe wohl/ wehrteſte Leonore biß derſelbe zuruͤck koͤmmt/ welcher ſie mittlerzeit in gedancken begleiten wird/ das iſt/ biß Camillo in der that bezeiget/ daß er mit gegenwaͤrtigen verdacht unſchuldig iſt beleget worden. Leon. (Weinet) Ach mein Camillo/ ſol ich ja das ungluͤck haben/ daß ich ſeiner holdſeligen worte zum letztenmahle gewuͤrdigt werde/ ſo lache er nur bey ſeiner zukuͤnftigen liebſten nicht uͤber meiner einfalt- daß ich mir die ſtoltze hoffnung gemacht ſeine Affection zu verdienen/ ſondern erbarme ſich vielmehr uͤber die- ſelbe/ welche ſich/ bey ſeinen beſſern gluͤcke vor ſchmer- tzen verzehren wird. Cam. Wozu dienen die uͤberfluͤſſigen gedancken? wil ſie mir den troſt der gegen liebe entziehen/ und mich auff

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/494>, abgerufen am 18.06.2024.