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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Drittes Gespräch.
Er schaffe nur was mir vonnöthen thut/
Damit ich nicht nach hohen dingen strebe
Und gar zu sehr an diesem eitlen klebe.
Versucht mich ja mein schnödes fleisch und blut/
So komm er bald und breche meinen muth/
Damit das hertz im himmel offen schwebe.
Der falsche glantz der stoltzen eitelkeit
Ertheilet nicht dergleichen sicherheit/
Als könte man des todes gifft vermeiden.
Was hilfft es nun daß man die gantze welt
Mit aller lust in seinen diensten hält/
Und muß die noth an seiner seele leiden.
Mel. Siehe da habe ich dich einmahl auf der geist-
lichen seite erwischt.
Gil. Dieses sind allzeit meine gedancken.
Nun kömmet ein weltliches.

Sonnet.
WJr armen gelehrten wir haben die ehre/
Die andern indessen besitzen das geld:
Drum gibet die witzig und spitzige welt
Den künsten und sprachen gar selten gehöre.
Sie schertzen mit dieser verächtigen lehre/
Weil solche nicht grosse ducaten erhält:
Hingegen der reiche wird öffter bestellt/
Als wenn er in allen viel ehrlicher wäre.
Doch bleiben wir fleissig und achten es nicht/
Wenn irgend ein esel die rosen verspricht/
Der selten was anders als disteln gefressen.
Wir suchen die schätze die nimmer vergehn/
Und mitten in unsern gedancken bestehn/
So können wir leichtlich das ander vergessen.
Mel. Werde ich doch bey diesen sachen gar verliebt.
Fill. Aber bey solchen verdrießlichen händeln wird
mir die zeit lang.
Gil. Sagte ich es nicht/ daß ich übel würde ankom-
men.
Mel.
Drittes Geſpraͤch.
Er ſchaffe nur was mir vonnoͤthen thut/
Damit ich nicht nach hohen dingen ſtrebe
Und gar zu ſehr an dieſem eitlen klebe.
Verſucht mich ja mein ſchnoͤdes fleiſch und blut/
So komm er bald und breche meinen muth/
Damit das hertz im himmel offen ſchwebe.
Der falſche glantz der ſtoltzen eitelkeit
Ertheilet nicht dergleichen ſicherheit/
Als koͤnte man des todes gifft vermeiden.
Was hilfft es nun daß man die gantze welt
Mit aller luſt in ſeinen dienſten haͤlt/
Und muß die noth an ſeiner ſeele leiden.
Mel. Siehe da habe ich dich einmahl auf der geiſt-
lichen ſeite erwiſcht.
Gil. Dieſes ſind allzeit meine gedancken.
Nun koͤmmet ein weltliches.

Sonnet.
WJr armen gelehrten wir haben die ehre/
Die andern indeſſen beſitzen das geld:
Drum gibet die witzig und ſpitzige welt
Den kuͤnſten und ſprachen gar ſelten gehoͤre.
Sie ſchertzen mit dieſer veraͤchtigen lehre/
Weil ſolche nicht groſſe ducaten erhaͤlt:
Hingegen der reiche wird oͤffter beſtellt/
Als wenn er in allen viel ehrlicher waͤre.
Doch bleiben wir fleiſſig und achten es nicht/
Wenn irgend ein eſel die roſen verſpricht/
Der ſelten was anders als diſteln gefreſſen.
Wir ſuchen die ſchaͤtze die nimmer vergehn/
Und mitten in unſern gedancken beſtehn/
So koͤnnen wir leichtlich das ander vergeſſen.
Mel. Weꝛde ich doch bey dieſen ſachen gar verliebt.
Fill. Aber bey ſolchen verdrießlichen haͤndeln wird
mir die zeit lang.
Gil. Sagte ich es nicht/ daß ich uͤbel wuͤrde ankom-
men.
Mel.
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[349/0365] Drittes Geſpraͤch. Er ſchaffe nur was mir vonnoͤthen thut/ Damit ich nicht nach hohen dingen ſtrebe Und gar zu ſehr an dieſem eitlen klebe. Verſucht mich ja mein ſchnoͤdes fleiſch und blut/ So komm er bald und breche meinen muth/ Damit das hertz im himmel offen ſchwebe. Der falſche glantz der ſtoltzen eitelkeit Ertheilet nicht dergleichen ſicherheit/ Als koͤnte man des todes gifft vermeiden. Was hilfft es nun daß man die gantze welt Mit aller luſt in ſeinen dienſten haͤlt/ Und muß die noth an ſeiner ſeele leiden. Mel. Siehe da habe ich dich einmahl auf der geiſt- lichen ſeite erwiſcht. Gil. Dieſes ſind allzeit meine gedancken. Nun koͤmmet ein weltliches. Sonnet. WJr armen gelehrten wir haben die ehre/ Die andern indeſſen beſitzen das geld: Drum gibet die witzig und ſpitzige welt Den kuͤnſten und ſprachen gar ſelten gehoͤre. Sie ſchertzen mit dieſer veraͤchtigen lehre/ Weil ſolche nicht groſſe ducaten erhaͤlt: Hingegen der reiche wird oͤffter beſtellt/ Als wenn er in allen viel ehrlicher waͤre. Doch bleiben wir fleiſſig und achten es nicht/ Wenn irgend ein eſel die roſen verſpricht/ Der ſelten was anders als diſteln gefreſſen. Wir ſuchen die ſchaͤtze die nimmer vergehn/ Und mitten in unſern gedancken beſtehn/ So koͤnnen wir leichtlich das ander vergeſſen. Mel. Weꝛde ich doch bey dieſen ſachen gar verliebt. Fill. Aber bey ſolchen verdrießlichen haͤndeln wird mir die zeit lang. Gil. Sagte ich es nicht/ daß ich uͤbel wuͤrde ankom- men. Mel.

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/365>, abgerufen am 11.06.2024.