Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Drittes Gespräch. von eurer lust zu verstöhren: Doch wenn ich sagen sol-te was mir am besten gefiele/ so möchte ich gern die peccata juventutis auff die seite setzen/ und etwas ernst- haftes hören. Fill. Die Uberflüssigen Gedancken sind gar selten ernsthaftig. Gil. Ja wol. Doch es wird ja auch etwas vorhan- den seyn/ das so gar liederlich nicht außsieht. Fill. Jch wolte es nicht einmahl vorbringen/ wei- stu nicht/ Turpe est difficiles habere nugas, Et stultus labor est ineptiarum. Mel. Es reimt sich/ gleich als könte man nicht lu- stig seyn/ da keine nugae vorbracht würden. Gil. Nun so höret ob diß recht ist. JCh weiß wol/ daß ich neider habe Die mir nach meinem glücke stehn: Doch alles ist des Höchsten gabe/ Daher entspringt mein wolergehn/ Drum bleib' ich allzeit unbetrübt Und nehme was der himmel giebt. 2. Jch sehe daß ich sicher bleibe/ Ob gleich der neid sehr grimmig thut: Jch fühle nichts an meinem leibe/ Das essen schmeckt mir gleich so gut/ Jm schlaffe bin ich unverstört/ Und habe stets was mir gehört. 3. Hingegen wolt ich eh nicht leben Als an der neider stelle seyn/ Weil sie nach meiner wohlfarth streben/ So fressen sie viel kummer ein/ Und kräncken sich mit ihrem sinn/ Daß Y 5
Drittes Geſpraͤch. von eurer luſt zu verſtoͤhren: Doch wenn ich ſagen ſol-te was mir am beſten gefiele/ ſo moͤchte ich gern die peccata juventutis auff die ſeite ſetzen/ und etwas ernſt- haftes hoͤren. Fill. Die Uberfluͤſſigen Gedancken ſind gar ſelten ernſthaftig. Gil. Ja wol. Doch es wird ja auch etwas vorhan- den ſeyn/ das ſo gar liederlich nicht außſieht. Fill. Jch wolte es nicht einmahl vorbringen/ wei- ſtu nicht/ Turpe eſt difficiles habere nugas, Et ſtultus labor eſt ineptiarum. Mel. Es reimt ſich/ gleich als koͤnte man nicht lu- ſtig ſeyn/ da keine nugæ vorbracht wuͤrden. Gil. Nun ſo hoͤret ob diß recht iſt. JCh weiß wol/ daß ich neider habe Die mir nach meinem gluͤcke ſtehn: Doch alles iſt des Hoͤchſten gabe/ Daher entſpringt mein wolergehn/ Drum bleib’ ich allzeit unbetruͤbt Und nehme was der himmel giebt. 2. Jch ſehe daß ich ſicher bleibe/ Ob gleich der neid ſehr grimmig thut: Jch fuͤhle nichts an meinem leibe/ Das eſſen ſchmeckt mir gleich ſo gut/ Jm ſchlaffe bin ich unverſtoͤrt/ Und habe ſtets was mir gehoͤrt. 3. Hingegen wolt ich eh nicht leben Als an der neider ſtelle ſeyn/ Weil ſie nach meiner wohlfarth ſtreben/ So freſſen ſie viel kummer ein/ Und kraͤncken ſich mit ihrem ſinn/ Daß Y 5
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Drittes Geſpraͤch.
von eurer luſt zu verſtoͤhren: Doch wenn ich ſagen ſol-
te was mir am beſten gefiele/ ſo moͤchte ich gern die
peccata juventutis auff die ſeite ſetzen/ und etwas ernſt-
haftes hoͤren.
Fill. Die Uberfluͤſſigen Gedancken ſind gar ſelten
ernſthaftig.
Gil. Ja wol. Doch es wird ja auch etwas vorhan-
den ſeyn/ das ſo gar liederlich nicht außſieht.
Fill. Jch wolte es nicht einmahl vorbringen/ wei-
ſtu nicht/
Turpe eſt difficiles habere nugas,
Et ſtultus labor eſt ineptiarum.
Mel. Es reimt ſich/ gleich als koͤnte man nicht lu-
ſtig ſeyn/ da keine nugæ vorbracht wuͤrden.
Gil. Nun ſo hoͤret ob diß recht iſt.
JCh weiß wol/ daß ich neider habe
Die mir nach meinem gluͤcke ſtehn:
Doch alles iſt des Hoͤchſten gabe/
Daher entſpringt mein wolergehn/
Drum bleib’ ich allzeit unbetruͤbt
Und nehme was der himmel giebt.
2. Jch ſehe daß ich ſicher bleibe/
Ob gleich der neid ſehr grimmig thut:
Jch fuͤhle nichts an meinem leibe/
Das eſſen ſchmeckt mir gleich ſo gut/
Jm ſchlaffe bin ich unverſtoͤrt/
Und habe ſtets was mir gehoͤrt.
3. Hingegen wolt ich eh nicht leben
Als an der neider ſtelle ſeyn/
Weil ſie nach meiner wohlfarth ſtreben/
So freſſen ſie viel kummer ein/
Und kraͤncken ſich mit ihrem ſinn/
Daß
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/361>, abgerufen am 22.07.2024. |