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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Drittes Gespräch.
Gil. Man muß einen unterscheid unter dem sauf-
fen machen. Es wird nur der zuläßliche freuden-be-
cher/ nicht aber der bestialische schwein- und narren-be-
cher darinn besungen.
Mel. Ja ja/ wann es undisputirlich eingeschenckt
wird/ so geht es auff die letzt gar vernünfftig her.
Gil. Gnung daß der vernünfftig ist/ der das lied
macht/ die andern mögen zusehen/ daß sie den guten
verstand nicht mißbrauchen.
Fill. Ey wer alles mit disputiren erhalten soll/ der
wird in der welt wenig vornehmen. Ein sauff-lied-
gen geht wol hin/ wenn es nicht zu grob oder zu offt
kömmt.
Gil. Man wird auch von solchen personen ange-
sprochen/ denen man nichts versagen darff. Zum er-
empel/ vor etlichen jahren sprach mich ein grosser Pa-
tron an/ ich solte ihm ein hübsch sauff-madrigal auffse-
tzen/ das sich fein in die music schickte/ und da hinten mit
einem hübschen runda beschlossen würde. Was solte
ich thun/ ich stellte mich als hielt ich selbst viel davon/
und machte folgendes:

Sa sa Sa sa Sa sa.
Das ist die alte welt/ so giengs beym alten Käyser/
So gehts zu unsrer zeit:
Da muß der klare wein
Just ausgestochen seyn:
So wächst in uns lust und vertrauligkeit/
Denn wer fein redlich trincken kan/
Der ist auch sonst ein redlich mann.
Die matten fliegen sind zu schlecht vor unsre gaben/
Wer weiß ob sie auch deutsche väter haben.
Sa sa sa sa sa sa/
So
Y 2
Drittes Geſpraͤch.
Gil. Man muß einen unterſcheid unter dem ſauf-
fen machen. Es wird nur der zulaͤßliche freuden-be-
cher/ nicht aber der beſtialiſche ſchwein- und narren-be-
cher darinn beſungen.
Mel. Ja ja/ wann es undiſputirlich eingeſchenckt
wird/ ſo geht es auff die letzt gar vernuͤnfftig her.
Gil. Gnung daß der vernuͤnfftig iſt/ der das lied
macht/ die andern moͤgen zuſehen/ daß ſie den guten
verſtand nicht mißbrauchen.
Fill. Ey wer alles mit diſputiren erhalten ſoll/ der
wird in der welt wenig vornehmen. Ein ſauff-lied-
gen geht wol hin/ wenn es nicht zu grob oder zu offt
koͤmmt.
Gil. Man wird auch von ſolchen perſonen ange-
ſprochen/ denen man nichts verſagen darff. Zum er-
empel/ vor etlichen jahren ſprach mich ein groſſer Pa-
tron an/ ich ſolte ihm ein huͤbſch ſauff-madrigal auffſe-
tzen/ das ſich fein in die muſic ſchickte/ und da hinten mit
einem huͤbſchen runda beſchloſſen wuͤrde. Was ſolte
ich thun/ ich ſtellte mich als hielt ich ſelbſt viel davon/
und machte folgendes:

Sa ſa Sa ſa Sa ſa.
Das iſt die alte welt/ ſo giengs beym alten Kaͤyſer/
So gehts zu unſrer zeit:
Da muß der klare wein
Juſt ausgeſtochen ſeyn:
So waͤchſt in uns luſt und vertrauligkeit/
Denn wer fein redlich trincken kan/
Der iſt auch ſonſt ein redlich mann.
Die matten fliegen ſind zu ſchlecht vor unſre gaben/
Wer weiß ob ſie auch deutſche vaͤter haben.
Sa ſa ſa ſa ſa ſa/
So
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[339/0355] Drittes Geſpraͤch. Gil. Man muß einen unterſcheid unter dem ſauf- fen machen. Es wird nur der zulaͤßliche freuden-be- cher/ nicht aber der beſtialiſche ſchwein- und narren-be- cher darinn beſungen. Mel. Ja ja/ wann es undiſputirlich eingeſchenckt wird/ ſo geht es auff die letzt gar vernuͤnfftig her. Gil. Gnung daß der vernuͤnfftig iſt/ der das lied macht/ die andern moͤgen zuſehen/ daß ſie den guten verſtand nicht mißbrauchen. Fill. Ey wer alles mit diſputiren erhalten ſoll/ der wird in der welt wenig vornehmen. Ein ſauff-lied- gen geht wol hin/ wenn es nicht zu grob oder zu offt koͤmmt. Gil. Man wird auch von ſolchen perſonen ange- ſprochen/ denen man nichts verſagen darff. Zum er- empel/ vor etlichen jahren ſprach mich ein groſſer Pa- tron an/ ich ſolte ihm ein huͤbſch ſauff-madrigal auffſe- tzen/ das ſich fein in die muſic ſchickte/ und da hinten mit einem huͤbſchen runda beſchloſſen wuͤrde. Was ſolte ich thun/ ich ſtellte mich als hielt ich ſelbſt viel davon/ und machte folgendes: Sa ſa Sa ſa Sa ſa. Das iſt die alte welt/ ſo giengs beym alten Kaͤyſer/ So gehts zu unſrer zeit: Da muß der klare wein Juſt ausgeſtochen ſeyn: So waͤchſt in uns luſt und vertrauligkeit/ Denn wer fein redlich trincken kan/ Der iſt auch ſonſt ein redlich mann. Die matten fliegen ſind zu ſchlecht vor unſre gaben/ Wer weiß ob ſie auch deutſche vaͤter haben. Sa ſa ſa ſa ſa ſa/ So Y 2

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/355>, abgerufen am 10.06.2024.