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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberfl. gedancken andere gattung
Wilstu melancholisch seyn
Nur umb eines mädgens willen?
Ach das unkraut ist gemein/
Und du wirst auff dein vergnügen/
Zehne wol für eine kriegen.

Mel. Das lied ist gut gegeben/ doch darff man es
keiner jungfer vorlesen/ sie möchte es sonst mit ungnä-
digen augen ansehen.
Gil. Wer sich davor fürchten wolte/ der müste man-
che artige invention zurücke halten.
Fill. Hastu noch mehr im vorrath/ die ärger seyn?
Gil. Ach daran ist kein mangel. Die kerln in lan-
gen hosen verhindern manchen ehrlichen menschen an
seiner wohlfarth: sie verdienen es wohl/ daß sie dar-
umb auch etwas ausstehen.
Mel. Was kan aber manche jungfer davor/ daß ein
narr verliebt wird/ und vor dem hause vorüber läufft/
bald ein brieffgen schreibt/ bald ein liedgen macht/ bald
sonst andere schwachheiten vornimmt.
Gil. Jch will nicht alle beschuldigen. Aber warumb
schniegelt und striegelt sich manche so zierlich und so
appetitlich/ wenn sie nicht diß im sinne hätte/ daß sie ei-
nen guten stümper fangen wolte.
Mel. Aber bißweilen giebt sich einer an/ dem zu ge-
fallen sich kein mädgen putzen würde.
Gil. Es geht wie mit den fischern/ die schütten ihr
netz aus/ und meynen wunder/ was sie wollen vor hech-
te aufflesen/ und wann sie alles durchsuchen/ so haben
sie kaum ein paar frösche/ und irgend einen dürren
dreck-perschken erwischt.
Fill. Uber diß meynet manche/ sie habe einen dop-
pelten Doctor verdient/ die doch kaum vor einen feu-
ermau-

Uberfl. gedancken andere gattung
Wilſtu melancholiſch ſeyn
Nur umb eines maͤdgens willen?
Ach das unkraut iſt gemein/
Und du wirſt auff dein vergnuͤgen/
Zehne wol fuͤr eine kriegen.

Mel. Das lied iſt gut gegeben/ doch darff man es
keiner jungfer vorleſen/ ſie moͤchte es ſonſt mit ungnaͤ-
digen augen anſehen.
Gil. Wer ſich davor fuͤrchten wolte/ der muͤſte man-
che artige invention zuruͤcke halten.
Fill. Haſtu noch mehr im vorrath/ die aͤrger ſeyn?
Gil. Ach daran iſt kein mangel. Die kerln in lan-
gen hoſen verhindern manchen ehrlichen menſchen an
ſeiner wohlfarth: ſie verdienen es wohl/ daß ſie dar-
umb auch etwas ausſtehen.
Mel. Was kan aber manche jungfer davor/ daß ein
narr verliebt wird/ und vor dem hauſe voruͤber laͤufft/
bald ein brieffgen ſchreibt/ bald ein liedgen macht/ bald
ſonſt andere ſchwachheiten vornimmt.
Gil. Jch will nicht alle beſchuldigen. Aber warumb
ſchniegelt und ſtriegelt ſich manche ſo zierlich und ſo
appetitlich/ wenn ſie nicht diß im ſinne haͤtte/ daß ſie ei-
nen guten ſtuͤmper fangen wolte.
Mel. Aber bißweilen giebt ſich einer an/ dem zu ge-
fallen ſich kein maͤdgen putzen wuͤrde.
Gil. Es geht wie mit den fiſchern/ die ſchuͤtten ihr
netz aus/ und meynen wunder/ was ſie wollen vor hech-
te auffleſen/ und wann ſie alles durchſuchen/ ſo haben
ſie kaum ein paar froͤſche/ und irgend einen duͤrren
dreck-perſchken erwiſcht.
Fill. Uber diß meynet manche/ ſie habe einen dop-
pelten Doctor verdient/ die doch kaum vor einen feu-
ermau-
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[334/0350] Uberfl. gedancken andere gattung Wilſtu melancholiſch ſeyn Nur umb eines maͤdgens willen? Ach das unkraut iſt gemein/ Und du wirſt auff dein vergnuͤgen/ Zehne wol fuͤr eine kriegen. Mel. Das lied iſt gut gegeben/ doch darff man es keiner jungfer vorleſen/ ſie moͤchte es ſonſt mit ungnaͤ- digen augen anſehen. Gil. Wer ſich davor fuͤrchten wolte/ der muͤſte man- che artige invention zuruͤcke halten. Fill. Haſtu noch mehr im vorrath/ die aͤrger ſeyn? Gil. Ach daran iſt kein mangel. Die kerln in lan- gen hoſen verhindern manchen ehrlichen menſchen an ſeiner wohlfarth: ſie verdienen es wohl/ daß ſie dar- umb auch etwas ausſtehen. Mel. Was kan aber manche jungfer davor/ daß ein narr verliebt wird/ und vor dem hauſe voruͤber laͤufft/ bald ein brieffgen ſchreibt/ bald ein liedgen macht/ bald ſonſt andere ſchwachheiten vornimmt. Gil. Jch will nicht alle beſchuldigen. Aber warumb ſchniegelt und ſtriegelt ſich manche ſo zierlich und ſo appetitlich/ wenn ſie nicht diß im ſinne haͤtte/ daß ſie ei- nen guten ſtuͤmper fangen wolte. Mel. Aber bißweilen giebt ſich einer an/ dem zu ge- fallen ſich kein maͤdgen putzen wuͤrde. Gil. Es geht wie mit den fiſchern/ die ſchuͤtten ihr netz aus/ und meynen wunder/ was ſie wollen vor hech- te auffleſen/ und wann ſie alles durchſuchen/ ſo haben ſie kaum ein paar froͤſche/ und irgend einen duͤrren dreck-perſchken erwiſcht. Fill. Uber diß meynet manche/ ſie habe einen dop- pelten Doctor verdient/ die doch kaum vor einen feu- ermau-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/350>, abgerufen am 10.06.2024.