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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Uberfl. gedancken andere gattung
sen. Nun wolte er sich gern stellen/ als sey es ihm auch
kein rechter ernst gewesen/ und bat mich derowegen/ ihn
mit einem anständigen liede zu secundiren.
Fill. Du hast alles in anderer leute nahmen gethan/
doch laß hören/ wie du einen betrübten liebhaber trö-
sten kanst.
Gil. Du must den baß mit singen/ nach der melo-
dey: Wenn ich mein liebgen soll beschreiben.

SO muß ich deiner noch vergessen/
Du vormahls hochgeliebtes kind/
Nachdem ich offt bey dir gesessen/
Und an begier und liebe blind/
Gemeynt/ daß deine gunst und treu/
Von lauter stahl und eisen sey.
2. Jch ließ mir nichts gefährlichs träumen/
Und dacht/ es könte lust und list
Sich nimmermehr zusammen reimen/
Doch nun befind ich was du bist/
Jndem ich mein verlangtes ziel
Jn deiner liebe treffen will.
3. Denn solt ich nicht die sache glauben?
Die worte die verrathen dich/
Die stehn zu sehr auf falschen schrauben/
Dadurch erweistu sicherlich/
Daß du mich nur als einen gast
Zum zeit-vertreib gebrauchet hast.
4. Wiewohl es läst sich endlich hören/
Wie scheinbar alle worte sind:
Die tochter will die eltern ehren/
Und sie beziehn sich auff ihr kind.
Doch dürffte man sich nicht bemühn/
Mich bey der nase rumm zu ziehn.
Jch
Uberfl. gedancken andere gattung
ſen. Nun wolte er ſich gern ſtellen/ als ſey es ihm auch
kein rechter ernſt geweſen/ und bat mich derowegen/ ihn
mit einem anſtaͤndigen liede zu ſecundiren.
Fill. Du haſt alles in anderer leute nahmen gethan/
doch laß hoͤren/ wie du einen betruͤbten liebhaber troͤ-
ſten kanſt.
Gil. Du muſt den baß mit ſingen/ nach der melo-
dey: Wenn ich mein liebgen ſoll beſchreiben.

SO muß ich deiner noch vergeſſen/
Du vormahls hochgeliebtes kind/
Nachdem ich offt bey dir geſeſſen/
Und an begier und liebe blind/
Gemeynt/ daß deine gunſt und treu/
Von lauter ſtahl und eiſen ſey.
2. Jch ließ mir nichts gefaͤhrlichs traͤumen/
Und dacht/ es koͤnte luſt und liſt
Sich nimmermehr zuſammen reimen/
Doch nun befind ich was du biſt/
Jndem ich mein verlangtes ziel
Jn deiner liebe treffen will.
3. Denn ſolt ich nicht die ſache glauben?
Die worte die verrathen dich/
Die ſtehn zu ſehr auf falſchen ſchrauben/
Dadurch erweiſtu ſicherlich/
Daß du mich nur als einen gaſt
Zum zeit-vertreib gebrauchet haſt.
4. Wiewohl es laͤſt ſich endlich hoͤren/
Wie ſcheinbar alle worte ſind:
Die tochter will die eltern ehren/
Und ſie beziehn ſich auff ihr kind.
Doch duͤrffte man ſich nicht bemuͤhn/
Mich bey der naſe rumm zu ziehn.
Jch
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[330/0346] Uberfl. gedancken andere gattung ſen. Nun wolte er ſich gern ſtellen/ als ſey es ihm auch kein rechter ernſt geweſen/ und bat mich derowegen/ ihn mit einem anſtaͤndigen liede zu ſecundiren. Fill. Du haſt alles in anderer leute nahmen gethan/ doch laß hoͤren/ wie du einen betruͤbten liebhaber troͤ- ſten kanſt. Gil. Du muſt den baß mit ſingen/ nach der melo- dey: Wenn ich mein liebgen ſoll beſchreiben. SO muß ich deiner noch vergeſſen/ Du vormahls hochgeliebtes kind/ Nachdem ich offt bey dir geſeſſen/ Und an begier und liebe blind/ Gemeynt/ daß deine gunſt und treu/ Von lauter ſtahl und eiſen ſey. 2. Jch ließ mir nichts gefaͤhrlichs traͤumen/ Und dacht/ es koͤnte luſt und liſt Sich nimmermehr zuſammen reimen/ Doch nun befind ich was du biſt/ Jndem ich mein verlangtes ziel Jn deiner liebe treffen will. 3. Denn ſolt ich nicht die ſache glauben? Die worte die verrathen dich/ Die ſtehn zu ſehr auf falſchen ſchrauben/ Dadurch erweiſtu ſicherlich/ Daß du mich nur als einen gaſt Zum zeit-vertreib gebrauchet haſt. 4. Wiewohl es laͤſt ſich endlich hoͤren/ Wie ſcheinbar alle worte ſind: Die tochter will die eltern ehren/ Und ſie beziehn ſich auff ihr kind. Doch duͤrffte man ſich nicht bemuͤhn/ Mich bey der naſe rumm zu ziehn. Jch

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/346>, abgerufen am 25.07.2024.