Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuntes dutzent.
10. Ach Sanct Andreas/ ich trage doch
Die keuschheit mit verdruß/
Drum komm/ mein trost/ und gib mir noch
Was gutes zum beschluß/
Damit ich nicht in kurtzer zeit
Vor übermachter bangigkeit
Zur hu - - werden muß.
X.
Es hungert ihn nach Fleische.
ACh weh! wie hungert mich/ wo krieg ich neue krafft
Wo find ich einen koch/ der mir zu essen schafft?
Der fleisch kram ist zwar offen/
Jch aber weiß nicht wohl/
Wo ich was gutes hoffen
Und mich vergnügen soll.
2. Putt-hüngen fleisch ist weich/ und gehet niedlich ein/
Es mag auch gut genung vor schwache mädgen seyn/
Doch wann die liebe speise
So zart und schlappricht sieht/
Verliert man auf die weise
Gar leicht den appetit.
3. Das kalb-fleisch ist noch jung/ u. beist sich lieblich an
Wenn man die eutergen mit unterschneiden kan/
Doch wen es an der mutter
Nicht lang gewesen ist/
So ist es auch ein futter/
Darnach mich nicht gelüst.
4. Das rind-fleisch ist gemein/ und wird sehr hoch beliebt/
Dieweil es guten Safft/ und volle nahrung giebt:
Es hält vortreflich wieder/
Doch dieses gute lob
Jst nicht vor schwache glieder/
Was
Neuntes dutzent.
10. Ach Sanct Andreas/ ich trage doch
Die keuſchheit mit verdruß/
Drum komm/ mein troſt/ und gib mir noch
Was gutes zum beſchluß/
Damit ich nicht in kurtzer zeit
Vor uͤbermachter bangigkeit
Zur hu ‒ ‒ werden muß.
X.
Es hungert ihn nach Fleiſche.
ACh weh! wie hungert mich/ wo krieg ich neue krafft
Wo find ich einen koch/ der mir zu eſſen ſchafft?
Der fleiſch kram iſt zwar offen/
Jch aber weiß nicht wohl/
Wo ich was gutes hoffen
Und mich vergnuͤgen ſoll.
2. Putt-huͤngen fleiſch iſt weich/ und gehet niedlich ein/
Es mag auch gut genung vor ſchwache maͤdgen ſeyn/
Doch wann die liebe ſpeiſe
So zart und ſchlappricht ſieht/
Verliert man auf die weiſe
Gar leicht den appetit.
3. Das kalb-fleiſch iſt noch jung/ u. beiſt ſich lieblich an
Wenn man die eutergen mit unterſchneiden kan/
Doch wen es an der mutter
Nicht lang geweſen iſt/
So iſt es auch ein futter/
Darnach mich nicht geluͤſt.
4. Das ꝛind-fleiſch iſt gemein/ und wiꝛd ſehꝛ hoch beliebt/
Dieweil es guten Safft/ und volle nahrung giebt:
Es haͤlt vortreflich wieder/
Doch dieſes gute lob
Jſt nicht vor ſchwache glieder/
Was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0191" n="175"/>
            <fw place="top" type="header">Neuntes dutzent.</fw><lb/>
            <lg n="10">
              <l>10. Ach Sanct Andreas/ ich trage doch</l><lb/>
              <l>Die keu&#x017F;chheit mit verdruß/</l><lb/>
              <l><hi rendition="#fr">D</hi>rum komm/ mein tro&#x017F;t/ und gib mir noch</l><lb/>
              <l>Was gutes zum be&#x017F;chluß/</l><lb/>
              <l>Damit ich nicht in kurtzer zeit</l><lb/>
              <l>Vor u&#x0364;bermachter bangigkeit</l><lb/>
              <l>Zur hu &#x2012; &#x2012; werden muß.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">X.</hi><lb/>
Es hungert ihn nach Flei&#x017F;che.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>Ch weh! wie hungert mich/ wo krieg ich neue krafft</l><lb/>
              <l>Wo find ich einen koch/ der mir zu e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chafft?</l><lb/>
              <l>Der flei&#x017F;ch kram i&#x017F;t zwar offen/</l><lb/>
              <l>Jch aber weiß nicht wohl/</l><lb/>
              <l>Wo ich was gutes hoffen</l><lb/>
              <l>Und mich vergnu&#x0364;gen &#x017F;oll.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>2. Putt-hu&#x0364;ngen flei&#x017F;ch i&#x017F;t weich/ und gehet niedlich ein/</l><lb/>
              <l>Es mag auch gut genung vor &#x017F;chwache ma&#x0364;dgen &#x017F;eyn/</l><lb/>
              <l><hi rendition="#fr">D</hi>och wann die liebe &#x017F;pei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>So zart und &#x017F;chlappricht &#x017F;ieht/</l><lb/>
              <l>Verliert man auf die wei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Gar leicht den appetit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>3. Das kalb-flei&#x017F;ch i&#x017F;t noch jung/ u. bei&#x017F;t &#x017F;ich lieblich an</l><lb/>
              <l>Wenn man die eutergen mit unter&#x017F;chneiden kan/</l><lb/>
              <l>Doch wen es an der mutter</l><lb/>
              <l>Nicht lang gewe&#x017F;en i&#x017F;t/</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t es auch ein futter/</l><lb/>
              <l>Darnach mich nicht gelu&#x0364;&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>4. Das &#xA75B;ind-flei&#x017F;ch i&#x017F;t gemein/ und wi&#xA75B;d &#x017F;eh&#xA75B; hoch beliebt/</l><lb/>
              <l>Dieweil es guten Safft/ und volle nahrung giebt:</l><lb/>
              <l>Es ha&#x0364;lt vortreflich wieder/</l><lb/>
              <l>Doch die&#x017F;es gute lob</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t nicht vor &#x017F;chwache glieder/</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0191] Neuntes dutzent. 10. Ach Sanct Andreas/ ich trage doch Die keuſchheit mit verdruß/ Drum komm/ mein troſt/ und gib mir noch Was gutes zum beſchluß/ Damit ich nicht in kurtzer zeit Vor uͤbermachter bangigkeit Zur hu ‒ ‒ werden muß. X. Es hungert ihn nach Fleiſche. ACh weh! wie hungert mich/ wo krieg ich neue krafft Wo find ich einen koch/ der mir zu eſſen ſchafft? Der fleiſch kram iſt zwar offen/ Jch aber weiß nicht wohl/ Wo ich was gutes hoffen Und mich vergnuͤgen ſoll. 2. Putt-huͤngen fleiſch iſt weich/ und gehet niedlich ein/ Es mag auch gut genung vor ſchwache maͤdgen ſeyn/ Doch wann die liebe ſpeiſe So zart und ſchlappricht ſieht/ Verliert man auf die weiſe Gar leicht den appetit. 3. Das kalb-fleiſch iſt noch jung/ u. beiſt ſich lieblich an Wenn man die eutergen mit unterſchneiden kan/ Doch wen es an der mutter Nicht lang geweſen iſt/ So iſt es auch ein futter/ Darnach mich nicht geluͤſt. 4. Das ꝛind-fleiſch iſt gemein/ und wiꝛd ſehꝛ hoch beliebt/ Dieweil es guten Safft/ und volle nahrung giebt: Es haͤlt vortreflich wieder/ Doch dieſes gute lob Jſt nicht vor ſchwache glieder/ Was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/191
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/191>, abgerufen am 21.11.2024.