Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Achtes dutzent. Kan ich nicht/ als daß ich sage/Ach mein rößgen ist verwelckt! XI. Ein Discurs über die Jungferschafft zwischen dem Florindo und der Marilis. Flor. MEin allerliebstes kind/ will sie ins kloster ziehn? M. Jch hab es so bedacht/ was sol ich mich bemühn. F. Viel glücks auf ihren weg/ sie läst sich noch wohl halten/ M. Viel lieber wolt ich mir den kopff in stücken spalten. F. So muß ihr fleisch und blut umsonst gewachsen seyn? M. Was heist dann fleisch u. blut? ich finde mich nicht drein. F. Sie wird versichert auch den alten Adam mercken. M. Ach nein/ ich halte viel von lauter guten wercken. F. Der ehstand läst vielmehr die guten wercke sehn. M. Er sage was er wil/ es ist doch nun geschehn. F. Sie läst ihr alle noch ihr jungfer-rösgen brechen. M. Jch rath es keinem nicht/ die dörner möchten stechen. F. Es muß gestochen seyn/ wann nur die blume bricht/ M. Es ist ein eben thun: ach nein/ ich möchte nicht F. Jst sie nicht übel dran/ wer wärmt ihr nun das bette? M. Warum? als wann ich nicht die schwester bey mir hätte. F. Diß ist ein schlechter trost/ die schwester ist zu kalt. M. Viel lieber kalt und schön/ als warm und ungestalt. F. Es ist doch brod zu brod/ das fleisch muß sie vermissen. M. Viel besser brod zu brod/ als käse zugebissen. F. Mein kind/ sie lege sich nur etwas rechtes zu M. Es ist gefahr dabey/ man lasse mich zur ruh. F. Sie darff nicht furchtsam seyn: wer wagt d' kan gewinnen. M. Wer wagt/ dem kan das spiel auch in der hand zerrinnen. F. Jst dann die jungferschafft von allem creutze frey? M. Die jungfern haben eins/ die armen weiber zwey. F. Der weiber creutze sind mit zucker überzogen M. Ja wohl/ der zucker hat manch liebes kind betrogen. F. Weßwegen laufft dann nun die gantze welt darnach? M. Wer nur verständig ist/ der thut fürwar gemach. F. Hat sie so viel verstand/ so mag sie was verkauffen. M. Jch
Achtes dutzent. Kan ich nicht/ als daß ich ſage/Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! XI. Ein Diſcurs uͤber die Jungferſchafft zwiſchen dem Florindo und der Marilis. Flor. MEin allerliebſtes kind/ will ſie ins kloſter ziehn? M. Jch hab es ſo bedacht/ was ſol ich mich bemuͤhn. F. Viel gluͤcks auf ihren weg/ ſie laͤſt ſich noch wohl halten/ M. Viel lieber wolt ich mir den kopff in ſtuͤcken ſpalten. F. So muß ihr fleiſch und blut umſonſt gewachſen ſeyn? M. Was heiſt dann fleiſch u. blut? ich finde mich nicht drein. F. Sie wird verſichert auch den alten Adam mercken. M. Ach nein/ ich halte viel von lauter guten wercken. F. Der ehſtand laͤſt vielmehr die guten wercke ſehn. M. Er ſage was er wil/ es iſt doch nun geſchehn. F. Sie laͤſt ihr alle noch ihr jungfer-roͤſgen brechen. M. Jch rath es keinem nicht/ die doͤrner moͤchten ſtechen. F. Es muß geſtochen ſeyn/ wann nur die blume bricht/ M. Es iſt ein eben thun: ach nein/ ich moͤchte nicht F. Jſt ſie nicht uͤbel dran/ wer waͤrmt ihr nun das bette? M. Warum? als wann ich nicht die ſchweſter bey mir haͤtte. F. Diß iſt ein ſchlechter troſt/ die ſchweſter iſt zu kalt. M. Viel lieber kalt und ſchoͤn/ als warm und ungeſtalt. F. Es iſt doch brod zu brod/ das fleiſch muß ſie vermiſſen. M. Viel beſſer brod zu brod/ als kaͤſe zugebiſſen. F. Mein kind/ ſie lege ſich nur etwas rechtes zu M. Es iſt gefahr dabey/ man laſſe mich zur ruh. F. Sie darff nicht furchtſam ſeyn: wer wagt d’ kan gewinnen. M. Wer wagt/ dem kan das ſpiel auch in der hand zerrinnen. F. Jſt dann die jungferſchafft von allem creutze frey? M. Die jungfern haben eins/ die armen weiber zwey. F. Der weiber creutze ſind mit zucker uͤberzogen M. Ja wohl/ der zucker hat manch liebes kind betrogen. F. Weßwegen laufft dann nun die gantze welt darnach? M. Wer nur verſtaͤndig iſt/ der thut fuͤrwar gemach. F. Hat ſie ſo viel verſtand/ ſo mag ſie was verkauffen. M. Jch
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Achtes dutzent.
Kan ich nicht/ als daß ich ſage/
Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
XI.
Ein Diſcurs uͤber die Jungferſchafft zwiſchen dem
Florindo und der Marilis.
Flor.
MEin allerliebſtes kind/ will ſie ins kloſter ziehn?
M. Jch hab es ſo bedacht/ was ſol ich mich bemuͤhn.
F. Viel gluͤcks auf ihren weg/ ſie laͤſt ſich noch wohl halten/
M. Viel lieber wolt ich mir den kopff in ſtuͤcken ſpalten.
F. So muß ihr fleiſch und blut umſonſt gewachſen ſeyn?
M. Was heiſt dann fleiſch u. blut? ich finde mich nicht drein.
F. Sie wird verſichert auch den alten Adam mercken.
M. Ach nein/ ich halte viel von lauter guten wercken.
F. Der ehſtand laͤſt vielmehr die guten wercke ſehn.
M. Er ſage was er wil/ es iſt doch nun geſchehn.
F. Sie laͤſt ihr alle noch ihr jungfer-roͤſgen brechen.
M. Jch rath es keinem nicht/ die doͤrner moͤchten ſtechen.
F. Es muß geſtochen ſeyn/ wann nur die blume bricht/
M. Es iſt ein eben thun: ach nein/ ich moͤchte nicht
F. Jſt ſie nicht uͤbel dran/ wer waͤrmt ihr nun das bette?
M. Warum? als wann ich nicht die ſchweſter bey mir haͤtte.
F. Diß iſt ein ſchlechter troſt/ die ſchweſter iſt zu kalt.
M. Viel lieber kalt und ſchoͤn/ als warm und ungeſtalt.
F. Es iſt doch brod zu brod/ das fleiſch muß ſie vermiſſen.
M. Viel beſſer brod zu brod/ als kaͤſe zugebiſſen.
F. Mein kind/ ſie lege ſich nur etwas rechtes zu
M. Es iſt gefahr dabey/ man laſſe mich zur ruh.
F. Sie darff nicht furchtſam ſeyn: wer wagt d’ kan gewinnen.
M. Wer wagt/ dem kan das ſpiel auch in der hand zerrinnen.
F. Jſt dann die jungferſchafft von allem creutze frey?
M. Die jungfern haben eins/ die armen weiber zwey.
F. Der weiber creutze ſind mit zucker uͤberzogen
M. Ja wohl/ der zucker hat manch liebes kind betrogen.
F. Weßwegen laufft dann nun die gantze welt darnach?
M. Wer nur verſtaͤndig iſt/ der thut fuͤrwar gemach.
F. Hat ſie ſo viel verſtand/ ſo mag ſie was verkauffen.
M. Jch
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/173>, abgerufen am 16.02.2025. |