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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Ach mein rößgen ist verwelckt.

3. Ach mein vößgen ist verwelckt!
Und die zeit/ die alten dingen/
Muß ihr letztes urtheil bringen/
Raubt mir auch das schöne pfand
Gar zu zeitlich aus der hand/
Daß ich von dem edlen stücke
Kaum den schatten noch erblicke.
Ach mein rößgen ist verwelckt!
4. Ach mein rößgen ist verwelckt!
Die verliebte frühlings-blume/
Welche vor dem schönen ruhme
Das gedächtniß in der welt
Sonsten auch nichts mehr behält/
Alldieweil die schönen gaben
Sich zu weit verhüllet haben/
Ach mein rößgen ist verwelckt!
5. Ach mein rößgen ist verwelckt!
Und in dem ich sie betrachte/
So empfind ich still und sachte
Mein gewisses ebenbild
Jn dem leichnam eingehült
Daß ich bald auch werde müssen
Meine junge zeit beschliessen/
Ach mein rößgen ist verwelckt!
6. Ach mein rößgen ist verwelckt!
Und je länger ich die räncke
Dieser eitelkeit bedencke/
Kommt mir auch die süsse zier
Mehr und mehr betrübter für;
Drum/ in dem ich sie beklage/
Kan

Uberfluͤſſiger gedancken
Ach mein roͤßgen iſt verwelckt.

3. Ach mein voͤßgen iſt verwelckt!
Und die zeit/ die alten dingen/
Muß ihr letztes urtheil bringen/
Raubt mir auch das ſchoͤne pfand
Gar zu zeitlich aus der hand/
Daß ich von dem edlen ſtuͤcke
Kaum den ſchatten noch erblicke.
Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
4. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
Die verliebte fruͤhlings-blume/
Welche vor dem ſchoͤnen ruhme
Das gedaͤchtniß in der welt
Sonſten auch nichts mehr behaͤlt/
Alldieweil die ſchoͤnen gaben
Sich zu weit verhuͤllet haben/
Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
5. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
Und in dem ich ſie betrachte/
So empfind ich ſtill und ſachte
Mein gewiſſes ebenbild
Jn dem leichnam eingehuͤlt
Daß ich bald auch werde muͤſſen
Meine junge zeit beſchlieſſen/
Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
6. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt!
Und je laͤnger ich die raͤncke
Dieſer eitelkeit bedencke/
Kommt mir auch die ſuͤſſe zier
Mehr und mehr betruͤbter fuͤr;
Drum/ in dem ich ſie beklage/
Kan
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[156/0172] Uberfluͤſſiger gedancken Ach mein roͤßgen iſt verwelckt. 3. Ach mein voͤßgen iſt verwelckt! Und die zeit/ die alten dingen/ Muß ihr letztes urtheil bringen/ Raubt mir auch das ſchoͤne pfand Gar zu zeitlich aus der hand/ Daß ich von dem edlen ſtuͤcke Kaum den ſchatten noch erblicke. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! 4. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! Die verliebte fruͤhlings-blume/ Welche vor dem ſchoͤnen ruhme Das gedaͤchtniß in der welt Sonſten auch nichts mehr behaͤlt/ Alldieweil die ſchoͤnen gaben Sich zu weit verhuͤllet haben/ Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! 5. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! Und in dem ich ſie betrachte/ So empfind ich ſtill und ſachte Mein gewiſſes ebenbild Jn dem leichnam eingehuͤlt Daß ich bald auch werde muͤſſen Meine junge zeit beſchlieſſen/ Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! 6. Ach mein roͤßgen iſt verwelckt! Und je laͤnger ich die raͤncke Dieſer eitelkeit bedencke/ Kommt mir auch die ſuͤſſe zier Mehr und mehr betruͤbter fuͤr; Drum/ in dem ich ſie beklage/ Kan

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/172>, abgerufen am 19.05.2024.