Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist ohn diß eine Schande/ daß die zarte
Jugend durch dergleichen ärgerliche Händel
zu böser Lust angereitzet wird. Und da möchte
man nachdencken/ warumb vor alters bey de-
nen Hochzeiten Nüsse unter das junge Volck
außgeworffen worden? nehmlich daß sie nicht
solten umb die Tische herumb stehen/ wenn ir-
gend ein muthwilliger Hochzeit-Gast ein
schlipffrich Wort liesse über die Zunge sprin-
gen. Nun wer will sich wundern/ daß so we-
nig Heyrathen wohl außschlagen/ da mit sol-
cher Uppigkeit alles angefangen wird. Wenn
nun die Nachfolge nicht so süß ist/ als sich man-
ches die Einbildung gemacht hat/ so geht es
auf ein Klagen und Lamentiren hinauß: da
hingegen andere/ welche den Ehestand als ei-
nen Wehestand annehmen/ hernachmahls al-
le gute Stunden gleichsam als einen unver-
hofften Gewinn erkennen/ das Böse aber nicht
anders als ein telum praevisum gar leicht ent-
weder vermeiden/ oder doch mit Gedult beyle-
gen können.

Hierauff gedachten sie an das Tantzen/ und
meynte Eurylas, es wäre eine Manier von der
klugen Unsinnigkeit/ daß eines mit den andern
herumb springe und sich müde machte: aber
Gelanor führte diese entschuldigung an. Es

ist

Es iſt ohn diß eine Schande/ daß die zarte
Jugend durch dergleichen aͤrgerliche Haͤndel
zu boͤſer Luſt angereitzet wird. Und da moͤchte
man nachdencken/ warumb vor alters bey de-
nen Hochzeiten Nuͤſſe unter das junge Volck
außgeworffen worden? nehmlich daß ſie nicht
ſolten umb die Tiſche herumb ſtehen/ wenn ir-
gend ein muthwilliger Hochzeit-Gaſt ein
ſchlipffrich Wort lieſſe uͤber die Zunge ſprin-
gen. Nun wer will ſich wundern/ daß ſo we-
nig Heyrathen wohl außſchlagen/ da mit ſol-
cher Uppigkeit alles angefangen wird. Wenn
nun die Nachfolge nicht ſo ſuͤß iſt/ als ſich man-
ches die Einbildung gemacht hat/ ſo geht es
auf ein Klagen und Lamentiren hinauß: da
hingegen andere/ welche den Eheſtand als ei-
nen Weheſtand annehmen/ hernachmahls al-
le gute Stunden gleichſam als einen unver-
hofften Gewinn erkennen/ das Boͤſe aber nicht
anders als ein telum præviſum gar leicht ent-
weder vermeiden/ oder doch mit Gedult beyle-
gen koͤnnen.

Hierauff gedachten ſie an das Tantzen/ und
meynte Eurylas, es waͤre eine Manier von der
klugen Unſinnigkeit/ daß eines mit den andern
herumb ſpringe und ſich muͤde machte: aber
Gelanor fuͤhrte dieſe entſchuldigung an. Es

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0289" n="283"/><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ohn diß eine Schande/ daß die zarte<lb/>
Jugend durch dergleichen a&#x0364;rgerliche Ha&#x0364;ndel<lb/>
zu bo&#x0364;&#x017F;er Lu&#x017F;t angereitzet wird. Und da mo&#x0364;chte<lb/>
man nachdencken/ warumb vor alters bey de-<lb/>
nen Hochzeiten Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e unter das junge Volck<lb/>
außgeworffen worden? nehmlich daß &#x017F;ie nicht<lb/>
&#x017F;olten umb die Ti&#x017F;che herumb &#x017F;tehen/ wenn ir-<lb/>
gend ein muthwilliger Hochzeit-Ga&#x017F;t ein<lb/>
&#x017F;chlipffrich Wort lie&#x017F;&#x017F;e u&#x0364;ber die Zunge &#x017F;prin-<lb/>
gen. Nun wer will &#x017F;ich wundern/ daß &#x017F;o we-<lb/>
nig Heyrathen wohl auß&#x017F;chlagen/ da mit &#x017F;ol-<lb/>
cher Uppigkeit alles angefangen wird. Wenn<lb/>
nun die Nachfolge nicht &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß i&#x017F;t/ als &#x017F;ich man-<lb/>
ches die Einbildung gemacht hat/ &#x017F;o geht es<lb/>
auf ein Klagen und Lamentiren hinauß: da<lb/>
hingegen andere/ welche den Ehe&#x017F;tand als ei-<lb/>
nen Wehe&#x017F;tand annehmen/ hernachmahls al-<lb/>
le gute Stunden gleich&#x017F;am als einen unver-<lb/>
hofften Gewinn erkennen/ das Bo&#x0364;&#x017F;e aber nicht<lb/>
anders als ein <hi rendition="#aq">telum prævi&#x017F;um</hi> gar leicht ent-<lb/>
weder vermeiden/ oder doch mit Gedult beyle-<lb/>
gen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Hierauff gedachten &#x017F;ie an das Tantzen/ und<lb/>
meynte <hi rendition="#aq">Eurylas,</hi> es wa&#x0364;re eine Manier von der<lb/>
klugen Un&#x017F;innigkeit/ daß eines mit den andern<lb/>
herumb &#x017F;pringe und &#x017F;ich mu&#x0364;de machte: aber<lb/><hi rendition="#aq">Gelanor</hi> fu&#x0364;hrte die&#x017F;e ent&#x017F;chuldigung an. Es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0289] Es iſt ohn diß eine Schande/ daß die zarte Jugend durch dergleichen aͤrgerliche Haͤndel zu boͤſer Luſt angereitzet wird. Und da moͤchte man nachdencken/ warumb vor alters bey de- nen Hochzeiten Nuͤſſe unter das junge Volck außgeworffen worden? nehmlich daß ſie nicht ſolten umb die Tiſche herumb ſtehen/ wenn ir- gend ein muthwilliger Hochzeit-Gaſt ein ſchlipffrich Wort lieſſe uͤber die Zunge ſprin- gen. Nun wer will ſich wundern/ daß ſo we- nig Heyrathen wohl außſchlagen/ da mit ſol- cher Uppigkeit alles angefangen wird. Wenn nun die Nachfolge nicht ſo ſuͤß iſt/ als ſich man- ches die Einbildung gemacht hat/ ſo geht es auf ein Klagen und Lamentiren hinauß: da hingegen andere/ welche den Eheſtand als ei- nen Weheſtand annehmen/ hernachmahls al- le gute Stunden gleichſam als einen unver- hofften Gewinn erkennen/ das Boͤſe aber nicht anders als ein telum præviſum gar leicht ent- weder vermeiden/ oder doch mit Gedult beyle- gen koͤnnen. Hierauff gedachten ſie an das Tantzen/ und meynte Eurylas, es waͤre eine Manier von der klugen Unſinnigkeit/ daß eines mit den andern herumb ſpringe und ſich muͤde machte: aber Gelanor fuͤhrte dieſe entſchuldigung an. Es iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/289
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/289>, abgerufen am 09.12.2024.