Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

Bild:
<< vorherige Seite
Vom Unterscheid des Standes Das X.
ist/ da kein ausserhalbes zufinden/ der hat seinen gewissen Be-
zirck/ End- nnd Anfangspuncte/ darzwischen die Mittelpunete
fallen.
2. Genau und gemessen/ das hier und da/ in dem ein ieder sei-
nen gewissen Rang und Stelle vor sich im gemeinen Wesen/
oder in einem special Begriff hat.
Hernach/ die Zielungs-Formularien/ und zwar auch
3. überhaupt/ das hin und her/ vor sich oder zurücke/ gegen
die Bezirck-Mittel-End- und Anfangspuncte/ in dem einer
dahin/ oder dorthin zielet/ auch die Geschäffte vor sich oder
zurücke im gemeinen Wesen gehen.
4. Genau und gemessen/ das vor und nach/ (oder das oben
und unten/ oder hoch und tiefe) neben her und zu-
gleich/
als die vier Moralischen Haupt-Gegenden/
da (1.) einer hoch am Bret sitzt/ (2.) oder unten liegt/ (einer
vor/ oder nach/ gehet: denn hoch oder tief/ und vor oder
nach/ ist in der Moralischen Welt einerley/) (3.) mancher
nur neben her/ (4.) oder gleich/ in Mittelstand und condi-
tion,
sich befindet.

§. 4. Dergleichen Gegenden bedinget sich die bey denen Per-
sonen im gemeinen Wesen so sehr beobachtete Praecedentz/ welche
zweyerley ist/ nemlich eine Natürliche/ da unter denen die einander
gleich sind/ weil sie nicht an eben einem Ort gehen können/ einer/ (meh-
rentheils der ältere/ oder sonst nach Gewohnheit) vorgehet: Hernach
ist eine Moralische/ gleichsam respectirliche Praecedentz/ da voran
gehet

1. derjenige/ der dem andern zubefehlen;
2. der sonst mercklich vielmehr in der Republiq mit Verstand
und Tugend außrichten muß/ als der andere.

§. 5. Und weil die Moralische Welt nach der Natürlichen so
viel müglich eingerichtet ist/ so pflegt man auch die Praecedentz und
Ober-Stelle mehrentheils nach der natürlichen Ordnung der Welt-
Gegenden zurichten. Bißweilen aber stehets in blosser imputation
und Zurechnung/ auch wider die Natur. Jn dem oftmahls die Höch-
sten/ als die Fürsten/ im Proceß hinter ihren Dienern her zukommen:
oder die Obern unten an zusitzen und die Letzteren voran zugehen/ ge-

wohnt.
Vom Unterſcheid des Standes Das X.
iſt/ da kein auſſerhalbes zufinden/ der hat ſeinen gewiſſen Be-
zirck/ End- nnd Anfangspuncte/ darzwiſchen die Mittelpunete
fallen.
2. Genau und gemeſſen/ das hier und da/ in dem ein ieder ſei-
nen gewiſſen Rang und Stelle vor ſich im gemeinen Weſen/
oder in einem ſpecial Begriff hat.
♎ Hernach/ die Zielungs-Formularien/ und zwar auch
3. uͤberhaupt/ das hin und her/ vor ſich oder zuruͤcke/ gegen
die Bezirck-Mittel-End- und Anfangspuncte/ in dem einer
dahin/ oder dorthin zielet/ auch die Geſchaͤffte vor ſich oder
zuruͤcke im gemeinen Weſen gehen.
4. Genau und gemeſſen/ das vor und nach/ (oder das oben
und unten/ oder hoch und tiefe) neben her und zu-
gleich/
als die vier Moraliſchen Haupt-Gegenden/
da (1.) einer hoch am Bret ſitzt/ (2.) oder unten liegt/ (einer
vor/ oder nach/ gehet: denn hoch oder tief/ und vor oder
nach/ iſt in der Moraliſchen Welt einerley/) (3.) mancher
nur neben her/ (4.) oder gleich/ in Mittelſtand und condi-
tion,
ſich befindet.

§. 4. Dergleichen Gegenden bedinget ſich die bey denen Per-
ſonen im gemeinen Weſen ſo ſehr beobachtete Præcedentz/ welche
zweyerley iſt/ nemlich eine Natuͤrliche/ da unter denen die einander
gleich ſind/ weil ſie nicht an eben einem Ort gehen koͤnnen/ einer/ (meh-
rentheils der aͤltere/ oder ſonſt nach Gewohnheit) vorgehet: Hernach
iſt eine Moraliſche/ gleichſam reſpectirliche Præcedentz/ da voran
gehet

1. derjenige/ der dem andern zubefehlen;
2. der ſonſt mercklich vielmehr in der Republiq mit Verſtand
und Tugend außrichten muß/ als der andere.

§. 5. Und weil die Moraliſche Welt nach der Natuͤrlichen ſo
viel muͤglich eingerichtet iſt/ ſo pflegt man auch die Præcedentz und
Ober-Stelle mehrentheils nach der natuͤrlichen Ordnung der Welt-
Gegenden zurichten. Bißweilen aber ſtehets in bloſſer imputation
und Zurechnung/ auch wider die Natur. Jn dem oftmahls die Hoͤch-
ſten/ als die Fuͤrſten/ im Proceß hinter ihren Dienern her zukommen:
oder die Obern unten an zuſitzen und die Letzteren voran zugehen/ ge-

wohnt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <list>
            <item>
              <list>
                <item><pb facs="#f0070" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Unter&#x017F;cheid des Standes Das <hi rendition="#aq">X.</hi></hi></fw><lb/>
i&#x017F;t/ da kein au&#x017F;&#x017F;erhalbes zufinden/ der hat &#x017F;einen gewi&#x017F;&#x017F;en Be-<lb/>
zirck/ End- nnd Anfangspuncte/ darzwi&#x017F;chen die Mittelpunete<lb/>
fallen.</item><lb/>
                <item>2. Genau und geme&#x017F;&#x017F;en/ das <hi rendition="#fr">hier</hi> und <hi rendition="#fr">da/</hi> in dem ein ieder &#x017F;ei-<lb/>
nen gewi&#x017F;&#x017F;en Rang und Stelle vor &#x017F;ich im gemeinen We&#x017F;en/<lb/>
oder in einem <hi rendition="#aq">&#x017F;pecial</hi> Begriff hat.</item>
              </list>
            </item><lb/>
            <item>&#x264E; Hernach/ die Zielungs-Formularien/ und zwar auch<lb/><list><item>3. u&#x0364;berhaupt/ das <hi rendition="#fr">hin</hi> und <hi rendition="#fr">her/ vor &#x017F;ich</hi> oder <hi rendition="#fr">zuru&#x0364;cke/</hi> gegen<lb/>
die Bezirck-Mittel-End- und Anfangspuncte/ in dem einer<lb/>
dahin/ oder dorthin zielet/ auch die Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte vor &#x017F;ich oder<lb/>
zuru&#x0364;cke im gemeinen We&#x017F;en gehen.</item><lb/><item>4. Genau und geme&#x017F;&#x017F;en/ das <hi rendition="#fr">vor</hi> und <hi rendition="#fr">nach/</hi> (oder das <hi rendition="#fr">oben</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">unten/</hi> oder <hi rendition="#fr">hoch</hi> und <hi rendition="#fr">tiefe) neben her</hi> und <hi rendition="#fr">zu-<lb/>
gleich/</hi> als die vier Morali&#x017F;chen Haupt-<hi rendition="#fr">Gegenden/</hi><lb/>
da (1.) einer hoch am Bret &#x017F;itzt/ (2.) oder unten liegt/ (einer<lb/>
vor/ oder nach/ gehet: denn hoch oder tief/ und vor oder<lb/>
nach/ i&#x017F;t in der Morali&#x017F;chen Welt einerley/) (3.) mancher<lb/>
nur neben her/ (4.) oder gleich/ in Mittel&#x017F;tand und <hi rendition="#aq">condi-<lb/>
tion,</hi> &#x017F;ich befindet.</item></list></item>
          </list><lb/>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 4. Dergleichen Gegenden bedinget &#x017F;ich die bey denen Per-<lb/>
&#x017F;onen im gemeinen We&#x017F;en &#x017F;o &#x017F;ehr beobachtete <hi rendition="#fr">Pr</hi><hi rendition="#aq">æ</hi><hi rendition="#fr">cedentz/</hi> welche<lb/>
zweyerley i&#x017F;t/ nemlich eine <hi rendition="#fr">Natu&#x0364;rliche/</hi> da unter denen die einander<lb/>
gleich &#x017F;ind/ weil &#x017F;ie nicht an eben einem Ort gehen ko&#x0364;nnen/ einer/ (meh-<lb/>
rentheils der a&#x0364;ltere/ oder &#x017F;on&#x017F;t nach Gewohnheit) vorgehet: Hernach<lb/>
i&#x017F;t eine <hi rendition="#fr">Morali&#x017F;che/</hi> gleich&#x017F;am re&#x017F;pectirliche Pr<hi rendition="#aq">æ</hi>cedentz/ da voran<lb/>
gehet</p><lb/>
          <list>
            <item>1. derjenige/ der dem andern zubefehlen;</item><lb/>
            <item>2. der &#x017F;on&#x017F;t mercklich vielmehr in der Republiq mit Ver&#x017F;tand<lb/>
und Tugend außrichten muß/ als der andere.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 5. Und weil die Morali&#x017F;che Welt nach der Natu&#x0364;rlichen &#x017F;o<lb/>
viel mu&#x0364;glich eingerichtet i&#x017F;t/ &#x017F;o pflegt man auch die Pr<hi rendition="#aq">æ</hi>cedentz und<lb/>
Ober-Stelle mehrentheils nach der natu&#x0364;rlichen Ordnung der Welt-<lb/>
Gegenden zurichten. Bißweilen aber &#x017F;tehets in blo&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">imputation</hi><lb/>
und Zurechnung/ auch wider die Natur. Jn dem oftmahls die Ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten/ als die Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ im Proceß hinter ihren Dienern her zukommen:<lb/>
oder die Obern unten an zu&#x017F;itzen und die Letzteren voran zugehen/ ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wohnt.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0070] Vom Unterſcheid des Standes Das X. iſt/ da kein auſſerhalbes zufinden/ der hat ſeinen gewiſſen Be- zirck/ End- nnd Anfangspuncte/ darzwiſchen die Mittelpunete fallen. 2. Genau und gemeſſen/ das hier und da/ in dem ein ieder ſei- nen gewiſſen Rang und Stelle vor ſich im gemeinen Weſen/ oder in einem ſpecial Begriff hat. ♎ Hernach/ die Zielungs-Formularien/ und zwar auch 3. uͤberhaupt/ das hin und her/ vor ſich oder zuruͤcke/ gegen die Bezirck-Mittel-End- und Anfangspuncte/ in dem einer dahin/ oder dorthin zielet/ auch die Geſchaͤffte vor ſich oder zuruͤcke im gemeinen Weſen gehen. 4. Genau und gemeſſen/ das vor und nach/ (oder das oben und unten/ oder hoch und tiefe) neben her und zu- gleich/ als die vier Moraliſchen Haupt-Gegenden/ da (1.) einer hoch am Bret ſitzt/ (2.) oder unten liegt/ (einer vor/ oder nach/ gehet: denn hoch oder tief/ und vor oder nach/ iſt in der Moraliſchen Welt einerley/) (3.) mancher nur neben her/ (4.) oder gleich/ in Mittelſtand und condi- tion, ſich befindet. §. 4. Dergleichen Gegenden bedinget ſich die bey denen Per- ſonen im gemeinen Weſen ſo ſehr beobachtete Præcedentz/ welche zweyerley iſt/ nemlich eine Natuͤrliche/ da unter denen die einander gleich ſind/ weil ſie nicht an eben einem Ort gehen koͤnnen/ einer/ (meh- rentheils der aͤltere/ oder ſonſt nach Gewohnheit) vorgehet: Hernach iſt eine Moraliſche/ gleichſam reſpectirliche Præcedentz/ da voran gehet 1. derjenige/ der dem andern zubefehlen; 2. der ſonſt mercklich vielmehr in der Republiq mit Verſtand und Tugend außrichten muß/ als der andere. §. 5. Und weil die Moraliſche Welt nach der Natuͤrlichen ſo viel muͤglich eingerichtet iſt/ ſo pflegt man auch die Præcedentz und Ober-Stelle mehrentheils nach der natuͤrlichen Ordnung der Welt- Gegenden zurichten. Bißweilen aber ſtehets in bloſſer imputation und Zurechnung/ auch wider die Natur. Jn dem oftmahls die Hoͤch- ſten/ als die Fuͤrſten/ im Proceß hinter ihren Dienern her zukommen: oder die Obern unten an zuſitzen und die Letzteren voran zugehen/ ge- wohnt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/70
Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/70>, abgerufen am 22.11.2024.