Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618.Vorrede. sein Leib gantz werde. Gleich wie Adam diesenLeib gantz machete durch den Süssen Biß in Apf- fel: Zuvor in seiner vnschuldt Lebete er Engelisch/ wuste nichts von der Astronomia, darinnen alle Handwercke/ Künste/ vnnd Sprachen verbor- genlagen. Aber nach dem fal ward er vnnd seine nachkommen geworffen vnder des Gestirne/ vnd muste fühlen vnd erfahren die harten streiche des Zodiaci, vnd die schwere Lastaller Planeten. So sollen wir nun lernen vnd studieren die Astronomi- am, so lernen wir eben daß/ das wir seind/ vnd ma- chen vnsern Syderischen Leib gantz/ durch das studieren vnnd lernen. Denn wenn wir das Er- kennen vnd lernen/ daraus wir sind/ so lernen wir vns selbsten/ vnd erkennen vns selbst. Denn das Gestirn ist gantz in vns/ vnd gantz ausser vns. Ein mal bleibet wahr/ daraus der Mensch gemacht vnd gewachsen ist/ dasselbe hat er in sich/ vnnd ist in dasselbige gesetzet/ vnd lebet in der Welt. Der Syderische Geist ist/ wie gesagt/ aus dem Gestir- ne/ vnd hat das gantze Firmament in sich/ vnd das Firment vnd Lufft ist sein Leben/ vnnd sein Geist lebet darinnen. Gleich wie der Sichtbare Leib in den Leiblichen Elementen wesen vnnd wohnen muß. Nach der heiligen Schrifft ist keine Notwen- digere noch nütziichere Scientia, als Astronomia. Denn sie giebet ein guten theil das gnothi seauton, vnd zeiget an den rechten vnd falschen Theologum, die rechte vnd falsche Kirche/ vnd ist ein Partickel der Theologiae. Dieweil nun alle Menschen/ auch die Renati, jhre Handierung vnd Gewerbe/ Künste/ Sprachen
Vorrede. ſein Leib gantz werde. Gleich wie Adam dieſenLeib gantz machete durch den Suͤſſen Biß in Apf- fel: Zuvor in ſeiner vnſchuldt Lebete er Engeliſch/ wuſte nichts von der Aſtronomia, darinnen alle Handwercke/ Kuͤnſte/ vnnd Sprachen verbor- genlagen. Aber nach dem fal ward er vnnd ſeine nachkommen geworffen vnder des Geſtirne/ vnd muſte fuͤhlen vnd erfahren die harten ſtreiche des Zodiaci, vnd die ſchwere Laſtaller Planeten. So ſollen wir nun lernen vnd ſtudieren die Aſtronomi- am, ſo lernen wir eben daß/ das wir ſeind/ vnd ma- chen vnſern Syderiſchen Leib gantz/ durch das ſtudieren vnnd lernen. Denn wenn wir das Er- kennen vnd lernen/ daraus wir ſind/ ſo lernen wir vns ſelbſten/ vnd erkennen vns ſelbſt. Denn das Geſtirn iſt gantz in vns/ vnd gantz auſſer vns. Ein mal bleibet wahr/ daraus der Menſch gemacht vnd gewachſen iſt/ daſſelbe hat er in ſich/ vnnd iſt in daſſelbige geſetzet/ vnd lebet in der Welt. Der Syderiſche Geiſt iſt/ wie geſagt/ aus dem Geſtir- ne/ vnd hat das gantze Firmament in ſich/ vnd das Firment vnd Lufft iſt ſein Leben/ vnnd ſein Geiſt lebet darinnen. Gleich wie der Sichtbare Leib in den Leiblichen Elementen weſen vnnd wohnen muß. Nach der heiligen Schrifft iſt keine Notwen- digere noch nuͤtziichere Scientia, als Aſtronomia. Denn ſie giebet ein guten theil das γνῶθι σεαυτὸν, vnd zeiget an den rechten vnd falſchen Theologum, die rechte vnd falſche Kirche/ vnd iſt ein Partickel der Theologiæ. Dieweil nun alle Menſchen/ auch die Renati, jhre Handierung vnd Gewerbe/ Kuͤnſte/ Sprachen
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Vorrede.
ſein Leib gantz werde. Gleich wie Adam dieſen
Leib gantz machete durch den Suͤſſen Biß in Apf-
fel: Zuvor in ſeiner vnſchuldt Lebete er Engeliſch/
wuſte nichts von der Aſtronomia, darinnen alle
Handwercke/ Kuͤnſte/ vnnd Sprachen verbor-
genlagen. Aber nach dem fal ward er vnnd ſeine
nachkommen geworffen vnder des Geſtirne/ vnd
muſte fuͤhlen vnd erfahren die harten ſtreiche des
Zodiaci, vnd die ſchwere Laſtaller Planeten. So
ſollen wir nun lernen vnd ſtudieren die Aſtronomi-
am, ſo lernen wir eben daß/ das wir ſeind/ vnd ma-
chen vnſern Syderiſchen Leib gantz/ durch das
ſtudieren vnnd lernen. Denn wenn wir das Er-
kennen vnd lernen/ daraus wir ſind/ ſo lernen wir
vns ſelbſten/ vnd erkennen vns ſelbſt. Denn das
Geſtirn iſt gantz in vns/ vnd gantz auſſer vns. Ein
mal bleibet wahr/ daraus der Menſch gemacht
vnd gewachſen iſt/ daſſelbe hat er in ſich/ vnnd iſt
in daſſelbige geſetzet/ vnd lebet in der Welt. Der
Syderiſche Geiſt iſt/ wie geſagt/ aus dem Geſtir-
ne/ vnd hat das gantze Firmament in ſich/ vnd das
Firment vnd Lufft iſt ſein Leben/ vnnd ſein Geiſt
lebet darinnen. Gleich wie der Sichtbare Leib
in den Leiblichen Elementen weſen vnnd wohnen
muß. Nach der heiligen Schrifft iſt keine Notwen-
digere noch nuͤtziichere Scientia, als Aſtronomia.
Denn ſie giebet ein guten theil das γνῶθι σεαυτὸν, vnd
zeiget an den rechten vnd falſchen Theologum, die
rechte vnd falſche Kirche/ vnd iſt ein Partickel der
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Zitationshilfe: | Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi02_1618/4>, abgerufen am 16.02.2025. |