Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_093.001 pwe_093.004 e) Die Aspekte des dichterischen Werks pwe_093.005Die bisher besprochene Problematik der Gattungstypen beziehungsweise pwe_093.006 Darum ist auch die systematische Untersuchung dieser Aspekte schwierig pwe_093.021 1 pwe_093.034 Max Wehrli, Wolframs Humor (in: Überlieferung und Gestaltung, Festgabe pwe_093.035 für Theophil Spoerri, Zürich 1950). 2 pwe_093.036 Louis Cazamian, L'humour de Shakespeare, Paris (1945). 3 pwe_093.037
Roman Ingarden, Das Form-Inhalt-Problem im literarischen Kunstwerk. pwe_093.038 Helicon I (1939), 51 ff. pwe_093.001 pwe_093.004 e) Die Aspekte des dichterischen Werks pwe_093.005Die bisher besprochene Problematik der Gattungstypen beziehungsweise pwe_093.006 Darum ist auch die systematische Untersuchung dieser Aspekte schwierig pwe_093.021 1 pwe_093.034 Max Wehrli, Wolframs Humor (in: Überlieferung und Gestaltung, Festgabe pwe_093.035 für Theophil Spoerri, Zürich 1950). 2 pwe_093.036 Louis Cazamian, L'humour de Shakespeare, Paris (1945). 3 pwe_093.037
Roman Ingarden, Das Form-Inhalt-Problem im literarischen Kunstwerk. pwe_093.038 Helicon I (1939), 51 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099" n="93"/><lb n="pwe_093.001"/> des Romans seit <hi rendition="#k">Wolfram</hi><note xml:id="PWE_093_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_093.034"/> Max Wehrli, <hi rendition="#i">Wolframs Humor</hi> (in: <hi rendition="#i">Überlieferung und Gestaltung, Festgabe <lb n="pwe_093.035"/> für Theophil Spoerri,</hi> Zürich 1950).</note>, seit Cervantes und dem Schelmenroman <lb n="pwe_093.002"/> stellt der Humor des Dramatikers Shakespeare<note xml:id="PWE_093_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_093.036"/> Louis Cazamian, <hi rendition="#i">L'humour de Shakespeare,</hi> Paris (1945).</note> einen unabsehbaren Sonderfall <lb n="pwe_093.003"/> dar.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwe_093.004"/> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">e) Die Aspekte des dichterischen Werks</hi> </hi> </head> <lb n="pwe_093.005"/> <p>Die bisher besprochene Problematik der Gattungstypen beziehungsweise <lb n="pwe_093.006"/> Klassen betrifft die Dichtwerke als Ganzes und insofern sie sich zu bestimmten <lb n="pwe_093.007"/> Gruppen zusammenschließen oder wenigstens unter einheitlichem Gesichtspunkt <lb n="pwe_093.008"/> betrachten lassen. Ein Anderes ist die Frage nach den „Elementen“ <lb n="pwe_093.009"/> oder „Schichten“, aus denen sich jedes Einzelwerk als Werk „aufbaut“ (vgl. <lb n="pwe_093.010"/> oben). Sie geht nicht nach der Ganzheit und Einheitlichkeit des Stilganzen, <lb n="pwe_093.011"/> sondern nach den Mitteln, mit denen und in denen es sich verwirklicht und <lb n="pwe_093.012"/> die sich bis zu einem gewissen Grade aus dem Werkganzen abstrahieren <lb n="pwe_093.013"/> lassen: z. B. das Motiv oder der Vers oder eine gedankliche Mitteilung usw. <lb n="pwe_093.014"/> Nur bis zu einem gewissen Grade: der Ganzheitscharakter des Werkstils, <lb n="pwe_093.015"/> der immanente Symbolismus des ganzen Bedeutungsgefüges verbietet es, <lb n="pwe_093.016"/> „Teile“ oder „Elemente“ oder „Schichten“ zu isolieren; wir ziehen daher <lb n="pwe_093.017"/> den Ausdruck „<hi rendition="#g">Aspekte</hi>“ vor, weil er andeutet, daß das Werk als Ganzes <lb n="pwe_093.018"/> bleibt und daß der Betrachter in jedem Aspekt das gleichsam transparente <lb n="pwe_093.019"/> Ganze im Blick behält.</p> <lb n="pwe_093.020"/> <p> Darum ist auch die systematische Untersuchung dieser Aspekte schwierig <lb n="pwe_093.021"/> – aber sie hat wohl auch praktisch mehr den methodischen Sinn, mögliche <lb n="pwe_093.022"/> Zugangswege zu benennen und sich selbst aufzuheben, als den Sinn, den <lb n="pwe_093.023"/> Gegenstand aufzuteilen; und sie wird gerade bemüht sein, populäre, in der <lb n="pwe_093.024"/> Umgangssprache vorgebildete Auffassungen in ihre Grenzen zu weisen. Es <lb n="pwe_093.025"/> kam schon mehrfach zur Sprache, wie die alte, unausrottbare Unterscheidung <lb n="pwe_093.026"/> von <hi rendition="#g">Form und Inhalt</hi><note xml:id="PWE_093_3" place="foot" n="3"><lb n="pwe_093.037"/> Roman Ingarden, <hi rendition="#i">Das Form-Inhalt-Problem im literarischen Kunstwerk.</hi> <lb n="pwe_093.038"/> Helicon I (1939), 51 ff.</note> oder – ebenso bloß metaphorisch – die Unterscheidung <lb n="pwe_093.027"/> von Innen und Außen die Crux jeder ganzheitlich gerichteten <lb n="pwe_093.028"/> Stilkritik ist, ja jeder Physiognomik seit Goethe, die über die Nußknackervorstellung <lb n="pwe_093.029"/> von Kern und Schale hinauskommen will. Sie wird auch keineswegs <lb n="pwe_093.030"/> überwunden, indem man dafür in schamhaftem Euphemismus statt <lb n="pwe_093.031"/> Inhalt Gehalt und statt Form Gestalt sagt. Das Problem wird dadurch <lb n="pwe_093.032"/> kompliziert, daß Form (Gestalt, Stil) gerne auch in einem umfassenden <lb n="pwe_093.033"/> Sinne verwendet werden, d. h. im Sinne der übergreifenden Einheit von </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0099]
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des Romans seit Wolfram 1, seit Cervantes und dem Schelmenroman pwe_093.002
stellt der Humor des Dramatikers Shakespeare 2 einen unabsehbaren Sonderfall pwe_093.003
dar.
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e) Die Aspekte des dichterischen Werks pwe_093.005
Die bisher besprochene Problematik der Gattungstypen beziehungsweise pwe_093.006
Klassen betrifft die Dichtwerke als Ganzes und insofern sie sich zu bestimmten pwe_093.007
Gruppen zusammenschließen oder wenigstens unter einheitlichem Gesichtspunkt pwe_093.008
betrachten lassen. Ein Anderes ist die Frage nach den „Elementen“ pwe_093.009
oder „Schichten“, aus denen sich jedes Einzelwerk als Werk „aufbaut“ (vgl. pwe_093.010
oben). Sie geht nicht nach der Ganzheit und Einheitlichkeit des Stilganzen, pwe_093.011
sondern nach den Mitteln, mit denen und in denen es sich verwirklicht und pwe_093.012
die sich bis zu einem gewissen Grade aus dem Werkganzen abstrahieren pwe_093.013
lassen: z. B. das Motiv oder der Vers oder eine gedankliche Mitteilung usw. pwe_093.014
Nur bis zu einem gewissen Grade: der Ganzheitscharakter des Werkstils, pwe_093.015
der immanente Symbolismus des ganzen Bedeutungsgefüges verbietet es, pwe_093.016
„Teile“ oder „Elemente“ oder „Schichten“ zu isolieren; wir ziehen daher pwe_093.017
den Ausdruck „Aspekte“ vor, weil er andeutet, daß das Werk als Ganzes pwe_093.018
bleibt und daß der Betrachter in jedem Aspekt das gleichsam transparente pwe_093.019
Ganze im Blick behält.
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Darum ist auch die systematische Untersuchung dieser Aspekte schwierig pwe_093.021
– aber sie hat wohl auch praktisch mehr den methodischen Sinn, mögliche pwe_093.022
Zugangswege zu benennen und sich selbst aufzuheben, als den Sinn, den pwe_093.023
Gegenstand aufzuteilen; und sie wird gerade bemüht sein, populäre, in der pwe_093.024
Umgangssprache vorgebildete Auffassungen in ihre Grenzen zu weisen. Es pwe_093.025
kam schon mehrfach zur Sprache, wie die alte, unausrottbare Unterscheidung pwe_093.026
von Form und Inhalt 3 oder – ebenso bloß metaphorisch – die Unterscheidung pwe_093.027
von Innen und Außen die Crux jeder ganzheitlich gerichteten pwe_093.028
Stilkritik ist, ja jeder Physiognomik seit Goethe, die über die Nußknackervorstellung pwe_093.029
von Kern und Schale hinauskommen will. Sie wird auch keineswegs pwe_093.030
überwunden, indem man dafür in schamhaftem Euphemismus statt pwe_093.031
Inhalt Gehalt und statt Form Gestalt sagt. Das Problem wird dadurch pwe_093.032
kompliziert, daß Form (Gestalt, Stil) gerne auch in einem umfassenden pwe_093.033
Sinne verwendet werden, d. h. im Sinne der übergreifenden Einheit von
1 pwe_093.034
Max Wehrli, Wolframs Humor (in: Überlieferung und Gestaltung, Festgabe pwe_093.035
für Theophil Spoerri, Zürich 1950).
2 pwe_093.036
Louis Cazamian, L'humour de Shakespeare, Paris (1945).
3 pwe_093.037
Roman Ingarden, Das Form-Inhalt-Problem im literarischen Kunstwerk. pwe_093.038
Helicon I (1939), 51 ff.
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Zitationshilfe: | Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wehrli_poetik_1951/99>, abgerufen am 16.02.2025. |