Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_086.001 Wir stehen damit bereits bei den Diskussionen um die "Arten des Dramas", pwe_086.008 Neben dieser, von den herkömmlichen, letztlich aristotelischen Scheidungen pwe_086.021 1 pwe_086.040
Paul Kluckhohn, Die Arten des Dramas. DV 19 (1941), 241 ff. pwe_086.001 Wir stehen damit bereits bei den Diskussionen um die „Arten des Dramas“, pwe_086.008 Neben dieser, von den herkömmlichen, letztlich aristotelischen Scheidungen pwe_086.021 1 pwe_086.040
Paul Kluckhohn, Die Arten des Dramas. DV 19 (1941), 241 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0092" n="86"/><lb n="pwe_086.001"/> Schauspiel, in gleichem Range bestehen kann, oder ob es als Mischform <lb n="pwe_086.002"/> oder abgesunkene oder im Theatralischen steckengebliebene Form aufzufassen <lb n="pwe_086.003"/> ist, die den „geringeren dramatischen Bedürfnissen weiter Menschheitskreise“ <lb n="pwe_086.004"/> entgegenkommt (<hi rendition="#k">Petsch</hi>), diese Frage betrifft mehr die historische <lb n="pwe_086.005"/> und systematische Deutung als das zahlenmäßig herrschende Vorkommen <lb n="pwe_086.006"/> dieser Form.</p> <lb n="pwe_086.007"/> <p> Wir stehen damit bereits bei den Diskussionen um die „<hi rendition="#i">Arten des Dramas</hi>“, <lb n="pwe_086.008"/> die in der deutschen Germanistik vor allem durch einen Aufsatz <lb n="pwe_086.009"/> <hi rendition="#k">Kluckhohns</hi><note xml:id="PWE_086_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_086.040"/> Paul Kluckhohn, <hi rendition="#i">Die Arten des Dramas.</hi> DV 19 (1941), 241 ff.</note> ausgelöst und durch eine Reihe anderer Aufsätze in der <lb n="pwe_086.010"/> „Deutschen Vierteljahrsschrift“ fortgeführt worden sind. Es läuft hier <lb n="pwe_086.011"/> schließlich auf ein ingeniöses Zusammenspiel von Typen in einem möglichst <lb n="pwe_086.012"/> symmetrischen System hinaus, bei welchem übliche Bezeichnungen wie <lb n="pwe_086.013"/> Tragödie, Komödie, Lustspiel, Spiel usw. teils verwendet, teils umgebogen <lb n="pwe_086.014"/> und durch neue Namen (Gnadendrama, Humorspiel usw.) ergänzt werden <lb n="pwe_086.015"/> müssen. Dabei kommen zweifellos Unterschiede zwischen einzelnen Dramen <lb n="pwe_086.016"/> und Dramen-Typen zutage, aber im ganzen wird doch eher ein abstraktes <lb n="pwe_086.017"/> Systembedürfnis als eine Wesenserkenntnis befriedigt. Es ist gegen <lb n="pwe_086.018"/> solche Gattungssysteme dasselbe zu sagen wie gegen die Schemata <hi rendition="#k">Pe- <lb n="pwe_086.019"/> tersens.</hi> Auch sie rufen nach einer Entfaltung auf historischem Weg.</p> <lb n="pwe_086.020"/> <p> Neben dieser, von den herkömmlichen, letztlich aristotelischen Scheidungen <lb n="pwe_086.021"/> ausgehenden Systematik, ist – wie bei der Epik – auch eine andere <lb n="pwe_086.022"/> Organisation denkbar und praktiziert worden, die sich nicht an zum vornherein <lb n="pwe_086.023"/> getrennten Dramen<hi rendition="#i">typen,</hi> sondern am Vorwiegen der einzelnen <hi rendition="#i">Aufbau-Elemente</hi> <lb n="pwe_086.024"/> orientiert und dann nachträglich einzelne bekannte Arten <lb n="pwe_086.025"/> einbauen kann. So findet sich in der Dramaturgie von <hi rendition="#k">Petsch</hi> keine systematische <lb n="pwe_086.026"/> Behandlung des „Komischen“ oder des „Tragischen“; das Drama <lb n="pwe_086.027"/> wird als Ganzes besprochen nach seinen Elementen des Geschehens, der Umwelt, <lb n="pwe_086.028"/> der Figuren und ihrer Reden. Nach diesem strukturellen Gesichtspunkt <lb n="pwe_086.029"/> unterscheidet <hi rendition="#k">Kayser</hi> parallel zur Epik Geschehnis-Drama, Figuren- <lb n="pwe_086.030"/> Drama und Raum-Drama; „das Tragische und das Komische sind Phänomene, <lb n="pwe_086.031"/> die quer durch die Literatur hindurchgehen“, also nicht nur auf das <lb n="pwe_086.032"/> Drama bezogen werden. Das Geschehnis-Drama findet immerhin seine dichteste <lb n="pwe_086.033"/> Form im Handlungs-Drama und hat hier eine besondere Neigung <lb n="pwe_086.034"/> zur Tragödie; das Raum-Drama dagegen verwirklicht sich besonders im <lb n="pwe_086.035"/> „Spiel“. Umgekehrt aber und nicht gerade logisch widmet <hi rendition="#k">Kayser</hi> der <lb n="pwe_086.036"/> Komödie einen eigenen Abschnitt und teilt sie wiederum in Geschehnis-, <lb n="pwe_086.037"/> Charakter- und Raum-Komödie (Lustspiel). Diese Distinktionen sind wohl <lb n="pwe_086.038"/> weder praktisch noch schlüssig. Daß <hi rendition="#i">Tragik</hi> und <hi rendition="#i">Komik</hi> quer durch die <lb n="pwe_086.039"/> Literatur hindurchgehen, hindert nicht, sie als die beiden Möglichkeiten des </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0092]
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Schauspiel, in gleichem Range bestehen kann, oder ob es als Mischform pwe_086.002
oder abgesunkene oder im Theatralischen steckengebliebene Form aufzufassen pwe_086.003
ist, die den „geringeren dramatischen Bedürfnissen weiter Menschheitskreise“ pwe_086.004
entgegenkommt (Petsch), diese Frage betrifft mehr die historische pwe_086.005
und systematische Deutung als das zahlenmäßig herrschende Vorkommen pwe_086.006
dieser Form.
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Wir stehen damit bereits bei den Diskussionen um die „Arten des Dramas“, pwe_086.008
die in der deutschen Germanistik vor allem durch einen Aufsatz pwe_086.009
Kluckhohns 1 ausgelöst und durch eine Reihe anderer Aufsätze in der pwe_086.010
„Deutschen Vierteljahrsschrift“ fortgeführt worden sind. Es läuft hier pwe_086.011
schließlich auf ein ingeniöses Zusammenspiel von Typen in einem möglichst pwe_086.012
symmetrischen System hinaus, bei welchem übliche Bezeichnungen wie pwe_086.013
Tragödie, Komödie, Lustspiel, Spiel usw. teils verwendet, teils umgebogen pwe_086.014
und durch neue Namen (Gnadendrama, Humorspiel usw.) ergänzt werden pwe_086.015
müssen. Dabei kommen zweifellos Unterschiede zwischen einzelnen Dramen pwe_086.016
und Dramen-Typen zutage, aber im ganzen wird doch eher ein abstraktes pwe_086.017
Systembedürfnis als eine Wesenserkenntnis befriedigt. Es ist gegen pwe_086.018
solche Gattungssysteme dasselbe zu sagen wie gegen die Schemata Pe- pwe_086.019
tersens. Auch sie rufen nach einer Entfaltung auf historischem Weg.
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Neben dieser, von den herkömmlichen, letztlich aristotelischen Scheidungen pwe_086.021
ausgehenden Systematik, ist – wie bei der Epik – auch eine andere pwe_086.022
Organisation denkbar und praktiziert worden, die sich nicht an zum vornherein pwe_086.023
getrennten Dramentypen, sondern am Vorwiegen der einzelnen Aufbau-Elemente pwe_086.024
orientiert und dann nachträglich einzelne bekannte Arten pwe_086.025
einbauen kann. So findet sich in der Dramaturgie von Petsch keine systematische pwe_086.026
Behandlung des „Komischen“ oder des „Tragischen“; das Drama pwe_086.027
wird als Ganzes besprochen nach seinen Elementen des Geschehens, der Umwelt, pwe_086.028
der Figuren und ihrer Reden. Nach diesem strukturellen Gesichtspunkt pwe_086.029
unterscheidet Kayser parallel zur Epik Geschehnis-Drama, Figuren- pwe_086.030
Drama und Raum-Drama; „das Tragische und das Komische sind Phänomene, pwe_086.031
die quer durch die Literatur hindurchgehen“, also nicht nur auf das pwe_086.032
Drama bezogen werden. Das Geschehnis-Drama findet immerhin seine dichteste pwe_086.033
Form im Handlungs-Drama und hat hier eine besondere Neigung pwe_086.034
zur Tragödie; das Raum-Drama dagegen verwirklicht sich besonders im pwe_086.035
„Spiel“. Umgekehrt aber und nicht gerade logisch widmet Kayser der pwe_086.036
Komödie einen eigenen Abschnitt und teilt sie wiederum in Geschehnis-, pwe_086.037
Charakter- und Raum-Komödie (Lustspiel). Diese Distinktionen sind wohl pwe_086.038
weder praktisch noch schlüssig. Daß Tragik und Komik quer durch die pwe_086.039
Literatur hindurchgehen, hindert nicht, sie als die beiden Möglichkeiten des
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Paul Kluckhohn, Die Arten des Dramas. DV 19 (1941), 241 ff.
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