Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_141.001 pwe_141.011 Bei diesen scheint jedenfalls der umfassendere Begriff der Epoche pwe_141.012 Von zwei Verwendungen sind sie fern zu halten, nämlich von einer typologischen pwe_141.031 1 pwe_141.037 Benno v. Wiese, Zur Kritik des geisteswissenschaftlichen Periodenbegriffes. pwe_141.038 DV 11 (1933) 130 ff. 2 pwe_141.039
Max Foerster, The Psychological Basis of Literary Periods. (In: Studies for pwe_141.040 William A. Read. Louisiana 1940). (War nicht erhältlich). pwe_141.001 pwe_141.011 Bei diesen scheint jedenfalls der umfassendere Begriff der Epoche pwe_141.012 Von zwei Verwendungen sind sie fern zu halten, nämlich von einer typologischen pwe_141.031 1 pwe_141.037 Benno v. Wiese, Zur Kritik des geisteswissenschaftlichen Periodenbegriffes. pwe_141.038 DV 11 (1933) 130 ff. 2 pwe_141.039
Max Foerster, The Psychological Basis of Literary Periods. (In: Studies for pwe_141.040 William A. Read. Louisiana 1940). (War nicht erhältlich). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="141"/><lb n="pwe_141.001"/> Es ist wohl nicht nötig zu sagen, daß trotz solchen Einschränkungen die Annahme <lb n="pwe_141.002"/> einer derartigen Mechanik der Generationen methodisch und faktisch <lb n="pwe_141.003"/> bedenklich ist. <hi rendition="#k">Peyre</hi> tut hier trotz allem der auch von ihm gepriesenen <lb n="pwe_141.004"/> „charmante irrationalité du réel“ Gewalt an. Letzten Endes sind hier <lb n="pwe_141.005"/> wohl auch die spezifischen Formen der literarischen Tradition mißachtet <lb n="pwe_141.006"/> zugunsten biologisch-soziologischer Gesichtspunkte. Und es wird auch sehr <lb n="pwe_141.007"/> darauf ankommen, ob eine derartig detaillierte Gliederung in einem räumlich, <lb n="pwe_141.008"/> sozial und geistig geschlossenen Bereich (z. B. der Zürcher Literatur <lb n="pwe_141.009"/> des 18. Jahrhunderts) angewandt wird oder in ganzen Nationen und Kontinenten.</p> <lb n="pwe_141.010"/> <lb n="pwe_141.011"/> <p> Bei diesen scheint jedenfalls der umfassendere Begriff der <hi rendition="#g">Epoche</hi> <lb n="pwe_141.012"/> angemessener und wichtiger, obwohl <hi rendition="#k">Peyre</hi> gerade ihn als willkürlich oder <lb n="pwe_141.013"/> national beschränkt betrachtet. (Ob „Epoche“ oder „Periode“ tut hier nichts <lb n="pwe_141.014"/> zur Sache, wir nehmen Periode bloß als allgemeinen Oberbegriff und meinen <lb n="pwe_141.015"/> mit Epoche so verschiedenartig geprägte Einheitsbenennungen wie Romantik, <lb n="pwe_141.016"/> Barock, Aufklärung, 19. Jahrhundert). Es sind geschichtlich-empirisch <lb n="pwe_141.017"/> gewachsene und in ihren Benennungsmotiven durchaus heterogene Begriffe, <lb n="pwe_141.018"/> die die historische Forschung nicht entbehren kann und mit denen sie <lb n="pwe_141.019"/> doch beständig in Fehde liegt, sie nach Art und Zahl verändernd (so ist es <lb n="pwe_141.020"/> um das „Biedermeier“ wieder still geworden). Eine gute Kritik dieser Begriffe <lb n="pwe_141.021"/> haben <hi rendition="#k">Benno von Wiese</hi><note xml:id="PWE_141_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_141.037"/> Benno v. Wiese, <hi rendition="#i">Zur Kritik des geisteswissenschaftlichen Periodenbegriffes.</hi> <lb n="pwe_141.038"/> DV 11 (1933) 130 ff.</note> und nach ihm <hi rendition="#k">Wellek</hi> geleistet. Es handelt <lb n="pwe_141.022"/> sich weder um bloß unverbindliche Namen und Hilfskonstruktionen, <lb n="pwe_141.023"/> noch darf ihnen ideenrealistisch eine absolute Wesenheit unterstellt werden; <lb n="pwe_141.024"/> auch ist ihre subjektive, psychologische Komponente nicht zu übersehen<note xml:id="PWE_141_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_141.039"/> Max Foerster, <hi rendition="#i">The Psychological Basis of Literary Periods.</hi> (In: <hi rendition="#i">Studies for <lb n="pwe_141.040"/> William A. Read.</hi> Louisiana 1940). (War nicht erhältlich).</note>. <lb n="pwe_141.025"/> Es sind „dynamische Gebilde“, „regulative Ideen“, selber geschichtliche Mittel <lb n="pwe_141.026"/> historischer Interpretation. Sie gehen immer auf individuell-geschichtliche <lb n="pwe_141.027"/> Wirklichkeit, wollen also nicht wie ein logischer Oberbegriff alle Einzelerscheinungen <lb n="pwe_141.028"/> automatisch decken, und sie haben unscharfe Grenzen: <lb n="pwe_141.029"/> „one word cannot carry a dozen connotations“ (<hi rendition="#k">Wellek-Warren</hi>).</p> <lb n="pwe_141.030"/> <p> Von zwei Verwendungen sind sie fern zu halten, nämlich von einer typologischen <lb n="pwe_141.031"/> und einer normativen. Epochenbegriffe sind in der Historie was die <lb n="pwe_141.032"/> Typenbegriffe in der Stilkritik sind – d. h. aber, daß sie zu diesen gleichsam <lb n="pwe_141.033"/> senkrecht stehen; ihre Verwechslung liegt an sich nahe, da sie dieselbe <lb n="pwe_141.034"/> Literatur betreffen und nicht ohne einander sein können; doch hat sie, <lb n="pwe_141.035"/> vor allem im Gefolge der <hi rendition="#i">kunstgeschichtlichen Grundbegriffe,</hi> viel Unklarheit <lb n="pwe_141.036"/> gestiftet, etwa im Fall der Barockliteratur. Der unangebrachte Versuch, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0147]
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Es ist wohl nicht nötig zu sagen, daß trotz solchen Einschränkungen die Annahme pwe_141.002
einer derartigen Mechanik der Generationen methodisch und faktisch pwe_141.003
bedenklich ist. Peyre tut hier trotz allem der auch von ihm gepriesenen pwe_141.004
„charmante irrationalité du réel“ Gewalt an. Letzten Endes sind hier pwe_141.005
wohl auch die spezifischen Formen der literarischen Tradition mißachtet pwe_141.006
zugunsten biologisch-soziologischer Gesichtspunkte. Und es wird auch sehr pwe_141.007
darauf ankommen, ob eine derartig detaillierte Gliederung in einem räumlich, pwe_141.008
sozial und geistig geschlossenen Bereich (z. B. der Zürcher Literatur pwe_141.009
des 18. Jahrhunderts) angewandt wird oder in ganzen Nationen und Kontinenten.
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Bei diesen scheint jedenfalls der umfassendere Begriff der Epoche pwe_141.012
angemessener und wichtiger, obwohl Peyre gerade ihn als willkürlich oder pwe_141.013
national beschränkt betrachtet. (Ob „Epoche“ oder „Periode“ tut hier nichts pwe_141.014
zur Sache, wir nehmen Periode bloß als allgemeinen Oberbegriff und meinen pwe_141.015
mit Epoche so verschiedenartig geprägte Einheitsbenennungen wie Romantik, pwe_141.016
Barock, Aufklärung, 19. Jahrhundert). Es sind geschichtlich-empirisch pwe_141.017
gewachsene und in ihren Benennungsmotiven durchaus heterogene Begriffe, pwe_141.018
die die historische Forschung nicht entbehren kann und mit denen sie pwe_141.019
doch beständig in Fehde liegt, sie nach Art und Zahl verändernd (so ist es pwe_141.020
um das „Biedermeier“ wieder still geworden). Eine gute Kritik dieser Begriffe pwe_141.021
haben Benno von Wiese 1 und nach ihm Wellek geleistet. Es handelt pwe_141.022
sich weder um bloß unverbindliche Namen und Hilfskonstruktionen, pwe_141.023
noch darf ihnen ideenrealistisch eine absolute Wesenheit unterstellt werden; pwe_141.024
auch ist ihre subjektive, psychologische Komponente nicht zu übersehen 2. pwe_141.025
Es sind „dynamische Gebilde“, „regulative Ideen“, selber geschichtliche Mittel pwe_141.026
historischer Interpretation. Sie gehen immer auf individuell-geschichtliche pwe_141.027
Wirklichkeit, wollen also nicht wie ein logischer Oberbegriff alle Einzelerscheinungen pwe_141.028
automatisch decken, und sie haben unscharfe Grenzen: pwe_141.029
„one word cannot carry a dozen connotations“ (Wellek-Warren).
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Von zwei Verwendungen sind sie fern zu halten, nämlich von einer typologischen pwe_141.031
und einer normativen. Epochenbegriffe sind in der Historie was die pwe_141.032
Typenbegriffe in der Stilkritik sind – d. h. aber, daß sie zu diesen gleichsam pwe_141.033
senkrecht stehen; ihre Verwechslung liegt an sich nahe, da sie dieselbe pwe_141.034
Literatur betreffen und nicht ohne einander sein können; doch hat sie, pwe_141.035
vor allem im Gefolge der kunstgeschichtlichen Grundbegriffe, viel Unklarheit pwe_141.036
gestiftet, etwa im Fall der Barockliteratur. Der unangebrachte Versuch,
1 pwe_141.037
Benno v. Wiese, Zur Kritik des geisteswissenschaftlichen Periodenbegriffes. pwe_141.038
DV 11 (1933) 130 ff.
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Max Foerster, The Psychological Basis of Literary Periods. (In: Studies for pwe_141.040
William A. Read. Louisiana 1940). (War nicht erhältlich).
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