Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.
pwe_109.001 Das gilt wohl auch für Petersen, der eine ähnliche Einteilung in ästhetische pwe_109.009 Gewertet wird das einzelne Werk, eine Partie des Werkes oder eine pwe_109.034 1 pwe_109.037 Helene Kromer, Vorstudien zur Frage einer wertenden Literaturwissenschaft. pwe_109.038 Diss. (Münster) Bottrop i. W. 1935. 2 pwe_109.039
Henri Peyre, Writers and their Critics. A Study of Misunderstanding. Ithaca pwe_109.040 N. Y. 1944.
pwe_109.001 Das gilt wohl auch für Petersen, der eine ähnliche Einteilung in ästhetische pwe_109.009 Gewertet wird das einzelne Werk, eine Partie des Werkes oder eine pwe_109.034 1 pwe_109.037 Helene Kromer, Vorstudien zur Frage einer wertenden Literaturwissenschaft. pwe_109.038 Diss. (Münster) Bottrop i. W. 1935. 2 pwe_109.039
Henri Peyre, Writers and their Critics. A Study of Misunderstanding. Ithaca pwe_109.040 N. Y. 1944. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0115" n="109"/><lb n="pwe_109.001"/> tische</hi> Kriterien werden Weltanschauung, persönliches Ethos, religiöser <lb n="pwe_109.002"/> und nationaler Gesichtspunkt genannt. Gewiß werden diese Gesichtspunkte <lb n="pwe_109.003"/> praktisch als einzelne verwendet; es ist aber mehr als fraglich, ob auf dem <lb n="pwe_109.004"/> Weg einer derartigen Atomisierung des „Wertes“, der ja nur als Charakter <lb n="pwe_109.005"/> des Kunstwerkes in seiner Ganzheit gelten kann, wieder ein ganzes <lb n="pwe_109.006"/> Urteil legitimerweise zustande kommen kann. Eine Addition oder Durchschnittsberechnung <lb n="pwe_109.007"/> der Teilurteile kann ja nicht in Frage stehen.</p> <lb n="pwe_109.008"/> <p> Das gilt wohl auch für <hi rendition="#k">Petersen,</hi> der eine ähnliche Einteilung in ästhetische <lb n="pwe_109.009"/> und außerästhetische (ethische, religiöse und volkhafte) Gesichtspunkte <lb n="pwe_109.010"/> entwickelt; die Wertung selbst gliedert er, senkrecht dazu, in drei <lb n="pwe_109.011"/> verschiedene Fragen, die Frage nach der <hi rendition="#g">Echtheit</hi> (seelische und menschlich-individuelle <lb n="pwe_109.012"/> Bedeutung), die nach der <hi rendition="#g">Größe</hi> (ausstrahlende Kraft des <lb n="pwe_109.013"/> Werkes) und die nach der <hi rendition="#g">Sinnbildhaftigkeit</hi> (Frage nach der <lb n="pwe_109.014"/> Weltbeziehung und der gültigen Bedeutung des Werkes), womit er dann, <lb n="pwe_109.015"/> mit Ordinaten und Abszissen, wieder ein hübsche Tabelle erhält. „Echtheit“ <lb n="pwe_109.016"/> und „Sinnbildhaftigkeit“ sind Gesichtspunkte, die sich letztlich auf <lb n="pwe_109.017"/> den Dichter beziehungsweise eine außerästhetische Wirklichkeit richten <lb n="pwe_109.018"/> und damit wiederum der strengen Stilkritik nicht in den Blick kommen. <lb n="pwe_109.019"/> Gewiß bezieht sich Dichtung schon als Sprache zum Vornherein auf Werte; <lb n="pwe_109.020"/> aber ein Kunstwerk werten kann auch hier nicht heißen, diese Werte aufzuweisen <lb n="pwe_109.021"/> und aufzuzählen und gegeneinander abzuwägen. Wenn schließlich <lb n="pwe_109.022"/> <hi rendition="#k">H. Kromer</hi><note xml:id="PWE_109_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_109.037"/> Helene Kromer, <hi rendition="#i">Vorstudien zur Frage einer wertenden Literaturwissenschaft.</hi> <lb n="pwe_109.038"/> Diss. (Münster) Bottrop i. W. 1935.</note> es unternommen hat, auf Grund einer Fortuna-Philosophie <lb n="pwe_109.023"/> <hi rendition="#k">Günther Müllers</hi> eine „normgenetische“ Literaturwissenschaft zu <lb n="pwe_109.024"/> begründen und unter Norm die Gesetzhaftigkeit meint, die sich in der Stufenordnung <lb n="pwe_109.025"/> des Seins offenbart und vom Menschen formend verwirklicht <lb n="pwe_109.026"/> werden will, so hat das mit „wertender Literaturwissenschaft“ kaum etwas <lb n="pwe_109.027"/> zu tun. Auch <hi rendition="#k">Henri Peyre</hi><note xml:id="PWE_109_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_109.039"/> Henri Peyre, <hi rendition="#i">Writers and their Critics. A Study of Misunderstanding.</hi> Ithaca <lb n="pwe_109.040"/> N. Y. 1944.</note> bespricht die Frage der „Standards“, die heute <lb n="pwe_109.028"/> die Frage nach den „Rules“ ersetzt hat. Ohne Systematik diskutiert er die <lb n="pwe_109.029"/> verschiedenen üblichen „tests“ der Beurteilung, um dann noch am meisten <lb n="pwe_109.030"/> Vertrauen zu den vagen Gesichtspunkten der „<hi rendition="#i">energy</hi>“ und „<hi rendition="#i">intensity</hi>“ zu <lb n="pwe_109.031"/> bekunden. Wichtig ist sein Nachweis, wie wenig die Hoffnung auf ein <lb n="pwe_109.032"/> automatisch richtigeres Urteil der Nachwelt ist.</p> <lb n="pwe_109.033"/> <p> Gewertet wird das einzelne Werk, eine Partie des Werkes oder eine <lb n="pwe_109.034"/> Gruppe von Werken (Goethes Faust, eine Szene im Faust, das Werk Goethes), <lb n="pwe_109.035"/> in jedem Fall Größen individuell-geschichtlicher Erscheinung. Es ist <lb n="pwe_109.036"/> aber literaturwissenschaftlich sinnlos, die Größe einer Gattung oder eines </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0115]
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tische Kriterien werden Weltanschauung, persönliches Ethos, religiöser pwe_109.002
und nationaler Gesichtspunkt genannt. Gewiß werden diese Gesichtspunkte pwe_109.003
praktisch als einzelne verwendet; es ist aber mehr als fraglich, ob auf dem pwe_109.004
Weg einer derartigen Atomisierung des „Wertes“, der ja nur als Charakter pwe_109.005
des Kunstwerkes in seiner Ganzheit gelten kann, wieder ein ganzes pwe_109.006
Urteil legitimerweise zustande kommen kann. Eine Addition oder Durchschnittsberechnung pwe_109.007
der Teilurteile kann ja nicht in Frage stehen.
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Das gilt wohl auch für Petersen, der eine ähnliche Einteilung in ästhetische pwe_109.009
und außerästhetische (ethische, religiöse und volkhafte) Gesichtspunkte pwe_109.010
entwickelt; die Wertung selbst gliedert er, senkrecht dazu, in drei pwe_109.011
verschiedene Fragen, die Frage nach der Echtheit (seelische und menschlich-individuelle pwe_109.012
Bedeutung), die nach der Größe (ausstrahlende Kraft des pwe_109.013
Werkes) und die nach der Sinnbildhaftigkeit (Frage nach der pwe_109.014
Weltbeziehung und der gültigen Bedeutung des Werkes), womit er dann, pwe_109.015
mit Ordinaten und Abszissen, wieder ein hübsche Tabelle erhält. „Echtheit“ pwe_109.016
und „Sinnbildhaftigkeit“ sind Gesichtspunkte, die sich letztlich auf pwe_109.017
den Dichter beziehungsweise eine außerästhetische Wirklichkeit richten pwe_109.018
und damit wiederum der strengen Stilkritik nicht in den Blick kommen. pwe_109.019
Gewiß bezieht sich Dichtung schon als Sprache zum Vornherein auf Werte; pwe_109.020
aber ein Kunstwerk werten kann auch hier nicht heißen, diese Werte aufzuweisen pwe_109.021
und aufzuzählen und gegeneinander abzuwägen. Wenn schließlich pwe_109.022
H. Kromer 1 es unternommen hat, auf Grund einer Fortuna-Philosophie pwe_109.023
Günther Müllers eine „normgenetische“ Literaturwissenschaft zu pwe_109.024
begründen und unter Norm die Gesetzhaftigkeit meint, die sich in der Stufenordnung pwe_109.025
des Seins offenbart und vom Menschen formend verwirklicht pwe_109.026
werden will, so hat das mit „wertender Literaturwissenschaft“ kaum etwas pwe_109.027
zu tun. Auch Henri Peyre 2 bespricht die Frage der „Standards“, die heute pwe_109.028
die Frage nach den „Rules“ ersetzt hat. Ohne Systematik diskutiert er die pwe_109.029
verschiedenen üblichen „tests“ der Beurteilung, um dann noch am meisten pwe_109.030
Vertrauen zu den vagen Gesichtspunkten der „energy“ und „intensity“ zu pwe_109.031
bekunden. Wichtig ist sein Nachweis, wie wenig die Hoffnung auf ein pwe_109.032
automatisch richtigeres Urteil der Nachwelt ist.
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Gewertet wird das einzelne Werk, eine Partie des Werkes oder eine pwe_109.034
Gruppe von Werken (Goethes Faust, eine Szene im Faust, das Werk Goethes), pwe_109.035
in jedem Fall Größen individuell-geschichtlicher Erscheinung. Es ist pwe_109.036
aber literaturwissenschaftlich sinnlos, die Größe einer Gattung oder eines
1 pwe_109.037
Helene Kromer, Vorstudien zur Frage einer wertenden Literaturwissenschaft. pwe_109.038
Diss. (Münster) Bottrop i. W. 1935.
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