Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

vorwärts. Der Westphale folgte ihm auf dem Fuße, seine Knie zitterten, er schnappte nach Luft und in der Angst und Verwirrung achtete er gar nicht darauf, daß man, statt die Treppe hinunter nach der Straße zu gehen, die Treppe hinauf nach dem Turm schritt. Erst in der Mitte der ersten Windung bleibt er entsetzt stehen. Ein neuer Betrug! Er will zurück, er macht kehrt - aber ach, wenigstens 20 Menschen sind schon hinter ihm; keiner kann an dem andern vorüber, zu schmal ist der Gang, und "Follow me!" ruft der Küster vor ihm und: "Go on!" schreit die Menge hinter ihm und weiter muß der Unglückselige, von einem Tritt zum andern, immer vorwärts, immer hinauf, unter Aechzen und Stöhnen, bis er endlich schweißtriefend oben in der Kuppel der Kirche anlangt.

Herren und Damen sind indeß nachgerückt; immer voller wird der Raum, der Eine drängt den Andern und unser Westphale sieht sich genöthigt eine kleine Erhöhung zu besteigen, von der man zu der höchsten Oeffnung der Kuppel hinaufreichen kann. So wie die Gesellschaft das Innere der Kuppel betrat, hatte sie alle Fenster und Luken in Beschlag genommen. Die Oeffnung, welcher unser Freund zunächst stand, war bald allein noch unbesetzt und man winkte ihm hinauszusehen, und dann für Andre Platz zu machen. Unwillkürlich faßte er daher

vorwärts. Der Westphale folgte ihm auf dem Fuße, seine Knie zitterten, er schnappte nach Luft und in der Angst und Verwirrung achtete er gar nicht darauf, daß man, statt die Treppe hinunter nach der Straße zu gehen, die Treppe hinauf nach dem Turm schritt. Erst in der Mitte der ersten Windung bleibt er entsetzt stehen. Ein neuer Betrug! Er will zurück, er macht kehrt – aber ach, wenigstens 20 Menschen sind schon hinter ihm; keiner kann an dem andern vorüber, zu schmal ist der Gang, und „Follow me!“ ruft der Küster vor ihm und: „Go on!“ schreit die Menge hinter ihm und weiter muß der Unglückselige, von einem Tritt zum andern, immer vorwärts, immer hinauf, unter Aechzen und Stöhnen, bis er endlich schweißtriefend oben in der Kuppel der Kirche anlangt.

Herren und Damen sind indeß nachgerückt; immer voller wird der Raum, der Eine drängt den Andern und unser Westphale sieht sich genöthigt eine kleine Erhöhung zu besteigen, von der man zu der höchsten Oeffnung der Kuppel hinaufreichen kann. So wie die Gesellschaft das Innere der Kuppel betrat, hatte sie alle Fenster und Luken in Beschlag genommen. Die Oeffnung, welcher unser Freund zunächst stand, war bald allein noch unbesetzt und man winkte ihm hinauszusehen, und dann für Andre Platz zu machen. Unwillkürlich faßte er daher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="92"/>
vorwärts. Der Westphale folgte ihm auf dem Fuße, seine Knie zitterten, er schnappte nach Luft und in der Angst und Verwirrung achtete er gar nicht darauf, daß man, statt die Treppe hinunter nach der Straße zu gehen, die Treppe hinauf nach dem Turm schritt. Erst in der Mitte der ersten Windung bleibt er entsetzt stehen. Ein neuer Betrug! Er will zurück, er macht kehrt &#x2013; aber ach, wenigstens 20 Menschen sind schon hinter ihm; keiner kann an dem andern vorüber, zu schmal ist der Gang, und <hi rendition="#aq">&#x201E;Follow me!&#x201C;</hi> ruft der Küster vor ihm und: <hi rendition="#aq">&#x201E;Go on!&#x201C;</hi> schreit die Menge hinter ihm und weiter muß der Unglückselige, von einem Tritt zum andern, immer vorwärts, immer hinauf, unter Aechzen und Stöhnen, bis er endlich schweißtriefend oben in der Kuppel der Kirche anlangt.</p>
          <p>Herren und Damen sind indeß nachgerückt; immer voller wird der Raum, der Eine drängt den Andern und unser Westphale sieht sich genöthigt eine kleine Erhöhung zu besteigen, von der man zu der höchsten Oeffnung der Kuppel hinaufreichen kann. So wie die Gesellschaft das Innere der Kuppel betrat, hatte sie alle Fenster und Luken in Beschlag genommen. Die Oeffnung, welcher unser Freund zunächst stand, war bald allein noch unbesetzt und man winkte ihm hinauszusehen, und dann für Andre Platz zu machen. Unwillkürlich faßte er daher
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0098] vorwärts. Der Westphale folgte ihm auf dem Fuße, seine Knie zitterten, er schnappte nach Luft und in der Angst und Verwirrung achtete er gar nicht darauf, daß man, statt die Treppe hinunter nach der Straße zu gehen, die Treppe hinauf nach dem Turm schritt. Erst in der Mitte der ersten Windung bleibt er entsetzt stehen. Ein neuer Betrug! Er will zurück, er macht kehrt – aber ach, wenigstens 20 Menschen sind schon hinter ihm; keiner kann an dem andern vorüber, zu schmal ist der Gang, und „Follow me!“ ruft der Küster vor ihm und: „Go on!“ schreit die Menge hinter ihm und weiter muß der Unglückselige, von einem Tritt zum andern, immer vorwärts, immer hinauf, unter Aechzen und Stöhnen, bis er endlich schweißtriefend oben in der Kuppel der Kirche anlangt. Herren und Damen sind indeß nachgerückt; immer voller wird der Raum, der Eine drängt den Andern und unser Westphale sieht sich genöthigt eine kleine Erhöhung zu besteigen, von der man zu der höchsten Oeffnung der Kuppel hinaufreichen kann. So wie die Gesellschaft das Innere der Kuppel betrat, hatte sie alle Fenster und Luken in Beschlag genommen. Die Oeffnung, welcher unser Freund zunächst stand, war bald allein noch unbesetzt und man winkte ihm hinauszusehen, und dann für Andre Platz zu machen. Unwillkürlich faßte er daher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-04T15:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T15:10:31Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Faksimile 0150) (2013-01-04T15:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T15:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen
  • Sonderzeichen und nicht-lateinische Schriftzeichen werden möglichst originalgetreu wiedergegeben
  • Das lange s (ſ) wird als normales s wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/98
Zitationshilfe: Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg, 1849, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weerth_schnapphahnski_1849/98>, abgerufen am 19.05.2024.