Wedekind, Frank: Die Büchse der Pandora. Berlin, [1903]. Alwa. Ich bitte Sie, sie zu nehmen. Die Geschwitz (zu Schigolch). Kommen Sie doch endlich! Schigolch. Geduld, mein Fräulein. Es ist ja nur der Katzensprung über die Spitalstraße. -- In fünf Minuten bin ich mit ihr hier. Alwa. Sie bringen sie her? Schigolch. Ich bringe sie her. -- Oder fürchten Sie für Ihre Gesundheit? Alwa. Das sehen Sie doch, daß ich nichts fürchte. Rodrigo. Der Herr Doktor ist nach dem letzten Drahtbericht auf der Reise nach Konstantinopel begriffen, um seinen "Totentanz" von Haremsdamen und Kastrierten vor dem Sultan zur Aufführung bringen zu lassen. Alwa (die Mittelthür unter der Galerie öffnend). Sie gehen hier näher. (Schigolch und die Gräfin Geschwitz verlassen den Saal. Alwa ver- schließt die Thür hinter ihnen.) Rodrigo. Sie wollten der verrückten Rakete noch Geld geben. Alwa. Was geht Sie das an?! Rodrigo. Mich honoriert man wie einen Lampen- putzer, obschon ich sämtliche Schwestern im Spital habe demoralisieren müssen. Dann kamen die Herren Assistenten und Geheimräte an die Reihe. Und dann ... Alwa. Wollen Sie mir im Ernste weiß machen, daß sich die Assistenzärzte durch Sie haben beeinflussen lassen? Rodrigo. Mit dem Gelde, das mich diese Hunde gekostet haben, könnte ich in Amerika Präsident der Vereinigten Staaten werden. Alwa. Fräulein von Geschwitz hat Ihnen doch jeden Pfennig, den Sie ausgegeben haben, zurückerstattet. Alwa. Ich bitte Sie, ſie zu nehmen. Die Geſchwitz (zu Schigolch). Kommen Sie doch endlich! Schigolch. Geduld, mein Fräulein. Es iſt ja nur der Katzenſprung über die Spitalſtraße. — In fünf Minuten bin ich mit ihr hier. Alwa. Sie bringen ſie her? Schigolch. Ich bringe ſie her. — Oder fürchten Sie für Ihre Geſundheit? Alwa. Das ſehen Sie doch, daß ich nichts fürchte. Rodrigo. Der Herr Doktor iſt nach dem letzten Drahtbericht auf der Reiſe nach Konſtantinopel begriffen, um ſeinen „Totentanz“ von Haremsdamen und Kaſtrierten vor dem Sultan zur Aufführung bringen zu laſſen. Alwa (die Mittelthür unter der Galerie öffnend). Sie gehen hier näher. (Schigolch und die Gräfin Geſchwitz verlaſſen den Saal. Alwa ver- ſchließt die Thür hinter ihnen.) Rodrigo. Sie wollten der verrückten Rakete noch Geld geben. Alwa. Was geht Sie das an?! Rodrigo. Mich honoriert man wie einen Lampen- putzer, obſchon ich ſämtliche Schweſtern im Spital habe demoraliſieren müſſen. Dann kamen die Herren Aſſiſtenten und Geheimräte an die Reihe. Und dann … Alwa. Wollen Sie mir im Ernſte weiß machen, daß ſich die Aſſiſtenzärzte durch Sie haben beeinfluſſen laſſen? Rodrigo. Mit dem Gelde, das mich dieſe Hunde gekoſtet haben, könnte ich in Amerika Präſident der Vereinigten Staaten werden. Alwa. 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Die Geſchwitz (zu Schigolch). Kommen Sie doch
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Schigolch. Geduld, mein Fräulein. Es iſt ja
nur der Katzenſprung über die Spitalſtraße. — In fünf
Minuten bin ich mit ihr hier.
Alwa. Sie bringen ſie her?
Schigolch. Ich bringe ſie her. — Oder fürchten
Sie für Ihre Geſundheit?
Alwa. Das ſehen Sie doch, daß ich nichts fürchte.
Rodrigo. Der Herr Doktor iſt nach dem letzten
Drahtbericht auf der Reiſe nach Konſtantinopel begriffen,
um ſeinen „Totentanz“ von Haremsdamen und Kaſtrierten
vor dem Sultan zur Aufführung bringen zu laſſen.
Alwa (die Mittelthür unter der Galerie öffnend). Sie gehen
hier näher.
(Schigolch und die Gräfin Geſchwitz verlaſſen den Saal. Alwa ver-
ſchließt die Thür hinter ihnen.)
Rodrigo. Sie wollten der verrückten Rakete noch
Geld geben.
Alwa. Was geht Sie das an?!
Rodrigo. Mich honoriert man wie einen Lampen-
putzer, obſchon ich ſämtliche Schweſtern im Spital habe
demoraliſieren müſſen. Dann kamen die Herren Aſſiſtenten
und Geheimräte an die Reihe. Und dann …
Alwa. Wollen Sie mir im Ernſte weiß machen,
daß ſich die Aſſiſtenzärzte durch Sie haben beeinfluſſen
laſſen?
Rodrigo. Mit dem Gelde, das mich dieſe Hunde
gekoſtet haben, könnte ich in Amerika Präſident der
Vereinigten Staaten werden.
Alwa. Fräulein von Geſchwitz hat Ihnen doch
jeden Pfennig, den Sie ausgegeben haben, zurückerſtattet.
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