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Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

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Erstes Kapitel.
Behufe werden zuvörderst die äußeren Streifen nach dem Lothe genau
aufgetragen, alsdann mit dem Richtscheit die dazwischen liegenden
gerichtet und die Zwischenfelder beworfen und mittelst des Richt-
scheits abgeglichen. Hiernach ebnet der Maurer mit dem kleinen Reibe-
brette alles sauber und bespritzt gleichzeitig diejenigen Strecken, die
zu stark getrocknet waren, immer wieder mit dem Maurerpinsel (den
er mit der linken Hand regiert), um sie mit dem Reibebrette nochmals
überreiben zu können.

Die Putzflächen, welche sehr sauber sein sollen, werden nachträglich
nochmals "gefilzt", d. h. mittelst Reibebrettern, welche mit Filz be-
nagelt sind, sorgfältig nachgeputzt. Zu dem letzteren Anwurf dieses
Filzputzes nimmt der Maurer am liebsten sehr feinen Sand und einen
Gypszusatz, etwa so viel wie zu dem Deckenputz. Der Filzputz
wird neuerdings vielfach ausgeführt.

Bei untergeordneten Räumen, z. B. Dachböden, Dachkammern,
Schornsteinwandungen im Dachraume, sowie in landwirthschaftlichen
Gebäuden aller Art, begnügt man sich damit, den Kalkanwurf bloß
mit der Kelle glatt zu streichen und nicht weiter mit dem Reibebrette
zu ebenen; dieses Verfahren heißt: berappen oder verbrähmen.
Die Wände erhalten hierdurch eine rauhe Oberfläche und eignen sich
daher nicht für Wohn- und bessere Räume.

Der Facadenputz besteht häufig aus einem etwa 2--3zm starken
Rappputz, der sogleich nach dem Auftragen des Mörtels mit einem
stumpfen Besen gleichmäßig betupft wird; es entstehen dadurch kleine
Vertiefungen, welche das Ansehen haben, als wären sie durch starkes
Anspritzen mit Wasser entstanden, woher man diese Art des Putzes
auch Spritzwerk oder Spritzputz nennt.

Falls vorspringende Bossen und Quaderungen herzustellen sind,
so ist es nothwendig, zuvor die Vertiefungen im rauhen Mauerwerk
auszusparen und zwar soweit, daß der Putz allenthalben nur unge-
fähr 2--3zm aufgetragen zu werden braucht. Die Art eines solchen
Putzes geben die Figuren 192 A--C zu erkennen. Um hierbei die
Nuthen genau und scharf, parallel und lothrecht anbringen zu können,
befestigt man an den Grenzen derselben zwei Putzlatten 11 (Fig. 192 D)
von 2--3zm Dicke und 5--6zm Breite, an welchen eine, aus Eisen-
blech gefeilte und an einem hölzernen Schlitten befestigte, Schablone
hin und her gezogen wird; der Maurer wirft so lange Mörtel (der
an Feinheit zunimmt) in die Vertiefung, bis das Profil sauber

Erſtes Kapitel.
Behufe werden zuvörderſt die äußeren Streifen nach dem Lothe genau
aufgetragen, alsdann mit dem Richtſcheit die dazwiſchen liegenden
gerichtet und die Zwiſchenfelder beworfen und mittelſt des Richt-
ſcheits abgeglichen. Hiernach ebnet der Maurer mit dem kleinen Reibe-
brette alles ſauber und beſpritzt gleichzeitig diejenigen Strecken, die
zu ſtark getrocknet waren, immer wieder mit dem Maurerpinſel (den
er mit der linken Hand regiert), um ſie mit dem Reibebrette nochmals
überreiben zu können.

Die Putzflächen, welche ſehr ſauber ſein ſollen, werden nachträglich
nochmals „gefilzt“, d. h. mittelſt Reibebrettern, welche mit Filz be-
nagelt ſind, ſorgfältig nachgeputzt. Zu dem letzteren Anwurf dieſes
Filzputzes nimmt der Maurer am liebſten ſehr feinen Sand und einen
Gypszuſatz, etwa ſo viel wie zu dem Deckenputz. Der Filzputz
wird neuerdings vielfach ausgeführt.

Bei untergeordneten Räumen, z. B. Dachböden, Dachkammern,
Schornſteinwandungen im Dachraume, ſowie in landwirthſchaftlichen
Gebäuden aller Art, begnügt man ſich damit, den Kalkanwurf bloß
mit der Kelle glatt zu ſtreichen und nicht weiter mit dem Reibebrette
zu ebenen; dieſes Verfahren heißt: berappen oder verbrähmen.
Die Wände erhalten hierdurch eine rauhe Oberfläche und eignen ſich
daher nicht für Wohn- und beſſere Räume.

Der Façadenputz beſteht häufig aus einem etwa 2—3zm ſtarken
Rappputz, der ſogleich nach dem Auftragen des Mörtels mit einem
ſtumpfen Beſen gleichmäßig betupft wird; es entſtehen dadurch kleine
Vertiefungen, welche das Anſehen haben, als wären ſie durch ſtarkes
Anſpritzen mit Waſſer entſtanden, woher man dieſe Art des Putzes
auch Spritzwerk oder Spritzputz nennt.

Falls vorſpringende Boſſen und Quaderungen herzuſtellen ſind,
ſo iſt es nothwendig, zuvor die Vertiefungen im rauhen Mauerwerk
auszuſparen und zwar ſoweit, daß der Putz allenthalben nur unge-
fähr 2—3zm aufgetragen zu werden braucht. Die Art eines ſolchen
Putzes geben die Figuren 192 A—C zu erkennen. Um hierbei die
Nuthen genau und ſcharf, parallel und lothrecht anbringen zu können,
befeſtigt man an den Grenzen derſelben zwei Putzlatten 11 (Fig. 192 D)
von 2—3zm Dicke und 5—6zm Breite, an welchen eine, aus Eiſen-
blech gefeilte und an einem hölzernen Schlitten befeſtigte, Schablone
hin und her gezogen wird; der Maurer wirft ſo lange Mörtel (der
an Feinheit zunimmt) in die Vertiefung, bis das Profil ſauber

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[208/0224] Erſtes Kapitel. Behufe werden zuvörderſt die äußeren Streifen nach dem Lothe genau aufgetragen, alsdann mit dem Richtſcheit die dazwiſchen liegenden gerichtet und die Zwiſchenfelder beworfen und mittelſt des Richt- ſcheits abgeglichen. Hiernach ebnet der Maurer mit dem kleinen Reibe- brette alles ſauber und beſpritzt gleichzeitig diejenigen Strecken, die zu ſtark getrocknet waren, immer wieder mit dem Maurerpinſel (den er mit der linken Hand regiert), um ſie mit dem Reibebrette nochmals überreiben zu können. Die Putzflächen, welche ſehr ſauber ſein ſollen, werden nachträglich nochmals „gefilzt“, d. h. mittelſt Reibebrettern, welche mit Filz be- nagelt ſind, ſorgfältig nachgeputzt. Zu dem letzteren Anwurf dieſes Filzputzes nimmt der Maurer am liebſten ſehr feinen Sand und einen Gypszuſatz, etwa ſo viel wie zu dem Deckenputz. Der Filzputz wird neuerdings vielfach ausgeführt. Bei untergeordneten Räumen, z. B. Dachböden, Dachkammern, Schornſteinwandungen im Dachraume, ſowie in landwirthſchaftlichen Gebäuden aller Art, begnügt man ſich damit, den Kalkanwurf bloß mit der Kelle glatt zu ſtreichen und nicht weiter mit dem Reibebrette zu ebenen; dieſes Verfahren heißt: berappen oder verbrähmen. Die Wände erhalten hierdurch eine rauhe Oberfläche und eignen ſich daher nicht für Wohn- und beſſere Räume. Der Façadenputz beſteht häufig aus einem etwa 2—3zm ſtarken Rappputz, der ſogleich nach dem Auftragen des Mörtels mit einem ſtumpfen Beſen gleichmäßig betupft wird; es entſtehen dadurch kleine Vertiefungen, welche das Anſehen haben, als wären ſie durch ſtarkes Anſpritzen mit Waſſer entſtanden, woher man dieſe Art des Putzes auch Spritzwerk oder Spritzputz nennt. Falls vorſpringende Boſſen und Quaderungen herzuſtellen ſind, ſo iſt es nothwendig, zuvor die Vertiefungen im rauhen Mauerwerk auszuſparen und zwar ſoweit, daß der Putz allenthalben nur unge- fähr 2—3zm aufgetragen zu werden braucht. Die Art eines ſolchen Putzes geben die Figuren 192 A—C zu erkennen. Um hierbei die Nuthen genau und ſcharf, parallel und lothrecht anbringen zu können, befeſtigt man an den Grenzen derſelben zwei Putzlatten 11 (Fig. 192 D) von 2—3zm Dicke und 5—6zm Breite, an welchen eine, aus Eiſen- blech gefeilte und an einem hölzernen Schlitten befeſtigte, Schablone hin und her gezogen wird; der Maurer wirft ſo lange Mörtel (der an Feinheit zunimmt) in die Vertiefung, bis das Profil ſauber

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Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/224>, abgerufen am 03.05.2024.