Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln.

Wo es daher auf Festigkeit ganz besonders ankommt, z. B. bei
Geländern, empfiehlt sich das Blei ganz besonders.

Beim großen Obelisk zu Rom wurden Schwalbenschwanz-Dübeln
benutzt. Dieselben sind zwar complizirt und kostspielig, bieten aber
eine sehr große Festigkeit und haben sich ganz besonders beim Auf-
ziehen und Versetzen der Steine bewährt, indem das Tau leicht um-
gebunden werden konnte.

Bei Leuchtthürmen kommen ebenfals sehr interessante Verbindungen
vor; so z. B. beim Leuchtthurme zu Edistone. Derselbe steht 14 engl.
Meilen (26 Kilometer) von Plymouth entfernt. Im Jahre 1670
wurde dort zuerst ein hölzerner Thurm gebaut, der mit eisernen Zug-
stangen im Meeresfelsen seinen Halt fand; 1703 verschwand der Thurm
durch eine Springfluth. Abermals erbaute man in den Jahren
1703 -- 1705 einen hölzernen Thurm, der aber fünfzig Jahre später
verbrannte. John Meautou kam darauf auf die glückliche Idee, den
Leuchtthurm aus Granit zu erbauen. Die einzelnen Steine greifen
mit Schwalbenschwänzen ineinander. Die vertikale Verbindung der
Schaaren geschieht mittelst 16 Stück Ketten.

D. Das Mauern mit Ziegeln.
1) Der Mörtel.

Zum Mauern benutzt man gewöhnlich den kohlensauren Kalk (Aetz-
kalk), der bis zur Rothgluth erhitzt, alsdann mit Wasser gelöscht wird,
wobei er die Kohlensäure abgiebt. Da aber der Kalk nicht allein
verwendet werden kann, ist ein Sandzusatz erforderlich. Der auf
diese Weise entstehende Kalkmörtel enthält in der Regel 2 -- 3
Theile Sand und 1 Theil gelöschten Kalk. Die Erhärtung des
Mörtels geschieht zunächst durch das Austrocknen, dann durch das
mechanische und chemische (durch Aufnahme der Kohlensäure aus der
Luft) Kleben.

Die von Manger (Berlin) gemachten Versuche über die Mischungs-
verhältnisse von Kalk und Sand führten zu folgenden Ergebnissen:

a. Für Ziegelmauerwerk über der Erde, zu welchem die Ziegel
nur mit der Hand aufgedrückt oder mit einigen Schlägen des
Maurerhammers festgelegt werden, ist das mittlere Verhältniß
der Kalk- zur Sandmischung wie 1 : 3, das höchste wie 1 : 1 1/3 ,
das niedrigste wie 1 : 41/2; es giebt das mittlere Verhältniß
ein gutes, festes und dauerndes Mauerwerk, das an Kalkzu-
Erſtes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln.

Wo es daher auf Feſtigkeit ganz beſonders ankommt, z. B. bei
Geländern, empfiehlt ſich das Blei ganz beſonders.

Beim großen Obelisk zu Rom wurden Schwalbenſchwanz-Dübeln
benutzt. Dieſelben ſind zwar complizirt und koſtſpielig, bieten aber
eine ſehr große Feſtigkeit und haben ſich ganz beſonders beim Auf-
ziehen und Verſetzen der Steine bewährt, indem das Tau leicht um-
gebunden werden konnte.

Bei Leuchtthürmen kommen ebenfals ſehr intereſſante Verbindungen
vor; ſo z. B. beim Leuchtthurme zu Ediſtone. Derſelbe ſteht 14 engl.
Meilen (26 Kilometer) von Plymouth entfernt. Im Jahre 1670
wurde dort zuerſt ein hölzerner Thurm gebaut, der mit eiſernen Zug-
ſtangen im Meeresfelſen ſeinen Halt fand; 1703 verſchwand der Thurm
durch eine Springfluth. Abermals erbaute man in den Jahren
1703 — 1705 einen hölzernen Thurm, der aber fünfzig Jahre ſpäter
verbrannte. John Meautou kam darauf auf die glückliche Idee, den
Leuchtthurm aus Granit zu erbauen. Die einzelnen Steine greifen
mit Schwalbenſchwänzen ineinander. Die vertikale Verbindung der
Schaaren geſchieht mittelſt 16 Stück Ketten.

D. Das Mauern mit Ziegeln.
1) Der Mörtel.

Zum Mauern benutzt man gewöhnlich den kohlenſauren Kalk (Aetz-
kalk), der bis zur Rothgluth erhitzt, alsdann mit Waſſer gelöſcht wird,
wobei er die Kohlenſäure abgiebt. Da aber der Kalk nicht allein
verwendet werden kann, iſt ein Sandzuſatz erforderlich. Der auf
dieſe Weiſe entſtehende Kalkmörtel enthält in der Regel 2 — 3
Theile Sand und 1 Theil gelöſchten Kalk. Die Erhärtung des
Mörtels geſchieht zunächſt durch das Austrocknen, dann durch das
mechaniſche und chemiſche (durch Aufnahme der Kohlenſäure aus der
Luft) Kleben.

Die von Manger (Berlin) gemachten Verſuche über die Miſchungs-
verhältniſſe von Kalk und Sand führten zu folgenden Ergebniſſen:

a. Für Ziegelmauerwerk über der Erde, zu welchem die Ziegel
nur mit der Hand aufgedrückt oder mit einigen Schlägen des
Maurerhammers feſtgelegt werden, iſt das mittlere Verhältniß
der Kalk- zur Sandmiſchung wie 1 : 3, das höchſte wie 1 : 1 ⅓,
das niedrigſte wie 1 : 4½; es giebt das mittlere Verhältniß
ein gutes, feſtes und dauerndes Mauerwerk, das an Kalkzu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0174" n="158"/>
              <fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln.</fw><lb/>
              <p>Wo es daher auf Fe&#x017F;tigkeit ganz be&#x017F;onders ankommt, z. B. bei<lb/>
Geländern, empfiehlt &#x017F;ich das Blei ganz be&#x017F;onders.</p><lb/>
              <p>Beim großen Obelisk zu Rom wurden Schwalben&#x017F;chwanz-Dübeln<lb/>
benutzt. Die&#x017F;elben &#x017F;ind zwar complizirt und ko&#x017F;t&#x017F;pielig, bieten aber<lb/>
eine &#x017F;ehr große Fe&#x017F;tigkeit und haben &#x017F;ich ganz be&#x017F;onders beim Auf-<lb/>
ziehen und Ver&#x017F;etzen der Steine bewährt, indem das Tau leicht um-<lb/>
gebunden werden konnte.</p><lb/>
              <p>Bei Leuchtthürmen kommen ebenfals &#x017F;ehr intere&#x017F;&#x017F;ante Verbindungen<lb/>
vor; &#x017F;o z. B. beim Leuchtthurme zu Edi&#x017F;tone. Der&#x017F;elbe &#x017F;teht 14 engl.<lb/>
Meilen (26 Kilometer) von Plymouth entfernt. Im Jahre 1670<lb/>
wurde dort zuer&#x017F;t ein hölzerner Thurm gebaut, der mit ei&#x017F;ernen Zug-<lb/>
&#x017F;tangen im Meeresfel&#x017F;en &#x017F;einen Halt fand; 1703 ver&#x017F;chwand der Thurm<lb/>
durch eine Springfluth. Abermals erbaute man in den Jahren<lb/>
1703 &#x2014; 1705 einen hölzernen Thurm, der aber fünfzig Jahre &#x017F;päter<lb/>
verbrannte. John Meautou kam darauf auf die glückliche Idee, den<lb/>
Leuchtthurm aus Granit zu erbauen. Die einzelnen Steine greifen<lb/>
mit Schwalben&#x017F;chwänzen ineinander. Die vertikale Verbindung der<lb/>
Schaaren ge&#x017F;chieht mittel&#x017F;t 16 Stück Ketten.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">D.</hi><hi rendition="#g">Das Mauern mit Ziegeln</hi>.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head>1) <hi rendition="#g">Der Mörtel</hi>.</head><lb/>
              <p>Zum Mauern benutzt man gewöhnlich den kohlen&#x017F;auren Kalk (Aetz-<lb/>
kalk), der bis zur Rothgluth erhitzt, alsdann mit Wa&#x017F;&#x017F;er gelö&#x017F;cht wird,<lb/>
wobei er die Kohlen&#x017F;äure abgiebt. Da aber der Kalk nicht allein<lb/>
verwendet werden kann, i&#x017F;t ein Sandzu&#x017F;atz erforderlich. Der auf<lb/>
die&#x017F;e Wei&#x017F;e ent&#x017F;tehende <hi rendition="#g">Kalkmörtel</hi> enthält in der Regel 2 &#x2014; 3<lb/>
Theile Sand und 1 Theil gelö&#x017F;chten Kalk. Die Erhärtung des<lb/>
Mörtels ge&#x017F;chieht zunäch&#x017F;t durch das Austrocknen, dann durch das<lb/>
mechani&#x017F;che und chemi&#x017F;che (durch Aufnahme der Kohlen&#x017F;äure aus der<lb/>
Luft) Kleben.</p><lb/>
              <p>Die von Manger (Berlin) gemachten Ver&#x017F;uche über die Mi&#x017F;chungs-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e von Kalk und Sand führten zu folgenden Ergebni&#x017F;&#x017F;en:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Für Ziegelmauerwerk über der Erde, zu welchem die Ziegel<lb/>
nur mit der Hand aufgedrückt oder mit einigen Schlägen des<lb/>
Maurerhammers fe&#x017F;tgelegt werden, i&#x017F;t das mittlere Verhältniß<lb/>
der Kalk- zur Sandmi&#x017F;chung wie 1 : 3, das höch&#x017F;te wie 1 : 1 &#x2153;,<lb/>
das niedrig&#x017F;te wie 1 : 4½; es giebt das mittlere Verhältniß<lb/>
ein gutes, fe&#x017F;tes und dauerndes Mauerwerk, das an Kalkzu-<lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0174] Erſtes Kapitel. Das Mauern mit Ziegeln. Wo es daher auf Feſtigkeit ganz beſonders ankommt, z. B. bei Geländern, empfiehlt ſich das Blei ganz beſonders. Beim großen Obelisk zu Rom wurden Schwalbenſchwanz-Dübeln benutzt. Dieſelben ſind zwar complizirt und koſtſpielig, bieten aber eine ſehr große Feſtigkeit und haben ſich ganz beſonders beim Auf- ziehen und Verſetzen der Steine bewährt, indem das Tau leicht um- gebunden werden konnte. Bei Leuchtthürmen kommen ebenfals ſehr intereſſante Verbindungen vor; ſo z. B. beim Leuchtthurme zu Ediſtone. Derſelbe ſteht 14 engl. Meilen (26 Kilometer) von Plymouth entfernt. Im Jahre 1670 wurde dort zuerſt ein hölzerner Thurm gebaut, der mit eiſernen Zug- ſtangen im Meeresfelſen ſeinen Halt fand; 1703 verſchwand der Thurm durch eine Springfluth. Abermals erbaute man in den Jahren 1703 — 1705 einen hölzernen Thurm, der aber fünfzig Jahre ſpäter verbrannte. John Meautou kam darauf auf die glückliche Idee, den Leuchtthurm aus Granit zu erbauen. Die einzelnen Steine greifen mit Schwalbenſchwänzen ineinander. Die vertikale Verbindung der Schaaren geſchieht mittelſt 16 Stück Ketten. D. Das Mauern mit Ziegeln. 1) Der Mörtel. Zum Mauern benutzt man gewöhnlich den kohlenſauren Kalk (Aetz- kalk), der bis zur Rothgluth erhitzt, alsdann mit Waſſer gelöſcht wird, wobei er die Kohlenſäure abgiebt. Da aber der Kalk nicht allein verwendet werden kann, iſt ein Sandzuſatz erforderlich. Der auf dieſe Weiſe entſtehende Kalkmörtel enthält in der Regel 2 — 3 Theile Sand und 1 Theil gelöſchten Kalk. Die Erhärtung des Mörtels geſchieht zunächſt durch das Austrocknen, dann durch das mechaniſche und chemiſche (durch Aufnahme der Kohlenſäure aus der Luft) Kleben. Die von Manger (Berlin) gemachten Verſuche über die Miſchungs- verhältniſſe von Kalk und Sand führten zu folgenden Ergebniſſen: a. Für Ziegelmauerwerk über der Erde, zu welchem die Ziegel nur mit der Hand aufgedrückt oder mit einigen Schlägen des Maurerhammers feſtgelegt werden, iſt das mittlere Verhältniß der Kalk- zur Sandmiſchung wie 1 : 3, das höchſte wie 1 : 1 ⅓, das niedrigſte wie 1 : 4½; es giebt das mittlere Verhältniß ein gutes, feſtes und dauerndes Mauerwerk, das an Kalkzu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/174
Zitationshilfe: Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/174>, abgerufen am 25.11.2024.