Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.[Spaltenumbruch] *37 Es ist ein Wunder, wie der goldne Zahn. (Schles.) D. h. also gar keins. In Weigelsdorf, Kreis Reichenbach, unweit Langenbielau, wurde dem Bauer Christoph Müller am 22. December 1586 ein Knabe geboren, der ebenfalls Christoph genannt wurde. Als der Knabe sieben Jahre alt war, entdeckte ein Mönch bei ihm einen Zahn von purem Golde, der auf der linken Seite des Mundes unter den andern Zähnen stand. Im ganzen Lande erregte die Nachricht von diesem Wunder ein grosses Aufsehen. Der Zahn wurde für ein Wunder ausgeschrien, von Fürsten und Herren besehen, von Aerzten und Physikern in gelehrten Abhandlungen untersucht, von Theologen auf Krieg, Blutvergiessen und Theuerung gedeutet, und endlich 1595 als eine gemeine Betrügerei entlarvt. Der Vater des Knaben wurde bestraft, während die Mönche des nahen Klosters, die eigentlichen Anstifter, durch ihre geistliche Würde vor Verfolgung geschützt blieben. (Vgl. Breslauer Erzähler von Fülleborn, 1800, S. 470 und Schles. Provinzialblätter, 1863, S. 426.) *38 Ich ha ok mei bloscheckig Wunder gesahn hoite. (Schles.) - Frommann, III, 415, 587. *39 Kei Wunder, macht de Hund Plunder, er he der Mueter d' Buchi g'frässe. - Sutermeister, 16. *40 Man sihet den blawen wunder. - Nigrinus, Inquisition, 406. *41 Nid e Wunder sch.eusi Chue Plunder; sie het gester e Bettzieche g'frässe. - Sutermeister, 16. *42 Wunder aus einer Linse machen. - Körte, 7022; Masson, 138. *43 Wunder glauben. - Frischbier, II, 2967. Der glaubt Wunder, was er kann, wie klug er ist. Frz.: Il en fait en relique. (Kritzinger, 597a.) *44 Wunder über Wunder, dass die schwarze Kuh weisse Milch gibt. - Frischbier, 4124. Wenn sich jemand über etwas ganz Gewöhnliches wundert. *45 Wunder über Wunder, ein Kahn mit Löchern geht nicht unter. (Ostpr.) Sprichwörtlicher Räthselwitz. Ein Kahn, in dem sich Frauenzimmer befinden. - Wenn man von einer gewöhnlichen Sache viel Aufhebens macht, sagt eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau: Derzählen nissim (Wunder) iwe. Niflues (über Wunder), gefallen ün zerschlugen die Naus (Nase). Wunder (Adv.). *1 Er dachte wunder, was für ein Häschen ihn geleckt hätte. - Hermes, II, 51. *2 Es darf nicht wunder nehmen. - Eiselein, 651. Lat.: Capit nos admiratio. (Eiselein, 651.) Wunderbar. 1 Wunnerboar, söä' de Kierl, de F ... hält Woater un hät do' keinen Bodden. - Schlingmann, 809. 2 Wunnerboar, söä' de Kierl, de Oars geiht oahn Klink up on to. - Schlingmann, 808. 3 Wunnerboar, söä' de Kierl, de Trillhoan steiht, un hät do' keine Ben. - Schlingmann, 810. Wunderfitz. 1 Wunderfitz1 hat de Nase gespitzt. (Schaffhausen.) - Schweiz, II, 168, 53. 1) Der Neugierige. 2 Wunderfitz, häsch 's Näsli g'spitzt, hät doch nüt g'nützt. - Sutermeister, 11. *3 Wunderfitz und Frägelen. - Birlinger, 1081. In Horgen scherzhafte Antwort auf die Frage: Was hast? Wunderkind. Wunderkinder werden selten Wundermenschen. Das Wunder entflieht, und das Kind bleibt. Wunderkopf. Es gibt mehr Wunderköpfe in der Welt als in keiner Stadt in ganz Frankreich. - Opel, 372. Wunderlich. 1 Sei nicht wunderlich wie Moses, es möchten dir sonst Hörner wachsen. - Mathesy, 62a. 2 'T is wunderlick in de Welt, de ene hett de Büel, de ander 't Geld. - Bueren, 1140. 3 Wer wunderlich ist, den irret eine flieg an der Wand. - Henisch, 1147, 7. Lat.: Aegre solus, si quid fit, fero. (Henisch, 1147, 8.) *4 Is ha wünderlich, su bi ich seltzem. (Schles.) - Palm, 57, 6. Ist er eigensinnig, launenhaft u. s. w., so bin ich's auch. Wunderliche. * Junge Wunderliche mit galen (gelben) Schwänzen. - Schles. Provinzialblätter, 1862, 570. Zur Abweisung neugieriger oder naseweiser Frager. Wunderlikus. * Er ist ein Wunderlikus. (S. Mollikopf.) - Sutermeister, 75. Wundern. 1 Dat sall mik mal wunnern, wer meinen Hawern koft un behält 'ne. (Braunschweig.) Es soll mich wundern, wie es kommen wird. 2 Je mehr man sich wundert, je unwissender ist man. It.: Gran segno dell' ignoranza e la maraviglia. 3 Man soll sich über nichts mehr wundern. Lat.: Nil admirari. (Egeria, 162.) 4 Man soll sich über nichts wundern, als wenn die Mutter-Gottes Strümpfe stopft. Frz.: Il ne faut jamais s'etonner, qu'on ne voie ses tripes dans son giron. (Cahier, 1727.) *5 Es soll mich wundern, wie mich der Junge von der Karre kriegen wird. - Brennecke, 409. Sagt man, wenn man jemand, besonders den vorschnell Handelnden zu ohnmächtig zur Erreichung seines Zwecks glaubt. So sagte auch ein an Armen und Beinen Verkrüppelter, der bisher von starken Mannspersonen, die ihn, wenn es die Umstände geboten, auf- und abladen konnten, auf einem Karren von einem Ort zum andern gebracht worden war, jetzt aber von einem schwachen Burschen transportirt wurde. Dieser wusste sich jedoch sehr gut zu helfen; denn kaum hatte der Krüppel geäussert, dass er herunter wollte, so fuhr der Bursche auf eine kleine Anhöhe und kippte die Karre um. *6 Sich wundern, wie eine Gans, wenn sie ein Ei gelegt hat. - Goedeke, Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung, S. 666. Wunderschön. 1 Wunderschain, segt de Jud. (Mecklenburg.) - Hoefer, 494. *2 Sie ist wunderschön, wenn sie gewaschen ist. "Sie müssen ja wunderschön sein, wenn sie gewaschen sind." (Eselsfresser, I, 112.) *3 Wunderschön ist gar nichts (oder: ein Dreck) dagegen. (Breslau.) Ironisch mit Bezug auf etwas, das schön sein will, aber nicht ist. Auch in Würtemberg üblich. *4 Wunderschön, ja fast noch schöner! Ironisch. Wunderstreit. Es ist ein Wunderstreit, wenn ein Esel den andern reit't. Lat.: Est mirum bellum, quod asellus culpat asellum. (Sutor, 46.) Wunderstuhl. * Auf dem Wunderstuhl (Präsentirteller) sitzen. - Frischbier, 4125. "Auf dem Wunderstuhl sitzen" ist eigentlich ein beliebtes Gesellschaftsspiel. Wunderwerk. * Es ist eins der sieben Wunderwerke der Welt. Wundweh. * Es ist ihm wundweh. - Gotthelf, Wanderungen, 280. Wunn. *1 Es ist ihm wunn und weh. - Stalder, 1862-67, 479. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war wunneweh in Strassburg gebräuchlich, früher auch wimpel, jetzt winde un weh, oder winde-weh; schlecht zu Muthe, körperlich und geistig. *2 Wunn und Weid. (Solothurn.) - Schild, 97, 443. Unter "Wunn und Weid" versteht man das Recht, ein Stück Landes nach Belieben zu nutzen, d. h. es anzusäen und zu ernten (Wunn) oder es zur Weide liegen zu lassen. Einen Hof mit Wunn und Weide verkaufen, heisst, alle angesäeten und alle brachliegenden Felder mit dem zu erntenden, d. i. einzugewinnenden (Wunn) oder mit dem abzuweidenden (Weid) Jahresertrag, käuflich abtreten. (Vgl. Stalder, II, 459.) Wunsch. 1 Aus den Wünschen erkennt man den Mann. Die Aegypter haben das Sprichwort: "Was wünscht der Blinde?" fragte man. "Einen Korb voll Hühner", war die Antwort, wenn er auch nicht sieht, so mag er doch gern stossen. (Burckhardt, 512.) 2 Bliesen die Wünsche wie Winde, dann hätten die Müller es gut. - Altmann VI, 487. Die Wünsche der Menschen sind sehr verschieden. It.: Non e ogni cosa da desiderare a ciascuna.
[Spaltenumbruch] *37 Es ist ein Wunder, wie der goldne Zahn. (Schles.) D. h. also gar keins. In Weigelsdorf, Kreis Reichenbach, unweit Langenbielau, wurde dem Bauer Christoph Müller am 22. December 1586 ein Knabe geboren, der ebenfalls Christoph genannt wurde. Als der Knabe sieben Jahre alt war, entdeckte ein Mönch bei ihm einen Zahn von purem Golde, der auf der linken Seite des Mundes unter den andern Zähnen stand. Im ganzen Lande erregte die Nachricht von diesem Wunder ein grosses Aufsehen. Der Zahn wurde für ein Wunder ausgeschrien, von Fürsten und Herren besehen, von Aerzten und Physikern in gelehrten Abhandlungen untersucht, von Theologen auf Krieg, Blutvergiessen und Theuerung gedeutet, und endlich 1595 als eine gemeine Betrügerei entlarvt. Der Vater des Knaben wurde bestraft, während die Mönche des nahen Klosters, die eigentlichen Anstifter, durch ihre geistliche Würde vor Verfolgung geschützt blieben. (Vgl. Breslauer Erzähler von Fülleborn, 1800, S. 470 und Schles. Provinzialblätter, 1863, S. 426.) *38 Ich hâ ok mei blôscheckig Wunder gesahn hoite. (Schles.) – Frommann, III, 415, 587. *39 Kei Wunder, macht de Hund Plunder, er he der Mueter d' Buchi g'frässe. – Sutermeister, 16. *40 Man sihet den blawen wunder. – Nigrinus, Inquisition, 406. *41 Nid e Wunder sch.eusi Chue Plunder; sie het gester e Bettzieche g'frässe. – Sutermeister, 16. *42 Wunder aus einer Linse machen. – Körte, 7022; Masson, 138. *43 Wunder glauben. – Frischbier, II, 2967. Der glaubt Wunder, was er kann, wie klug er ist. Frz.: Il en fait en relique. (Kritzinger, 597a.) *44 Wunder über Wunder, dass die schwarze Kuh weisse Milch gibt. – Frischbier, 4124. Wenn sich jemand über etwas ganz Gewöhnliches wundert. *45 Wunder über Wunder, ein Kahn mit Löchern geht nicht unter. (Ostpr.) Sprichwörtlicher Räthselwitz. 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In Horgen scherzhafte Antwort auf die Frage: Was hast? Wunderkind. Wunderkinder werden selten Wundermenschen. Das Wunder entflieht, und das Kind bleibt. Wunderkopf. Es gibt mehr Wunderköpfe in der Welt als in keiner Stadt in ganz Frankreich. – Opel, 372. Wunderlich. 1 Sei nicht wunderlich wie Moses, es möchten dir sonst Hörner wachsen. – Mathesy, 62a. 2 'T is wunderlick in de Welt, de êne hett de Büel, de ander 't Geld. – Bueren, 1140. 3 Wer wunderlich ist, den irret eine flieg an der Wand. – Henisch, 1147, 7. Lat.: Aegre solus, si quid fit, fero. (Henisch, 1147, 8.) *4 Is ha wünderlich, su bi ich seltzem. (Schles.) – Palm, 57, 6. Ist er eigensinnig, launenhaft u. s. w., so bin ich's auch. Wunderliche. * Junge Wunderliche mit galen (gelben) Schwänzen. – Schles. Provinzialblätter, 1862, 570. Zur Abweisung neugieriger oder naseweiser Frager. Wunderlikus. * Er ist ein Wunderlikus. (S. Mollikopf.) – Sutermeister, 75. 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*37 Es ist ein Wunder, wie der goldne Zahn. (Schles.)
D. h. also gar keins. In Weigelsdorf, Kreis Reichenbach, unweit Langenbielau, wurde dem Bauer Christoph Müller am 22. December 1586 ein Knabe geboren, der ebenfalls Christoph genannt wurde. Als der Knabe sieben Jahre alt war, entdeckte ein Mönch bei ihm einen Zahn von purem Golde, der auf der linken Seite des Mundes unter den andern Zähnen stand. Im ganzen Lande erregte die Nachricht von diesem Wunder ein grosses Aufsehen. Der Zahn wurde für ein Wunder ausgeschrien, von Fürsten und Herren besehen, von Aerzten und Physikern in gelehrten Abhandlungen untersucht, von Theologen auf Krieg, Blutvergiessen und Theuerung gedeutet, und endlich 1595 als eine gemeine Betrügerei entlarvt. Der Vater des Knaben wurde bestraft, während die Mönche des nahen Klosters, die eigentlichen Anstifter, durch ihre geistliche Würde vor Verfolgung geschützt blieben. (Vgl. Breslauer Erzähler von Fülleborn, 1800, S. 470 und Schles. Provinzialblätter, 1863, S. 426.)
*38 Ich hâ ok mei blôscheckig Wunder gesahn hoite. (Schles.) – Frommann, III, 415, 587.
*39 Kei Wunder, macht de Hund Plunder, er he der Mueter d' Buchi g'frässe. – Sutermeister, 16.
*40 Man sihet den blawen wunder. – Nigrinus, Inquisition, 406.
*41 Nid e Wunder sch.eusi Chue Plunder; sie het gester e Bettzieche g'frässe. – Sutermeister, 16.
*42 Wunder aus einer Linse machen. – Körte, 7022; Masson, 138.
*43 Wunder glauben. – Frischbier, II, 2967.
Der glaubt Wunder, was er kann, wie klug er ist.
Frz.: Il en fait en relique. (Kritzinger, 597a.)
*44 Wunder über Wunder, dass die schwarze Kuh weisse Milch gibt. – Frischbier, 4124.
Wenn sich jemand über etwas ganz Gewöhnliches wundert.
*45 Wunder über Wunder, ein Kahn mit Löchern geht nicht unter. (Ostpr.)
Sprichwörtlicher Räthselwitz. Ein Kahn, in dem sich Frauenzimmer befinden. – Wenn man von einer gewöhnlichen Sache viel Aufhebens macht, sagt eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau: Derzählen nissim (Wunder) iwe. Nifluës (über Wunder), gefallen ün zerschlugen die Nûs (Nase).
Wunder (Adv.).
*1 Er dachte wunder, was für ein Häschen ihn geleckt hätte. – Hermes, II, 51.
*2 Es darf nicht wunder nehmen. – Eiselein, 651.
Lat.: Capit nos admiratio. (Eiselein, 651.)
Wunderbar.
1 Wunnerboar, söä' de Kierl, de F ... hält Woater un hät do' keinen Bodden. – Schlingmann, 809.
2 Wunnerboar, söä' de Kierl, de Oars geiht oahn Klink up on to. – Schlingmann, 808.
3 Wunnerboar, söä' de Kierl, de Trillhoan steiht, un hät do' keine Bên. – Schlingmann, 810.
Wunderfitz.
1 Wunderfitz1 hat de Nase gespitzt. (Schaffhausen.) – Schweiz, II, 168, 53.
1) Der Neugierige.
2 Wunderfitz, häsch 's Näsli g'spitzt, hät doch nüt g'nützt. – Sutermeister, 11.
*3 Wunderfitz und Frägelen. – Birlinger, 1081.
In Horgen scherzhafte Antwort auf die Frage: Was hast?
Wunderkind.
Wunderkinder werden selten Wundermenschen.
Das Wunder entflieht, und das Kind bleibt.
Wunderkopf.
Es gibt mehr Wunderköpfe in der Welt als in keiner Stadt in ganz Frankreich. – Opel, 372.
Wunderlich.
1 Sei nicht wunderlich wie Moses, es möchten dir sonst Hörner wachsen. – Mathesy, 62a.
2 'T is wunderlick in de Welt, de êne hett de Büel, de ander 't Geld. – Bueren, 1140.
3 Wer wunderlich ist, den irret eine flieg an der Wand. – Henisch, 1147, 7.
Lat.: Aegre solus, si quid fit, fero. (Henisch, 1147, 8.)
*4 Is ha wünderlich, su bi ich seltzem. (Schles.) – Palm, 57, 6.
Ist er eigensinnig, launenhaft u. s. w., so bin ich's auch.
Wunderliche.
* Junge Wunderliche mit galen (gelben) Schwänzen. – Schles. Provinzialblätter, 1862, 570.
Zur Abweisung neugieriger oder naseweiser Frager.
Wunderlikus.
* Er ist ein Wunderlikus. (S. Mollikopf.) – Sutermeister, 75.
Wundern.
1 Dat sall mik mal wunnern, wer meinen Hawern koft un behält 'ne. (Braunschweig.)
Es soll mich wundern, wie es kommen wird.
2 Je mehr man sich wundert, je unwissender ist man.
It.: Gran segno dell' ignoranza è la maraviglia.
3 Man soll sich über nichts mehr wundern.
Lat.: Nil admirari. (Egeria, 162.)
4 Man soll sich über nichts wundern, als wenn die Mutter-Gottes Strümpfe stopft.
Frz.: Il ne faut jamais s'étonner, qu'on ne voie ses tripes dans son giron. (Cahier, 1727.)
*5 Es soll mich wundern, wie mich der Junge von der Karre kriegen wird. – Brennecke, 409.
Sagt man, wenn man jemand, besonders den vorschnell Handelnden zu ohnmächtig zur Erreichung seines Zwecks glaubt. So sagte auch ein an Armen und Beinen Verkrüppelter, der bisher von starken Mannspersonen, die ihn, wenn es die Umstände geboten, auf- und abladen konnten, auf einem Karren von einem Ort zum andern gebracht worden war, jetzt aber von einem schwachen Burschen transportirt wurde. Dieser wusste sich jedoch sehr gut zu helfen; denn kaum hatte der Krüppel geäussert, dass er herunter wollte, so fuhr der Bursche auf eine kleine Anhöhe und kippte die Karre um.
*6 Sich wundern, wie eine Gans, wenn sie ein Ei gelegt hat. – Goedeke, Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung, S. 666.
Wunderschön.
1 Wunderschain, segt de Jud. (Mecklenburg.) – Hoefer, 494.
*2 Sie ist wunderschön, wenn sie gewaschen ist.
„Sie müssen ja wunderschön sein, wenn sie gewaschen sind.“ (Eselsfresser, I, 112.)
*3 Wunderschön ist gar nichts (oder: ein Dreck) dagegen. (Breslau.)
Ironisch mit Bezug auf etwas, das schön sein will, aber nicht ist. Auch in Würtemberg üblich.
*4 Wunderschön, ja fast noch schöner!
Ironisch.
Wunderstreit.
Es ist ein Wunderstreit, wenn ein Esel den andern reit't.
Lat.: Est mirum bellum, quod asellus culpat asellum. (Sutor, 46.)
Wunderstuhl.
* Auf dem Wunderstuhl (Präsentirteller) sitzen. – Frischbier, 4125.
„Auf dem Wunderstuhl sitzen“ ist eigentlich ein beliebtes Gesellschaftsspiel.
Wunderwerk.
* Es ist eins der sieben Wunderwerke der Welt.
Wundweh.
* Es ist ihm wundweh. – Gotthelf, Wanderungen, 280.
Wunn.
*1 Es ist ihm wunn und weh. – Stalder, 1862-67, 479.
Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war wunneweh in Strassburg gebräuchlich, früher auch wimpel, jetzt winde un weh, oder winde-weh; schlecht zu Muthe, körperlich und geistig.
*2 Wunn und Weid. (Solothurn.) – Schild, 97, 443.
Unter „Wunn und Weid“ versteht man das Recht, ein Stück Landes nach Belieben zu nutzen, d. h. es anzusäen und zu ernten (Wunn) oder es zur Weide liegen zu lassen. Einen Hof mit Wunn und Weide verkaufen, heisst, alle angesäeten und alle brachliegenden Felder mit dem zu erntenden, d. i. einzugewinnenden (Wunn) oder mit dem abzuweidenden (Weid) Jahresertrag, käuflich abtreten. (Vgl. Stalder, II, 459.)
Wunsch.
1 Aus den Wünschen erkennt man den Mann.
Die Aegypter haben das Sprichwort: „Was wünscht der Blinde?“ fragte man. „Einen Korb voll Hühner“, war die Antwort, wenn er auch nicht sieht, so mag er doch gern stossen. (Burckhardt, 512.)
2 Bliesen die Wünsche wie Winde, dann hätten die Müller es gut. – Altmann VI, 487.
Die Wünsche der Menschen sind sehr verschieden.
It.: Non è ogni cosa da desiderare a ciascuna.
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