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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

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[Spaltenumbruch] 5 Willkür bricht Stadtrecht. - Graf, 24, 256.

Die verschiedenen Rechte legen die Frage nahe, welches derselben der Beurtheilung irgendeines Rechtsgeschäftes zu Grunde zu legen sei. Mit Bezug hierauf spricht das obige mit verwandten Sprichwörtern den Rechtssatz aus, dass zunächst das besondere Uebereinkommen, Gedinge, Gelübde und Willkür mit Ausschluss aller andern Rechte, und wenn der Gegenstand nicht öffentliche, sondern nur die Rechte der Vertragenden betrifft, selbst gegen jedes andere Gesetz, es sei Stadt-, Land- oder gemeines Recht, massgebend sei.

6 Willkür bringt Stadtrecht, Stadtrecht bringt Landrecht, Landrecht bringt gemein Recht. - Eisenhart, 3; Simrock, 11641; Graf, 25, 271; Sailer, 251; Bluntschli, I, 27, 2.

7 Willkür geht über alle Landrechte. - Graf, 24, 259.

Mnd.: Wilkor geit baven alle Landtrechte. (Dittmer, 91.)

8 Willkür wird ein Recht. - Graf, 21, 236.

Rechte und Rechtsformen bildeten sich a) durch Gesetze, b) aus Gewohnheit und c) durch Uebereinkunft zweier oder mehrerer Theile in Bezug auf irgendein Rechtsgeschäft. Diese Uebereinkunft, welche unter den Betheiligten wie ein geschriebenes Gesetz wirkt und oft die beliebte Ordnung eines ganzen Gemeindewesens über seine Rechtsverhältnisse in sich begreift, wird in den Rechtsbüchern durch Willkür bezeichnet. Man hat dabei nicht an das "subjective Belieben", das wir jetzt mit dem Wort zu verbinden pflegen, zu denken, sondern an eine getroffene Wahl, weil das Gute und Rechte erkoren wird.

Mnd.: Wilkor wirt eyn recht. (Daniels, 356, 51.)


Wilna.

1 Wären Wilna und Grodno weg, so wär' Litauen ein Dreck.

Poln.: Gdyby nie Wilno, Grodno, Kowno, toby Litwa byta g ..... (Lipinski, 64.)

2 Wer Wilna nicht gesehen, der hat kein Wunder gesehen.

Behaupten die Slawen: Kdo ve Vilne nebyval, ten divu nevidal. (Celakovsky, 484.)


Weim.

Man weiset wol up 'n Weim, man nich up de Höner. - Schiller, III, 14.


Wimmerl.

* A Wimmerl1 im Hirn haben. (Wien.)

1) Nach M. Höfer, Etym. Wochenbl., III, 297 = Hitzblatter, Auswuchs, Ast. Man sagt auch ein verwimmertes Herz oder Gewissen haben. Die obige Redensart wird meist in dem Sinne gebraucht: etwas verrückt sein. Anderwärts kommt die Redensart vor: Einen Wurm (s. d.) im Kopfe haben.


Wimmern.

* Er wimmert, wie der Jude am Pfahl.


Wimpel.

*1 Dä es we' ne Wimpel om Dag. (Köln.) - Weyden, III, 11.

*2 Es ist weder Wimpel noch Katzenschwanz zu sehen. (Holl.)

Ein Holländer sagt darüber: Nur ein Kriegsschiff hat das Recht, Wimpel zu führen. Der Wimpel ist ein langer schmaler Streifen Segeltuch, von der Farbe der Flagge, darf jedoch einen sogenannten Katzenschwanz wehen lassen, der beinahe einem Wimpel gleicht, aber nicht gesplissen ist. Kauffahrer haben in See nichts am Top, als höchstens die Flagge. Zeigt ein Schiff den Katzenschwanz am Top, dann ist es zweifelhaft, ob es ein Kriegsschiff ist, besonders bei ruhigem Wetter, wenn weder Wimpel noch Katzenschwanz auswehen kann. Ein Kauffahrteischiff täuscht auf diese Weise wol ein oder das andere feindliche Fahrzeug, um zu entschlüpfen. Lässt ein Schiff weder Wimpel noch Katzenschwanz sehen, dann kann es nicht irre leiten.

*3 Ich habe seine Wimpel nicht gesehen. - Tendlau, 569.

Als Antwort auf die Frage, wie alt jemand sei, um zu sagen: Ich weiss es nicht. Von dem jüdischen Gebrauche, jedes Knäblein nach vollendetem ersten Jahre nebst einem für die Umwindung der Gesetzrollen bestimmten langen und schmalen Streifen Linnen, auf welcher Namen und Geburtstag des Kindes, sowie gute Wünsche für dasselbe geschrieben sind, in die Synagoge zu tragen. Die zurückgelassenen Windeln konnten daher zugleich als Kirchenbuch dienen.


Wind.

1 Ander Wind, ander Wetter.

2 As de wind weiet, so rausken de böme. - Lübben.

3 Auch der beste Wind kann's nicht allen Schiffen recht machen. - Altmann VI, 397.

4 Auch der Wind des Zaren reicht nicht hin, die Sonne auszublasen.

[Spaltenumbruch] 5 Aus einem leisen Winde wird oft grosser Sturm.

Die Russen: Der Sturm kündigt sich durch einen Wind an. (Altmann VI, 420.)

Lat.: Turbo coit blando vento vehemens aliquando. (Reuterdahl, 992.)

Schwed.: Saman liggia waedher ok owaedher. (Reuterdahl, 992.)

6 Bei gutem wind ist gut seglen. - Franck, II, 102a; Schottel, 1113b; Eyering, I, 192; Lehmann, 574, 88; Sutor, 124; Simrock, 11647; Körte, 6861; Masson, 156.

Dän.: Godt at segle med god vind. (Prov. dan., 494.)

Frz.: Il est aise de faire voile lorsque le ciel est serein. - Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Masson, 380.)

It.: Ognun sa navigar quando e buon vento. (Masson, 380.)

Lat.: Cum bonis bona est navigatio. (Sutor, 557.) - In tranquillo esse quisque gubernator potest. (Masson, 380.)

7 Bei gutem Winde gibt's keinen schlechten Steuermann.

Frz.: Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Cahier, 1773.)

8 Bei gutem Winde kann man den guten Steuermann nicht erkennen.

Dän.: Naar havet er stille, og veyret til ville kiendes ey en god styremand. (Prov. dan., 535.)

9 Bei gutem Winde soll man an den Sturm gedenken.

Böhm.: Pri dobrem vetru na bouri pamatuj. (Celakovsky, 150.)

10 Bei gutem Winde versteht jeder zu schiffen.

Dän.: Alde ville styre i godt veyr. - Godt at sidde ved styret i stille vand. - I stille veyr ere alde gode sömaend. (Prov. dan., 535.)

It.: Ogn' un sa navigar, quand e buon tempo. (Pazzaglia, 238, 3.)

11 Bei stillem Winde ist gut Hafer säen. - Simrock, 11643.

12 Bei widrigem Winde ist schlimm segeln.

Schwed.: Thz dugher ey at sighla i vgiorth waedher. (Reuterdahl, 1075.)

13 Bläst der Wind am Stephanitag recht, so wird der Wein aufs Jahr recht schlecht. - Prager Kalender, 1877.

14 Boa de Wint hiärküemt van Karfridäch bit Ostern, da blibt (bleibt) hä en Verdeljahr. (Iserlohn.) - Woeste, 60, 44; Firmenich, III, 185, 10; für Waldeck: Curtze, 314, 14.

15 Böhmischer Wind, böhmischer Wind, bitte schön, bitte schön, lass mir meinen Weizen am Berge stehn. - Schles. Provinzialbl., 1871, S. 437.

16 Böse Winde vergehen wider. - Lehmann, 239, 29; Bueren, 403.

17 Da man den Wind nicht nach der Mühle drehen kann, so muss sich die Mühle nach dem Winde drehen. - Altmann VI, 490.

18 Das ist ein böser Wind, der keinem nützt.

It.: Pessimo e quel vento, ch' a nessun e prospero. (Pazzaglia, 397, 2.)

19 Das muss ein böser Wind sein, der einem nichts Gutes herbläst. - Wilh. Raabe (Jak. Corvinus), Der Hungerpastor, Berlin, 1864, I, 233.

20 De Wind, de tegen de Sünn upgeit, 't is'n Wunner, dat he net ewig steit. - Kern, 1269.

Man hat beobachtet, dass der Wind, welcher von Westen nach Norden und von da nach Osten geht, sich dort lange hält.

21 De Wind flüggt mit de Höner to Weim un ok wedder af. - Schiller, III, 15a.

Der Wind, welcher sich am Abend erhebt, legt sich am Morgen.

22 De Wind is Ost, de Wind is West, mein Hüsje steit up't allerbest. - Kern, 1270.

Pflegt der Müller zu sagen.

23 De Wind steit med den Sweinen up un geit med den Sweinen to bedde. - Schambach, II, 627.

Der Wind hebt mit Sonnenaufgang zu wehen an und hört mit Sonnenuntergang wieder auf.

24 De Wind wäjet wol Sneischanzen, awer kene rae (rothe) köppe (dicke Büke). (Hannover.) - Schambach, I, 243.

25 De Wind wegget (wehet) wuel Schnaihäupe bi ene (bei einen = zusammen), man verwoahr

[Spaltenumbruch] 5 Willkür bricht Stadtrecht.Graf, 24, 256.

Die verschiedenen Rechte legen die Frage nahe, welches derselben der Beurtheilung irgendeines Rechtsgeschäftes zu Grunde zu legen sei. Mit Bezug hierauf spricht das obige mit verwandten Sprichwörtern den Rechtssatz aus, dass zunächst das besondere Uebereinkommen, Gedinge, Gelübde und Willkür mit Ausschluss aller andern Rechte, und wenn der Gegenstand nicht öffentliche, sondern nur die Rechte der Vertragenden betrifft, selbst gegen jedes andere Gesetz, es sei Stadt-, Land- oder gemeines Recht, massgebend sei.

6 Willkür bringt Stadtrecht, Stadtrecht bringt Landrecht, Landrecht bringt gemein Recht.Eisenhart, 3; Simrock, 11641; Graf, 25, 271; Sailer, 251; Bluntschli, I, 27, 2.

7 Willkür geht über alle Landrechte.Graf, 24, 259.

Mnd.: Wilkor geit baven alle Landtrechte. (Dittmer, 91.)

8 Willkür wird ein Recht.Graf, 21, 236.

Rechte und Rechtsformen bildeten sich a) durch Gesetze, b) aus Gewohnheit und c) durch Uebereinkunft zweier oder mehrerer Theile in Bezug auf irgendein Rechtsgeschäft. Diese Uebereinkunft, welche unter den Betheiligten wie ein geschriebenes Gesetz wirkt und oft die beliebte Ordnung eines ganzen Gemeindewesens über seine Rechtsverhältnisse in sich begreift, wird in den Rechtsbüchern durch Willkür bezeichnet. Man hat dabei nicht an das „subjective Belieben“, das wir jetzt mit dem Wort zu verbinden pflegen, zu denken, sondern an eine getroffene Wahl, weil das Gute und Rechte erkoren wird.

Mnd.: Wilkor wirt eyn recht. (Daniels, 356, 51.)


Wilna.

1 Wären Wilna und Grodno weg, so wär' Litauen ein Dreck.

Poln.: Gdyby nie Wilno, Grodno, Kowno, toby Litwa byta g ..... (Lipinski, 64.)

2 Wer Wilna nicht gesehen, der hat kein Wunder gesehen.

Behaupten die Slawen: Kdo ve Vilnĕ nebýval, ten divu nevídal. (Čelakovsky, 484.)


Wîm.

Man wîset wol up 'n Wîm, man nich up de Höner.Schiller, III, 14.


Wimmerl.

* A Wimmerl1 im Hirn haben. (Wien.)

1) Nach M. Höfer, Etym. Wochenbl., III, 297 = Hitzblatter, Auswuchs, Ast. Man sagt auch ein verwimmertes Herz oder Gewissen haben. Die obige Redensart wird meist in dem Sinne gebraucht: etwas verrückt sein. Anderwärts kommt die Redensart vor: Einen Wurm (s. d.) im Kopfe haben.


Wimmern.

* Er wimmert, wie der Jude am Pfahl.


Wimpel.

*1 Dä es we' ne Wimpel om Dag. (Köln.) – Weyden, III, 11.

*2 Es ist weder Wimpel noch Katzenschwanz zu sehen. (Holl.)

Ein Holländer sagt darüber: Nur ein Kriegsschiff hat das Recht, Wimpel zu führen. Der Wimpel ist ein langer schmaler Streifen Segeltuch, von der Farbe der Flagge, darf jedoch einen sogenannten Katzenschwanz wehen lassen, der beinahe einem Wimpel gleicht, aber nicht gesplissen ist. Kauffahrer haben in See nichts am Top, als höchstens die Flagge. Zeigt ein Schiff den Katzenschwanz am Top, dann ist es zweifelhaft, ob es ein Kriegsschiff ist, besonders bei ruhigem Wetter, wenn weder Wimpel noch Katzenschwanz auswehen kann. Ein Kauffahrteischiff täuscht auf diese Weise wol ein oder das andere feindliche Fahrzeug, um zu entschlüpfen. Lässt ein Schiff weder Wimpel noch Katzenschwanz sehen, dann kann es nicht irre leiten.

*3 Ich habe seine Wimpel nicht gesehen.Tendlau, 569.

Als Antwort auf die Frage, wie alt jemand sei, um zu sagen: Ich weiss es nicht. Von dem jüdischen Gebrauche, jedes Knäblein nach vollendetem ersten Jahre nebst einem für die Umwindung der Gesetzrollen bestimmten langen und schmalen Streifen Linnen, auf welcher Namen und Geburtstag des Kindes, sowie gute Wünsche für dasselbe geschrieben sind, in die Synagoge zu tragen. Die zurückgelassenen Windeln konnten daher zugleich als Kirchenbuch dienen.


Wind.

1 Ander Wind, ander Wetter.

2 As de wind weiet, so rûsken de böme.Lübben.

3 Auch der beste Wind kann's nicht allen Schiffen recht machen.Altmann VI, 397.

4 Auch der Wind des Zaren reicht nicht hin, die Sonne auszublasen.

[Spaltenumbruch] 5 Aus einem leisen Winde wird oft grosser Sturm.

Die Russen: Der Sturm kündigt sich durch einen Wind an. (Altmann VI, 420.)

Lat.: Turbo coit blando vento vehemens aliquando. (Reuterdahl, 992.)

Schwed.: Saman liggia waedher ok owaedher. (Reuterdahl, 992.)

6 Bei gutem wind ist gut seglen.Franck, II, 102a; Schottel, 1113b; Eyering, I, 192; Lehmann, 574, 88; Sutor, 124; Simrock, 11647; Körte, 6861; Masson, 156.

Dän.: Godt at segle med god vind. (Prov. dan., 494.)

Frz.: Il est aisé de faire voile lorsque le ciel est serein. – Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Masson, 380.)

It.: Ognun sa navigar quando è buon vento. (Masson, 380.)

Lat.: Cum bonis bona est navigatio. (Sutor, 557.) – In tranquillo esse quisque gubernator potest. (Masson, 380.)

7 Bei gutem Winde gibt's keinen schlechten Steuermann.

Frz.: Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Cahier, 1773.)

8 Bei gutem Winde kann man den guten Steuermann nicht erkennen.

Dän.: Naar havet er stille, og veyret til ville kiendes ey en god styremand. (Prov. dan., 535.)

9 Bei gutem Winde soll man an den Sturm gedenken.

Böhm.: Při dobrém vĕtru na bouři pamatuj. (Čelakovsky, 150.)

10 Bei gutem Winde versteht jeder zu schiffen.

Dän.: Alde ville styre i godt veyr. – Godt at sidde ved styret i stille vand. – I stille veyr ere alde gode sømaend. (Prov. dan., 535.)

It.: Ogn' un sà navigar, quand è buon tempo. (Pazzaglia, 238, 3.)

11 Bei stillem Winde ist gut Hafer säen.Simrock, 11643.

12 Bei widrigem Winde ist schlimm segeln.

Schwed.: Thz dugher ey at sighla i vgiorth waedher. (Reuterdahl, 1075.)

13 Bläst der Wind am Stephanitag recht, so wird der Wein aufs Jahr recht schlecht.Prager Kalender, 1877.

14 Boa de Wint hiärküemt van Karfridäch bit Ostern, da blibt (bleibt) hä en Verdeljahr. (Iserlohn.) – Woeste, 60, 44; Firmenich, III, 185, 10; für Waldeck: Curtze, 314, 14.

15 Böhmischer Wind, böhmischer Wind, bitte schön, bitte schön, lass mir meinen Weizen am Berge stehn.Schles. Provinzialbl., 1871, S. 437.

16 Böse Winde vergehen wider.Lehmann, 239, 29; Bueren, 403.

17 Da man den Wind nicht nach der Mühle drehen kann, so muss sich die Mühle nach dem Winde drehen.Altmann VI, 490.

18 Das ist ein böser Wind, der keinem nützt.

It.: Pessimo è quel vento, ch' a nessun è prospero. (Pazzaglia, 397, 2.)

19 Das muss ein böser Wind sein, der einem nichts Gutes herbläst.Wilh. Raabe (Jak. Corvinus), Der Hungerpastor, Berlin, 1864, I, 233.

20 De Wind, de tegen de Sünn upgeit, 't is'n Wunner, dat he nêt ewig steit.Kern, 1269.

Man hat beobachtet, dass der Wind, welcher von Westen nach Norden und von da nach Osten geht, sich dort lange hält.

21 De Wind flüggt mit de Höner to Wîm un ôk wedder af.Schiller, III, 15a.

Der Wind, welcher sich am Abend erhebt, legt sich am Morgen.

22 De Wind is Ost, de Wind is West, mîn Hüsje steit up't allerbest.Kern, 1270.

Pflegt der Müller zu sagen.

23 De Wind steit med den Swînen up un geit med den Swînen to bedde.Schambach, II, 627.

Der Wind hebt mit Sonnenaufgang zu wehen an und hört mit Sonnenuntergang wieder auf.

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[[124]/0136] 5 Willkür bricht Stadtrecht. – Graf, 24, 256. Die verschiedenen Rechte legen die Frage nahe, welches derselben der Beurtheilung irgendeines Rechtsgeschäftes zu Grunde zu legen sei. Mit Bezug hierauf spricht das obige mit verwandten Sprichwörtern den Rechtssatz aus, dass zunächst das besondere Uebereinkommen, Gedinge, Gelübde und Willkür mit Ausschluss aller andern Rechte, und wenn der Gegenstand nicht öffentliche, sondern nur die Rechte der Vertragenden betrifft, selbst gegen jedes andere Gesetz, es sei Stadt-, Land- oder gemeines Recht, massgebend sei. 6 Willkür bringt Stadtrecht, Stadtrecht bringt Landrecht, Landrecht bringt gemein Recht. – Eisenhart, 3; Simrock, 11641; Graf, 25, 271; Sailer, 251; Bluntschli, I, 27, 2. 7 Willkür geht über alle Landrechte. – Graf, 24, 259. Mnd.: Wilkor geit baven alle Landtrechte. (Dittmer, 91.) 8 Willkür wird ein Recht. – Graf, 21, 236. Rechte und Rechtsformen bildeten sich a) durch Gesetze, b) aus Gewohnheit und c) durch Uebereinkunft zweier oder mehrerer Theile in Bezug auf irgendein Rechtsgeschäft. Diese Uebereinkunft, welche unter den Betheiligten wie ein geschriebenes Gesetz wirkt und oft die beliebte Ordnung eines ganzen Gemeindewesens über seine Rechtsverhältnisse in sich begreift, wird in den Rechtsbüchern durch Willkür bezeichnet. Man hat dabei nicht an das „subjective Belieben“, das wir jetzt mit dem Wort zu verbinden pflegen, zu denken, sondern an eine getroffene Wahl, weil das Gute und Rechte erkoren wird. Mnd.: Wilkor wirt eyn recht. (Daniels, 356, 51.) Wilna. 1 Wären Wilna und Grodno weg, so wär' Litauen ein Dreck. Poln.: Gdyby nie Wilno, Grodno, Kowno, toby Litwa byta g ..... (Lipinski, 64.) 2 Wer Wilna nicht gesehen, der hat kein Wunder gesehen. Behaupten die Slawen: Kdo ve Vilnĕ nebýval, ten divu nevídal. (Čelakovsky, 484.) Wîm. Man wîset wol up 'n Wîm, man nich up de Höner. – Schiller, III, 14. Wimmerl. * A Wimmerl1 im Hirn haben. (Wien.) 1) Nach M. Höfer, Etym. Wochenbl., III, 297 = Hitzblatter, Auswuchs, Ast. Man sagt auch ein verwimmertes Herz oder Gewissen haben. Die obige Redensart wird meist in dem Sinne gebraucht: etwas verrückt sein. Anderwärts kommt die Redensart vor: Einen Wurm (s. d.) im Kopfe haben. Wimmern. * Er wimmert, wie der Jude am Pfahl. Wimpel. *1 Dä es we' ne Wimpel om Dag. (Köln.) – Weyden, III, 11. *2 Es ist weder Wimpel noch Katzenschwanz zu sehen. (Holl.) Ein Holländer sagt darüber: Nur ein Kriegsschiff hat das Recht, Wimpel zu führen. Der Wimpel ist ein langer schmaler Streifen Segeltuch, von der Farbe der Flagge, darf jedoch einen sogenannten Katzenschwanz wehen lassen, der beinahe einem Wimpel gleicht, aber nicht gesplissen ist. Kauffahrer haben in See nichts am Top, als höchstens die Flagge. Zeigt ein Schiff den Katzenschwanz am Top, dann ist es zweifelhaft, ob es ein Kriegsschiff ist, besonders bei ruhigem Wetter, wenn weder Wimpel noch Katzenschwanz auswehen kann. Ein Kauffahrteischiff täuscht auf diese Weise wol ein oder das andere feindliche Fahrzeug, um zu entschlüpfen. Lässt ein Schiff weder Wimpel noch Katzenschwanz sehen, dann kann es nicht irre leiten. *3 Ich habe seine Wimpel nicht gesehen. – Tendlau, 569. Als Antwort auf die Frage, wie alt jemand sei, um zu sagen: Ich weiss es nicht. Von dem jüdischen Gebrauche, jedes Knäblein nach vollendetem ersten Jahre nebst einem für die Umwindung der Gesetzrollen bestimmten langen und schmalen Streifen Linnen, auf welcher Namen und Geburtstag des Kindes, sowie gute Wünsche für dasselbe geschrieben sind, in die Synagoge zu tragen. Die zurückgelassenen Windeln konnten daher zugleich als Kirchenbuch dienen. Wind. 1 Ander Wind, ander Wetter. 2 As de wind weiet, so rûsken de böme. – Lübben. 3 Auch der beste Wind kann's nicht allen Schiffen recht machen. – Altmann VI, 397. 4 Auch der Wind des Zaren reicht nicht hin, die Sonne auszublasen. 5 Aus einem leisen Winde wird oft grosser Sturm. Die Russen: Der Sturm kündigt sich durch einen Wind an. (Altmann VI, 420.) Lat.: Turbo coit blando vento vehemens aliquando. (Reuterdahl, 992.) Schwed.: Saman liggia waedher ok owaedher. (Reuterdahl, 992.) 6 Bei gutem wind ist gut seglen. – Franck, II, 102a; Schottel, 1113b; Eyering, I, 192; Lehmann, 574, 88; Sutor, 124; Simrock, 11647; Körte, 6861; Masson, 156. Dän.: Godt at segle med god vind. (Prov. dan., 494.) Frz.: Il est aisé de faire voile lorsque le ciel est serein. – Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Masson, 380.) It.: Ognun sa navigar quando è buon vento. (Masson, 380.) Lat.: Cum bonis bona est navigatio. (Sutor, 557.) – In tranquillo esse quisque gubernator potest. (Masson, 380.) 7 Bei gutem Winde gibt's keinen schlechten Steuermann. Frz.: Il n'y a pas de mauvais pilote quand le vent est bon. (Cahier, 1773.) 8 Bei gutem Winde kann man den guten Steuermann nicht erkennen. Dän.: Naar havet er stille, og veyret til ville kiendes ey en god styremand. (Prov. dan., 535.) 9 Bei gutem Winde soll man an den Sturm gedenken. Böhm.: Při dobrém vĕtru na bouři pamatuj. (Čelakovsky, 150.) 10 Bei gutem Winde versteht jeder zu schiffen. Dän.: Alde ville styre i godt veyr. – Godt at sidde ved styret i stille vand. – I stille veyr ere alde gode sømaend. (Prov. dan., 535.) It.: Ogn' un sà navigar, quand è buon tempo. (Pazzaglia, 238, 3.) 11 Bei stillem Winde ist gut Hafer säen. – Simrock, 11643. 12 Bei widrigem Winde ist schlimm segeln. Schwed.: Thz dugher ey at sighla i vgiorth waedher. (Reuterdahl, 1075.) 13 Bläst der Wind am Stephanitag recht, so wird der Wein aufs Jahr recht schlecht. – Prager Kalender, 1877. 14 Boa de Wint hiärküemt van Karfridäch bit Ostern, da blibt (bleibt) hä en Verdeljahr. (Iserlohn.) – Woeste, 60, 44; Firmenich, III, 185, 10; für Waldeck: Curtze, 314, 14. 15 Böhmischer Wind, böhmischer Wind, bitte schön, bitte schön, lass mir meinen Weizen am Berge stehn. – Schles. Provinzialbl., 1871, S. 437. 16 Böse Winde vergehen wider. – Lehmann, 239, 29; Bueren, 403. 17 Da man den Wind nicht nach der Mühle drehen kann, so muss sich die Mühle nach dem Winde drehen. – Altmann VI, 490. 18 Das ist ein böser Wind, der keinem nützt. It.: Pessimo è quel vento, ch' a nessun è prospero. (Pazzaglia, 397, 2.) 19 Das muss ein böser Wind sein, der einem nichts Gutes herbläst. – Wilh. Raabe (Jak. Corvinus), Der Hungerpastor, Berlin, 1864, I, 233. 20 De Wind, de tegen de Sünn upgeit, 't is'n Wunner, dat he nêt ewig steit. – Kern, 1269. Man hat beobachtet, dass der Wind, welcher von Westen nach Norden und von da nach Osten geht, sich dort lange hält. 21 De Wind flüggt mit de Höner to Wîm un ôk wedder af. – Schiller, III, 15a. Der Wind, welcher sich am Abend erhebt, legt sich am Morgen. 22 De Wind is Ost, de Wind is West, mîn Hüsje steit up't allerbest. – Kern, 1270. Pflegt der Müller zu sagen. 23 De Wind steit med den Swînen up un geit med den Swînen to bedde. – Schambach, II, 627. Der Wind hebt mit Sonnenaufgang zu wehen an und hört mit Sonnenuntergang wieder auf. 24 De Wind wäjet wol Sneischanzen, âwer kene râe (rothe) köppe (dicke Büke). (Hannover.) – Schambach, I, 243. 25 De Wind wegget (wehet) wuel Schnaihäupe bi êne (bei einen = zusammen), man verwoahr

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. [124]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/136>, abgerufen am 21.11.2024.