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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] sie eben beschäftigt war. "Dat is gaud", sagte er, "Nikkoppers (s. d.) gäven niks", und fuhr in seinem Probegang unbeirrt fort. Alles ging ihm nach Wunsch; jedes Vieh senkte das Haupt vor dem Klingelbeutel. In der letzten Abtheilung des Stalles stand aber ein Bulle; als diesem der Zipfel vorgehalten wurde, warf er den Kopf in die Höhe und fing zu brummen an. Schnell zog der neue Kirchenälteste den Beutel zurück und sprach besänftigend: "I denn, de nich will, hövet ja ök nich göver." (Ostfries. Jahrbuch, I, 44.)

5 Das ist unruhig Volk, sagte der Bauer, der einen Wagen Frösche lud; wenn ich einen hinauf bringe, springt der andere wieder herunter.

Holl.: Dat zijn mij maatjes, zei de boer, en hij laadete kikvorschen; als ik den eenen erop hob, springt de andere eraf. (Harrebomee, I, 69.)

6 Das volck gemein spricht vberal, das man kein buben ölen sol.

Lat.: Nullus inungatur nebulo, plebs undique fatur. (Loci comm., 143.)

7 Das Volk fordert von einem Fürsten viel.

Lat.: Majora populus semper a summo exigit. (Philippi, I, 236.)

8 Das Volk ist eine Kugel, die sich nach allen Richtungen wenden lässt. - Witzfunken, IVb, 183.

Der Musenalmanach vom Jahre 1847 enthält folgende Selbstschilderung des Volks. "Ich thue alles und bin doch nichts, ich thue das Böse wie das Gute. Wenn ich befehle, so gehorche ich. Ich gebe mehr als ich empfange. In meinem Namen wird das Gesetz gemacht; und schlag' ich zu, so schlag' ich auf mich selbst." (Je fais tout, et je ne suis rien; je fais le mal, je fais le bien. J'obeis toujours, quand j'ordonne; je recois moins que je ne donne; en mon nom on ne fait la loi, et quand je frappe, c'est sur moi.) (Kornmann, III, 9.)

9 Das Volk ist eine Wetterfahne.

Nach Kornmann (III, 8) schildert Cicero das Volk so: "Das Volk kennt keine Berathung, es sieht auf keine Gründe, es weiss weder einen Unterschied: zu machen, noch lässt es sich die Dinge angelegen sein. Nach Dünkel urtheilt es in den meisten Fällen, nach Rechtschaffenheit in den wenigsten." (Carens consilio, ratione discrimine, diligentia ex opinione multa, ex virtute pauca judicans.) Aehnliche Schilderungen finden sich in: Curtius, Livius, Sallust, Seneca, Tacitus u. a.

Lat.: Mobile mutatur semper cum principe vulgus. (Chaos, 269.)

10 Das Volk ist nie ärger, als wenn es im Ueberfluss ist.

Lat.: Chorea est circulus, cujus centrum est diabolus. (Sutor, 294.)

11 Das Volk ist wie der Fürst.

12 Das Volk muss immer einen Juden haben, den es brät.

13 Das Volk ruft heute Hosianna und morgen Kreuzige.

Lat.: Populus mutatur ad horam quamlibet, et stabilem nescit habere fidem. (Binder II, 2610.) - Scinditur incertum studia in contraria vulgus. (Virgil.) (Binder I, 1596; II, 3042; Philippi, II, 170; Seybold, 542; Fischer, 207, 33.)

14 Das Volk weiss mehr als zehn Gelehrte.

Dän.: Almuen veed som tree vide. (Prov. dan., 26.)

15 Das Volk will betrogen sein.

Holl.: Het volk wil betrogen zijn. (Harrebomee, II, 402b.)

16 Dat öss doll Volk, seggt de Diewel, on heft e ganze Sack voll Katte. - Frischbier2, 3737.

17 Des Volkes Hass, ein schneidend Glas; Volkes Gunst, ein blauer Dunst.

18 Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme. - Graf, 529, 351.

Ein Grieche sagte: "Achte nicht auf das, was dem Volke gefällt, es entscheidet durch Schreien, nicht durch vernünftige Wahl. Vitate, quaecunque vulgo placent; clamore decernunt non calculo." (Thucydides.) Und Herodot: "Das Volk geht nicht mit Bedacht zu Werke, es fällt wie der Waldstrom darein."

19 Des Volkes Stimme verachte nie; du bist nur einer, viele sind sie. - Eiselein, 622.

20 Dess folks lychtfertigkeit kümpt vss der prister bosheit. - Hug, 3; Graf, 535, 8.

21 Ein kleines Volk von fünfhundert Mann zehrt im Winter mehr als ein Volk von fünftausend Mann. - Oekonom. Weisheit, 116.

Es sind Bienenvölker gemeint. Der Grund liegt nahe; ein kleines Volk muss fressen, um sich gegen Kälte zu schützen, ein grösseres oder starkes hat es nicht nothwendig, weil es infolge der Menge warm sitzt und daher die Kälte nicht fühlt.

[Spaltenumbruch] 22 Ein Volk, auf gute Sitten nur bedacht, nimmt die Gesetze auch in Acht.

23 Ein Volk, das den Tod mehr als das Elend fürchtet, ist verloren. - Cibot, 178.

24 Ein Volk, Ein Reich, Ein Wappen; helf uns Gott, so soll es klappen.

Abg. Günther in der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. Sept. 1867.

25 Ein Volk lässt sich leichter heerdenweise als einzeln treiben.

Nach Kornmann (V, 210) rührt dies Wort von Cato her.

26 Einem ganzen Volke kann man 's Maul nicht stopfen (verkleben).

Dän.: Man kand ei binde for folke-munde; de maa sige hvad de ville. (Prov. dan., 71.)

27 Einem närrischen Volke gehören besessene Priester.

28 Eines freien Volkes beste Cautel ist, keinem Tyrannen zu glauben. - Opel, 383.

29 Eines treuen Volkes Fürst braucht keiner Schutzwache.

It.: Popolo sicuro non bisogna muro.

30 Es geht wunderlich Volk in die Kirche.

31 Es git keis nitnützigeres Volch als 's Mannevolch und 's Wiibervolch. - Sutermeister, 111.

32 Es ist kein Volck, das lieber Ehr hat, dann Hurer vnd Buben, vnd weniger darnach stellt. - Lehmann, II, 144, 191; Henisch, 815, 39.

33 Es ist keyn volck, das jm selbs mehr leugt, dann buler vnd schuler. - Franck, I, 64b.

34 Es ist keyn volck, das weniger gäst hat, dann wirt oder gastgeber. - Franck, I, 89a; Henisch, 1370, 8; Egenolff, 348a.

35 Es muss offt ein gantzes Volk eines einigen Mannes entgelten.

Lat.: Unius peccata viri populus luit omnis. (Sutor, 185.)

36 Frei Volk, freie Rede.

Dän.: Frit folk, frit snak. (Prov. dan., 200.)

Schwed.: Frit folk, frit snak. (Grubb, 216.)

37 Heraus mit dem Volke, sagte der Schiffer, als er eine Heerde Schweine auslud.

Holl.: Uit de schuit met zulk volk, ze zouden mijne vracht bederven, zei schipper Louwe, en hij had eene partij varkens scheep. (Harrebomee, II, 403a.)

38 Ist das ein widerspenstig Volk, sagte der Teufel, als er Frösche geladen, die von der andern Seite heruntersprangen, wenn er sie auf der einen hinaufthat.

39 Jedes Volk hat seine Lieder.

40 Jung Volk mot nich mit ole Lü in ene Rege sitten. - Weserzeitung, 4057.

41 Lass dich nit an das gemein volck, dann es bleibt nit. - Geiler, Postille, 64a.

42 Lass jedem Volke seinen Brauch und behalte deinen auch.

Dän.: Lad Tyrken spadsere, Indianer dandse, Morer faste, Engelske aede, Tydsken drikke, Nederlaender spye, Spanier aaderlade, Fransken purgere, Italiener sove til middag, vaer du dit kalt. (Prov. dan., 370.)

43 Mei goe Volk is 't goe dwaen, sei de Koster, in teach ums ljeawe Frau de Roak uwt. (Westfr.)

Mit gutem Volk, guten Leuten ist gut verkehren, sagte der Küster, und zog Unserer Lieben Frau den Rock aus.

44 Mit god Volk is god don, säd' de Köster, dar tröck he unse lewe Frau den Rock aut. (Hamburg.) - Hoefer, 630.

45 Schlechtes Volk lässt den Acker nicht grün werden.

Lat.: Agros cum cerere vetat impia turba virere. (Reuterdahl, 29.)

Schwed.: Ondhe maen arom (Aarynghe) spilla. (Reuterdahl, 29.)

46 Sieh dein Volk an, o Herr, es sind lauter Zigeuner. - Frischbier2, 3936.

47 Solch Volck muss ein solchen Pfaffen haben. - Gruter, III, 82; Lehmann, II, 578, 89; Zinkgref, IV, 249.

Schergen und Henker.

Lat.: Mali laici, mali clerici. (Berthold.) (Zingerle, 86.)

[Spaltenumbruch] sie eben beschäftigt war. „Dat is gaud“, sagte er, „Nikkoppers (s. d.) gäven niks“, und fuhr in seinem Probegang unbeirrt fort. Alles ging ihm nach Wunsch; jedes Vieh senkte das Haupt vor dem Klingelbeutel. In der letzten Abtheilung des Stalles stand aber ein Bulle; als diesem der Zipfel vorgehalten wurde, warf er den Kopf in die Höhe und fing zu brummen an. Schnell zog der neue Kirchenälteste den Beutel zurück und sprach besänftigend: „I denn, de nich will, hövet ja ök nich göver.“ (Ostfries. Jahrbuch, I, 44.)

5 Das ist unruhig Volk, sagte der Bauer, der einen Wagen Frösche lud; wenn ich einen hinauf bringe, springt der andere wieder herunter.

Holl.: Dat zijn mij maatjes, zei de boer, en hij laadete kikvorschen; als ik den eenen erop hob, springt de andere eraf. (Harrebomée, I, 69.)

6 Das volck gemein spricht vberal, das man kein buben ölen sol.

Lat.: Nullus inungatur nebulo, plebs undique fatur. (Loci comm., 143.)

7 Das Volk fordert von einem Fürsten viel.

Lat.: Majora populus semper a summo exigit. (Philippi, I, 236.)

8 Das Volk ist eine Kugel, die sich nach allen Richtungen wenden lässt.Witzfunken, IVb, 183.

Der Musenalmanach vom Jahre 1847 enthält folgende Selbstschilderung des Volks. „Ich thue alles und bin doch nichts, ich thue das Böse wie das Gute. Wenn ich befehle, so gehorche ich. Ich gebe mehr als ich empfange. In meinem Namen wird das Gesetz gemacht; und schlag' ich zu, so schlag' ich auf mich selbst.“ (Je fais tout, et je ne suis rien; je fais le mal, je fais le bien. J'obéis toujours, quand j'ordonne; je reçois moins que je ne donne; en mon nom on ne fait la loi, et quand je frappe, c'est sur moi.) (Kornmann, III, 9.)

9 Das Volk ist eine Wetterfahne.

Nach Kornmann (III, 8) schildert Cicero das Volk so: „Das Volk kennt keine Berathung, es sieht auf keine Gründe, es weiss weder einen Unterschied: zu machen, noch lässt es sich die Dinge angelegen sein. Nach Dünkel urtheilt es in den meisten Fällen, nach Rechtschaffenheit in den wenigsten.“ (Carens consilio, ratione discrimine, diligentia ex opinione multa, ex virtute pauca judicans.) Aehnliche Schilderungen finden sich in: Curtius, Livius, Sallust, Seneca, Tacitus u. a.

Lat.: Mobile mutatur semper cum principe vulgus. (Chaos, 269.)

10 Das Volk ist nie ärger, als wenn es im Ueberfluss ist.

Lat.: Chorea est circulus, cujus centrum est diabolus. (Sutor, 294.)

11 Das Volk ist wie der Fürst.

12 Das Volk muss immer einen Juden haben, den es brät.

13 Das Volk ruft heute Hosianna und morgen Kreuzige.

Lat.: Populus mutatur ad horam quamlibet, et stabilem nescit habere fidem. (Binder II, 2610.) – Scinditur incertum studia in contraria vulgus. (Virgil.) (Binder I, 1596; II, 3042; Philippi, II, 170; Seybold, 542; Fischer, 207, 33.)

14 Das Volk weiss mehr als zehn Gelehrte.

Dän.: Almuen veed som tree vide. (Prov. dan., 26.)

15 Das Volk will betrogen sein.

Holl.: Het volk wil betrogen zijn. (Harrebomée, II, 402b.)

16 Dat öss doll Volk, seggt de Diewel, on heft e ganze Sack voll Katte.Frischbier2, 3737.

17 Des Volkes Hass, ein schneidend Glas; Volkes Gunst, ein blauer Dunst.

18 Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme.Graf, 529, 351.

Ein Grieche sagte: „Achte nicht auf das, was dem Volke gefällt, es entscheidet durch Schreien, nicht durch vernünftige Wahl. Vitate, quaecunque vulgo placent; clamore decernunt non calculo.“ (Thucydides.) Und Herodot: „Das Volk geht nicht mit Bedacht zu Werke, es fällt wie der Waldstrom darein.“

19 Des Volkes Stimme verachte nie; du bist nur einer, viele sind sie.Eiselein, 622.

20 Dess folks lychtfertigkeit kümpt vss der prister bosheit.Hug, 3; Graf, 535, 8.

21 Ein kleines Volk von fünfhundert Mann zehrt im Winter mehr als ein Volk von fünftausend Mann.Oekonom. Weisheit, 116.

Es sind Bienenvölker gemeint. Der Grund liegt nahe; ein kleines Volk muss fressen, um sich gegen Kälte zu schützen, ein grösseres oder starkes hat es nicht nothwendig, weil es infolge der Menge warm sitzt und daher die Kälte nicht fühlt.

[Spaltenumbruch] 22 Ein Volk, auf gute Sitten nur bedacht, nimmt die Gesetze auch in Acht.

23 Ein Volk, das den Tod mehr als das Elend fürchtet, ist verloren.Cibot, 178.

24 Ein Volk, Ein Reich, Ein Wappen; helf uns Gott, so soll es klappen.

Abg. Günther in der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. Sept. 1867.

25 Ein Volk lässt sich leichter heerdenweise als einzeln treiben.

Nach Kornmann (V, 210) rührt dies Wort von Cato her.

26 Einem ganzen Volke kann man 's Maul nicht stopfen (verkleben).

Dän.: Man kand ei binde for folke-munde; de maa sige hvad de ville. (Prov. dan., 71.)

27 Einem närrischen Volke gehören besessene Priester.

28 Eines freien Volkes beste Cautel ist, keinem Tyrannen zu glauben.Opel, 383.

29 Eines treuen Volkes Fürst braucht keiner Schutzwache.

It.: Popolo sicuro non bisogna muro.

30 Es geht wunderlich Volk in die Kirche.

31 Es git keis nitnützigeres Volch als 's Mannevolch und 's Wiibervolch.Sutermeister, 111.

32 Es ist kein Volck, das lieber Ehr hat, dann Hurer vnd Buben, vnd weniger darnach stellt.Lehmann, II, 144, 191; Henisch, 815, 39.

33 Es ist keyn volck, das jm selbs mehr leugt, dann buler vnd schuler.Franck, I, 64b.

34 Es ist keyn volck, das weniger gäst hat, dann wirt oder gastgeber.Franck, I, 89a; Henisch, 1370, 8; Egenolff, 348a.

35 Es muss offt ein gantzes Volk eines einigen Mannes entgelten.

Lat.: Unius peccata viri populus luit omnis. (Sutor, 185.)

36 Frei Volk, freie Rede.

Dän.: Frit folk, frit snak. (Prov. dan., 200.)

Schwed.: Frit folk, frit snak. (Grubb, 216.)

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38 Ist das ein widerspenstig Volk, sagte der Teufel, als er Frösche geladen, die von der andern Seite heruntersprangen, wenn er sie auf der einen hinaufthat.

39 Jedes Volk hat seine Lieder.

40 Jung Volk môt nich mit ôle Lü in êne Rêge sitten.Weserzeitung, 4057.

41 Lass dich nit an das gemein volck, dann es bleibt nit.Geiler, Postille, 64a.

42 Lass jedem Volke seinen Brauch und behalte deinen auch.

Dän.: Lad Tyrken spadsere, Indianer dandse, Morer faste, Engelske æde, Tydsken drikke, Nederlænder spye, Spanier aaderlade, Fransken purgere, Italiener sove til middag, vær du dit kalt. (Prov. dan., 370.)

43 Mei goe Volk is 't goe dwaen, sei de Koster, in teach ums ljeawe Frau de Roak uwt. (Westfr.)

Mit gutem Volk, guten Leuten ist gut verkehren, sagte der Küster, und zog Unserer Lieben Frau den Rock aus.

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45 Schlechtes Volk lässt den Acker nicht grün werden.

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Schwed.: Ondhe maen arom (Aarynghe) spilla. (Reuterdahl, 29.)

46 Sieh dein Volk an, o Herr, es sind lauter Zigeuner.Frischbier2, 3936.

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[[839]/0845] sie eben beschäftigt war. „Dat is gaud“, sagte er, „Nikkoppers (s. d.) gäven niks“, und fuhr in seinem Probegang unbeirrt fort. Alles ging ihm nach Wunsch; jedes Vieh senkte das Haupt vor dem Klingelbeutel. In der letzten Abtheilung des Stalles stand aber ein Bulle; als diesem der Zipfel vorgehalten wurde, warf er den Kopf in die Höhe und fing zu brummen an. Schnell zog der neue Kirchenälteste den Beutel zurück und sprach besänftigend: „I denn, de nich will, hövet ja ök nich göver.“ (Ostfries. Jahrbuch, I, 44.) 5 Das ist unruhig Volk, sagte der Bauer, der einen Wagen Frösche lud; wenn ich einen hinauf bringe, springt der andere wieder herunter. Holl.: Dat zijn mij maatjes, zei de boer, en hij laadete kikvorschen; als ik den eenen erop hob, springt de andere eraf. (Harrebomée, I, 69.) 6 Das volck gemein spricht vberal, das man kein buben ölen sol. Lat.: Nullus inungatur nebulo, plebs undique fatur. (Loci comm., 143.) 7 Das Volk fordert von einem Fürsten viel. Lat.: Majora populus semper a summo exigit. (Philippi, I, 236.) 8 Das Volk ist eine Kugel, die sich nach allen Richtungen wenden lässt. – Witzfunken, IVb, 183. Der Musenalmanach vom Jahre 1847 enthält folgende Selbstschilderung des Volks. „Ich thue alles und bin doch nichts, ich thue das Böse wie das Gute. Wenn ich befehle, so gehorche ich. Ich gebe mehr als ich empfange. In meinem Namen wird das Gesetz gemacht; und schlag' ich zu, so schlag' ich auf mich selbst.“ (Je fais tout, et je ne suis rien; je fais le mal, je fais le bien. J'obéis toujours, quand j'ordonne; je reçois moins que je ne donne; en mon nom on ne fait la loi, et quand je frappe, c'est sur moi.) (Kornmann, III, 9.) 9 Das Volk ist eine Wetterfahne. Nach Kornmann (III, 8) schildert Cicero das Volk so: „Das Volk kennt keine Berathung, es sieht auf keine Gründe, es weiss weder einen Unterschied: zu machen, noch lässt es sich die Dinge angelegen sein. Nach Dünkel urtheilt es in den meisten Fällen, nach Rechtschaffenheit in den wenigsten.“ (Carens consilio, ratione discrimine, diligentia ex opinione multa, ex virtute pauca judicans.) Aehnliche Schilderungen finden sich in: Curtius, Livius, Sallust, Seneca, Tacitus u. a. Lat.: Mobile mutatur semper cum principe vulgus. (Chaos, 269.) 10 Das Volk ist nie ärger, als wenn es im Ueberfluss ist. Lat.: Chorea est circulus, cujus centrum est diabolus. (Sutor, 294.) 11 Das Volk ist wie der Fürst. 12 Das Volk muss immer einen Juden haben, den es brät. 13 Das Volk ruft heute Hosianna und morgen Kreuzige. Lat.: Populus mutatur ad horam quamlibet, et stabilem nescit habere fidem. (Binder II, 2610.) – Scinditur incertum studia in contraria vulgus. (Virgil.) (Binder I, 1596; II, 3042; Philippi, II, 170; Seybold, 542; Fischer, 207, 33.) 14 Das Volk weiss mehr als zehn Gelehrte. Dän.: Almuen veed som tree vide. (Prov. dan., 26.) 15 Das Volk will betrogen sein. Holl.: Het volk wil betrogen zijn. (Harrebomée, II, 402b.) 16 Dat öss doll Volk, seggt de Diewel, on heft e ganze Sack voll Katte. – Frischbier2, 3737. 17 Des Volkes Hass, ein schneidend Glas; Volkes Gunst, ein blauer Dunst. 18 Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme. – Graf, 529, 351. Ein Grieche sagte: „Achte nicht auf das, was dem Volke gefällt, es entscheidet durch Schreien, nicht durch vernünftige Wahl. Vitate, quaecunque vulgo placent; clamore decernunt non calculo.“ (Thucydides.) Und Herodot: „Das Volk geht nicht mit Bedacht zu Werke, es fällt wie der Waldstrom darein.“ 19 Des Volkes Stimme verachte nie; du bist nur einer, viele sind sie. – Eiselein, 622. 20 Dess folks lychtfertigkeit kümpt vss der prister bosheit. – Hug, 3; Graf, 535, 8. 21 Ein kleines Volk von fünfhundert Mann zehrt im Winter mehr als ein Volk von fünftausend Mann. – Oekonom. Weisheit, 116. Es sind Bienenvölker gemeint. Der Grund liegt nahe; ein kleines Volk muss fressen, um sich gegen Kälte zu schützen, ein grösseres oder starkes hat es nicht nothwendig, weil es infolge der Menge warm sitzt und daher die Kälte nicht fühlt. 22 Ein Volk, auf gute Sitten nur bedacht, nimmt die Gesetze auch in Acht. 23 Ein Volk, das den Tod mehr als das Elend fürchtet, ist verloren. – Cibot, 178. 24 Ein Volk, Ein Reich, Ein Wappen; helf uns Gott, so soll es klappen. Abg. Günther in der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. Sept. 1867. 25 Ein Volk lässt sich leichter heerdenweise als einzeln treiben. Nach Kornmann (V, 210) rührt dies Wort von Cato her. 26 Einem ganzen Volke kann man 's Maul nicht stopfen (verkleben). Dän.: Man kand ei binde for folke-munde; de maa sige hvad de ville. (Prov. dan., 71.) 27 Einem närrischen Volke gehören besessene Priester. 28 Eines freien Volkes beste Cautel ist, keinem Tyrannen zu glauben. – Opel, 383. 29 Eines treuen Volkes Fürst braucht keiner Schutzwache. It.: Popolo sicuro non bisogna muro. 30 Es geht wunderlich Volk in die Kirche. 31 Es git keis nitnützigeres Volch als 's Mannevolch und 's Wiibervolch. – Sutermeister, 111. 32 Es ist kein Volck, das lieber Ehr hat, dann Hurer vnd Buben, vnd weniger darnach stellt. – Lehmann, II, 144, 191; Henisch, 815, 39. 33 Es ist keyn volck, das jm selbs mehr leugt, dann buler vnd schuler. – Franck, I, 64b. 34 Es ist keyn volck, das weniger gäst hat, dann wirt oder gastgeber. – Franck, I, 89a; Henisch, 1370, 8; Egenolff, 348a. 35 Es muss offt ein gantzes Volk eines einigen Mannes entgelten. Lat.: Unius peccata viri populus luit omnis. (Sutor, 185.) 36 Frei Volk, freie Rede. Dän.: Frit folk, frit snak. (Prov. dan., 200.) Schwed.: Frit folk, frit snak. (Grubb, 216.) 37 Heraus mit dem Volke, sagte der Schiffer, als er eine Heerde Schweine auslud. Holl.: Uit de schuit met zulk volk, ze zouden mijne vracht bederven, zei schipper Louwe, en hij had eene partij varkens scheep. (Harrebomée, II, 403a.) 38 Ist das ein widerspenstig Volk, sagte der Teufel, als er Frösche geladen, die von der andern Seite heruntersprangen, wenn er sie auf der einen hinaufthat. 39 Jedes Volk hat seine Lieder. 40 Jung Volk môt nich mit ôle Lü in êne Rêge sitten. – Weserzeitung, 4057. 41 Lass dich nit an das gemein volck, dann es bleibt nit. – Geiler, Postille, 64a. 42 Lass jedem Volke seinen Brauch und behalte deinen auch. Dän.: Lad Tyrken spadsere, Indianer dandse, Morer faste, Engelske æde, Tydsken drikke, Nederlænder spye, Spanier aaderlade, Fransken purgere, Italiener sove til middag, vær du dit kalt. (Prov. dan., 370.) 43 Mei goe Volk is 't goe dwaen, sei de Koster, in teach ums ljeawe Frau de Roak uwt. (Westfr.) Mit gutem Volk, guten Leuten ist gut verkehren, sagte der Küster, und zog Unserer Lieben Frau den Rock aus. 44 Mit gôd Volk is gôd dôn, säd' de Köster, dar tröck he unse lêwe Frû den Rock ût. (Hamburg.) – Hoefer, 630. 45 Schlechtes Volk lässt den Acker nicht grün werden. Lat.: Agros cum cerere vetat impia turba virere. (Reuterdahl, 29.) Schwed.: Ondhe maen arom (Aarynghe) spilla. (Reuterdahl, 29.) 46 Sieh dein Volk an, o Herr, es sind lauter Zigeuner. – Frischbier2, 3936. 47 Solch Volck muss ein solchen Pfaffen haben. – Gruter, III, 82; Lehmann, II, 578, 89; Zinkgref, IV, 249. Schergen und Henker. Lat.: Mali laici, mali clerici. (Berthold.) (Zingerle, 86.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [839]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/845>, abgerufen am 23.07.2024.