Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 10 Em kan net ale Schtöl mät enem Uorsch besoazen. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 869b.

11 Es sitzt mancher auf dem Stuhl, der besser unter der Bank sässe.

Mhd.: Darumb so dringt da manger stuol für alle tisch und penck, die pillich wol ain schamel wer, wann man im rechnen solt der eren swer. (Wolkenstein.) - Nau sitze ich auf dem schamel unde er oben auf der banc. (Neidhart.) (Zingerle, 182.)

12 Man muss an Stühlen vnd Bäncken gehen, bis man kann allein gehen. - Henisch, 182, 56; Petri, II, 459.

Lat.: Anaclio indigent, quae de novo emerunt.

13 Man muss nicht Stühle auf die Bänke setzen. - Körte, 5787.

Für die, welche auf die Bank gehören.

14 Ohne zwei Stühle kann die Welt nicht bestehen: ohne Hebammen- und ohne Papststuhl.

Sie hat aber schon einmal ohne beide bestanden, und es würde vielleicht wieder gehen, wenigstens sehr leicht ohne den zweiten.

15 Stühle sollen stehen und nicht hüpfen.

16 Wann die Stule auff die Benke steigen, so wirdts nicht gut. - Agricola II, 216.

17 Weg vom Stuhl, ich will mich setzen!

18 Wer keine Stühle hat, muss auf Bänken sitzen. - Simrock, 9997; Körte, 5783.

It.: Chi non ha letto, dorma su la paglia. (Gaal, 1481.)

19 Wer leeren Stühlen predigt, dess Predigt ist verloren.

It.: Chi predicu al deserto, perde il sermone. (Pazzaglia, 302, 1.)

20 Wer sich zwischen zwei Stühle setzt, kommt mit dem Arsch auf die Erde.

Frz.: Assis entre deux selles le cul a terre.

Holl.: Tusschen twee stoelen valt de aars op de aarde. (Bohn I, 339.)

It.: Tener il cul su due scanni.

21 Wer wil auff zweien Stühlen sitzen, fällt oft zwischen durch. - Petri, II, 778; Simrock, 9998; Körte, 5785; Körte2, 7240.

Mhd.: Laus bin ich an die blozen statt zwischen zwein stüelen gesezzen. (W. v. Metz.) (Zingerle, 144.)

Böhm.: Kdo na dvou stolicich sedi, snadno mezi nima na zem padne. - Ptak na dve vetve se usazujici na zem padne. (Celakovsky, 43.)

Engl.: Between two stools the breech cometh the ground. (Bohn II, 139; Gaal, 62.)

Frz.: Entre deux selles, le cul a terre. (Lendroy, 554.)

Holl.: Die teffens op twee stoelen wil zitten, raakt onder wijl op den grond. ( Harrebomee, II, 307a.)

Kroat.: Koi na dveh stolcih sedi, lehko med nje opade. (Celakovsky, 43.)

Lat.: Binam occasionem captans neutram assequitur. - Sedibus in mediis homo sepe resedit inimis. (Haupt, VI, 305.)

Poln.: Kto na dwsvoch stslkach, siada, ten naz ieme pada. (Masson, 170.) - Ptak na dwu drzewach chcac siesc na ziemie upada. (Celakovsky, 43.)

22 Wer wird sich vom Stuhl auf den Boden setzen. (Surinam.)

Wer wird so thöricht sein, das Schlechtere zu wählen, wenn er das Bessere haben kann. Unser: Wer wird sich vom Pferde auf den Esel setzen.

23 Wier af zwein Schtäl sässe wäl, säst derzwäschen. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 869a.

24 Wo die Stühle auf die Bänke steigen, wird bald sich Unglück zeigen.

25 Wo es an Stühlen fehlt, setzt man sich auf die Erde.

Eine Ansicht, der auch afrikanische Neger sind.

26 Wollten Stühle reden und Bänke, ihr würdet erfahren gute Schwänke.

27 Zwischen Stühlen und Bänken können selbst schwache Leute gehen.

Holl.: Aan stoelen en banken, tot dat men zelf kan gaan. (Harrebomee, II, 307a.)

*28 A kimmt vum Stuhl uf a Schemel. (Kreis Militsch.)

Es geht mit seiner Wirthschaft rückwärts. Aehnlich: Er kommt vom Hund auf den Schwanz.

*29 Auf den Stuhl kommen. (Schweiz.)

Ein Landesamt bekommen.

*30 Auf zwei Stühlen sitzen. - Eiselein, 583.

Es mit zwei Parteien halten, es mit keiner von beiden verderben wollen. Murner gebraucht es ebenfalls von den Unentschiedenen, den Zweiherrendienern. "Wir werden münch, vmm ewigs leben vnd dienen doch der Welt [Spaltenumbruch] darneben vnd wenn wir haben den Dienst gethon, so gibt vns doch jr keiner lohn." - "Zweien Herren Dienst zusagen, mit einem Hund zwen Hasen jagen, loben da, vnd dorthin klagen, das kan nit sein, durch grosse witzen, vnd macht offt manchen schelmen sitzen zwischen zwein stülen nider, das er selten aufstat wider." (Murner, Sehelm., 21, in Kloster, I, 853.) Die Russen: Sich auf zwei Stühle zugleich setzen. Sitze nicht auf zwei Stühlen. (Altmann VI, 466 u. 512.)

Holl.: Op twee stoelen te gelijk zitten. (Harrebomee, II, 317a.)

Lat.: Duabus sedere sellis. (Macrobius.) (Faselius, 67.)

*31 De Stuel öberchera. - Tobler, 417.

Die Bühne, worauf der Stuhl des regierenden Landammann steht, umstürzen, Zeichen der Revolution.

*32 De Stuhl brennt mi unnerm Ers. - Eichwald, 1852.

*33 Den Stuhl neu besetzen.

Das Amt.

Lat.: Praepostere Tullius. (Erasm., 15.)

*34 Der Stuel brennet jhn. (S. Scheit 8.) - Mathesy, 330b.

"Der Stuhl brennt jhn, d. i. er mag nicht arbeiten." (Mathesy, 297b.)

*35 Der Stuhl, auf dem er sitzen soll, ist noch beim Schreiner. - Parömiakon, 1755.

*36 Die Stühle wollen auf die Bänke steigen.

"Stül springen auff die Bänck, vnd gehet das förderst zu dem obern." (Aventin, CCLXXIIIb.) "Die Stühle steigen auff die Bänk." (Herberger, Hertzpostille, I, 846.)

*37 Die stül vff die benck setzen. - Tappius, 114b; Franck, II, 96b; Murner, Nb., 26; Hauer, 62; Henisch, 181, 16; Sutor, 420.

Zwei nicht zusammenpassende Dinge miteinander in Verbindung oder zwei Dinge in ein unpassendes Verhältniss zueinander bringen, als wenn man Stühle, die an oder neben den Tisch gehören, darauf setzt, oder eine Löwenhaut über ein Frauenkleid zieht.

Lat.: Duos insequens lepores neutrum capit. (Binder I, 388; II, 887; Frob., 165; Sutor, 913; Weber, 2, 70.) - Feli crocoton. (Hanzely, 18; Philippi, I, 153.) - Leonis exuvium super crocoton. (Hanzely, 18.) - Sellas inter duas in terra sedere. (Bovill, I, 6.)

*38 Du musst einen Stuhl mitbringen, wie ein ungeladener Gast.

*39 Du sollst auch'n Stuhl im Gan-Eden haben. - Tendlau, 484.

Scherzhafter Ausdruck des Dankes für eine erwiesene Gefälligkeit. Gan-Eden = Garten der Lieblichkeit, das Paradies. Man glaubt nämlich, dass jeder Fromme einen Sitz oder Stuhl im Paradiese angewiesen erhalte, als Belohnung für das Gute, was er auf der Erde gethan habe. In Warschau: Er wett huben a Stuhl in Gan Eden. Ein Jude, der in den letzten Zügen lag, machte noch folgende witzige Anwendung von der Redensart: er bat, ihm schnell ein Lavement zu geben, und antwortete, nach dem Grunde gefragt: Ich will einen Stuhl (hier: Leibesöffnung) im Paradiese haben. Denselben Sinn hat auch eine andere jüdisch-deutsche Redensart: Ich loss dir ach einen Mi sehubürach machen, d. h. ich lasse dafür durch den Vorbeter in der Synagoge einen Segen für dich sprechen.

*40 Einem auf dem Stüelel hersitzen. - Schöpf, 724.

Ihm auf jeden Wink zu Diensten stehen. Meist ironisch.

*41 Einem den Stuhl vor die Thür setzen. - Eiselein, 583; Körte, 5781; Lohrengel, 191; Braun, I, 4342; Theatrum, Diabolorum, 209a; für Franken: Frommann, VI, 325, 374.

Alle Verbindung mit ihm aufheben. Der kleinste Grundbesitz, den die deutschen Weisthümer anerkennen, ist ein Raum, auf dem ein dreibeiniger Stuhl stehen kann. Derselbe Stuhl diente indess auch, um den Besitz grösserer Grundstücke zu erwerben. Der Erwerber setzte sich auf einen solchen Stuhl und rutschte mit drei Stössen in das erworbene Grundstück ein oder er liess den Stuhl vorher in die Mitte desselben tragen und setzte sich dann erst gemächlich nieder. Manchmal musste so drei Nächte hindurch gesessen werden und wurde, sobald der erste feierliche Act durch den Herrn abgemacht war, die langweilige Besitzung durch den Diener vollendet. - So wie der Stuhl das äussere Zeichen des Besitzes und der Herrschaft (Wodan's-Stuhl, der Himmelsstuhl, Thron, der Stuhl Petri), so geht andererseits mit dem Verluste des Stuhls auch die Gewalt verloren. Nach alter deutscher Sitte wurde die Ausweisung aus dem Besitze eines Grundstücks dadurch vollzogen, dass man dem Besitzer den dreibeinigen Stuhl vor die Thür setzte und ihm dadurch zu verstehen gab, dass er in dem Grundstücke keinen Besitz, d. h. nicht das geringste Eigenthum mehr habe. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 80, 187 u. 453; Neues preuss. Provinzialbl., XII, 444.) "Wie se dos hurte, sotzte se mer goar a Stouhl vor de Theire und meinte, wenn se selde Eselsarbt thun und Zesgefutter assen, welde se lieber goar müssig geihn." (Keller, 166b.)

Schwed.: Sättja stol för döre. (Grubb, 785.)

[Spaltenumbruch] 10 Em kân net ale Schtöl mät enem Uorsch besoazen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 869b.

11 Es sitzt mancher auf dem Stuhl, der besser unter der Bank sässe.

Mhd.: Darumb so dringt dâ manger stuol für alle tisch und penck, die pillich wol ain schamel wêr, wann man im rechnen solt der êren swêr. (Wolkenstein.) – Nû sitze ich ûf dem schamel unde er oben ûf der banc. (Neidhart.) (Zingerle, 182.)

12 Man muss an Stühlen vnd Bäncken gehen, bis man kann allein gehen.Henisch, 182, 56; Petri, II, 459.

Lat.: Anaclio indigent, quae de novo emerunt.

13 Man muss nicht Stühle auf die Bänke setzen.Körte, 5787.

Für die, welche auf die Bank gehören.

14 Ohne zwei Stühle kann die Welt nicht bestehen: ohne Hebammen- und ohne Papststuhl.

Sie hat aber schon einmal ohne beide bestanden, und es würde vielleicht wieder gehen, wenigstens sehr leicht ohne den zweiten.

15 Stühle sollen stehen und nicht hüpfen.

16 Wann die Stule auff die Benke steigen, so wirdts nicht gut.Agricola II, 216.

17 Weg vom Stuhl, ich will mich setzen!

18 Wer keine Stühle hat, muss auf Bänken sitzen.Simrock, 9997; Körte, 5783.

It.: Chi non ha letto, dorma sù la paglia. (Gaal, 1481.)

19 Wer leeren Stühlen predigt, dess Predigt ist verloren.

It.: Chi predicu al deserto, perde il sermone. (Pazzaglia, 302, 1.)

20 Wer sich zwischen zwei Stühle setzt, kommt mit dem Arsch auf die Erde.

Frz.: Assis entre deux selles le cul à terre.

Holl.: Tusschen twee stoelen valt de aars op de aarde. (Bohn I, 339.)

It.: Tener il cul su due scanni.

21 Wer wil auff zweien Stühlen sitzen, fällt oft zwischen durch.Petri, II, 778; Simrock, 9998; Körte, 5785; Körte2, 7240.

Mhd.: Laus bin ich an die blôzen statt zwischen zwein stüelen gesezzen. (W. v. Metz.) (Zingerle, 144.)

Böhm.: Kdo na dvou stolicich sedi, snadno mezi nima na zem padne. – Pták na dvĕ vĕtve se usazující na zem padne. (Čelakovsky, 43.)

Engl.: Between two stools the breech cometh the ground. (Bohn II, 139; Gaal, 62.)

Frz.: Entre deux selles, le cul à terre. (Lendroy, 554.)

Holl.: Die teffens op twee stoelen wil zitten, raakt onder wijl op den grond. ( Harrebomée, II, 307a.)

Kroat.: Koi na dveh stolcih sedi, lehko med nje opade. (Čelakovsky, 43.)

Lat.: Binam occasionem captans neutram assequitur. – Sedibus in mediis homo sepe resedit inimis. (Haupt, VI, 305.)

Poln.: Kto na dwśvóch stsłkach, sìada, ten naz iemę pada. (Masson, 170.) – Ptak na dwu drzewach chcąc sieść na ziemię upada. (Čelakovsky, 43.)

22 Wer wird sich vom Stuhl auf den Boden setzen. (Surinam.)

Wer wird so thöricht sein, das Schlechtere zu wählen, wenn er das Bessere haben kann. Unser: Wer wird sich vom Pferde auf den Esel setzen.

23 Wiér af zwîn Schtäl sässe wäl, säst derzwäschen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 869a.

24 Wo die Stühle auf die Bänke steigen, wird bald sich Unglück zeigen.

25 Wo es an Stühlen fehlt, setzt man sich auf die Erde.

Eine Ansicht, der auch afrikanische Neger sind.

26 Wollten Stühle reden und Bänke, ihr würdet erfahren gute Schwänke.

27 Zwischen Stühlen und Bänken können selbst schwache Leute gehen.

Holl.: Aan stoelen en banken, tot dat men zelf kan gaan. (Harrebomée, II, 307a.)

*28 A kimmt vum Stuhl uf a Schemel. (Kreis Militsch.)

Es geht mit seiner Wirthschaft rückwärts. Aehnlich: Er kommt vom Hund auf den Schwanz.

*29 Auf den Stuhl kommen. (Schweiz.)

Ein Landesamt bekommen.

*30 Auf zwei Stühlen sitzen.Eiselein, 583.

Es mit zwei Parteien halten, es mit keiner von beiden verderben wollen. Murner gebraucht es ebenfalls von den Unentschiedenen, den Zweiherrendienern. „Wir werden münch, vmm ewigs leben vnd dienen doch der Welt [Spaltenumbruch] darneben vnd wenn wir haben den Dienst gethon, so gibt vns doch jr keiner lohn.“ – „Zweien Herren Dienst zusagen, mit einem Hund zwen Hasen jagen, loben da, vnd dorthin klagen, das kan nit sein, durch grosse witzen, vnd macht offt manchen schelmen sitzen zwischen zwein stülen nider, das er selten aufstat wider.“ (Murner, Sehelm., 21, in Kloster, I, 853.) Die Russen: Sich auf zwei Stühle zugleich setzen. Sitze nicht auf zwei Stühlen. (Altmann VI, 466 u. 512.)

Holl.: Op twee stoelen te gelijk zitten. (Harrebomée, II, 317a.)

Lat.: Duabus sedere sellis. (Macrobius.) (Faselius, 67.)

*31 De Stuel öberchera.Tobler, 417.

Die Bühne, worauf der Stuhl des regierenden Landammann steht, umstürzen, Zeichen der Revolution.

*32 De Stuhl brennt mi unnerm Êrs.Eichwald, 1852.

*33 Den Stuhl neu besetzen.

Das Amt.

Lat.: Praepostere Tullius. (Erasm., 15.)

*34 Der Stuel brennet jhn. (S. Scheit 8.) – Mathesy, 330b.

„Der Stuhl brennt jhn, d. i. er mag nicht arbeiten.“ (Mathesy, 297b.)

*35 Der Stuhl, auf dem er sitzen soll, ist noch beim Schreiner.Parömiakon, 1755.

*36 Die Stühle wollen auf die Bänke steigen.

„Stül springen auff die Bänck, vnd gehet das förderst zu dem obern.“ (Aventin, CCLXXIIIb.) „Die Stühle steigen auff die Bänk.“ (Herberger, Hertzpostille, I, 846.)

*37 Die stül vff die benck setzen.Tappius, 114b; Franck, II, 96b; Murner, Nb., 26; Hauer, 62; Henisch, 181, 16; Sutor, 420.

Zwei nicht zusammenpassende Dinge miteinander in Verbindung oder zwei Dinge in ein unpassendes Verhältniss zueinander bringen, als wenn man Stühle, die an oder neben den Tisch gehören, darauf setzt, oder eine Löwenhaut über ein Frauenkleid zieht.

Lat.: Duos insequens lepores neutrum capit. (Binder I, 388; II, 887; Frob., 165; Sutor, 913; Weber, 2, 70.) – Feli crocoton. (Hanzely, 18; Philippi, I, 153.) – Leonis exuvium super crocoton. (Hanzely, 18.) – Sellas inter duas in terra sedere. (Bovill, I, 6.)

*38 Du musst einen Stuhl mitbringen, wie ein ungeladener Gast.

*39 Du sollst ûch'n Stuhl im Gan-Eden haben.Tendlau, 484.

Scherzhafter Ausdruck des Dankes für eine erwiesene Gefälligkeit. Gan-Eden = Garten der Lieblichkeit, das Paradies. Man glaubt nämlich, dass jeder Fromme einen Sitz oder Stuhl im Paradiese angewiesen erhalte, als Belohnung für das Gute, was er auf der Erde gethan habe. In Warschau: Er wett huben a Stuhl in Gan Eden. Ein Jude, der in den letzten Zügen lag, machte noch folgende witzige Anwendung von der Redensart: er bat, ihm schnell ein Lavement zu geben, und antwortete, nach dem Grunde gefragt: Ich will einen Stuhl (hier: Leibesöffnung) im Paradiese haben. Denselben Sinn hat auch eine andere jüdisch-deutsche Redensart: Ich loss dir àch einen Mi sehubürach machen, d. h. ich lasse dafür durch den Vorbeter in der Synagoge einen Segen für dich sprechen.

*40 Einem auf dem Stüelel hersitzen.Schöpf, 724.

Ihm auf jeden Wink zu Diensten stehen. Meist ironisch.

*41 Einem den Stuhl vor die Thür setzen.Eiselein, 583; Körte, 5781; Lohrengel, 191; Braun, I, 4342; Theatrum, Diabolorum, 209a; für Franken: Frommann, VI, 325, 374.

Alle Verbindung mit ihm aufheben. Der kleinste Grundbesitz, den die deutschen Weisthümer anerkennen, ist ein Raum, auf dem ein dreibeiniger Stuhl stehen kann. Derselbe Stuhl diente indess auch, um den Besitz grösserer Grundstücke zu erwerben. Der Erwerber setzte sich auf einen solchen Stuhl und rutschte mit drei Stössen in das erworbene Grundstück ein oder er liess den Stuhl vorher in die Mitte desselben tragen und setzte sich dann erst gemächlich nieder. Manchmal musste so drei Nächte hindurch gesessen werden und wurde, sobald der erste feierliche Act durch den Herrn abgemacht war, die langweilige Besitzung durch den Diener vollendet. – So wie der Stuhl das äussere Zeichen des Besitzes und der Herrschaft (Wodan's-Stuhl, der Himmelsstuhl, Thron, der Stuhl Petri), so geht andererseits mit dem Verluste des Stuhls auch die Gewalt verloren. Nach alter deutscher Sitte wurde die Ausweisung aus dem Besitze eines Grundstücks dadurch vollzogen, dass man dem Besitzer den dreibeinigen Stuhl vor die Thür setzte und ihm dadurch zu verstehen gab, dass er in dem Grundstücke keinen Besitz, d. h. nicht das geringste Eigenthum mehr habe. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 80, 187 u. 453; Neues preuss. Provinzialbl., XII, 444.) „Wie se dos hurte, sotzte se mer goar a Stouhl vor de Theire und meinte, wenn se selde Eselsarbt thun und Zesgefutter assen, welde se lieber goar müssig geihn.“ (Keller, 166b.)

Schwed.: Sättja stol för döre. (Grubb, 785.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0475" n="[469]"/><cb n="937"/>
10 Em kân net ale Schtöl mät enem Uorsch besoazen.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 869<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Es sitzt mancher auf dem Stuhl, der besser unter der Bank sässe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Darumb so dringt dâ manger stuol für alle tisch und penck, die pillich wol ain schamel wêr, wann man im rechnen solt der êren swêr. (<hi rendition="#i">Wolkenstein.</hi>) &#x2013; Nû sitze ich ûf dem schamel unde er oben ûf der banc. (<hi rendition="#i">Neidhart.</hi>) (<hi rendition="#i">Zingerle, 182.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Man muss an Stühlen vnd Bäncken gehen, bis man kann allein gehen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 182, 56; Petri, II, 459.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Anaclio indigent, quae de novo emerunt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Man muss nicht Stühle auf die Bänke setzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 5787.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Für die, welche auf die Bank gehören.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">14 Ohne zwei Stühle kann die Welt nicht bestehen: ohne Hebammen- und ohne Papststuhl.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sie hat aber schon einmal ohne beide bestanden, und es würde vielleicht wieder gehen, wenigstens sehr leicht ohne den zweiten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">15 Stühle sollen stehen und nicht hüpfen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Wann die Stule auff die Benke steigen, so wirdts nicht gut.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Agricola II, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Weg vom Stuhl, ich will mich setzen!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Wer keine Stühle hat, muss auf Bänken sitzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 9997; Körte, 5783.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi non ha letto, dorma sù la paglia. (<hi rendition="#i">Gaal, 1481.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">19 Wer leeren Stühlen predigt, dess Predigt ist verloren.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi predicu al deserto, perde il sermone. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 302, 1.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">20 Wer sich zwischen zwei Stühle setzt, kommt mit dem Arsch auf die Erde.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Assis entre deux selles le cul à terre.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Tusschen twee stoelen valt de aars op de aarde. (<hi rendition="#i">Bohn I, 339.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Tener il cul su due scanni.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Wer wil auff zweien Stühlen sitzen, fällt oft zwischen durch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 778; Simrock, 9998; Körte, 5785; Körte<hi rendition="#sup">2</hi>, 7240.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Laus bin ich an die blôzen statt zwischen zwein stüelen gesezzen. (<hi rendition="#i">W. v. Metz.</hi>) (<hi rendition="#i">Zingerle, 144.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Kdo na dvou stolicich sedi, snadno mezi nima na zem padne. &#x2013; Pták na dv&#x0115; v&#x0115;tve se usazující na zem padne. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 43.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Between two stools the breech cometh the ground. (<hi rendition="#i">Bohn II, 139; Gaal, 62.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Entre deux selles, le cul à terre. (<hi rendition="#i">Lendroy, 554.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die teffens op twee stoelen wil zitten, raakt onder wijl op den grond. ( <hi rendition="#i">Harrebomée, II, 307<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Kroat.</hi>: Koi na dveh stolcih sedi, lehko med nje opade. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 43.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Binam occasionem captans neutram assequitur. &#x2013; Sedibus in mediis homo sepe resedit inimis. (<hi rendition="#i">Haupt, VI, 305.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Kto na dw&#x015B;vóch sts&#x0142;kach, sìada, ten naz iem&#x0119; pada. (<hi rendition="#i">Masson, 170.</hi>) &#x2013; Ptak na dwu drzewach chc&#x0105;c sie&#x015B;&#x0107; na ziemi&#x0119; upada. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 43.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Wer wird sich vom Stuhl auf den Boden setzen.</hi> (<hi rendition="#i">Surinam.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Wer wird so thöricht sein, das Schlechtere zu wählen, wenn er das Bessere haben kann. Unser: Wer wird sich vom Pferde auf den Esel setzen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Wiér af zwîn Schtäl sässe wäl, säst derzwäschen.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Schuster, 869<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">24 Wo die Stühle auf die Bänke steigen, wird bald sich Unglück zeigen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">25 Wo es an Stühlen fehlt, setzt man sich auf die Erde.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Eine Ansicht, der auch afrikanische Neger sind.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">26 Wollten Stühle reden und Bänke, ihr würdet erfahren gute Schwänke.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">27 Zwischen Stühlen und Bänken können selbst schwache Leute gehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Aan stoelen en banken, tot dat men zelf kan gaan. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 307<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*28 A kimmt vum Stuhl uf a Schemel.</hi> (<hi rendition="#i">Kreis Militsch.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Es geht mit seiner Wirthschaft rückwärts. Aehnlich: Er kommt vom Hund auf den Schwanz.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*29 Auf den Stuhl kommen.</hi> (<hi rendition="#i">Schweiz.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Landesamt bekommen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*30 Auf zwei Stühlen sitzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 583.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Es mit zwei Parteien halten, es mit keiner von beiden verderben wollen. <hi rendition="#i">Murner</hi> gebraucht es ebenfalls von den Unentschiedenen, den Zweiherrendienern. &#x201E;Wir werden münch, vmm ewigs leben vnd dienen doch der Welt <cb n="938"/>
darneben vnd wenn wir haben den Dienst gethon, so gibt vns doch jr keiner lohn.&#x201C; &#x2013; &#x201E;Zweien Herren Dienst zusagen, mit einem Hund zwen Hasen jagen, loben da, vnd dorthin klagen, das kan nit sein, durch grosse witzen, vnd macht offt manchen schelmen sitzen zwischen zwein stülen nider, das er selten aufstat wider.&#x201C; (<hi rendition="#i">Murner, Sehelm., 21, in Kloster, I, 853.</hi>) Die Russen: Sich auf zwei Stühle zugleich setzen. Sitze nicht auf zwei Stühlen. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 466 u. 512.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Op twee stoelen te gelijk zitten. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 317<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Duabus sedere sellis. (<hi rendition="#i">Macrobius.</hi>) (<hi rendition="#i">Faselius, 67.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*31 De Stuel öberchera.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tobler, 417.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Bühne, worauf der Stuhl des regierenden Landammann steht, umstürzen, Zeichen der Revolution.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*32 De Stuhl brennt mi unnerm Êrs.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eichwald, 1852.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*33 Den Stuhl neu besetzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Amt.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Praepostere Tullius. (<hi rendition="#i">Erasm., 15.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*34 Der Stuel brennet jhn.</hi> (S.  Scheit 8.) &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesy, 330<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Stuhl brennt jhn, d. i. er mag nicht arbeiten.&#x201C; (<hi rendition="#i">Mathesy, 297<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*35 Der Stuhl, auf dem er sitzen soll, ist noch beim Schreiner.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 1755.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*36 Die Stühle wollen auf die Bänke steigen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Stül springen auff die Bänck, vnd gehet das förderst zu dem obern.&#x201C; (<hi rendition="#i">Aventin, CCLXXIII<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>) &#x201E;Die Stühle steigen auff die Bänk.&#x201C; (<hi rendition="#i">Herberger, Hertzpostille, I, 846.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*37 Die stül vff die benck setzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tappius, 114<hi rendition="#sup">b</hi>; Franck, II, 96<hi rendition="#sup">b</hi>; Murner, Nb., 26; Hauer, 62; Henisch, 181, 16; Sutor, 420.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Zwei nicht zusammenpassende Dinge miteinander in Verbindung oder zwei Dinge in ein unpassendes Verhältniss zueinander bringen, als wenn man Stühle, die an oder neben den Tisch gehören, darauf setzt, oder eine Löwenhaut über ein Frauenkleid zieht.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Duos insequens lepores neutrum capit. (<hi rendition="#i">Binder I, 388; II, 887; Frob., 165; Sutor, 913; Weber, 2, 70.</hi>) &#x2013; Feli crocoton. (<hi rendition="#i">Hanzely, 18; Philippi, I, 153.</hi>) &#x2013; Leonis exuvium super crocoton. (<hi rendition="#i">Hanzely, 18.</hi>) &#x2013; Sellas inter duas in terra sedere. (<hi rendition="#i">Bovill, I, 6.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*38 Du musst einen Stuhl mitbringen, wie ein ungeladener Gast.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*39 Du sollst ûch'n Stuhl im Gan-Eden haben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 484.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Scherzhafter Ausdruck des Dankes für eine erwiesene Gefälligkeit. Gan-Eden = Garten der Lieblichkeit, das Paradies. Man glaubt nämlich, dass jeder Fromme einen Sitz oder Stuhl im Paradiese angewiesen erhalte, als Belohnung für das Gute, was er auf der Erde gethan habe. In Warschau: Er wett huben a Stuhl in Gan Eden. Ein Jude, der in den letzten Zügen lag, machte noch folgende witzige Anwendung von der Redensart: er bat, ihm schnell ein Lavement zu geben, und antwortete, nach dem Grunde gefragt: Ich will einen Stuhl (hier: Leibesöffnung) im Paradiese haben. Denselben Sinn hat auch eine andere jüdisch-deutsche Redensart: Ich loss dir àch einen Mi sehubürach machen, d. h. ich lasse dafür durch den Vorbeter in der Synagoge einen Segen für dich sprechen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*40 Einem auf dem Stüelel hersitzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schöpf, 724.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Ihm auf jeden Wink zu Diensten stehen. Meist ironisch.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*41 Einem den Stuhl vor die Thür setzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 583; Körte, 5781; Lohrengel, 191; Braun, I, 4342; Theatrum, Diabolorum, 209<hi rendition="#sup">a</hi>;</hi> für Franken: <hi rendition="#i">Frommann, VI, 325, 374.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Alle Verbindung mit ihm aufheben. Der kleinste Grundbesitz, den die deutschen Weisthümer anerkennen, ist ein Raum, auf dem ein dreibeiniger Stuhl stehen kann. Derselbe Stuhl diente indess auch, um den Besitz grösserer Grundstücke zu erwerben. Der Erwerber setzte sich auf einen solchen Stuhl und rutschte mit drei Stössen in das erworbene Grundstück ein oder er liess den Stuhl vorher in die Mitte desselben tragen und setzte sich dann erst gemächlich nieder. Manchmal musste so drei Nächte hindurch gesessen werden und wurde, sobald der erste feierliche Act durch den Herrn abgemacht war, die langweilige Besitzung durch den Diener vollendet. &#x2013; So wie der Stuhl das äussere Zeichen des Besitzes und der Herrschaft (Wodan's-Stuhl, der Himmelsstuhl, Thron, der Stuhl Petri), so geht andererseits mit dem Verluste des Stuhls auch die Gewalt verloren. Nach alter deutscher Sitte wurde die Ausweisung aus dem Besitze eines Grundstücks dadurch vollzogen, dass man dem Besitzer den dreibeinigen Stuhl vor die Thür setzte und ihm dadurch zu verstehen gab, dass er in dem Grundstücke keinen Besitz, d. h. nicht das geringste Eigenthum mehr habe. (Vgl. <hi rendition="#i">Grimm, Rechtsalt., 80, 187 u. 453; Neues preuss. Provinzialbl., XII, 444.</hi>) &#x201E;Wie se dos hurte, sotzte se mer goar a Stouhl vor de Theire und meinte, wenn se selde Eselsarbt thun und Zesgefutter assen, welde se lieber goar müssig geihn.&#x201C; (<hi rendition="#i">Keller, 166<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Sättja stol för döre. (<hi rendition="#i">Grubb, 785.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[469]/0475] 10 Em kân net ale Schtöl mät enem Uorsch besoazen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 869b. 11 Es sitzt mancher auf dem Stuhl, der besser unter der Bank sässe. Mhd.: Darumb so dringt dâ manger stuol für alle tisch und penck, die pillich wol ain schamel wêr, wann man im rechnen solt der êren swêr. (Wolkenstein.) – Nû sitze ich ûf dem schamel unde er oben ûf der banc. (Neidhart.) (Zingerle, 182.) 12 Man muss an Stühlen vnd Bäncken gehen, bis man kann allein gehen. – Henisch, 182, 56; Petri, II, 459. Lat.: Anaclio indigent, quae de novo emerunt. 13 Man muss nicht Stühle auf die Bänke setzen. – Körte, 5787. Für die, welche auf die Bank gehören. 14 Ohne zwei Stühle kann die Welt nicht bestehen: ohne Hebammen- und ohne Papststuhl. Sie hat aber schon einmal ohne beide bestanden, und es würde vielleicht wieder gehen, wenigstens sehr leicht ohne den zweiten. 15 Stühle sollen stehen und nicht hüpfen. 16 Wann die Stule auff die Benke steigen, so wirdts nicht gut. – Agricola II, 216. 17 Weg vom Stuhl, ich will mich setzen! 18 Wer keine Stühle hat, muss auf Bänken sitzen. – Simrock, 9997; Körte, 5783. It.: Chi non ha letto, dorma sù la paglia. (Gaal, 1481.) 19 Wer leeren Stühlen predigt, dess Predigt ist verloren. It.: Chi predicu al deserto, perde il sermone. (Pazzaglia, 302, 1.) 20 Wer sich zwischen zwei Stühle setzt, kommt mit dem Arsch auf die Erde. Frz.: Assis entre deux selles le cul à terre. Holl.: Tusschen twee stoelen valt de aars op de aarde. (Bohn I, 339.) It.: Tener il cul su due scanni. 21 Wer wil auff zweien Stühlen sitzen, fällt oft zwischen durch. – Petri, II, 778; Simrock, 9998; Körte, 5785; Körte2, 7240. Mhd.: Laus bin ich an die blôzen statt zwischen zwein stüelen gesezzen. (W. v. Metz.) (Zingerle, 144.) Böhm.: Kdo na dvou stolicich sedi, snadno mezi nima na zem padne. – Pták na dvĕ vĕtve se usazující na zem padne. (Čelakovsky, 43.) Engl.: Between two stools the breech cometh the ground. (Bohn II, 139; Gaal, 62.) Frz.: Entre deux selles, le cul à terre. (Lendroy, 554.) Holl.: Die teffens op twee stoelen wil zitten, raakt onder wijl op den grond. ( Harrebomée, II, 307a.) Kroat.: Koi na dveh stolcih sedi, lehko med nje opade. (Čelakovsky, 43.) Lat.: Binam occasionem captans neutram assequitur. – Sedibus in mediis homo sepe resedit inimis. (Haupt, VI, 305.) Poln.: Kto na dwśvóch stsłkach, sìada, ten naz iemę pada. (Masson, 170.) – Ptak na dwu drzewach chcąc sieść na ziemię upada. (Čelakovsky, 43.) 22 Wer wird sich vom Stuhl auf den Boden setzen. (Surinam.) Wer wird so thöricht sein, das Schlechtere zu wählen, wenn er das Bessere haben kann. Unser: Wer wird sich vom Pferde auf den Esel setzen. 23 Wiér af zwîn Schtäl sässe wäl, säst derzwäschen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 869a. 24 Wo die Stühle auf die Bänke steigen, wird bald sich Unglück zeigen. 25 Wo es an Stühlen fehlt, setzt man sich auf die Erde. Eine Ansicht, der auch afrikanische Neger sind. 26 Wollten Stühle reden und Bänke, ihr würdet erfahren gute Schwänke. 27 Zwischen Stühlen und Bänken können selbst schwache Leute gehen. Holl.: Aan stoelen en banken, tot dat men zelf kan gaan. (Harrebomée, II, 307a.) *28 A kimmt vum Stuhl uf a Schemel. (Kreis Militsch.) Es geht mit seiner Wirthschaft rückwärts. Aehnlich: Er kommt vom Hund auf den Schwanz. *29 Auf den Stuhl kommen. (Schweiz.) Ein Landesamt bekommen. *30 Auf zwei Stühlen sitzen. – Eiselein, 583. Es mit zwei Parteien halten, es mit keiner von beiden verderben wollen. Murner gebraucht es ebenfalls von den Unentschiedenen, den Zweiherrendienern. „Wir werden münch, vmm ewigs leben vnd dienen doch der Welt darneben vnd wenn wir haben den Dienst gethon, so gibt vns doch jr keiner lohn.“ – „Zweien Herren Dienst zusagen, mit einem Hund zwen Hasen jagen, loben da, vnd dorthin klagen, das kan nit sein, durch grosse witzen, vnd macht offt manchen schelmen sitzen zwischen zwein stülen nider, das er selten aufstat wider.“ (Murner, Sehelm., 21, in Kloster, I, 853.) Die Russen: Sich auf zwei Stühle zugleich setzen. Sitze nicht auf zwei Stühlen. (Altmann VI, 466 u. 512.) Holl.: Op twee stoelen te gelijk zitten. (Harrebomée, II, 317a.) Lat.: Duabus sedere sellis. (Macrobius.) (Faselius, 67.) *31 De Stuel öberchera. – Tobler, 417. Die Bühne, worauf der Stuhl des regierenden Landammann steht, umstürzen, Zeichen der Revolution. *32 De Stuhl brennt mi unnerm Êrs. – Eichwald, 1852. *33 Den Stuhl neu besetzen. Das Amt. Lat.: Praepostere Tullius. (Erasm., 15.) *34 Der Stuel brennet jhn. (S. Scheit 8.) – Mathesy, 330b. „Der Stuhl brennt jhn, d. i. er mag nicht arbeiten.“ (Mathesy, 297b.) *35 Der Stuhl, auf dem er sitzen soll, ist noch beim Schreiner. – Parömiakon, 1755. *36 Die Stühle wollen auf die Bänke steigen. „Stül springen auff die Bänck, vnd gehet das förderst zu dem obern.“ (Aventin, CCLXXIIIb.) „Die Stühle steigen auff die Bänk.“ (Herberger, Hertzpostille, I, 846.) *37 Die stül vff die benck setzen. – Tappius, 114b; Franck, II, 96b; Murner, Nb., 26; Hauer, 62; Henisch, 181, 16; Sutor, 420. Zwei nicht zusammenpassende Dinge miteinander in Verbindung oder zwei Dinge in ein unpassendes Verhältniss zueinander bringen, als wenn man Stühle, die an oder neben den Tisch gehören, darauf setzt, oder eine Löwenhaut über ein Frauenkleid zieht. Lat.: Duos insequens lepores neutrum capit. (Binder I, 388; II, 887; Frob., 165; Sutor, 913; Weber, 2, 70.) – Feli crocoton. (Hanzely, 18; Philippi, I, 153.) – Leonis exuvium super crocoton. (Hanzely, 18.) – Sellas inter duas in terra sedere. (Bovill, I, 6.) *38 Du musst einen Stuhl mitbringen, wie ein ungeladener Gast. *39 Du sollst ûch'n Stuhl im Gan-Eden haben. – Tendlau, 484. Scherzhafter Ausdruck des Dankes für eine erwiesene Gefälligkeit. Gan-Eden = Garten der Lieblichkeit, das Paradies. Man glaubt nämlich, dass jeder Fromme einen Sitz oder Stuhl im Paradiese angewiesen erhalte, als Belohnung für das Gute, was er auf der Erde gethan habe. In Warschau: Er wett huben a Stuhl in Gan Eden. Ein Jude, der in den letzten Zügen lag, machte noch folgende witzige Anwendung von der Redensart: er bat, ihm schnell ein Lavement zu geben, und antwortete, nach dem Grunde gefragt: Ich will einen Stuhl (hier: Leibesöffnung) im Paradiese haben. Denselben Sinn hat auch eine andere jüdisch-deutsche Redensart: Ich loss dir àch einen Mi sehubürach machen, d. h. ich lasse dafür durch den Vorbeter in der Synagoge einen Segen für dich sprechen. *40 Einem auf dem Stüelel hersitzen. – Schöpf, 724. Ihm auf jeden Wink zu Diensten stehen. Meist ironisch. *41 Einem den Stuhl vor die Thür setzen. – Eiselein, 583; Körte, 5781; Lohrengel, 191; Braun, I, 4342; Theatrum, Diabolorum, 209a; für Franken: Frommann, VI, 325, 374. Alle Verbindung mit ihm aufheben. Der kleinste Grundbesitz, den die deutschen Weisthümer anerkennen, ist ein Raum, auf dem ein dreibeiniger Stuhl stehen kann. Derselbe Stuhl diente indess auch, um den Besitz grösserer Grundstücke zu erwerben. Der Erwerber setzte sich auf einen solchen Stuhl und rutschte mit drei Stössen in das erworbene Grundstück ein oder er liess den Stuhl vorher in die Mitte desselben tragen und setzte sich dann erst gemächlich nieder. Manchmal musste so drei Nächte hindurch gesessen werden und wurde, sobald der erste feierliche Act durch den Herrn abgemacht war, die langweilige Besitzung durch den Diener vollendet. – So wie der Stuhl das äussere Zeichen des Besitzes und der Herrschaft (Wodan's-Stuhl, der Himmelsstuhl, Thron, der Stuhl Petri), so geht andererseits mit dem Verluste des Stuhls auch die Gewalt verloren. Nach alter deutscher Sitte wurde die Ausweisung aus dem Besitze eines Grundstücks dadurch vollzogen, dass man dem Besitzer den dreibeinigen Stuhl vor die Thür setzte und ihm dadurch zu verstehen gab, dass er in dem Grundstücke keinen Besitz, d. h. nicht das geringste Eigenthum mehr habe. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 80, 187 u. 453; Neues preuss. Provinzialbl., XII, 444.) „Wie se dos hurte, sotzte se mer goar a Stouhl vor de Theire und meinte, wenn se selde Eselsarbt thun und Zesgefutter assen, welde se lieber goar müssig geihn.“ (Keller, 166b.) Schwed.: Sättja stol för döre. (Grubb, 785.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/475
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [469]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/475>, abgerufen am 03.12.2024.