Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] *39 Er macht eine blankenbergsche Rechnung. (Holl.)

Blankenberg ist ein Flecken in Westflandern, am Meere gelegen, das noch heute meist vom Fischfange sich nährt. Die blankenberger Seeleute waren früher als Seeräuber bekannt, welche die Kauffahrteischiffe überfielen und sie nahmen, ohne zu bezahlen. Und in diesem Sinne wird das Sprichwort gebraucht. (Sprenger van Eijk.)

Holl.: Hij maakt eene Blankenbergsche rekening. (Harrebomee, II, 217a.)

*40 Er macht eine blankenburgische Rechnung.

Blankenburg war früher eine Grafschaft, welche 1690 Ludwig Rudolf von seinem Vater, Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, erhielt. Joseph I. erhob es 1707 zu einem Reichsfürstenthum, Braunschweig-Blankenburg genannt. Da er jedoch mit der Stammregulirung zögerte, wurde 1731 der obengenannte Herzog Besitzer aller braunschweig- wolfenbüttelschen Länder. Die Blankenburger sahen sich daher in ihrer Erwartung, ihre Grafschaft zu einem Reichsfürstenthum erhoben zu sehen, getäuscht. Das Sprichwort sagt also: eine falsche, unrichtige Rechnung machen, sich in seinen Voraussetzungen irren. - In Aegypten sagt man, um den Gedanken auszudrücken, dass man durch Ausserachtlassung eines Umstandes zu einem irrigen Ergebniss gelangt sei: "Wir hatten in unserer Rechnung die Schlange und den Skorpion eingerechnet, aber den Vierundvierzigfuss vergessen." Nach Burckhardt (205) wird das Sprichwort besonders von denen gebraucht, die keine Vorkehrungen gegen den gefährlichsten Feind getroffen haben. Der Erbawa erbain ist nach dem genannten Schriftsteller ein kleines spinnenähnliches, sehr giftiges Insekt mit 44 Füssen. Von Menschen, deren Feigheit uns in unsern Erwartungen getäuscht hat, sagt man: Wir rechneten auf Männer in der Wüste. (Burckhardt, 215.)

Holl.: Eene kwade (verkeerde) rekening maken. - Zijne rekening kwalijk maken. (Harrebomee, II, 216b.)

*41 Er schreibt die Rechnung mit doppelter Kreide.

*42 Etwas auf fremde Rechnung bringen.

Holl.: Iets op rekening van een ander stellen. (Harrebomee, II, 217a.)

*43 Mach' deine Rechnung mit dem Himmel.

Aus Schiller's Wilhelm Tell (4. Act, 3. Scene), dem Monolog Tell's in der hohlen Gasse.

*44 Seine Rechnungen sind richtig.

Er ist aufrichtig, ehrlich.

Holl.: Zijne rekening sluit. (Harrebomee, II, 217a.)


Recht (Subst.).

1 Alles, was das Recht erlaubt, thut man mit Recht. - Graf, 285, 6.

Mhd..: Allez daz das reht irloubt, daz tut man wol mit rehte. (Daniels, 334, 43.)

2 Alt Recht und frischer Braten ist wohl zu rathen.

Böhm.: Stara prava, cerstva potrava - nejlepsi. (Celakovsky, 339.)

Poln.: Stare ustawy, swieze potrawy, sa najlepsze. (Celakovsky, 339.)

3 Alten Rechten soll man folgen, aber neue Speisen essen.

4 Altes Recht und alter Wein sind die besten.

Ueber "Deutsches Recht im Volksmunde" hielt Dr. jur. Georg Cohn zu Breslau am 21. Jan. 1872 einen Sonntagsvortrag. In der Einleitung wurde an den Unterschied in der Verbreitung der Rechtskunde zwischen sonst und jetzt erinnert. Während die Kenntniss des Rechts dem Volke schon seit langer Zeit abhanden gekommen ist und in unsern Tagen meist nur bei Juristen von Fach angetroffen wird, war die Rechtskunde bis tief in das Mittelalter hinein etwas im Volke Lebendes. Nach echt deutscher Sitte pflegte das Volk seine Rechtsregeln in Sprichwörtern, Parömien genannt, auszudrücken, und gegen viertausend derselben leben heute noch im Volksmunde, ohne dass man sich derselben als Rechtsregeln bewusst ist. Ein Bericht über den Vortrag findet sich in der Schlesischen Zeitung, 1872, Nr. 56.

Böhm.: Cim davnej i, tim pravne pevnejsi. - Z veci nikomu nenalezejicich. co vzato, to svato. (Celakovsky, 343.)

5 Alzeit wie Recht ist. - Graubünden, 48.

6 Aus dem Recht wird nichts. - Luther's Werke, IV, 160b.

7 Auss recht ist Schinderey, auss gerechtigkeit Klag worden. - Henisch, 1509, 33.

8 Bat dem enen Recht es, es dem annern billig. - Woeste, 74, 265.

9 Bedingt Recht bricht Landrecht. (S. Reichsrecht und Willkür.) - Simrock, 8243; Körte, 4968; Graf, 25, 268; Körte2, 6219.

Wenn ein Geschäft nach einem bestimmten Recht vereinbart ist, so kommt auch dies Recht gegenüber dem gemeinen zur Anwendung. Was ist aber Recht? Nach Graf (6): "Die Ordnung alles Bestehenden als Wahrheit in den Verhältnissen oder, mit den Rechtsbüchern zu reden, Gott selbst." Im eigentlichen und [Spaltenumbruch] strengern Sinne aber (Graf. 7) bezeichnet Recht die Ordnung jener äusserlichen Verhältnisse und Handlungen freier Menschen, welche zum Bestande aller, sowol innerhalb eines bestimmten Gemeinwesens als der Menschheit überhaupt nothwendig sind.

10 Brück din Recht, man sanner Bocht. (Nordfries.) - Firmenich, III, 6, 77; Johansen, 72.

Brauche dein Recht, aber ohne Bucht, d. h. ohne Umwege, gehe gerade durch.

11 Da hat das Recht keine Gewalt, wo die Gewalt Recht hat.

12 Das äusserste Recht ist selten recht. - Graf, 4, 78.

13 Das eng recht ist ein weit vnrecht. - Lehmann, 631, 51; Petri, II, 240; Hillebrand, 5, 5; Simrock, 8204; Sailer, 250; Graf, 4, 77.

Diese Behauptung ist zu allgemein. "Eng Recht" ist entweder das zu buchstäbliche oder ein allgemeines Recht, zu beschränkt auf einen besondern Fall angewandt.

14 Das Göttliche Recht bricht alle andere Rechte. - Lehmann, 626, 5.

Es sollen nur leider die Merkmale noch entdeckt werden, an denen man das "göttliche Recht" erkennt; und daher kommt es, dass menschlicher Blödsinn gar nicht selten die Anmassung hat, sich für "göttliches Recht" auszugeben und als solches Anerkennung zu fordern.

15 Das grössere Recht hebt das mindere auf. - Graf, 25, 273.

Vom Widerstreite der Rechte. Wenn innerhalb desselben Rechtskreises verschiedene Gesetze auftreten, so geht, weil nur, was gilt, Recht ist, das jüngste allen vor; unter gleich alten kommt das enger begrenzte und darum für den einzelnen Gegenstand mit reicherm Inhalte vor dem allgemeinern, das stärkere vor dem schwächern zur Anwendung.

Mhd.: Dat gröter Recht heuet dat minste op. (Thorsen, II, 17, 4.) - The merae logh takaer e the minnae. (Thorsen, I, 60, 103.)

16 Das grössest Recht ist, von seinem Recht weichen. - Petri, II, 63.

17 Das grösste Recht ist das grösste Unrecht. - Dove, 655.

Eine witzige Anwendung des lateinischen Sprichworts machte Montmaur, als er einst beim Kanzler Seguier zum Mittagsessen war und mit Brühe begossen wurde. "Summum jus (Brühe), summa injuria", sagte er, auf den Kanzler hinblickend, dem er die Absichtlichkeit dieses Scherzes zumuthete. (Witzfunken, IIb, 174.)

Böhm.: Hole prisne pravo hole bezpravi. - Vrch prava, vrch krivdy. (Celakovsky, 339.)

Holl.: Het hoogste regt is het hoogste onregt. - Het uiterste regt gaat slim genoeg toe. (Harrebomee, II, 214a.)

Lat.: Jus summum saepe summa malitia est. - Summum jus, summa injuria. (Cicero.) (Seybold, 268 u. 587; Chaos, 435; Frob., 581; Hauer, 160; Philippi, II, 205.) - Summum jus, summa saepe malitia est. (Eiselein, 522.)

Schwed.: Högsta rätt är ofta högsta orätt. (Grubb, 370.)

18 Das ist Recht, was der König sagt. - Graf, 17, 207.

Isl.: Thadh eru lög sem kongr segir. (Jonssyni, 376.)

19 Das ist Recht, was recht ist. - Graf, 2, 20.

Dän.: Thadh er rett, sem rett er. (Jonssyni, 371.)

20 Das neue Recht beginnt, wo es das alte gelassen. - Graf, 18, 218.

Obgleich jedes Gesetz für immer gegeben wird, so müssen doch um neuer Sachen willen neue Rechte gesetzt werden, um jedem neuen Verhältniss gerecht zu werden. "Die Rechte ändern sich bei (all) gemeiner Aenderung und erneuern sich bei gemeiner Neuerung. Den Frieden, den das alte Gesetz nicht ausgerichtet hat, soll das neue ausrichten." (Graf, 20.)

Altfries.: Dat nye riucht al deer thoe bygynnen deert ald iethen had. (Richthofen, 512, 25.)

21 Das papistische Recht ist eim Bild gleich, das am Haupt ein Jungfraw, am Leib ein Löw, am Schwantz ein Schlang ist.

"Der anfang ist schön vnnd lieblig anzusehen", sagt Luther, "es handelt aber dann mit gewalt vnd ist zuletzt eitel betrug vnd falschheit." (Zinkgref, IV, 56.)

22 Das Recht ändert sich mit dem Himmelsstrich.

23 Das recht bedarff offt (guter) hilff. - Franck, II, 188a; Gruter, I, 12; Petri, II, 68; Simrock, 8225.

It.: La buona ragione ha sovente mestier di buon aiuto. (Pazzaglia, 317, 5.)

24 Das Recht beschirmt die Unschuld. - Graf, 6, 105.

Altfries.: Dat riucht beschirmet da onschield. (Hettema, LXIII, 18; Fries. Wetten, II, 145; Richthofen, 423, 2.)

25 Das Recht bringt nur kleine Diebe an den Galgen.

Lat.: Irretit muscas, transmittit aranea vespas. (Sutor, 370.)

[Spaltenumbruch] *39 Er macht eine blankenbergsche Rechnung. (Holl.)

Blankenberg ist ein Flecken in Westflandern, am Meere gelegen, das noch heute meist vom Fischfange sich nährt. Die blankenberger Seeleute waren früher als Seeräuber bekannt, welche die Kauffahrteischiffe überfielen und sie nahmen, ohne zu bezahlen. Und in diesem Sinne wird das Sprichwort gebraucht. (Sprenger van Eijk.)

Holl.: Hij maakt eene Blankenbergsche rekening. (Harrebomée, II, 217a.)

*40 Er macht eine blankenburgische Rechnung.

Blankenburg war früher eine Grafschaft, welche 1690 Ludwig Rudolf von seinem Vater, Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, erhielt. Joseph I. erhob es 1707 zu einem Reichsfürstenthum, Braunschweig-Blankenburg genannt. Da er jedoch mit der Stammregulirung zögerte, wurde 1731 der obengenannte Herzog Besitzer aller braunschweig- wolfenbüttelschen Länder. Die Blankenburger sahen sich daher in ihrer Erwartung, ihre Grafschaft zu einem Reichsfürstenthum erhoben zu sehen, getäuscht. Das Sprichwort sagt also: eine falsche, unrichtige Rechnung machen, sich in seinen Voraussetzungen irren. – In Aegypten sagt man, um den Gedanken auszudrücken, dass man durch Ausserachtlassung eines Umstandes zu einem irrigen Ergebniss gelangt sei: „Wir hatten in unserer Rechnung die Schlange und den Skorpion eingerechnet, aber den Vierundvierzigfuss vergessen.“ Nach Burckhardt (205) wird das Sprichwort besonders von denen gebraucht, die keine Vorkehrungen gegen den gefährlichsten Feind getroffen haben. Der Erbawa erbain ist nach dem genannten Schriftsteller ein kleines spinnenähnliches, sehr giftiges Insekt mit 44 Füssen. Von Menschen, deren Feigheit uns in unsern Erwartungen getäuscht hat, sagt man: Wir rechneten auf Männer in der Wüste. (Burckhardt, 215.)

Holl.: Eene kwade (verkeerde) rekening maken. – Zijne rekening kwalijk maken. (Harrebomée, II, 216b.)

*41 Er schreibt die Rechnung mit doppelter Kreide.

*42 Etwas auf fremde Rechnung bringen.

Holl.: Iets op rekening van een ander stellen. (Harrebomée, II, 217a.)

*43 Mach' deine Rechnung mit dem Himmel.

Aus Schiller's Wilhelm Tell (4. Act, 3. Scene), dem Monolog Tell's in der hohlen Gasse.

*44 Seine Rechnungen sind richtig.

Er ist aufrichtig, ehrlich.

Holl.: Zijne rekening sluit. (Harrebomée, II, 217a.)


Recht (Subst.).

1 Alles, was das Recht erlaubt, thut man mit Recht.Graf, 285, 6.

Mhd..: Allez daz das reht irloubt, daz tut man wol mit rehte. (Daniels, 334, 43.)

2 Alt Recht und frischer Braten ist wohl zu rathen.

Böhm.: Stará práva, čerstvá potrava – nejlepší. (Čelakovský, 339.)

Poln.: Stare ustawy, świeže potrawy, są najlepsze. (Čelakovský, 339.)

3 Alten Rechten soll man folgen, aber neue Speisen essen.

4 Altes Recht und alter Wein sind die besten.

Ueber „Deutsches Recht im Volksmunde“ hielt Dr. jur. Georg Cohn zu Breslau am 21. Jan. 1872 einen Sonntagsvortrag. In der Einleitung wurde an den Unterschied in der Verbreitung der Rechtskunde zwischen sonst und jetzt erinnert. Während die Kenntniss des Rechts dem Volke schon seit langer Zeit abhanden gekommen ist und in unsern Tagen meist nur bei Juristen von Fach angetroffen wird, war die Rechtskunde bis tief in das Mittelalter hinein etwas im Volke Lebendes. Nach echt deutscher Sitte pflegte das Volk seine Rechtsregeln in Sprichwörtern, Parömien genannt, auszudrücken, und gegen viertausend derselben leben heute noch im Volksmunde, ohne dass man sich derselben als Rechtsregeln bewusst ist. Ein Bericht über den Vortrag findet sich in der Schlesischen Zeitung, 1872, Nr. 56.

Böhm.: Čím dávnĕj í, tím právnĕ pevnĕjší. – Z vĕcí nikomu nenáležejících. co vzato, to svato. (Čelakovský, 343.)

5 Alzeit wie Recht ist.Graubünden, 48.

6 Aus dem Recht wird nichts.Luther's Werke, IV, 160b.

7 Auss recht ist Schinderey, auss gerechtigkeit Klag worden.Henisch, 1509, 33.

8 Bat dem enen Recht es, es dem annern billig.Woeste, 74, 265.

9 Bedingt Recht bricht Landrecht. (S. Reichsrecht und Willkür.) – Simrock, 8243; Körte, 4968; Graf, 25, 268; Körte2, 6219.

Wenn ein Geschäft nach einem bestimmten Recht vereinbart ist, so kommt auch dies Recht gegenüber dem gemeinen zur Anwendung. Was ist aber Recht? Nach Graf (6): „Die Ordnung alles Bestehenden als Wahrheit in den Verhältnissen oder, mit den Rechtsbüchern zu reden, Gott selbst.“ Im eigentlichen und [Spaltenumbruch] strengern Sinne aber (Graf. 7) bezeichnet Recht die Ordnung jener äusserlichen Verhältnisse und Handlungen freier Menschen, welche zum Bestande aller, sowol innerhalb eines bestimmten Gemeinwesens als der Menschheit überhaupt nothwendig sind.

10 Brück din Recht, man sanner Bocht. (Nordfries.) – Firmenich, III, 6, 77; Johansen, 72.

Brauche dein Recht, aber ohne Bucht, d. h. ohne Umwege, gehe gerade durch.

11 Da hat das Recht keine Gewalt, wo die Gewalt Recht hat.

12 Das äusserste Recht ist selten recht.Graf, 4, 78.

13 Das eng recht ist ein weit vnrecht.Lehmann, 631, 51; Petri, II, 240; Hillebrand, 5, 5; Simrock, 8204; Sailer, 250; Graf, 4, 77.

Diese Behauptung ist zu allgemein. „Eng Recht“ ist entweder das zu buchstäbliche oder ein allgemeines Recht, zu beschränkt auf einen besondern Fall angewandt.

14 Das Göttliche Recht bricht alle andere Rechte.Lehmann, 626, 5.

Es sollen nur leider die Merkmale noch entdeckt werden, an denen man das „göttliche Recht“ erkennt; und daher kommt es, dass menschlicher Blödsinn gar nicht selten die Anmassung hat, sich für „göttliches Recht“ auszugeben und als solches Anerkennung zu fordern.

15 Das grössere Recht hebt das mindere auf.Graf, 25, 273.

Vom Widerstreite der Rechte. Wenn innerhalb desselben Rechtskreises verschiedene Gesetze auftreten, so geht, weil nur, was gilt, Recht ist, das jüngste allen vor; unter gleich alten kommt das enger begrenzte und darum für den einzelnen Gegenstand mit reicherm Inhalte vor dem allgemeinern, das stärkere vor dem schwächern zur Anwendung.

Mhd.: Dat gröter Recht heuet dat minste op. (Thorsen, II, 17, 4.) – The merae logh takaer e the minnae. (Thorsen, I, 60, 103.)

16 Das grössest Recht ist, von seinem Recht weichen.Petri, II, 63.

17 Das grösste Recht ist das grösste Unrecht.Dove, 655.

Eine witzige Anwendung des lateinischen Sprichworts machte Montmaur, als er einst beim Kanzler Seguier zum Mittagsessen war und mit Brühe begossen wurde. „Summum jus (Brühe), summa injuria“, sagte er, auf den Kanzler hinblickend, dem er die Absichtlichkeit dieses Scherzes zumuthete. (Witzfunken, IIb, 174.)

Böhm.: Holé přísné právo holé bezpraví. – Vrch práva, vrch křivdy. (Čelakovský, 339.)

Holl.: Het hoogste regt is het hoogste onregt. – Het uiterste regt gaat slim genoeg toe. (Harrebomée, II, 214a.)

Lat.: Jus summum saepe summa malitia est. – Summum jus, summa injuria. (Cicero.) (Seybold, 268 u. 587; Chaos, 435; Frob., 581; Hauer, 160; Philippi, II, 205.) – Summum jus, summa saepe malitia est. (Eiselein, 522.)

Schwed.: Högsta rätt är ofta högsta orätt. (Grubb, 370.)

18 Das ist Recht, was der König sagt.Graf, 17, 207.

Isl.: Thadh eru lög sem kongr segir. (Jonssyni, 376.)

19 Das ist Recht, was recht ist.Graf, 2, 20.

Dän.: Thadh er rett, sem rett er. (Jonssyni, 371.)

20 Das neue Recht beginnt, wo es das alte gelassen.Graf, 18, 218.

Obgleich jedes Gesetz für immer gegeben wird, so müssen doch um neuer Sachen willen neue Rechte gesetzt werden, um jedem neuen Verhältniss gerecht zu werden. „Die Rechte ändern sich bei (all) gemeiner Aenderung und erneuern sich bei gemeiner Neuerung. Den Frieden, den das alte Gesetz nicht ausgerichtet hat, soll das neue ausrichten.“ (Graf, 20.)

Altfries.: Dat nye riucht al deer thoe bygynnen deert ald iethen had. (Richthofen, 512, 25.)

21 Das papistische Recht ist eim Bild gleich, das am Haupt ein Jungfraw, am Leib ein Löw, am Schwantz ein Schlang ist.

„Der anfang ist schön vnnd lieblig anzusehen“, sagt Luther, „es handelt aber dann mit gewalt vnd ist zuletzt eitel betrug vnd falschheit.“ (Zinkgref, IV, 56.)

22 Das Recht ändert sich mit dem Himmelsstrich.

23 Das recht bedarff offt (guter) hilff.Franck, II, 188a; Gruter, I, 12; Petri, II, 68; Simrock, 8225.

It.: La buona ragione hà sovente mestier di buon aiuto. (Pazzaglia, 317, 5.)

24 Das Recht beschirmt die Unschuld.Graf, 6, 105.

Altfries.: Dat riucht beschirmet da onschield. (Hettema, LXIII, 18; Fries. Wetten, II, 145; Richthofen, 423, 2.)

25 Das Recht bringt nur kleine Diebe an den Galgen.

Lat.: Irretit muscas, transmittit aranea vespas. (Sutor, 370.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0773" n="[759]"/><cb n="1517"/>
*39 Er macht eine blankenbergsche Rechnung.</hi> (<hi rendition="#i">Holl.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Blankenberg ist ein Flecken in Westflandern, am Meere gelegen, das noch heute meist vom Fischfange sich nährt. Die blankenberger Seeleute waren früher als Seeräuber bekannt, welche die Kauffahrteischiffe überfielen und sie nahmen, ohne zu bezahlen. Und in diesem Sinne wird das Sprichwort gebraucht. (<hi rendition="#i">Sprenger van Eijk.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij maakt eene Blankenbergsche rekening. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 217<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*40 Er macht eine blankenburgische Rechnung.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Blankenburg war früher eine Grafschaft, welche 1690 Ludwig Rudolf von seinem Vater, Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, erhielt. Joseph I. erhob es 1707 zu einem Reichsfürstenthum, Braunschweig-Blankenburg genannt. Da er jedoch mit der Stammregulirung zögerte, wurde 1731 der obengenannte Herzog Besitzer aller braunschweig- wolfenbüttelschen Länder. Die Blankenburger sahen sich daher in ihrer Erwartung, ihre Grafschaft zu einem Reichsfürstenthum erhoben zu sehen, getäuscht. Das Sprichwort sagt also: eine falsche, unrichtige Rechnung machen, sich in seinen Voraussetzungen irren. &#x2013; In Aegypten sagt man, um den Gedanken auszudrücken, dass man durch Ausserachtlassung eines Umstandes zu einem irrigen Ergebniss gelangt sei: &#x201E;Wir hatten in unserer Rechnung die Schlange und den Skorpion eingerechnet, aber den Vierundvierzigfuss vergessen.&#x201C; Nach <hi rendition="#i">Burckhardt (205)</hi> wird das Sprichwort besonders von denen gebraucht, die keine Vorkehrungen gegen den gefährlichsten Feind getroffen haben. Der Erbawa erbain ist nach dem genannten Schriftsteller ein kleines spinnenähnliches, sehr giftiges Insekt mit 44 Füssen. Von Menschen, deren Feigheit uns in unsern Erwartungen getäuscht hat, sagt man: Wir rechneten auf Männer in der Wüste. (<hi rendition="#i">Burckhardt, 215.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Eene kwade (verkeerde) rekening maken. &#x2013; Zijne rekening kwalijk maken. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 216<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*41 Er schreibt die Rechnung mit doppelter Kreide.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*42 Etwas auf fremde Rechnung bringen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Iets op rekening van een ander stellen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 217<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*43 Mach' deine Rechnung mit dem Himmel.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Aus <hi rendition="#i">Schiller's Wilhelm Tell (4. Act, 3. Scene)</hi>, dem Monolog Tell's in der hohlen Gasse.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*44 Seine Rechnungen sind richtig.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Er ist aufrichtig, ehrlich.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Zijne rekening sluit. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 217<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head><hi rendition="#b">Recht</hi> (Subst.).</head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Alles, was das Recht erlaubt, thut man mit Recht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 285, 6.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd..</hi>: Allez daz das reht irloubt, daz tut man wol mit rehte. (<hi rendition="#i">Daniels, 334, 43.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Alt Recht und frischer Braten ist wohl zu rathen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Stará práva, &#x010D;erstvá potrava &#x2013; nejlep&#x0161;í. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 339.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Stare ustawy, &#x015B;wie&#x017E;e potrawy, s&#x0105; najlepsze. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 339.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Alten Rechten soll man folgen, aber neue Speisen essen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Altes Recht und alter Wein sind die besten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ueber &#x201E;Deutsches Recht im Volksmunde&#x201C; hielt Dr. jur. Georg Cohn zu Breslau am 21. Jan. 1872 einen Sonntagsvortrag. In der Einleitung wurde an den Unterschied in der Verbreitung der Rechtskunde zwischen sonst und jetzt erinnert. Während die Kenntniss des Rechts dem Volke schon seit langer Zeit abhanden gekommen ist und in unsern Tagen meist nur bei Juristen von Fach angetroffen wird, war die Rechtskunde bis tief in das Mittelalter hinein etwas im Volke Lebendes. Nach echt deutscher Sitte pflegte das Volk seine Rechtsregeln in Sprichwörtern, Parömien genannt, auszudrücken, und gegen viertausend derselben leben heute noch im Volksmunde, ohne dass man sich derselben als Rechtsregeln bewusst ist. Ein Bericht über den Vortrag findet sich in der <hi rendition="#i">Schlesischen Zeitung,</hi> 1872, Nr. 56.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: &#x010C;ím dávn&#x0115;j í, tím právn&#x0115; pevn&#x0115;j&#x0161;í. &#x2013; Z v&#x0115;cí nikomu nenále&#x017E;ejících. co vzato, to svato. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 343.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Alzeit wie Recht ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graubünden, 48.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Aus dem Recht wird nichts.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Luther's Werke, IV, 160<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Auss recht ist Schinderey, auss gerechtigkeit Klag worden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1509, 33.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Bat dem enen Recht es, es dem annern billig.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Woeste, 74, 265.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Bedingt Recht bricht Landrecht.</hi> (S.  Reichsrecht und  Willkür.) &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 8243; Körte, 4968; Graf, 25, 268; Körte<hi rendition="#sup">2</hi>, 6219.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn ein Geschäft nach einem bestimmten Recht vereinbart ist, so kommt auch dies Recht gegenüber dem gemeinen zur Anwendung. Was ist aber Recht? Nach <hi rendition="#i">Graf (6)</hi>: &#x201E;Die Ordnung alles Bestehenden als Wahrheit in den Verhältnissen oder, mit den Rechtsbüchern zu reden, Gott selbst.&#x201C; Im eigentlichen und <cb n="1518"/>
strengern Sinne aber (<hi rendition="#i">Graf. 7</hi>) bezeichnet Recht die Ordnung jener äusserlichen Verhältnisse und Handlungen freier Menschen, welche zum Bestande aller, sowol innerhalb eines bestimmten Gemeinwesens als der Menschheit überhaupt nothwendig sind.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Brück din Recht, man sanner Bocht.</hi> (<hi rendition="#i">Nordfries.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Firmenich, III, 6, 77; Johansen, 72.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Brauche dein Recht, aber ohne Bucht, d. h. ohne Umwege, gehe gerade durch.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Da hat das Recht keine Gewalt, wo die Gewalt Recht hat.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Das äusserste Recht ist selten recht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 4, 78.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Das eng recht ist ein weit vnrecht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 631, 51; Petri, II, 240; Hillebrand, 5, 5; Simrock, 8204; Sailer, 250; Graf, 4, 77.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Diese Behauptung ist zu allgemein. &#x201E;Eng Recht&#x201C; ist entweder das zu buchstäbliche oder ein allgemeines Recht, zu beschränkt auf einen besondern Fall angewandt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Das Göttliche Recht bricht alle andere Rechte.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 626, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Es sollen nur leider die Merkmale noch entdeckt werden, an denen man das &#x201E;göttliche Recht&#x201C; erkennt; und daher kommt es, dass menschlicher Blödsinn gar nicht selten die Anmassung hat, sich für &#x201E;göttliches Recht&#x201C; auszugeben und als solches Anerkennung zu fordern.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Das grössere Recht hebt das mindere auf.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 25, 273.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Vom Widerstreite der Rechte. Wenn innerhalb desselben Rechtskreises verschiedene Gesetze auftreten, so geht, weil nur, was gilt, Recht ist, das jüngste allen vor; unter gleich alten kommt das enger begrenzte und darum für den einzelnen Gegenstand mit reicherm Inhalte vor dem allgemeinern, das stärkere vor dem schwächern zur Anwendung.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Dat gröter Recht heuet dat minste op. (<hi rendition="#i">Thorsen, II, 17, 4.</hi>) &#x2013; The merae logh takaer e the minnae. (<hi rendition="#i">Thorsen, I, 60, 103.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Das grössest Recht ist, von seinem Recht weichen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 63.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Das grösste Recht ist das grösste Unrecht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Dove, 655.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Eine witzige Anwendung des lateinischen Sprichworts machte Montmaur, als er einst beim Kanzler Seguier zum Mittagsessen war und mit Brühe begossen wurde. &#x201E;Summum jus (Brühe), summa injuria&#x201C;, sagte er, auf den Kanzler hinblickend, dem er die Absichtlichkeit dieses Scherzes zumuthete. (<hi rendition="#i">Witzfunken, II<hi rendition="#sup">b</hi>, 174.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Holé p&#x0159;ísné právo holé bezpraví. &#x2013; Vrch práva, vrch k&#x0159;ivdy. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 339.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Het hoogste regt is het hoogste onregt. &#x2013; Het uiterste regt gaat slim genoeg toe. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 214<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Jus summum saepe summa malitia est. &#x2013; Summum jus, summa injuria. (<hi rendition="#i">Cicero.</hi>) (<hi rendition="#i">Seybold, 268 u. 587; Chaos, 435; Frob., 581; Hauer, 160; Philippi, II, 205.</hi>) &#x2013; Summum jus, summa saepe malitia est. (<hi rendition="#i">Eiselein, 522.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Schwed.</hi>: Högsta rätt är ofta högsta orätt. (<hi rendition="#i">Grubb, 370.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Das ist Recht, was der König sagt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 17, 207.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Isl.</hi>: Thadh eru lög sem kongr segir. (<hi rendition="#i">Jonssyni, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Das ist Recht, was recht ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 2, 20.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Thadh er rett, sem rett er. (<hi rendition="#i">Jonssyni, 371.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Das neue Recht beginnt, wo es das alte gelassen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 18, 218.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Obgleich jedes Gesetz für immer gegeben wird, so müssen doch um neuer Sachen willen neue Rechte gesetzt werden, um jedem neuen Verhältniss gerecht zu werden. &#x201E;Die Rechte ändern sich bei (all) gemeiner Aenderung und erneuern sich bei gemeiner Neuerung. Den Frieden, den das alte Gesetz nicht ausgerichtet hat, soll das neue ausrichten.&#x201C; (<hi rendition="#i">Graf, 20.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Altfries.</hi>: Dat nye riucht al deer thoe bygynnen deert ald iethen had. (<hi rendition="#i">Richthofen, 512, 25.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">21 Das papistische Recht ist eim Bild gleich, das am Haupt ein Jungfraw, am Leib ein Löw, am Schwantz ein Schlang ist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der anfang ist schön vnnd lieblig anzusehen&#x201C;, sagt <hi rendition="#i">Luther,</hi> &#x201E;es handelt aber dann mit gewalt vnd ist zuletzt eitel betrug vnd falschheit.&#x201C; (<hi rendition="#i">Zinkgref, IV, 56.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">22 Das Recht ändert sich mit dem Himmelsstrich.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Das recht bedarff offt (guter) hilff.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, II, 188<hi rendition="#sup">a</hi>; Gruter, I, 12; Petri, II, 68; Simrock, 8225.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: La buona ragione hà sovente mestier di buon aiuto. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 317, 5.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">24 Das Recht beschirmt die Unschuld.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 6, 105.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Altfries.</hi>: Dat riucht beschirmet da onschield. (<hi rendition="#i">Hettema, LXIII, 18; Fries. Wetten, II, 145; Richthofen, 423, 2.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">25 Das Recht bringt nur kleine Diebe an den Galgen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Irretit muscas, transmittit aranea vespas. (<hi rendition="#i">Sutor, 370.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[759]/0773] *39 Er macht eine blankenbergsche Rechnung. (Holl.) Blankenberg ist ein Flecken in Westflandern, am Meere gelegen, das noch heute meist vom Fischfange sich nährt. Die blankenberger Seeleute waren früher als Seeräuber bekannt, welche die Kauffahrteischiffe überfielen und sie nahmen, ohne zu bezahlen. Und in diesem Sinne wird das Sprichwort gebraucht. (Sprenger van Eijk.) Holl.: Hij maakt eene Blankenbergsche rekening. (Harrebomée, II, 217a.) *40 Er macht eine blankenburgische Rechnung. Blankenburg war früher eine Grafschaft, welche 1690 Ludwig Rudolf von seinem Vater, Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, erhielt. Joseph I. erhob es 1707 zu einem Reichsfürstenthum, Braunschweig-Blankenburg genannt. Da er jedoch mit der Stammregulirung zögerte, wurde 1731 der obengenannte Herzog Besitzer aller braunschweig- wolfenbüttelschen Länder. Die Blankenburger sahen sich daher in ihrer Erwartung, ihre Grafschaft zu einem Reichsfürstenthum erhoben zu sehen, getäuscht. Das Sprichwort sagt also: eine falsche, unrichtige Rechnung machen, sich in seinen Voraussetzungen irren. – In Aegypten sagt man, um den Gedanken auszudrücken, dass man durch Ausserachtlassung eines Umstandes zu einem irrigen Ergebniss gelangt sei: „Wir hatten in unserer Rechnung die Schlange und den Skorpion eingerechnet, aber den Vierundvierzigfuss vergessen.“ Nach Burckhardt (205) wird das Sprichwort besonders von denen gebraucht, die keine Vorkehrungen gegen den gefährlichsten Feind getroffen haben. Der Erbawa erbain ist nach dem genannten Schriftsteller ein kleines spinnenähnliches, sehr giftiges Insekt mit 44 Füssen. Von Menschen, deren Feigheit uns in unsern Erwartungen getäuscht hat, sagt man: Wir rechneten auf Männer in der Wüste. (Burckhardt, 215.) Holl.: Eene kwade (verkeerde) rekening maken. – Zijne rekening kwalijk maken. (Harrebomée, II, 216b.) *41 Er schreibt die Rechnung mit doppelter Kreide. *42 Etwas auf fremde Rechnung bringen. Holl.: Iets op rekening van een ander stellen. (Harrebomée, II, 217a.) *43 Mach' deine Rechnung mit dem Himmel. Aus Schiller's Wilhelm Tell (4. Act, 3. Scene), dem Monolog Tell's in der hohlen Gasse. *44 Seine Rechnungen sind richtig. Er ist aufrichtig, ehrlich. Holl.: Zijne rekening sluit. (Harrebomée, II, 217a.) Recht (Subst.). 1 Alles, was das Recht erlaubt, thut man mit Recht. – Graf, 285, 6. Mhd..: Allez daz das reht irloubt, daz tut man wol mit rehte. (Daniels, 334, 43.) 2 Alt Recht und frischer Braten ist wohl zu rathen. Böhm.: Stará práva, čerstvá potrava – nejlepší. (Čelakovský, 339.) Poln.: Stare ustawy, świeže potrawy, są najlepsze. (Čelakovský, 339.) 3 Alten Rechten soll man folgen, aber neue Speisen essen. 4 Altes Recht und alter Wein sind die besten. Ueber „Deutsches Recht im Volksmunde“ hielt Dr. jur. Georg Cohn zu Breslau am 21. Jan. 1872 einen Sonntagsvortrag. In der Einleitung wurde an den Unterschied in der Verbreitung der Rechtskunde zwischen sonst und jetzt erinnert. Während die Kenntniss des Rechts dem Volke schon seit langer Zeit abhanden gekommen ist und in unsern Tagen meist nur bei Juristen von Fach angetroffen wird, war die Rechtskunde bis tief in das Mittelalter hinein etwas im Volke Lebendes. Nach echt deutscher Sitte pflegte das Volk seine Rechtsregeln in Sprichwörtern, Parömien genannt, auszudrücken, und gegen viertausend derselben leben heute noch im Volksmunde, ohne dass man sich derselben als Rechtsregeln bewusst ist. Ein Bericht über den Vortrag findet sich in der Schlesischen Zeitung, 1872, Nr. 56. Böhm.: Čím dávnĕj í, tím právnĕ pevnĕjší. – Z vĕcí nikomu nenáležejících. co vzato, to svato. (Čelakovský, 343.) 5 Alzeit wie Recht ist. – Graubünden, 48. 6 Aus dem Recht wird nichts. – Luther's Werke, IV, 160b. 7 Auss recht ist Schinderey, auss gerechtigkeit Klag worden. – Henisch, 1509, 33. 8 Bat dem enen Recht es, es dem annern billig. – Woeste, 74, 265. 9 Bedingt Recht bricht Landrecht. (S. Reichsrecht und Willkür.) – Simrock, 8243; Körte, 4968; Graf, 25, 268; Körte2, 6219. Wenn ein Geschäft nach einem bestimmten Recht vereinbart ist, so kommt auch dies Recht gegenüber dem gemeinen zur Anwendung. Was ist aber Recht? Nach Graf (6): „Die Ordnung alles Bestehenden als Wahrheit in den Verhältnissen oder, mit den Rechtsbüchern zu reden, Gott selbst.“ Im eigentlichen und strengern Sinne aber (Graf. 7) bezeichnet Recht die Ordnung jener äusserlichen Verhältnisse und Handlungen freier Menschen, welche zum Bestande aller, sowol innerhalb eines bestimmten Gemeinwesens als der Menschheit überhaupt nothwendig sind. 10 Brück din Recht, man sanner Bocht. (Nordfries.) – Firmenich, III, 6, 77; Johansen, 72. Brauche dein Recht, aber ohne Bucht, d. h. ohne Umwege, gehe gerade durch. 11 Da hat das Recht keine Gewalt, wo die Gewalt Recht hat. 12 Das äusserste Recht ist selten recht. – Graf, 4, 78. 13 Das eng recht ist ein weit vnrecht. – Lehmann, 631, 51; Petri, II, 240; Hillebrand, 5, 5; Simrock, 8204; Sailer, 250; Graf, 4, 77. Diese Behauptung ist zu allgemein. „Eng Recht“ ist entweder das zu buchstäbliche oder ein allgemeines Recht, zu beschränkt auf einen besondern Fall angewandt. 14 Das Göttliche Recht bricht alle andere Rechte. – Lehmann, 626, 5. Es sollen nur leider die Merkmale noch entdeckt werden, an denen man das „göttliche Recht“ erkennt; und daher kommt es, dass menschlicher Blödsinn gar nicht selten die Anmassung hat, sich für „göttliches Recht“ auszugeben und als solches Anerkennung zu fordern. 15 Das grössere Recht hebt das mindere auf. – Graf, 25, 273. Vom Widerstreite der Rechte. Wenn innerhalb desselben Rechtskreises verschiedene Gesetze auftreten, so geht, weil nur, was gilt, Recht ist, das jüngste allen vor; unter gleich alten kommt das enger begrenzte und darum für den einzelnen Gegenstand mit reicherm Inhalte vor dem allgemeinern, das stärkere vor dem schwächern zur Anwendung. Mhd.: Dat gröter Recht heuet dat minste op. (Thorsen, II, 17, 4.) – The merae logh takaer e the minnae. (Thorsen, I, 60, 103.) 16 Das grössest Recht ist, von seinem Recht weichen. – Petri, II, 63. 17 Das grösste Recht ist das grösste Unrecht. – Dove, 655. Eine witzige Anwendung des lateinischen Sprichworts machte Montmaur, als er einst beim Kanzler Seguier zum Mittagsessen war und mit Brühe begossen wurde. „Summum jus (Brühe), summa injuria“, sagte er, auf den Kanzler hinblickend, dem er die Absichtlichkeit dieses Scherzes zumuthete. (Witzfunken, IIb, 174.) Böhm.: Holé přísné právo holé bezpraví. – Vrch práva, vrch křivdy. (Čelakovský, 339.) Holl.: Het hoogste regt is het hoogste onregt. – Het uiterste regt gaat slim genoeg toe. (Harrebomée, II, 214a.) Lat.: Jus summum saepe summa malitia est. – Summum jus, summa injuria. (Cicero.) (Seybold, 268 u. 587; Chaos, 435; Frob., 581; Hauer, 160; Philippi, II, 205.) – Summum jus, summa saepe malitia est. (Eiselein, 522.) Schwed.: Högsta rätt är ofta högsta orätt. (Grubb, 370.) 18 Das ist Recht, was der König sagt. – Graf, 17, 207. Isl.: Thadh eru lög sem kongr segir. (Jonssyni, 376.) 19 Das ist Recht, was recht ist. – Graf, 2, 20. Dän.: Thadh er rett, sem rett er. (Jonssyni, 371.) 20 Das neue Recht beginnt, wo es das alte gelassen. – Graf, 18, 218. Obgleich jedes Gesetz für immer gegeben wird, so müssen doch um neuer Sachen willen neue Rechte gesetzt werden, um jedem neuen Verhältniss gerecht zu werden. „Die Rechte ändern sich bei (all) gemeiner Aenderung und erneuern sich bei gemeiner Neuerung. Den Frieden, den das alte Gesetz nicht ausgerichtet hat, soll das neue ausrichten.“ (Graf, 20.) Altfries.: Dat nye riucht al deer thoe bygynnen deert ald iethen had. (Richthofen, 512, 25.) 21 Das papistische Recht ist eim Bild gleich, das am Haupt ein Jungfraw, am Leib ein Löw, am Schwantz ein Schlang ist. „Der anfang ist schön vnnd lieblig anzusehen“, sagt Luther, „es handelt aber dann mit gewalt vnd ist zuletzt eitel betrug vnd falschheit.“ (Zinkgref, IV, 56.) 22 Das Recht ändert sich mit dem Himmelsstrich. 23 Das recht bedarff offt (guter) hilff. – Franck, II, 188a; Gruter, I, 12; Petri, II, 68; Simrock, 8225. It.: La buona ragione hà sovente mestier di buon aiuto. (Pazzaglia, 317, 5.) 24 Das Recht beschirmt die Unschuld. – Graf, 6, 105. Altfries.: Dat riucht beschirmet da onschield. (Hettema, LXIII, 18; Fries. Wetten, II, 145; Richthofen, 423, 2.) 25 Das Recht bringt nur kleine Diebe an den Galgen. Lat.: Irretit muscas, transmittit aranea vespas. (Sutor, 370.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/773
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [759]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/773>, abgerufen am 23.11.2024.