Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.Aber der Mangel an Theilnahme liess die Idee nicht zur Ausführung kommen. So oft ich indess den geretteten Abdruck des Prospects ansehe, wird in mir der Wunsch nach einer Vereinigung von Kräften für den in Rede stehenden Zweck wieder neu. Als ich die Herausgabe des Deutschen Sprichwörter-Lexikon begann, rechnete ich darauf, dass die deutschen Lehrer es als eine volksthümliche, ihrer Stellung entsprechende Aufgabe betrachten würden, in jeder Kreisversammlung ein Exemplar des Deutschen Sprichwörter-Lexikon zu halten und dadurch zum Sammeln in ihrem Kreise veranlasst werden würden. Auf diese Weise glaubte ich durch Mitwirkung von hunderttausend deutschen Volksschullehrern den im Volksmunde wie den in der Literatur befindlichen Sprichwörterschatz, wenn jeder derselben jährlich auch nur Ein Buch ausgebeutet hätte, zu heben. Aber das Schöpfen aus den Tiefen der preussischen und andern Schulregulative, die Behandlung der biblischen Geschichte und das Einprägen alter Kernlieder scheint sie so in Anspruch genommen zu haben, dass für das deutsche Sprichwort, obgleich es auch Kernsprüche darunter gibt, Sinn oder - Zeit gefehlt haben. Aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter ist zu ersehen, dass einige derselben vom Beginn des Drucks an bisjetzt ihre Unterstützung und Mitwirkung gewährt haben. Aber wie klein ist die Zahl derselben! Und ich bin nicht in Gewissheit darüber, ob sie mitgewirkt, weil oder trotzdem dass sie Lehrer sind. Einige Namen der Mitwirkenden finden sich in diesem Bande nicht wieder, dagegen begegnen wir andern. Zwei der fleissigsten Mitarbeiter hat unser Werk wieder durch den Tod verloren; am 12. Aug. 1872 starb der Maler und Redacteur Eunom Elssner in Hirschberg und den 10. Oct. desselben Jahres der Oberlehrer und Stadtbibliothekar Dr. A. Tobias in Zittau, der einzige Bibliothekar in Deutschland, der seine Stellung als solcher benutzte, um Beiträge aus tiefer Verborgenheit herauszufinden. Das Quellenverzeichniss zeigt, wie gross die Anzahl der Schriften ist, welche zu den bisherigen in der Benutzung herangezogen worden sind; sie werden einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Literatur der Spruchweisheit bieten. Es sind theils ältere, bisher in sprichwörtlicher Beziehung unbeachtet gebliebene, theils neu erschienene Schriften. Soweit als irgend möglich, habe ich durch ein Wort auf sie als Quellen bei den betreffenden Sprichwörtern verwiesen; denn die Verweisungen auf die gedruckten Quellen sind das Band, mit dem das Deutsche Sprichwörter-Lexikon als Mittelpunkt des betreffenden Zweigs mit der Literatur in Verbindung steht. Der in der Literatur in tausend Schriften zerstreute Sprichwörterschatz des Volks kann nicht in seinem Umfange und Werthe erkannt werden. Die aus diesen Schriften entlehnten und in Ein Werk zusammengedrängten Sprichwörter aber ohne Hinweisung auf ihre Quellen sind eines grossen Theils ihrer befruchtenden Lebenskraft beraubt. Ich habe mich immer mehr davon überzeugt, dass die Quellenangabe da, wo sie möglich, wo das Sprichwort nicht auf dem Markte des Lebens aufgegriffen worden ist, zu den wesentlichsten Erfordernissen eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, gehört; und ich habe keine Zeit- und Kraftopfer gespart, um dem gestellten Ziele, soweit als die Umstände gestatten, mich zu nähern. Man wird auch wol schwerlich eine Spalte finden, in welcher die Verbindung mit den Quellen vermisst würde. Ich muss unten noch auf diesen Punkt zurückkommen. Zu den Schriften der neuern Zeit, auf die sehr häufig verwiesen ist, gehört die Sammlung von K. Simrock, weil sie zur Zeit ihres Erscheinens (1846) die vollständigste wie wohlfeilste war und daher wol die verbreitetste Sammlung ist. Von diesem Buche ist 1863 eine neue Auflage, und zwar ein völliger Neudruck, aber, wie die erste, ohne Jahreszahl erschienen, die jedoch, den Verweisungen im Deutschen Sprichwörter-Lexikon gegenüber, fast werthlos ist, da der Verleger die neue Ausgabe dadurch zu verbessern geglaubt hat, dass er die fortlaufende Zählung weggelassen. Im übrigen ist die zweite Auflage der ältern vollständig gleich, und zwar in einer Weise, dass die Sorgfalt, die Fehler des ersten Drucks zu erhalten und der Nachwelt zu überliefern, als nicht zu übertreffen bezeichnet werden muss. Abgesehen davon, dass sich 228 völlig gleichlautende Sprichwörter, die in der ersten Auflage ohne allen Grund doppelt abgedruckt sind, wiederfinden, sind auch sämmtliche Druckfehler (ich rede blos von sinnentstellenden) gewissenhaft erhalten. Schwerlich hat der Name, welcher auf dem Titelblatt steht, weder bei der ersten noch zweiten Auflage eine Correctur gesehen.1 Wenn sich nun in der zweiten Auflage einer mit einem geachteten 1 Einmal, weil die Simrock'sche Sprichwörtersammlung zu den bekanntesten gehört, und dann um zu zeigen, dass ich keineswegs alles ungeprüft im Deutschen Sprichwörter-Lexikon abdrucken lasse, wie eine später erwähnte Feder den Lesern der Grensboten vorredet, lasse ich hier in einer Note eine Anzahl sinnentstellender Druckfehler, die sich in beiden Auflagen finden, folgen. Ich bezeichne die erste Auflage mit I, Nummer, die zweite mit II, Seite. - Das Sprichwort: Thu' gemach, wilt haben Gemach, lautet I, 3376 (II, 178): Thu' gemach, wir haben Gemach. Das Sprichwort: Ein Herr büsst den andern nicht, lautet I, 4617 (II, 244): Ein Herr beisst u. s. w. Statt: Die künftigen Herren machen die vorigen fromm, steht I, 4636 (II, 213): machen die vorigen Frauen. Unter I, 4942 (II, 268) heisst es: Man muss hören, statt viel hören, ehe ein Ohr abfällt. Unter I, 5027 (II, 265) liest man: Listige statt bissige Hunde haben zerbissene Ohren. I, 5338 (II, 283): Es ist armer Jungfern Schande (statt Schade), dass sie schön sind. I, 5395 (II, 286): Kandel und Andel bringen einen warmen Mantel, statt: bringen einen bösen Wandel. I, 5504 (II, 292) erhält man als deutschen Volkswitz den Blödsinn: Sterbende Katzen (statt serbende, vgl. Weigand, Wörterbuch, IIb, 644) leben lange. I, 6026 (II, 319) lautet: Schöne Kühe geben gemeiniglich viel (statt nicht viel) Milch. I, 8211 (II, 444): Das Recht ist wol ein guter Mann, aber nicht immer (fehlt: der Richter). I, 9191 (II, 496): Schreiber und Studenten sind der Welt Segenten (statt Regenten). I, 9803b (II, 530): Es ist eine Stadt wie sieben Häuser im (statt: ein) Dorf. I, 9804 (II, 530): Wer nur über eine Staffel kommt (statt: will), kommt nie über eine Stiege. I, 11881 (II, 648); Gute Worte ohne Gunst ist ein Stück von jedes (statt Judas) Kunst. I, 12386 (II, 676): Schnell reichen thut nicht weh (statt: wohl). Selbst die falsche Satzzeichnung der ersten Auflage, wo sie den Sinn auf den Kopf gestellt hat, ist im Neudruck aufrecht erhalten. Auch dafür wenigstens ein Beispiel. I, 12058 (II, 658) lautet: Die Zeit vergeht nicht, aber wir, statt die Zeit vergeht, nicht aber wir.
Aber der Mangel an Theilnahme liess die Idee nicht zur Ausführung kommen. So oft ich indess den geretteten Abdruck des Prospects ansehe, wird in mir der Wunsch nach einer Vereinigung von Kräften für den in Rede stehenden Zweck wieder neu. Als ich die Herausgabe des Deutschen Sprichwörter-Lexikon begann, rechnete ich darauf, dass die deutschen Lehrer es als eine volksthümliche, ihrer Stellung entsprechende Aufgabe betrachten würden, in jeder Kreisversammlung ein Exemplar des Deutschen Sprichwörter-Lexikon zu halten und dadurch zum Sammeln in ihrem Kreise veranlasst werden würden. Auf diese Weise glaubte ich durch Mitwirkung von hunderttausend deutschen Volksschullehrern den im Volksmunde wie den in der Literatur befindlichen Sprichwörterschatz, wenn jeder derselben jährlich auch nur Ein Buch ausgebeutet hätte, zu heben. Aber das Schöpfen aus den Tiefen der preussischen und andern Schulregulative, die Behandlung der biblischen Geschichte und das Einprägen alter Kernlieder scheint sie so in Anspruch genommen zu haben, dass für das deutsche Sprichwort, obgleich es auch Kernsprüche darunter gibt, Sinn oder – Zeit gefehlt haben. Aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter ist zu ersehen, dass einige derselben vom Beginn des Drucks an bisjetzt ihre Unterstützung und Mitwirkung gewährt haben. Aber wie klein ist die Zahl derselben! Und ich bin nicht in Gewissheit darüber, ob sie mitgewirkt, weil oder trotzdem dass sie Lehrer sind. Einige Namen der Mitwirkenden finden sich in diesem Bande nicht wieder, dagegen begegnen wir andern. Zwei der fleissigsten Mitarbeiter hat unser Werk wieder durch den Tod verloren; am 12. Aug. 1872 starb der Maler und Redacteur Eunom Elssner in Hirschberg und den 10. Oct. desselben Jahres der Oberlehrer und Stadtbibliothekar Dr. A. Tobias in Zittau, der einzige Bibliothekar in Deutschland, der seine Stellung als solcher benutzte, um Beiträge aus tiefer Verborgenheit herauszufinden. Das Quellenverzeichniss zeigt, wie gross die Anzahl der Schriften ist, welche zu den bisherigen in der Benutzung herangezogen worden sind; sie werden einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Literatur der Spruchweisheit bieten. Es sind theils ältere, bisher in sprichwörtlicher Beziehung unbeachtet gebliebene, theils neu erschienene Schriften. Soweit als irgend möglich, habe ich durch ein Wort auf sie als Quellen bei den betreffenden Sprichwörtern verwiesen; denn die Verweisungen auf die gedruckten Quellen sind das Band, mit dem das Deutsche Sprichwörter-Lexikon als Mittelpunkt des betreffenden Zweigs mit der Literatur in Verbindung steht. Der in der Literatur in tausend Schriften zerstreute Sprichwörterschatz des Volks kann nicht in seinem Umfange und Werthe erkannt werden. Die aus diesen Schriften entlehnten und in Ein Werk zusammengedrängten Sprichwörter aber ohne Hinweisung auf ihre Quellen sind eines grossen Theils ihrer befruchtenden Lebenskraft beraubt. Ich habe mich immer mehr davon überzeugt, dass die Quellenangabe da, wo sie möglich, wo das Sprichwort nicht auf dem Markte des Lebens aufgegriffen worden ist, zu den wesentlichsten Erfordernissen eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, gehört; und ich habe keine Zeit- und Kraftopfer gespart, um dem gestellten Ziele, soweit als die Umstände gestatten, mich zu nähern. Man wird auch wol schwerlich eine Spalte finden, in welcher die Verbindung mit den Quellen vermisst würde. Ich muss unten noch auf diesen Punkt zurückkommen. Zu den Schriften der neuern Zeit, auf die sehr häufig verwiesen ist, gehört die Sammlung von K. Simrock, weil sie zur Zeit ihres Erscheinens (1846) die vollständigste wie wohlfeilste war und daher wol die verbreitetste Sammlung ist. Von diesem Buche ist 1863 eine neue Auflage, und zwar ein völliger Neudruck, aber, wie die erste, ohne Jahreszahl erschienen, die jedoch, den Verweisungen im Deutschen Sprichwörter-Lexikon gegenüber, fast werthlos ist, da der Verleger die neue Ausgabe dadurch zu verbessern geglaubt hat, dass er die fortlaufende Zählung weggelassen. Im übrigen ist die zweite Auflage der ältern vollständig gleich, und zwar in einer Weise, dass die Sorgfalt, die Fehler des ersten Drucks zu erhalten und der Nachwelt zu überliefern, als nicht zu übertreffen bezeichnet werden muss. Abgesehen davon, dass sich 228 völlig gleichlautende Sprichwörter, die in der ersten Auflage ohne allen Grund doppelt abgedruckt sind, wiederfinden, sind auch sämmtliche Druckfehler (ich rede blos von sinnentstellenden) gewissenhaft erhalten. Schwerlich hat der Name, welcher auf dem Titelblatt steht, weder bei der ersten noch zweiten Auflage eine Correctur gesehen.1 Wenn sich nun in der zweiten Auflage einer mit einem geachteten 1 Einmal, weil die Simrock'sche Sprichwörtersammlung zu den bekanntesten gehört, und dann um zu zeigen, dass ich keineswegs alles ungeprüft im Deutschen Sprichwörter-Lexikon abdrucken lasse, wie eine später erwähnte Feder den Lesern der Grensboten vorredet, lasse ich hier in einer Note eine Anzahl sinnentstellender Druckfehler, die sich in beiden Auflagen finden, folgen. Ich bezeichne die erste Auflage mit I, Nummer, die zweite mit II, Seite. – Das Sprichwort: Thu' gemach, wilt haben Gemach, lautet I, 3376 (II, 178): Thu' gemach, wir haben Gemach. Das Sprichwort: Ein Herr büsst den andern nicht, lautet I, 4617 (II, 244): Ein Herr beisst u. s. w. Statt: Die künftigen Herren machen die vorigen fromm, steht I, 4636 (II, 213): machen die vorigen Frauen. Unter I, 4942 (II, 268) heisst es: Man muss hören, statt viel hören, ehe ein Ohr abfällt. Unter I, 5027 (II, 265) liest man: Listige statt bissige Hunde haben zerbissene Ohren. I, 5338 (II, 283): Es ist armer Jungfern Schande (statt Schade), dass sie schön sind. I, 5395 (II, 286): Kandel und Andel bringen einen warmen Mantel, statt: bringen einen bösen Wandel. I, 5504 (II, 292) erhält man als deutschen Volkswitz den Blödsinn: Sterbende Katzen (statt serbende, vgl. Weigand, Wörterbuch, IIb, 644) leben lange. I, 6026 (II, 319) lautet: Schöne Kühe geben gemeiniglich viel (statt nicht viel) Milch. I, 8211 (II, 444): Das Recht ist wol ein guter Mann, aber nicht immer (fehlt: der Richter). I, 9191 (II, 496): Schreiber und Studenten sind der Welt Segenten (statt Regenten). I, 9803b (II, 530): Es ist eine Stadt wie sieben Häuser im (statt: ein) Dorf. I, 9804 (II, 530): Wer nur über eine Staffel kommt (statt: will), kommt nie über eine Stiege. I, 11881 (II, 648); Gute Worte ohne Gunst ist ein Stück von jedes (statt Judas) Kunst. I, 12386 (II, 676): Schnell reichen thut nicht weh (statt: wohl). Selbst die falsche Satzzeichnung der ersten Auflage, wo sie den Sinn auf den Kopf gestellt hat, ist im Neudruck aufrecht erhalten. Auch dafür wenigstens ein Beispiel. I, 12058 (II, 658) lautet: Die Zeit vergeht nicht, aber wir, statt die Zeit vergeht, nicht aber wir.
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Aber das Schöpfen aus den Tiefen der preussischen und andern Schulregulative, die Behandlung der biblischen Geschichte und das Einprägen alter Kernlieder scheint sie so in Anspruch genommen zu haben, dass für das deutsche Sprichwort, obgleich es auch Kernsprüche darunter gibt, Sinn oder – Zeit gefehlt haben.</p><lb/> <p>Aus dem <hi rendition="#i">Verzeichniss der Mitarbeiter</hi> ist zu ersehen, dass einige derselben vom Beginn des Drucks an bisjetzt ihre Unterstützung und Mitwirkung gewährt haben. Aber wie klein ist die Zahl derselben! Und ich bin nicht in Gewissheit darüber, ob sie mitgewirkt, weil oder trotzdem dass sie Lehrer sind.</p><lb/> <p>Einige Namen der Mitwirkenden finden sich in diesem Bande nicht wieder, dagegen begegnen wir andern. Zwei der fleissigsten Mitarbeiter hat unser Werk wieder durch den Tod verloren; am 12. Aug. 1872 starb der Maler und Redacteur Eunom Elssner in Hirschberg und den 10. Oct. desselben Jahres der Oberlehrer und Stadtbibliothekar Dr. A. 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Aber der Mangel an Theilnahme liess die Idee nicht zur Ausführung kommen. So oft ich indess den geretteten Abdruck des Prospects ansehe, wird in mir der Wunsch nach einer Vereinigung von Kräften für den in Rede stehenden Zweck wieder neu.
Als ich die Herausgabe des Deutschen Sprichwörter-Lexikon begann, rechnete ich darauf, dass die deutschen Lehrer es als eine volksthümliche, ihrer Stellung entsprechende Aufgabe betrachten würden, in jeder Kreisversammlung ein Exemplar des Deutschen Sprichwörter-Lexikon zu halten und dadurch zum Sammeln in ihrem Kreise veranlasst werden würden. Auf diese Weise glaubte ich durch Mitwirkung von hunderttausend deutschen Volksschullehrern den im Volksmunde wie den in der Literatur befindlichen Sprichwörterschatz, wenn jeder derselben jährlich auch nur Ein Buch ausgebeutet hätte, zu heben. Aber das Schöpfen aus den Tiefen der preussischen und andern Schulregulative, die Behandlung der biblischen Geschichte und das Einprägen alter Kernlieder scheint sie so in Anspruch genommen zu haben, dass für das deutsche Sprichwort, obgleich es auch Kernsprüche darunter gibt, Sinn oder – Zeit gefehlt haben.
Aus dem Verzeichniss der Mitarbeiter ist zu ersehen, dass einige derselben vom Beginn des Drucks an bisjetzt ihre Unterstützung und Mitwirkung gewährt haben. Aber wie klein ist die Zahl derselben! Und ich bin nicht in Gewissheit darüber, ob sie mitgewirkt, weil oder trotzdem dass sie Lehrer sind.
Einige Namen der Mitwirkenden finden sich in diesem Bande nicht wieder, dagegen begegnen wir andern. Zwei der fleissigsten Mitarbeiter hat unser Werk wieder durch den Tod verloren; am 12. Aug. 1872 starb der Maler und Redacteur Eunom Elssner in Hirschberg und den 10. Oct. desselben Jahres der Oberlehrer und Stadtbibliothekar Dr. A. Tobias in Zittau, der einzige Bibliothekar in Deutschland, der seine Stellung als solcher benutzte, um Beiträge aus tiefer Verborgenheit herauszufinden.
Das Quellenverzeichniss zeigt, wie gross die Anzahl der Schriften ist, welche zu den bisherigen in der Benutzung herangezogen worden sind; sie werden einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Literatur der Spruchweisheit bieten. Es sind theils ältere, bisher in sprichwörtlicher Beziehung unbeachtet gebliebene, theils neu erschienene Schriften. Soweit als irgend möglich, habe ich durch ein Wort auf sie als Quellen bei den betreffenden Sprichwörtern verwiesen; denn die Verweisungen auf die gedruckten Quellen sind das Band, mit dem das Deutsche Sprichwörter-Lexikon als Mittelpunkt des betreffenden Zweigs mit der Literatur in Verbindung steht. Der in der Literatur in tausend Schriften zerstreute Sprichwörterschatz des Volks kann nicht in seinem Umfange und Werthe erkannt werden. Die aus diesen Schriften entlehnten und in Ein Werk zusammengedrängten Sprichwörter aber ohne Hinweisung auf ihre Quellen sind eines grossen Theils ihrer befruchtenden Lebenskraft beraubt. Ich habe mich immer mehr davon überzeugt, dass die Quellenangabe da, wo sie möglich, wo das Sprichwort nicht auf dem Markte des Lebens aufgegriffen worden ist, zu den wesentlichsten Erfordernissen eines Werks, wie das Deutsche Sprichwörter-Lexikon ist, gehört; und ich habe keine Zeit- und Kraftopfer gespart, um dem gestellten Ziele, soweit als die Umstände gestatten, mich zu nähern. Man wird auch wol schwerlich eine Spalte finden, in welcher die Verbindung mit den Quellen vermisst würde. Ich muss unten noch auf diesen Punkt zurückkommen.
Zu den Schriften der neuern Zeit, auf die sehr häufig verwiesen ist, gehört die Sammlung von K. Simrock, weil sie zur Zeit ihres Erscheinens (1846) die vollständigste wie wohlfeilste war und daher wol die verbreitetste Sammlung ist. Von diesem Buche ist 1863 eine neue Auflage, und zwar ein völliger Neudruck, aber, wie die erste, ohne Jahreszahl erschienen, die jedoch, den Verweisungen im Deutschen Sprichwörter-Lexikon gegenüber, fast werthlos ist, da der Verleger die neue Ausgabe dadurch zu verbessern geglaubt hat, dass er die fortlaufende Zählung weggelassen. Im übrigen ist die zweite Auflage der ältern vollständig gleich, und zwar in einer Weise, dass die Sorgfalt, die Fehler des ersten Drucks zu erhalten und der Nachwelt zu überliefern, als nicht zu übertreffen bezeichnet werden muss. Abgesehen davon, dass sich 228 völlig gleichlautende Sprichwörter, die in der ersten Auflage ohne allen Grund doppelt abgedruckt sind, wiederfinden, sind auch sämmtliche Druckfehler (ich rede blos von sinnentstellenden) gewissenhaft erhalten. Schwerlich hat der Name, welcher auf dem Titelblatt steht, weder bei der ersten noch zweiten Auflage eine Correctur gesehen. 1 Wenn sich nun in der zweiten Auflage einer mit einem geachteten
1 Einmal, weil die Simrock'sche Sprichwörtersammlung zu den bekanntesten gehört, und dann um zu zeigen, dass ich keineswegs alles ungeprüft im Deutschen Sprichwörter-Lexikon abdrucken lasse, wie eine später erwähnte Feder den Lesern der Grensboten vorredet, lasse ich hier in einer Note eine Anzahl sinnentstellender Druckfehler, die sich in beiden Auflagen finden, folgen. Ich bezeichne die erste Auflage mit I, Nummer, die zweite mit II, Seite. – Das Sprichwort: Thu' gemach, wilt haben Gemach, lautet I, 3376 (II, 178): Thu' gemach, wir haben Gemach. Das Sprichwort: Ein Herr büsst den andern nicht, lautet I, 4617 (II, 244): Ein Herr beisst u. s. w. Statt: Die künftigen Herren machen die vorigen fromm, steht I, 4636 (II, 213): machen die vorigen Frauen. Unter I, 4942 (II, 268) heisst es: Man muss hören, statt viel hören, ehe ein Ohr abfällt. Unter I, 5027 (II, 265) liest man: Listige statt bissige Hunde haben zerbissene Ohren. I, 5338 (II, 283): Es ist armer Jungfern Schande (statt Schade), dass sie schön sind. I, 5395 (II, 286): Kandel und Andel bringen einen warmen Mantel, statt: bringen einen bösen Wandel. I, 5504 (II, 292) erhält man als deutschen Volkswitz den Blödsinn: Sterbende Katzen (statt serbende, vgl. Weigand, Wörterbuch, IIb, 644) leben lange. I, 6026 (II, 319) lautet: Schöne Kühe geben gemeiniglich viel (statt nicht viel) Milch. I, 8211 (II, 444): Das Recht ist wol ein guter Mann, aber nicht immer (fehlt: der Richter). I, 9191 (II, 496): Schreiber und Studenten sind der Welt Segenten (statt Regenten). I, 9803b (II, 530): Es ist eine Stadt wie sieben Häuser im (statt: ein) Dorf. I, 9804 (II, 530): Wer nur über eine Staffel kommt (statt: will), kommt nie über eine Stiege. I, 11881 (II, 648); Gute Worte ohne Gunst ist ein Stück von jedes (statt Judas) Kunst. I, 12386 (II, 676): Schnell reichen thut nicht weh (statt: wohl). Selbst die falsche Satzzeichnung der ersten Auflage, wo sie den Sinn auf den Kopf gestellt hat, ist im Neudruck aufrecht erhalten. Auch dafür wenigstens ein Beispiel. I, 12058 (II, 658) lautet: Die Zeit vergeht nicht, aber wir, statt die Zeit vergeht, nicht aber wir.
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