Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] *1160 Er hat weder Kind noch Kegel (oder: weder Kind noch Kacks). - Braun, I, 1822. "Vnd hat doch weder Kegl noch Kindt". (Ayrer, I, 112, 3.) "Sich weder vmb Kind noch Kegel, Hausshaltung noch Küche, Kammer vnd Kirche annehmen." (Mathesy, 262a.) "Se is zur huchzet gefohren und haut Kind und Kegel mit genummen." (Keller, 171.) Der Ursprung der Redensart ist schwer zu erklären, die Bedeutung des Wortes Kegel war schon im 17. Jahrhundert verloren. Erst Adelung setzt bestimmt für "Kind und Kegel" an: eheliche und uneheliche Kinder oder die ganze Familie. Nach dem Volksausdruck "Kegelschieben" für beischlafen, will man Kegel als eine verhüllende Form für Penis nehmen. Mannhardt (Zeitschrift für d. Mythologie, III, 107) nimmt Kegel geradezu als Bild des Phallus an. (Vgl. den Artikel Kegel bei Grimm, V, 389 fg.) Frz.: Il n'a ni enfans ni suivans. (Kritzinger, 663a.) Holl.: Hij heeft kind noch kraai (kuiken) te voeren. (Harrebomee, I, 405a.) - Met zeil en treil. *1161 Er hat weder Kind noch Rind. - Körte, 3356a; Frischbier2, 2002. Ist ledig, ohne Hausstand. Frz.: Il n'a ni cheval ni ane, ou ni ane ni mulet. Holl.: Hij heeft kind noch kraai. *1162 Er ist als Kind vertauscht worden. Bezieht sich auf die Antwort eines einfältigen Menschen, der sich, als man ihm seine Dummheit vorwarf, damit zu entschuldigen glaubte, dass er sagte, er sei als Kind vertauscht worden. *1163 Er ist auf einmal aller Kinder Gevatter geworden. - Sutor, 477. In dem Sinne von Buch 54, nur soll es dort überwitzig heissen. Lat.: Uno ore calidum et frigidum. (Sutor, 477.) *1164 Er ist ein ausgetragenes Kind. - Frischbier, 395; Frischbier2, 1995. Von einem klugen, durchtriebenen Menschen, wofür man auch die Bezeichnungen: ausgetragener, netter Junge, richtiger Sohn und Neunmonatskind hat. Bei den Franzosen heissen die Bauern von Vertus "gute Kinder" und gelten für so einfältig wie die von Vironchaux, die deshalb "verdutzte" heissen. Beutelschneider und Spitzbuben nennen sie Kinder der Matte: Enfans de la Matte. - Enfans qui sont de la Matte savent tous jouer de la patte. (Leroux, I, 140.) In Italien stehen Modena und Ravenna in dem Rufe, sich sogenannter, "ausgetragener Kinder" zu erfreuen. In diesem Sinne sagt man: Ein Kind von Modena. Ein Kind von Ravenna. Sie sollen mit dem Barte geboren werden. In ähnlicher Weise sagt man von jemand, der unschuldig ist oder thut und nichts weiss: Es ist ein Kind von Ninove. In Ostindien versteht man unter "Kindern von Budaon" Narren, weil die Bewohner dieser in Rohilkand gelegenen Stadt für närrisch gelten. (Reinsberg V, 166; VI, 29, 45 u. 107.) *1165 Er ist ein einfältig Kind, wie ein burghauser Würfel. *1166 Er ist ein Kind des Todes. - Eiselein, 371; Braun, I, 1830. *1167 Er ist ein Kind seiner Zeit. Er ist nicht besser und nicht schlechter, als seine Zeitgenossen. *1168 Er ist ein Kind wie ein ander Rind. - Eiselein, 529. Lat.: Rusticus est quasi Rind, nisi quod sibi cornua desint. (Eiselein, 529.) *1169 Er ist kein Kind (mehr). Frz.: N'etre plus enfant. (Kritzinger, 271a.) Lat.: Non ignorat, quid distent aera lupinis. (Seybold, 373.) *1170 Er ist wie's Kind im Hause. In Pommern von jemand, der dort viel Gutes geniesst: He is dar as Kind im Huse. (Dähnert, 226b.) Holl.: Hij is er als kind in huis. (Harrebomee, I, 405a.) *1171 Er ist zum kind worden. - Franck, II, 80b. *1172 Er kann dem Kinde einen andern Vater machen. - Herberger, II, 417. "Vnd der Vntugend einen andern Namen geben." Die Franzosen sagen: Er ist wie die Kinder von Chauny, er hat mehr Geist als Vater und Mutter. (Reinsberg V, 148.) *1173 Er kann dem Kinde keinen Namen geben. *1174 Er kann kein Kind beleidigen. Man will damit einen gutmüthigen Menschen bezeichnen, als wenn es ein Ruhm wäre, ein wehrloses Kind nicht zu mishandeln, d. h. keine Brutalität auszuüben. (Vgl. Jachmann, Reliquien, III, 174.) *1175 Er nennt das Kind beim rechten Namen. Holl.: Hij noemt het kind bij den regten naam. (Harrebomee, I, 405a.) [Spaltenumbruch] *1176 Er thut keinem Kinde etwas zu Leide. - Struve, II, 7. Soll ein Lob sein, als wenn die einem Kinde zugefügte Beleidigung nicht viel zu bedeuten hätte. Wer ein Kind beleidigt, ist aber um so strafbarer, weil es sich nicht selbst vertheidigen kann. Holl.: Hij zal geen kind of kraai leed doen. (Harrebomee, I, 405a.) *1177 Er will für seine Kinder immer aparte Würste gebraten haben. *1178 Er will überall hübsch Kind bleiben. Nirgends anstossen. *1179 Er zöhe es dem kind aus dem maul. - Franck, II, 73a. *1180 Es fehlt ihm an Kindern wie dem Jupiter. Der bekanntlich sehr viel Kinder hatte. Lat.: Jupiter orbus. (Erasm., 18.) *1181 Es ist ein bernrainer Kind. - Kirchhofer, 63, 32; Reinsberg V. Schweizerische Bezeichnung ungezogener Kinder. Kirchhofer erzählt die Entstehung der Redensart so: "Ein Knabe Namens Schappeler, der mit andern Buben im Jahre 1384 von Stadelhofen zu Konstanz aus dem Walde kam, trieb Spott mit dem Christusbilde am Bernrain. Er langte nach der Nase des Bildes und sprach: >Herr Gott, lass dir schnäuzen, so küsse ich dich desto gerner<, worauf ihm die Hand an der Nase gestand. Erschrocken brachten die andern Knaben die Kunde davon nach Konstanz. Auf Antrieb der Mutter kam die Priesterschaft mit Kreuz und Fahnen heraus, die Mutter gelobte eine Wallfahrt nach Einsiedeln und der Bube ward ledig. Da er aber fortfuhr zu fluchen und zu lästern, wurde ihm zwei Jahre nachher die Zunge aus dem Halse geschnitten"; woraus man ersehen kann, wie man sich damals auf radicale Heilmittel verstand. Besser wäre es freilich wol gewesen, man hätte sich, anstatt dem Knaben die Zunge auszuschneiden, an den Kopf gefühlt und gefragt, ob das würdige Gegenstände der Verehrung sind, die einen zwölfjährigen Knaben zum Spott reizen können. *1182 Es ist ein echtes berliner Kind. *1183 Es ist ein fromm kind, es will seinem vatter sein gut gerücht nicht nehmen. - Tappius, 77b. Ironisches Lob, insofern man durch dasselbe daran erinnert wird, dass sein Vater fleissiger, gebildeter, brauchbarer, rechtschaffener war. Böhm.: Prazsky kvitek (zrala kopa). (Celakovsky, 478.) *1184 Es ist ein Kind, das viele Hebammen hatte. - Eiselein, 292. Von etwas, das durch vieler Leute Rath oder Beistand zustande gekommen oder ausgeführt worden ist. *1185 Es ist ein Kind der Nacht. Frz.: Enfans de la messe de minuit, qui chorche Dieu a taton. (?) (Leroux, I, 140.) *1186 Es ist ein Kind mit Wasserkopf. Holl.: Een kind met een waterhoofd. (Harrebomee, I, 402b.) *1187 Es ist ein Kind von Ninive. Er weiss nicht rechts von links zu unterscheiden. Aus Jona 4, 11. Holl.: Het is een kind van Ninive. (Harrebomee, I, 403b.) *1188 Es ist ein Kind, woran der Hafner das Pfeifel nicht vergessen hat. - Eiselein, 371. Ein Knäblein. (S. Geige 24.) *1189 Es ist ein natürlich kind. - Tappius, 69a. *1190 Es ist ein verzärtelt Kind. Der Holländer nennt es ein Weissbrotkind (Semmeljunge, Semmelmaul); der Franzose: Enfant gate (verdorbenes Kind); der Este charakterisirt es mit den Worten: Du bist lauter Milchfinger, und der Lette hat dafür die Redensart: In einer Tonne erzogen und durchs Loch gespeist. (Reinsberg VII, 72.) *1191 Es ist ein verzogen Kind. - Agricola I, 635. Dem aller Wille gethan worden ist. Holl.: Het is een vertogen (verwend, ongeregeerd) kind. (Harrebomee, I, 404a.) *1192 Es ist mir gar nicht wie bei meinem ersten Kinde. (Meiningen.) *1193 Es ist nur, damit das Kind einen Namen hat. - Braun, I, 537. *1194 Es ist nur ein Kind. - Struve, II, 6. Ein Ausdruck der Verachtung, mit der man insgemein von Kindern spricht, als wären sie Nullen in der Schöpfung, obgleich sie es nicht sind und unsere grösste Aufmerksamkeit und Achtung verdienen. *1195 Es sind die verwöhnten Kinder von Stavoren. So wurden in alter Zeit die durch das Glück übermüthig gewordenen Bewohner von Stavoren, der ehemaligen Hauptstadt von Friesland genannt. Folgende Sage dient zur Erklärung. Zur Zeit, als das Glück dieser Stadt, das zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig [Spaltenumbruch] *1160 Er hat weder Kind noch Kegel (oder: weder Kind noch Kacks). – Braun, I, 1822. „Vnd hat doch weder Kegl noch Kindt“. (Ayrer, I, 112, 3.) „Sich weder vmb Kind noch Kegel, Hausshaltung noch Küche, Kammer vnd Kirche annehmen.“ (Mathesy, 262a.) „Se is zur huchzet gefohren und haut Kind und Kegel mit genummen.“ (Keller, 171.) 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In diesem Sinne sagt man: Ein Kind von Modena. Ein Kind von Ravenna. Sie sollen mit dem Barte geboren werden. In ähnlicher Weise sagt man von jemand, der unschuldig ist oder thut und nichts weiss: Es ist ein Kind von Ninove. In Ostindien versteht man unter „Kindern von Budaon“ Narren, weil die Bewohner dieser in Rohilkand gelegenen Stadt für närrisch gelten. (Reinsberg V, 166; VI, 29, 45 u. 107.) *1165 Er ist ein einfältig Kind, wie ein burghauser Würfel. *1166 Er ist ein Kind des Todes. – Eiselein, 371; Braun, I, 1830. *1167 Er ist ein Kind seiner Zeit. Er ist nicht besser und nicht schlechter, als seine Zeitgenossen. *1168 Er ist ein Kind wie ein ander Rind. – Eiselein, 529. Lat.: Rusticus est quasi Rind, nisi quod sibi cornua desint. (Eiselein, 529.) *1169 Er ist kein Kind (mehr). Frz.: N'être plus enfant. (Kritzinger, 271a.) Lat.: Non ignorat, quid distent aera lupinis. (Seybold, 373.) *1170 Er ist wie's Kind im Hause. 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*1160 Er hat weder Kind noch Kegel (oder: weder Kind noch Kacks). – Braun, I, 1822.
„Vnd hat doch weder Kegl noch Kindt“. (Ayrer, I, 112, 3.) „Sich weder vmb Kind noch Kegel, Hausshaltung noch Küche, Kammer vnd Kirche annehmen.“ (Mathesy, 262a.) „Se is zur huchzet gefohren und haut Kind und Kegel mit genummen.“ (Keller, 171.) Der Ursprung der Redensart ist schwer zu erklären, die Bedeutung des Wortes Kegel war schon im 17. Jahrhundert verloren. Erst Adelung setzt bestimmt für „Kind und Kegel“ an: eheliche und uneheliche Kinder oder die ganze Familie. Nach dem Volksausdruck „Kegelschieben“ für beischlafen, will man Kegel als eine verhüllende Form für Penis nehmen. Mannhardt (Zeitschrift für d. Mythologie, III, 107) nimmt Kegel geradezu als Bild des Phallus an. (Vgl. den Artikel Kegel bei Grimm, V, 389 fg.)
Frz.: Il n'a ni enfans ni suivans. (Kritzinger, 663a.)
Holl.: Hij heeft kind noch kraai (kuiken) te voeren. (Harrebomée, I, 405a.) – Met zeil en treil.
*1161 Er hat weder Kind noch Rind. – Körte, 3356a; Frischbier2, 2002.
Ist ledig, ohne Hausstand.
Frz.: Il n'a ni cheval ni âne, ou ni âne ni mulet.
Holl.: Hij heeft kind noch kraai.
*1162 Er ist als Kind vertauscht worden.
Bezieht sich auf die Antwort eines einfältigen Menschen, der sich, als man ihm seine Dummheit vorwarf, damit zu entschuldigen glaubte, dass er sagte, er sei als Kind vertauscht worden.
*1163 Er ist auf einmal aller Kinder Gevatter geworden. – Sutor, 477.
In dem Sinne von Buch 54, nur soll es dort überwitzig heissen.
Lat.: Uno ore calidum et frigidum. (Sutor, 477.)
*1164 Er ist ein ausgetragenes Kind. – Frischbier, 395; Frischbier2, 1995.
Von einem klugen, durchtriebenen Menschen, wofür man auch die Bezeichnungen: ausgetragener, netter Junge, richtiger Sohn und Neunmonatskind hat. Bei den Franzosen heissen die Bauern von Vertus „gute Kinder“ und gelten für so einfältig wie die von Vironchaux, die deshalb „verdutzte“ heissen. Beutelschneider und Spitzbuben nennen sie Kinder der Matte: Enfans de la Matte. – Enfans qui sont de la Matte savent tous jouer de la patte. (Leroux, I, 140.) In Italien stehen Modena und Ravenna in dem Rufe, sich sogenannter, „ausgetragener Kinder“ zu erfreuen. In diesem Sinne sagt man: Ein Kind von Modena. Ein Kind von Ravenna. Sie sollen mit dem Barte geboren werden. In ähnlicher Weise sagt man von jemand, der unschuldig ist oder thut und nichts weiss: Es ist ein Kind von Ninove. In Ostindien versteht man unter „Kindern von Budaon“ Narren, weil die Bewohner dieser in Rohilkand gelegenen Stadt für närrisch gelten. (Reinsberg V, 166; VI, 29, 45 u. 107.)
*1165 Er ist ein einfältig Kind, wie ein burghauser Würfel.
*1166 Er ist ein Kind des Todes. – Eiselein, 371; Braun, I, 1830.
*1167 Er ist ein Kind seiner Zeit.
Er ist nicht besser und nicht schlechter, als seine Zeitgenossen.
*1168 Er ist ein Kind wie ein ander Rind. – Eiselein, 529.
Lat.: Rusticus est quasi Rind, nisi quod sibi cornua desint. (Eiselein, 529.)
*1169 Er ist kein Kind (mehr).
Frz.: N'être plus enfant. (Kritzinger, 271a.)
Lat.: Non ignorat, quid distent aera lupinis. (Seybold, 373.)
*1170 Er ist wie's Kind im Hause.
In Pommern von jemand, der dort viel Gutes geniesst: He is dar as Kind im Huse. (Dähnert, 226b.)
Holl.: Hij is er als kind in huis. (Harrebomée, I, 405a.)
*1171 Er ist zum kind worden. – Franck, II, 80b.
*1172 Er kann dem Kinde einen andern Vater machen. – Herberger, II, 417.
„Vnd der Vntugend einen andern Namen geben.“ Die Franzosen sagen: Er ist wie die Kinder von Chauny, er hat mehr Geist als Vater und Mutter. (Reinsberg V, 148.)
*1173 Er kann dem Kinde keinen Namen geben.
*1174 Er kann kein Kind beleidigen.
Man will damit einen gutmüthigen Menschen bezeichnen, als wenn es ein Ruhm wäre, ein wehrloses Kind nicht zu mishandeln, d. h. keine Brutalität auszuüben. (Vgl. Jachmann, Reliquien, III, 174.)
*1175 Er nennt das Kind beim rechten Namen.
Holl.: Hij noemt het kind bij den regten naam. (Harrebomée, I, 405a.)
*1176 Er thut keinem Kinde etwas zu Leide. – Struve, II, 7.
Soll ein Lob sein, als wenn die einem Kinde zugefügte Beleidigung nicht viel zu bedeuten hätte. Wer ein Kind beleidigt, ist aber um so strafbarer, weil es sich nicht selbst vertheidigen kann.
Holl.: Hij zal geen kind of kraai leed doen. (Harrebomée, I, 405a.)
*1177 Er will für seine Kinder immer aparte Würste gebraten haben.
*1178 Er will überall hübsch Kind bleiben.
Nirgends anstossen.
*1179 Er zöhe es dem kind aus dem maul. – Franck, II, 73a.
*1180 Es fehlt ihm an Kindern wie dem Jupiter.
Der bekanntlich sehr viel Kinder hatte.
Lat.: Jupiter orbus. (Erasm., 18.)
*1181 Es ist ein bernrainer Kind. – Kirchhofer, 63, 32; Reinsberg V.
Schweizerische Bezeichnung ungezogener Kinder. Kirchhofer erzählt die Entstehung der Redensart so: „Ein Knabe Namens Schappeler, der mit andern Buben im Jahre 1384 von Stadelhofen zu Konstanz aus dem Walde kam, trieb Spott mit dem Christusbilde am Bernrain. Er langte nach der Nase des Bildes und sprach: ›Herr Gott, lass dir schnäuzen, so küsse ich dich desto gerner‹, worauf ihm die Hand an der Nase gestand. Erschrocken brachten die andern Knaben die Kunde davon nach Konstanz. Auf Antrieb der Mutter kam die Priesterschaft mit Kreuz und Fahnen heraus, die Mutter gelobte eine Wallfahrt nach Einsiedeln und der Bube ward ledig. Da er aber fortfuhr zu fluchen und zu lästern, wurde ihm zwei Jahre nachher die Zunge aus dem Halse geschnitten“; woraus man ersehen kann, wie man sich damals auf radicale Heilmittel verstand. Besser wäre es freilich wol gewesen, man hätte sich, anstatt dem Knaben die Zunge auszuschneiden, an den Kopf gefühlt und gefragt, ob das würdige Gegenstände der Verehrung sind, die einen zwölfjährigen Knaben zum Spott reizen können.
*1182 Es ist ein echtes berliner Kind.
*1183 Es ist ein fromm kind, es will seinem vatter sein gut gerücht nicht nehmen. – Tappius, 77b.
Ironisches Lob, insofern man durch dasselbe daran erinnert wird, dass sein Vater fleissiger, gebildeter, brauchbarer, rechtschaffener war.
Böhm.: Pražský kvítek (zralá kopa). (Čelakovsky, 478.)
*1184 Es ist ein Kind, das viele Hebammen hatte. – Eiselein, 292.
Von etwas, das durch vieler Leute Rath oder Beistand zustande gekommen oder ausgeführt worden ist.
*1185 Es ist ein Kind der Nacht.
Frz.: Enfans de la messe de minuit, qui chorche Dieu à taton. (?) (Leroux, I, 140.)
*1186 Es ist ein Kind mit Wasserkopf.
Holl.: Een kind met een waterhoofd. (Harrebomée, I, 402b.)
*1187 Es ist ein Kind von Ninive.
Er weiss nicht rechts von links zu unterscheiden. Aus Jona 4, 11.
Holl.: Het is een kind van Ninive. (Harrebomée, I, 403b.)
*1188 Es ist ein Kind, woran der Hafner das Pfeifel nicht vergessen hat. – Eiselein, 371.
Ein Knäblein. (S. Geige 24.)
*1189 Es ist ein natürlich kind. – Tappius, 69a.
*1190 Es ist ein verzärtelt Kind.
Der Holländer nennt es ein Weissbrotkind (Semmeljunge, Semmelmaul); der Franzose: Enfant gâté (verdorbenes Kind); der Este charakterisirt es mit den Worten: Du bist lauter Milchfinger, und der Lette hat dafür die Redensart: In einer Tonne erzogen und durchs Loch gespeist. (Reinsberg VII, 72.)
*1191 Es ist ein verzogen Kind. – Agricola I, 635.
Dem aller Wille gethan worden ist.
Holl.: Het is een vertogen (verwend, ongeregeerd) kind. (Harrebomée, I, 404a.)
*1192 Es ist mir gar nicht wie bei meinem ersten Kinde. (Meiningen.)
*1193 Es ist nur, damit das Kind einen Namen hat. – Braun, I, 537.
*1194 Es ist nur ein Kind. – Struve, II, 6.
Ein Ausdruck der Verachtung, mit der man insgemein von Kindern spricht, als wären sie Nullen in der Schöpfung, obgleich sie es nicht sind und unsere grösste Aufmerksamkeit und Achtung verdienen.
*1195 Es sind die verwöhnten Kinder von Stavoren.
So wurden in alter Zeit die durch das Glück übermüthig gewordenen Bewohner von Stavoren, der ehemaligen Hauptstadt von Friesland genannt. Folgende Sage dient zur Erklärung. Zur Zeit, als das Glück dieser Stadt, das zuletzt ein so trauriges Ende nehmen sollte, noch ans Fabelhafte grenzte, sandte eine wohlhabende Witwe ein Schiff mit reicher Fracht nach Danzig
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