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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] 766 Nicht alle Kinder des Gutsherrn sind Junker.

767 Niemand kan seine kinder lehren, zu frü stellen nach Gott vnd ehren.

Lat.: Nemo nimis prope didicit nociua cauere. (Loci comm., 204.)

768 Niemand soll seine bösen Kinder vertrencken. - Petri, II, 495.

769 Niemand zieht böse Kinder, dann die Bettler. - Birlinger, 305.

In einer altwürtembergischen Kastenordnung vom Jahre 1536.

770 Nin Kind ward grot sunner Bulen. (Oldenburg.) - Goldschmidt, 118.

Kein Kind wird gross ohne Beulen.

771 Nümms dränk sin Kinner aw, he wet nich, wat derut weren kann. - Firmenich, I, 233, 59; Goldschmidt, 120; Weserzeitung, 4057; Eichwald, 1009; Hauskalender, I.

Holl.: Niemant en sal sijn quade kint verdrinken. (Tunn., 20, 3.) - Verzuip je kinderen niet, wie weet, wat ze worden kunnen. (Harrebomee, I, 407a.)

Lat.: Non mergas puerum nunc parvum post valiturum. (Fallersleben 546.)

772 Quarrige Kinder gehen am längsten. - Simrock, 5649; Körte, 3382; Reinsberg VII, 43.

Frz.: Pot frele dure longtemps. (Körte, 3382.)

773 Rechte Kinder bekommen bunte Röcklein, Stiefkinder nur graue.

774 Sau lange de Kinder ätet, hület se nich. - Schambach., II, 346.

So lange die Kinder essen, weinen sie nicht; man kann sie daher leicht beruhigen, wenn man ihnen etwas zu essen gibt. Eine Butterschnitte stillt viel Kinderthränen, eine Pfeffernuss thut's noch leichter.

775 Schickt man Kinder gen Marckt, lesen Kramer Geld. - Sutor, 415.

Lat.: Cui mens est stulta pro paucis vult dare multa. (Sutor, 495 u. 921.)

776 Schiessen dem Kind die Zähne ein, stoss dem Fass den Boden ein. (Nassau.)

D. h. gib ihm Wein.

777 Schlach der de Käinjt, net dat se der andre schlon. - Schuster, 598.

778 Schreiende Kinder machen singende Mütter.

Holl.: Schreijende kinderen maken zingende moeders. (Harrebomee, I, 407a.)

779 Schwerredenden Kindern hilft es, Bettelbrot zu essen. - Simrock, 1035; Reinsberg VII, 45.

Da Kinder fast stets Hunger haben, so sind sie oft in der Notwendigkeit, sprechen zu müssen, wenn sie Brot haben wollen.

780 Sein Kind hält jeder fürs schönste.

781 Seine Kinder muss jedermann wohlfahrten. - Graf, 163, 141.

D. h. er hat die Pflicht, für ihre leibliche und geistige Wohlfahrt zu sorgen.

Isl.: Sitt barn skall hverr mathr fram fora. (Graup, I, 234.)

782 Seint jr nit kinder, so seind die pauren kein leut. - Schade, III, 138, 20.

783 Selig ist ein Kind, da ein Priester auss wird. - Petri, II, 519.

784 Selten ein Kind versteht, wie's der Mutter zu Herzen geht. - Eiselein, 374.

785 Senn de Kinner kle, trat'n si em uf de Be; senn si grass, ufs Herz. (Franken.)

786 Sind der Kinder noch so viel, der Vater behält das Vorspiel.

Dän.: Vare börnene 24, da var faderen aeldst. (Prov. dan., 37.)

787 Sind die Kinder funfzig Jahr, soll man das Schulgeld den Bettlern geben. - Sprichwörtergarten, 289.

Engl.: An old naught will never be ought.

788 Sind die Kinder satt, bekommen auch die Hunde.

789 So das Kind geboren, ist das Testament gefertigt.

790 So mennich Kind, so mennich Faderunser. (Süderdithmarschen.)

791 So viel Kinder, so viel Paternoster. - Simrock, 5614; für Münster: Firmenich, I, 298, 34; Frommann, VI, 426, 62; ostfriesisch bei Bueren, 1058; Hauskalender, I.

[Spaltenumbruch] 792 Soll ein Kind gedeihen, so soll man ihm zu trinken geben wie einem Falken, es füttern wie ein Kalb, es kleiden wie ein Schaf und es schlagen wie einen Esel.

Dän.: Barn skal have drik som hög, föde som nöed, klaeder som vaeder og hug som asen. (Prov. dan., 46.)

793 Soll ein kind gedeyen, so mag yhm der vater leicht etwas lassen; ia es ist zu uil, was er yhm lesst, vnd wenn er yhm schon nichts liesse. Soll ein kind nicht gedeyen, so ist es alles zu wenig, vnd wenn er yhm noch so uil liesse. - Agricola I, 508.

Holl.: Zal een kind gedijen, zoo mag hem de vader ligt iets laten; maar het is te veel, wat hij hem laat, al liet hij hem ook niets. Zal een kind niet gedijen, zoo is alles te weinig, al liet zijn vader hem ook nog zooveel. (Harrebomee, I, 407b.)

794 Speende Kinder, deende Kinder. - Bueren, 1029.

795 Speibende Kinder, bleibende Kinder. (Steiermark.)

796 Starkes Kind, starke Krankheit. - Körte, 3384.

797 Steht das Kind wohl, so ist jede Hebamme gut. - Simrock, 4472; Reinsberg VII, 14.

798 Stirbt das Kind in der Were, so lässt es das Gut auf dem Herd. - Graf, 195, 89.

Hat das Verhältniss im Auge, dass Kinder gemeinschaftlich ihr ungetheiltes Gut verwalten, wie sie es vielleicht von den Aeltern empfangen haben, sodass alles allen gehört. Wenn nun eins dieser Kinder stirbt, so erben weder die Aeltern noch die Geschwister, es bleibt viel mehr wie es gewesen ist. Was vorher z. B. Fünfen gehört hat, gehört jetzt Vieren ungetheilt. Die Friesen: Steruat tha bern, sa lewas thet goud uppa thene hert. (Richthofen, 330.)

799 Straf' dein Kind so, dass der Apfel bei der Ruthe sei.

Die Russen: Schlage erst drei Kreuze, ehe du deinem Kinde einen Schlag gibst. - Züchtige deine Kinder mit Ruthen, aber zerbrich ihnen den Rücken nicht. (Altmann, VI, 402 u. 454.)

800 'T Kind is dod, Farrerschaft is ut. (Strelitz.) - Firmenich, III, 72, 76.

801 Thue dem Kind sein Willen, so greindts nit. - Gruter, III, 84; Lehmann, II, 627, 5.

Greinen = den Mund verzerren, schwäbisch = weinen, bairisch = zanken, schelten, schweizerisch = grunzen; versteht sich idiotisch.

802 Thut ein Kind auch üble Ding', der Mutter Lieb' wird nicht gering.

Böhm.: Ac dite krivo, prede materi milo. (Celakovsky, 400.)

803 Träck (ziehe) Kinder op, träck jung Hung up. (Köln.) - Firmenich, I, 472, 24.

Will sagen, dass wer junge Hunde aufzieht mitunter ebenso viel, wenn nicht mehr Dank erntet, als mit der Erziehung von Kindern.

804 AUese (unse) Kinner sind nit so geraist1 as de Kinner in der Stadt. (Grafschaft Mark.) - Frommann, V, 59, 63.

1) D. h. nicht so knapp, so karg genährt, von raisen, wie englisch: to raise = surgere, dann figürlich: aufziehen, erziehen.

805 Um des Kindes willen küsst man die Amme. - Lehmann, II, 791, 87; Pistor., II, 25; Simrock, 5626; Körte, 3360; Reinsberg VII, 42.

"Vmb dess kindes willen geschichts, dass du die ammen küssen siehst." Vielleicht auch manchmal um ihr selbst willen.

Holl.: Om des kints wil cust men die voetster (zoogster). (Tunn., 20, 2; Harrebomee, I, 407a.)

Lat.: Oscula nutrici pueri dant eius amici. (Fallersleben, 578; Loci comm., 6.)

806 Um kleine Kinder kleine Trauer.

Frz.: De petit enfant petit deuil. (Leroux, I, 141.)

807 Uneheliche Kinder haben keine Erbschaft. (S. Ebenbürtig und Echter 2.) - Graf, 210, 184.

Auf Seeland: Anugth barn maghal ey arual. (Thorsen, 86, 58.)

808 Ungeniet kind ist wie ein wild rind. - Franck, I, 121a; Paradoxa, 124b; Körte, 3371.

Ungeniet kommt nicht von Genie, sondern von nieten, ein ungenietetes, ungefüges, das sich nicht in den Willen der Aeltern und Lehrer oder in keine gute Sitte fügt, also ungehorsames, ungesittetes.

809 Ungerathen Kind der Aeltern Schande sind.

Lat.: Improbitas filii patris dedecus est. (Seybold, 222.)

810 Ungerathene Kinder kommen (bekommt) dem (der) Henker in die Hände (Schule).

Lat.: Audit carnificem nolens audire parentem. (Seybold, 45.)

[Spaltenumbruch] 766 Nicht alle Kinder des Gutsherrn sind Junker.

767 Niemand kan seine kinder lehren, zu frü stellen nach Gott vnd ehren.

Lat.: Nemo nimis prope didicit nociua cauere. (Loci comm., 204.)

768 Niemand soll seine bösen Kinder vertrencken.Petri, II, 495.

769 Niemand zieht böse Kinder, dann die Bettler.Birlinger, 305.

In einer altwürtembergischen Kastenordnung vom Jahre 1536.

770 Nin Kind ward grot sunner Bulen. (Oldenburg.) – Goldschmidt, 118.

Kein Kind wird gross ohne Beulen.

771 Nümms dränk sin Kinner aw, he wêt nich, wat derut wêren kann.Firmenich, I, 233, 59; Goldschmidt, 120; Weserzeitung, 4057; Eichwald, 1009; Hauskalender, I.

Holl.: Niemant en sal sijn quade kint verdrinken. (Tunn., 20, 3.) – Verzuip je kinderen niet, wie weet, wat ze worden kunnen. (Harrebomée, I, 407a.)

Lat.: Non mergas puerum nunc parvum post valiturum. (Fallersleben 546.)

772 Quarrige Kinder gehen am längsten.Simrock, 5649; Körte, 3382; Reinsberg VII, 43.

Frz.: Pot frêlé dure longtemps. (Körte, 3382.)

773 Rechte Kinder bekommen bunte Röcklein, Stiefkinder nur graue.

774 Sau lange de Kinder ätet, hület se nich.Schambach., II, 346.

So lange die Kinder essen, weinen sie nicht; man kann sie daher leicht beruhigen, wenn man ihnen etwas zu essen gibt. Eine Butterschnitte stillt viel Kinderthränen, eine Pfeffernuss thut's noch leichter.

775 Schickt man Kinder gen Marckt, lesen Kramer Geld.Sutor, 415.

Lat.: Cui mens est stulta pro paucis vult dare multa. (Sutor, 495 u. 921.)

776 Schiessen dem Kind die Zähne ein, stoss dem Fass den Boden ein. (Nassau.)

D. h. gib ihm Wein.

777 Schlâch der de Käinjt, net dat se der ândre schlôn.Schuster, 598.

778 Schreiende Kinder machen singende Mütter.

Holl.: Schreijende kinderen maken zingende moeders. (Harrebomée, I, 407a.)

779 Schwerredenden Kindern hilft es, Bettelbrot zu essen.Simrock, 1035; Reinsberg VII, 45.

Da Kinder fast stets Hunger haben, so sind sie oft in der Notwendigkeit, sprechen zu müssen, wenn sie Brot haben wollen.

780 Sein Kind hält jeder fürs schönste.

781 Seine Kinder muss jedermann wohlfahrten.Graf, 163, 141.

D. h. er hat die Pflicht, für ihre leibliche und geistige Wohlfahrt zu sorgen.

Isl.: Sitt barn skall hverr mathr fram fora. (Graup, I, 234.)

782 Seint jr nit kinder, so seind die pauren kein leut.Schade, III, 138, 20.

783 Selig ist ein Kind, da ein Priester auss wird.Petri, II, 519.

784 Selten ein Kind versteht, wie's der Mutter zu Herzen geht.Eiselein, 374.

785 Senn de Kinner kle, trât'n si em uf de Be; senn si grâss, ufs Herz. (Franken.)

786 Sind der Kinder noch so viel, der Vater behält das Vorspiel.

Dän.: Vare børnene 24, da var faderen ældst. (Prov. dan., 37.)

787 Sind die Kinder funfzig Jahr, soll man das Schulgeld den Bettlern geben.Sprichwörtergarten, 289.

Engl.: An old naught will never be ought.

788 Sind die Kinder satt, bekommen auch die Hunde.

789 So das Kind geboren, ist das Testament gefertigt.

790 So mennich Kind, so mennich Faderunser. (Süderdithmarschen.)

791 So viel Kinder, so viel Paternoster.Simrock, 5614; für Münster: Firmenich, I, 298, 34; Frommann, VI, 426, 62; ostfriesisch bei Bueren, 1058; Hauskalender, I.

[Spaltenumbruch] 792 Soll ein Kind gedeihen, so soll man ihm zu trinken geben wie einem Falken, es füttern wie ein Kalb, es kleiden wie ein Schaf und es schlagen wie einen Esel.

Dän.: Barn skal have drik som høg, føde som nøed, klæder som væder og hug som asen. (Prov. dan., 46.)

793 Soll ein kind gedeyen, so mag yhm der vater leicht etwas lassen; ia es ist zu uil, was er yhm lesst, vnd wenn er yhm schon nichts liesse. Soll ein kind nicht gedeyen, so ist es alles zu wenig, vnd wenn er yhm noch so uil liesse.Agricola I, 508.

Holl.: Zal een kind gedijen, zoo mag hem de vader ligt iets laten; maar het is te veel, wat hij hem laat, al liet hij hem ook niets. Zal een kind niet gedijen, zoo is alles te weinig, al liet zijn vader hem ook nog zooveel. (Harrebomée, I, 407b.)

794 Spêende Kinder, dêende Kinder.Bueren, 1029.

795 Speibende Kinder, bleibende Kinder. (Steiermark.)

796 Starkes Kind, starke Krankheit.Körte, 3384.

797 Steht das Kind wohl, so ist jede Hebamme gut.Simrock, 4472; Reinsberg VII, 14.

798 Stirbt das Kind in der Were, so lässt es das Gut auf dem Herd.Graf, 195, 89.

Hat das Verhältniss im Auge, dass Kinder gemeinschaftlich ihr ungetheiltes Gut verwalten, wie sie es vielleicht von den Aeltern empfangen haben, sodass alles allen gehört. Wenn nun eins dieser Kinder stirbt, so erben weder die Aeltern noch die Geschwister, es bleibt viel mehr wie es gewesen ist. Was vorher z. B. Fünfen gehört hat, gehört jetzt Vieren ungetheilt. Die Friesen: Steruat tha bern, sa lewas thet goud uppa thene hert. (Richthofen, 330.)

799 Straf' dein Kind so, dass der Apfel bei der Ruthe sei.

Die Russen: Schlage erst drei Kreuze, ehe du deinem Kinde einen Schlag gibst. – Züchtige deine Kinder mit Ruthen, aber zerbrich ihnen den Rücken nicht. (Altmann, VI, 402 u. 454.)

800 'T Kind is dod, Farrerschaft is ut. (Strelitz.) – Firmenich, III, 72, 76.

801 Thue dem Kind sein Willen, so greindts nit.Gruter, III, 84; Lehmann, II, 627, 5.

Greinen = den Mund verzerren, schwäbisch = weinen, bairisch = zanken, schelten, schweizerisch = grunzen; versteht sich idiotisch.

802 Thut ein Kind auch üble Ding', der Mutter Lieb' wird nicht gering.

Böhm.: Ač dítĕ křivo, přede mateři mílo. (Čelakovsky, 400.)

803 Träck (ziehe) Kinder op, träck jung Hung up. (Köln.) – Firmenich, I, 472, 24.

Will sagen, dass wer junge Hunde aufzieht mitunter ebenso viel, wenn nicht mehr Dank erntet, als mit der Erziehung von Kindern.

804 Ûese (unse) Kinner sind nit so geraist1 as de Kinner in der Stadt. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 59, 63.

1) D. h. nicht so knapp, so karg genährt, von raisen, wie englisch: to raise = surgere, dann figürlich: aufziehen, erziehen.

805 Um des Kindes willen küsst man die Amme.Lehmann, II, 791, 87; Pistor., II, 25; Simrock, 5626; Körte, 3360; Reinsberg VII, 42.

„Vmb dess kindes willen geschichts, dass du die ammen küssen siehst.“ Vielleicht auch manchmal um ihr selbst willen.

Holl.: Om des kints wil cust men die voetster (zoogster). (Tunn., 20, 2; Harrebomée, I, 407a.)

Lat.: Oscula nutrici pueri dant eius amici. (Fallersleben, 578; Loci comm., 6.)

806 Um kleine Kinder kleine Trauer.

Frz.: De petit enfant petit deuil. (Leroux, I, 141.)

807 Uneheliche Kinder haben keine Erbschaft. (S. Ebenbürtig und Echter 2.)Graf, 210, 184.

Auf Seeland: Anugth barn maghal ey arual. (Thorsen, 86, 58.)

808 Ungeniet kind ist wie ein wild rind.Franck, I, 121a; Paradoxa, 124b; Körte, 3371.

Ungeniet kommt nicht von Genie, sondern von nieten, ein ungenietetes, ungefüges, das sich nicht in den Willen der Aeltern und Lehrer oder in keine gute Sitte fügt, also ungehorsames, ungesittetes.

809 Ungerathen Kind der Aeltern Schande sind.

Lat.: Improbitas filii patris dedecus est. (Seybold, 222.)

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[[653]/0659] 766 Nicht alle Kinder des Gutsherrn sind Junker. 767 Niemand kan seine kinder lehren, zu frü stellen nach Gott vnd ehren. Lat.: Nemo nimis prope didicit nociua cauere. (Loci comm., 204.) 768 Niemand soll seine bösen Kinder vertrencken. – Petri, II, 495. 769 Niemand zieht böse Kinder, dann die Bettler. – Birlinger, 305. In einer altwürtembergischen Kastenordnung vom Jahre 1536. 770 Nin Kind ward grot sunner Bulen. (Oldenburg.) – Goldschmidt, 118. Kein Kind wird gross ohne Beulen. 771 Nümms dränk sin Kinner aw, he wêt nich, wat derut wêren kann. – Firmenich, I, 233, 59; Goldschmidt, 120; Weserzeitung, 4057; Eichwald, 1009; Hauskalender, I. Holl.: Niemant en sal sijn quade kint verdrinken. (Tunn., 20, 3.) – Verzuip je kinderen niet, wie weet, wat ze worden kunnen. (Harrebomée, I, 407a.) Lat.: Non mergas puerum nunc parvum post valiturum. (Fallersleben 546.) 772 Quarrige Kinder gehen am längsten. – Simrock, 5649; Körte, 3382; Reinsberg VII, 43. Frz.: Pot frêlé dure longtemps. (Körte, 3382.) 773 Rechte Kinder bekommen bunte Röcklein, Stiefkinder nur graue. 774 Sau lange de Kinder ätet, hület se nich. – Schambach., II, 346. So lange die Kinder essen, weinen sie nicht; man kann sie daher leicht beruhigen, wenn man ihnen etwas zu essen gibt. Eine Butterschnitte stillt viel Kinderthränen, eine Pfeffernuss thut's noch leichter. 775 Schickt man Kinder gen Marckt, lesen Kramer Geld. – Sutor, 415. Lat.: Cui mens est stulta pro paucis vult dare multa. (Sutor, 495 u. 921.) 776 Schiessen dem Kind die Zähne ein, stoss dem Fass den Boden ein. (Nassau.) D. h. gib ihm Wein. 777 Schlâch der de Käinjt, net dat se der ândre schlôn. – Schuster, 598. 778 Schreiende Kinder machen singende Mütter. Holl.: Schreijende kinderen maken zingende moeders. (Harrebomée, I, 407a.) 779 Schwerredenden Kindern hilft es, Bettelbrot zu essen. – Simrock, 1035; Reinsberg VII, 45. Da Kinder fast stets Hunger haben, so sind sie oft in der Notwendigkeit, sprechen zu müssen, wenn sie Brot haben wollen. 780 Sein Kind hält jeder fürs schönste. 781 Seine Kinder muss jedermann wohlfahrten. – Graf, 163, 141. D. h. er hat die Pflicht, für ihre leibliche und geistige Wohlfahrt zu sorgen. Isl.: Sitt barn skall hverr mathr fram fora. (Graup, I, 234.) 782 Seint jr nit kinder, so seind die pauren kein leut. – Schade, III, 138, 20. 783 Selig ist ein Kind, da ein Priester auss wird. – Petri, II, 519. 784 Selten ein Kind versteht, wie's der Mutter zu Herzen geht. – Eiselein, 374. 785 Senn de Kinner kle, trât'n si em uf de Be; senn si grâss, ufs Herz. (Franken.) 786 Sind der Kinder noch so viel, der Vater behält das Vorspiel. Dän.: Vare børnene 24, da var faderen ældst. (Prov. dan., 37.) 787 Sind die Kinder funfzig Jahr, soll man das Schulgeld den Bettlern geben. – Sprichwörtergarten, 289. Engl.: An old naught will never be ought. 788 Sind die Kinder satt, bekommen auch die Hunde. 789 So das Kind geboren, ist das Testament gefertigt. 790 So mennich Kind, so mennich Faderunser. (Süderdithmarschen.) 791 So viel Kinder, so viel Paternoster. – Simrock, 5614; für Münster: Firmenich, I, 298, 34; Frommann, VI, 426, 62; ostfriesisch bei Bueren, 1058; Hauskalender, I. 792 Soll ein Kind gedeihen, so soll man ihm zu trinken geben wie einem Falken, es füttern wie ein Kalb, es kleiden wie ein Schaf und es schlagen wie einen Esel. Dän.: Barn skal have drik som høg, føde som nøed, klæder som væder og hug som asen. (Prov. dan., 46.) 793 Soll ein kind gedeyen, so mag yhm der vater leicht etwas lassen; ia es ist zu uil, was er yhm lesst, vnd wenn er yhm schon nichts liesse. Soll ein kind nicht gedeyen, so ist es alles zu wenig, vnd wenn er yhm noch so uil liesse. – Agricola I, 508. Holl.: Zal een kind gedijen, zoo mag hem de vader ligt iets laten; maar het is te veel, wat hij hem laat, al liet hij hem ook niets. Zal een kind niet gedijen, zoo is alles te weinig, al liet zijn vader hem ook nog zooveel. (Harrebomée, I, 407b.) 794 Spêende Kinder, dêende Kinder. – Bueren, 1029. 795 Speibende Kinder, bleibende Kinder. (Steiermark.) 796 Starkes Kind, starke Krankheit. – Körte, 3384. 797 Steht das Kind wohl, so ist jede Hebamme gut. – Simrock, 4472; Reinsberg VII, 14. 798 Stirbt das Kind in der Were, so lässt es das Gut auf dem Herd. – Graf, 195, 89. Hat das Verhältniss im Auge, dass Kinder gemeinschaftlich ihr ungetheiltes Gut verwalten, wie sie es vielleicht von den Aeltern empfangen haben, sodass alles allen gehört. Wenn nun eins dieser Kinder stirbt, so erben weder die Aeltern noch die Geschwister, es bleibt viel mehr wie es gewesen ist. Was vorher z. B. Fünfen gehört hat, gehört jetzt Vieren ungetheilt. Die Friesen: Steruat tha bern, sa lewas thet goud uppa thene hert. (Richthofen, 330.) 799 Straf' dein Kind so, dass der Apfel bei der Ruthe sei. Die Russen: Schlage erst drei Kreuze, ehe du deinem Kinde einen Schlag gibst. – Züchtige deine Kinder mit Ruthen, aber zerbrich ihnen den Rücken nicht. (Altmann, VI, 402 u. 454.) 800 'T Kind is dod, Farrerschaft is ut. (Strelitz.) – Firmenich, III, 72, 76. 801 Thue dem Kind sein Willen, so greindts nit. – Gruter, III, 84; Lehmann, II, 627, 5. Greinen = den Mund verzerren, schwäbisch = weinen, bairisch = zanken, schelten, schweizerisch = grunzen; versteht sich idiotisch. 802 Thut ein Kind auch üble Ding', der Mutter Lieb' wird nicht gering. Böhm.: Ač dítĕ křivo, přede mateři mílo. (Čelakovsky, 400.) 803 Träck (ziehe) Kinder op, träck jung Hung up. (Köln.) – Firmenich, I, 472, 24. Will sagen, dass wer junge Hunde aufzieht mitunter ebenso viel, wenn nicht mehr Dank erntet, als mit der Erziehung von Kindern. 804 Ûese (unse) Kinner sind nit so geraist1 as de Kinner in der Stadt. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 59, 63. 1) D. h. nicht so knapp, so karg genährt, von raisen, wie englisch: to raise = surgere, dann figürlich: aufziehen, erziehen. 805 Um des Kindes willen küsst man die Amme. – Lehmann, II, 791, 87; Pistor., II, 25; Simrock, 5626; Körte, 3360; Reinsberg VII, 42. „Vmb dess kindes willen geschichts, dass du die ammen küssen siehst.“ Vielleicht auch manchmal um ihr selbst willen. Holl.: Om des kints wil cust men die voetster (zoogster). (Tunn., 20, 2; Harrebomée, I, 407a.) Lat.: Oscula nutrici pueri dant eius amici. (Fallersleben, 578; Loci comm., 6.) 806 Um kleine Kinder kleine Trauer. Frz.: De petit enfant petit deuil. (Leroux, I, 141.) 807 Uneheliche Kinder haben keine Erbschaft. (S. Ebenbürtig und Echter 2.) – Graf, 210, 184. Auf Seeland: Anugth barn maghal ey arual. (Thorsen, 86, 58.) 808 Ungeniet kind ist wie ein wild rind. – Franck, I, 121a; Paradoxa, 124b; Körte, 3371. Ungeniet kommt nicht von Genie, sondern von nieten, ein ungenietetes, ungefüges, das sich nicht in den Willen der Aeltern und Lehrer oder in keine gute Sitte fügt, also ungehorsames, ungesittetes. 809 Ungerathen Kind der Aeltern Schande sind. Lat.: Improbitas filii patris dedecus est. (Seybold, 222.) 810 Ungerathene Kinder kommen (bekommt) dem (der) Henker in die Hände (Schule). Lat.: Audit carnificem nolens audire parentem. (Seybold, 45.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [653]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/659>, abgerufen am 24.11.2024.