Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] 128 Keine Henne fliegt über die Mauer. - Pistor., I, 44; Blum, 513; Dreyer, III, 313; Bodmann, 384; Hillebrand, 28, 36; Estor, I, 86; Eisenhart, 53; Eiselein, 324; Hertius, II, 11; Graf, 59, 247; Grimm, Rechtsalt., 376; Simrock, 4564; Körte, 2761. Die Leibeigenen mussten bei den alten Deutschen ihren Gutsherren Korn, Kleidungsstücke, Vieh als Zins liefern, welche Gewohnheit sich bis in die neue Zeit erhalten hat, wo man unter andern auch Leibhühner (d. h. Leibeigenschaftshühner) lieferte, daher in diesem Sprichwort unter "Henne" ein leibeigener Unterthan verstanden wird. Das Sprichwort sagt nun, dass kein Leibeigener, so lange er nicht von der Leibeigenschaft losgesprochen war, zum Bürgerrecht gelangen konnte, weil man in den Städten keine Leibeigenen duldete. Jeder Städter war frei; und wer das Bürgerrecht erlangen wollte, musste zuerst darthun, dass er kein Leibeigener sei. Das Sprichwort kann aber auch den Gedanken ausdrücken, dass der Hörige, welcher seinen Wohnsitz in der Stadt genommen hatte, seinem bisherigen Herrn keine Hühner (das Zeichen der Leibeigenschaft) mehr zu liefern brauchte. 129 Keine Henne schreit umsonst. 130 Kommt die Henne in die Stadt, so kommt sie auch leicht in die Küche. 131 Könnte die Henne ihr Gackern lassen, so würde sie ihre Eier behalten. Dän.: Hönnen med sin kaglen röber sine egne aeg. (Prov. dan., 3962.) 132 Krägget de Henne un swigt de Hane, dann ist dat Haus üewel deran. (Osnabrück.) - Firmenich, III, 162, 18; Lyra, 61; für das Münsterland: Frommann, VI, 427, 73; hochdeutsch bei Eiselein, 299; Simrock, 4562a; Reinsberg I, 168. Dasselbe Wort findet sich bei Assmann hochdeutsch. In Mailand heisst es: In dem Hause, wo die Henne kräht und der Hahn schweigt, wird nimmer Friede sein. Und: Wo der Hahn schweigt und die Henne kräht, kann man nichts als Schlimmes erwarten. (Reinsberg I, 168.) 133 Kräht die Henne und piept der Hahn, muss es im Hause übel stahn. - Körte2, 3411. Frz.: Malheureuse maison et mechante, ou coq se tait et poulle chante. 134 Kreht die Henne für den Han, vnd das Weib redt für dem Mann, so soll man die Henne ropfen vnd das Weib auf die Scheiden klopfen. - Teutsch Stammbuch, 1647. 135 Man muss der Henne ein Nest machen, so verträgt sie die Eier nicht. Port.: A gallinha oaparta-lhe o ninho, e por-te-ha o ovo. (Bohn, I, 264.) 136 Man muss die Henne im voraus bezahlen, ehe sie gelegt hat. Man muss zuweilen handeln, ohne dass man voraussehen kann, wie es ausfallen werde. 137 Man muss die Henne rupfen, ohne dass sie schreit. - Simrock, 4584; Körte, 2754; Braun, I, 1284. Wie es scheint, versteht man dies in Deutschland noch nicht, oder die deutschen Hühner sind sehr empfindlich; denn sie fangen sofort an zu schreien, wenn man zu rupfen beginnt. 138 Man muss nicht Einer Henne alle Eier unterlegen. Holl.: Men moet niet al de eijeren onder eene hen leggen. (Harrebomee, I, 178.) 139 Man soll die Henne nicht eher rupfen, als bis man sie geschlachtet hat. Aehnlich russisch Altmann, VI, 429. 140 'Ne alle (alte) Henne lätt sik nit met Kawe1 locken. (Iserlohn.) - Firmenich, III, 186, 53; Woeste, 73, 191. 1) Spreu; mittelhochdeutsch Kave, Schote, Hülse. 141 'Ne oalle Henne giet de fettste Soppe. (Grafschaft Mark.) - Woeste, 65, 11. 142 Quea Hinnen, der de Aeyen üwtligge int huws to iten geane. (Westfries.) Böse Hennen, welche die Eier draussen legen und nach Hause gehen zu essen. 143 Scharrende Henne findet ein Körnlein. Aehnlich die Letten Reinsberg III, 134. 144 Scharrt nicht die Henne so gut wie der Hahn, so kann der Haushalt nicht bestahn. - Lohrengel, I, 618. [Spaltenumbruch] 145 Schleusst du der Henne die Hand, so schleusst sie dir den Hintern. - Winckler, V, 77. 146 So eine Henn dem Hanen entgehet, die ander bald wider bey jhm stehet. - Petri, II. 147 So lang die Henne Eier legt, legt man ihr auch. - Eiselein, 299; Simrock, 4573. 148 Uch en Hein schärt nit ümsonst. - Schuster, 971. 149 Vierzehn hennen und Ein Hahn. - Lassberg, Liedersaal, 14. Jahrhundert; Eiselein, 360. Hochzeitsgeschenk des Bräutigams für die Braut im schwäbischen Mittelalter. 150 Wan d' Hen mehr schilt als da Han, und 's Wei' mehr gilt als da Man, da ist's nimma guet. - Baumgarten, 92. 151 Wann die henn jhr gatzen liesse, so wisst man nit, das sie gelegt het. - Franck, I, 89b; Egenolff, 348b; Petri, II, 643; Henisch, 1376, 25; Gruter, I, 72; Gaal, 877; Mauvillon, I, 3; Blum, 141; Winckler, I, 90; Eiselein, 299; Körte, 2749; Simrock, 4568; Braun, I, 1286. Dän.: Dersom hönen ikke kaglede, vidste man ikke hvad hun havde giort. (Bohn I, 357.) Holl.: Als de hen haar kakelen liet, zoo wist men niet, dat zie gelegd had. (Harrebomee, I, 304.) It.: Se tacesse la gallina non si saprebbe che ha fatto l'uovo. (Bohn I, 126; Cahier, 2936.) - La gallina che chiamazza, e quella ch'a fatto l'uovo. (Gaal, 877.) Lat.: Qui se ingerit, pro suspecto habetur. (Gaal, 877.) 152 Wann die Henn krähet vor dem Han und das Weib redet für dem Mann, so soll man die Henne braten und das Weib mit Prügeln berathen. - Hoffmann, Monatsschrift von und für Schlesien, II, 548; Simrock, 4562; Reinsberg I, 168. Die Holländer: Es ist doch zu verdreht, wenn's Hähnchen schweigt und 's Hennchen kräht. Und die Araber: Wenn die Henne wie ein Hahn kräht, muss sie geschlachtet werden. (Reinsberg I, 168.) 153 Wann die Henn krähet vor dem Han vnd die Fraw redt vor dem Mann, soll man das weib auff das Maul schlagen vnd die Henn in Spiess jagen. - Gruter, III, 103; Lehmann, II, 869, 132. 154 Was keine Henne ist, muss sich nicht treten lassen. Die Russen sagen: Das Getretenwerden ist nur bei einer Henne von Folgen. (Altmann VI, 389.) 155 Was von einer Hänn kompt, das gatzet (gackert). - Lehmann, 537, 1; Sailer, 148; Simrock, 4571; Reinsberg II, 59. Die Finnen sagen: Dem Seehund braucht man das Bellen nicht zu lehren. (Reinsberg II, 59.) It.: Chi di gallina nasce, convien che razzoli. (Gaal, 115.) 156 Was von Hennen kommt, scharrt auch. Frz.: Qui est extrait de gelinette il ne peut qui ne gratte. (Leroux, I, 113.) 157 Weh der Henne, an der die Falken hacken. Anspielung auf die Aerzte, die an einem armen Kranken ihre Erfahrungen durch Versuche mit allen möglichen Mitteln zu machen pflegen. 158 Weil die Henne (Eier) legt, legt man ihr wieder. - Winckler, I, 19. 159 Wenn d' Henn' mehr kräht als der Hahn, und 's Weib mehr greint als der Mann, soll man d' Henn' in Bratspiess jag'n und 's Weib aufs Maul hinaufschlag'n. (Oberösterreich.) Krähende Hennen hält man in Oberösterreich für Unglücksvögel; man meint, sie krähen um Feuer oder schreien nach einem andern Unglück, welches bereits sehr nahe sei. Man soll ihnen daher auf der Stelle den Kopf abschlagen. (Baumgarten, 18 u. 92.) 160 Wenn die alte Henne für einen Schilling auf den Markt geht (verkauft wird), wie dann die jungen? - Wullschlägel. Wenn man sich aus dir, dem Aeltern, Hochgestellten nichts macht, wie wird man mich, den Geringen, achten, behandeln? 161 Wenn die Henn das gatzen liess, so wüste niemand, wo sie hingelegt hett. - Lehmann, 181, 21 u. 715, 10. 162 Wenn die Henn nit so wol scharret als der Han, so kan die Hausshaltung nicht bestahn. (S. Hahn 33.) - Lehmann, 365, 4; Simrock, 4287a; Körte, 2753; Reinsberg I, 152. Dän.: Naar hönnen ikke saa vel skraber som hanen, er det skarn med huusholdningen. (Prov. dan., 306.) [Spaltenumbruch] 128 Keine Henne fliegt über die Mauer. – Pistor., I, 44; Blum, 513; Dreyer, III, 313; Bodmann, 384; Hillebrand, 28, 36; Estor, I, 86; Eisenhart, 53; Eiselein, 324; Hertius, II, 11; Graf, 59, 247; Grimm, Rechtsalt., 376; Simrock, 4564; Körte, 2761. Die Leibeigenen mussten bei den alten Deutschen ihren Gutsherren Korn, Kleidungsstücke, Vieh als Zins liefern, welche Gewohnheit sich bis in die neue Zeit erhalten hat, wo man unter andern auch Leibhühner (d. h. Leibeigenschaftshühner) lieferte, daher in diesem Sprichwort unter „Henne“ ein leibeigener Unterthan verstanden wird. Das Sprichwort sagt nun, dass kein Leibeigener, so lange er nicht von der Leibeigenschaft losgesprochen war, zum Bürgerrecht gelangen konnte, weil man in den Städten keine Leibeigenen duldete. Jeder Städter war frei; und wer das Bürgerrecht erlangen wollte, musste zuerst darthun, dass er kein Leibeigener sei. Das Sprichwort kann aber auch den Gedanken ausdrücken, dass der Hörige, welcher seinen Wohnsitz in der Stadt genommen hatte, seinem bisherigen Herrn keine Hühner (das Zeichen der Leibeigenschaft) mehr zu liefern brauchte. 129 Keine Henne schreit umsonst. 130 Kommt die Henne in die Stadt, so kommt sie auch leicht in die Küche. 131 Könnte die Henne ihr Gackern lassen, so würde sie ihre Eier behalten. Dän.: Hønnen med sin kaglen røber sine egne æg. (Prov. dan., 3962.) 132 Krägget de Henne un swigt de Hane, dann ist dat Hûs üewel deran. (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162, 18; Lyra, 61; für das Münsterland: Frommann, VI, 427, 73; hochdeutsch bei Eiselein, 299; Simrock, 4562a; Reinsberg I, 168. Dasselbe Wort findet sich bei Assmann hochdeutsch. In Mailand heisst es: In dem Hause, wo die Henne kräht und der Hahn schweigt, wird nimmer Friede sein. Und: Wo der Hahn schweigt und die Henne kräht, kann man nichts als Schlimmes erwarten. (Reinsberg I, 168.) 133 Kräht die Henne und piept der Hahn, muss es im Hause übel stahn. – Körte2, 3411. Frz.: Malheureuse maison et méchante, où coq se tait et poulle chante. 134 Kreht die Henne für den Han, vnd das Weib redt für dem Mann, so soll man die Henne ropfen vnd das Weib auf die Scheiden klopfen. – Teutsch Stammbuch, 1647. 135 Man muss der Henne ein Nest machen, so verträgt sie die Eier nicht. Port.: A gallinha oaparta-lhe o ninho, e pôr-te-ha o ovo. (Bohn, I, 264.) 136 Man muss die Henne im voraus bezahlen, ehe sie gelegt hat. Man muss zuweilen handeln, ohne dass man voraussehen kann, wie es ausfallen werde. 137 Man muss die Henne rupfen, ohne dass sie schreit. – Simrock, 4584; Körte, 2754; Braun, I, 1284. Wie es scheint, versteht man dies in Deutschland noch nicht, oder die deutschen Hühner sind sehr empfindlich; denn sie fangen sofort an zu schreien, wenn man zu rupfen beginnt. 138 Man muss nicht Einer Henne alle Eier unterlegen. Holl.: Men moet niet al de eijeren onder ééne hen leggen. (Harrebomée, I, 178.) 139 Man soll die Henne nicht eher rupfen, als bis man sie geschlachtet hat. Aehnlich russisch Altmann, VI, 429. 140 'Ne alle (alte) Henne lätt sik nit met Kawe1 locken. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 53; Woeste, 73, 191. 1) Spreu; mittelhochdeutsch Kave, Schote, Hülse. 141 'Ne oalle Henne giet de fettste Soppe. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 65, 11. 142 Quea Hinnen, der de Aeyen üwtligge int huws to iten geane. (Westfries.) Böse Hennen, welche die Eier draussen legen und nach Hause gehen zu essen. 143 Scharrende Henne findet ein Körnlein. Aehnlich die Letten Reinsberg III, 134. 144 Scharrt nicht die Henne so gut wie der Hahn, so kann der Haushalt nicht bestahn. – Lohrengel, I, 618. [Spaltenumbruch] 145 Schleusst du der Henne die Hand, so schleusst sie dir den Hintern. – Winckler, V, 77. 146 So eine Henn dem Hanen entgehet, die ander bald wider bey jhm stehet. – Petri, II. 147 So lang die Henne Eier legt, legt man ihr auch. – Eiselein, 299; Simrock, 4573. 148 Uch en Hîn schärt nit ümsonst. – Schuster, 971. 149 Vierzehn hennen und Ein Hahn. – Lassberg, Liedersaal, 14. Jahrhundert; Eiselein, 360. Hochzeitsgeschenk des Bräutigams für die Braut im schwäbischen Mittelalter. 150 Wan d' Hen mehr schilt als da Han, und 's Wei' mehr gilt als da Man, da ist's nimma guet. – Baumgarten, 92. 151 Wann die henn jhr gatzen liesse, so wisst man nit, das sie gelegt het. – Franck, I, 89b; Egenolff, 348b; Petri, II, 643; Henisch, 1376, 25; Gruter, I, 72; Gaal, 877; Mauvillon, I, 3; Blum, 141; Winckler, I, 90; Eiselein, 299; Körte, 2749; Simrock, 4568; Braun, I, 1286. Dän.: Dersom hønen ikke kaglede, vidste man ikke hvad hun havde giort. (Bohn I, 357.) Holl.: Als de hen haar kakelen liet, zoo wist men niet, dat zie gelegd had. (Harrebomée, I, 304.) It.: Se tacesse la gallina non si saprebbe che ha fatto l'uovo. (Bohn I, 126; Cahier, 2936.) – La gallina che chiamazza, è quella ch'a fatto l'uovo. (Gaal, 877.) Lat.: Qui se ingerit, pro suspecto habetur. (Gaal, 877.) 152 Wann die Henn krähet vor dem Han und das Weib redet für dem Mann, so soll man die Henne braten und das Weib mit Prügeln berathen. – Hoffmann, Monatsschrift von und für Schlesien, II, 548; Simrock, 4562; Reinsberg I, 168. Die Holländer: Es ist doch zu verdreht, wenn's Hähnchen schweigt und 's Hennchen kräht. Und die Araber: Wenn die Henne wie ein Hahn kräht, muss sie geschlachtet werden. (Reinsberg I, 168.) 153 Wann die Henn krähet vor dem Han vnd die Fraw redt vor dem Mann, soll man das weib auff das Maul schlagen vnd die Henn in Spiess jagen. – Gruter, III, 103; Lehmann, II, 869, 132. 154 Was keine Henne ist, muss sich nicht treten lassen. Die Russen sagen: Das Getretenwerden ist nur bei einer Henne von Folgen. (Altmann VI, 389.) 155 Was von einer Hänn kompt, das gatzet (gackert). – Lehmann, 537, 1; Sailer, 148; Simrock, 4571; Reinsberg II, 59. Die Finnen sagen: Dem Seehund braucht man das Bellen nicht zu lehren. (Reinsberg II, 59.) It.: Chi di gallina nasce, convien che razzoli. (Gaal, 115.) 156 Was von Hennen kommt, scharrt auch. Frz.: Qui est extrait de gelinette il ne peut qui ne gratte. (Leroux, I, 113.) 157 Weh der Henne, an der die Falken hacken. Anspielung auf die Aerzte, die an einem armen Kranken ihre Erfahrungen durch Versuche mit allen möglichen Mitteln zu machen pflegen. 158 Weil die Henne (Eier) legt, legt man ihr wieder. – Winckler, I, 19. 159 Wenn d' Henn' mehr kräht als der Hahn, und 's Weib mehr greint als der Mann, soll man d' Henn' in Bratspiess jag'n und 's Weib aufs Maul hinaufschlag'n. (Oberösterreich.) Krähende Hennen hält man in Oberösterreich für Unglücksvögel; man meint, sie krähen um Feuer oder schreien nach einem andern Unglück, welches bereits sehr nahe sei. Man soll ihnen daher auf der Stelle den Kopf abschlagen. (Baumgarten, 18 u. 92.) 160 Wenn die alte Henne für einen Schilling auf den Markt geht (verkauft wird), wie dann die jungen? – Wullschlägel. Wenn man sich aus dir, dem Aeltern, Hochgestellten nichts macht, wie wird man mich, den Geringen, achten, behandeln? 161 Wenn die Henn das gatzen liess, so wüste niemand, wo sie hingelegt hett. – Lehmann, 181, 21 u. 715, 10. 162 Wenn die Henn nit so wol scharret als der Han, so kan die Hausshaltung nicht bestahn. (S. Hahn 33.) – Lehmann, 365, 4; Simrock, 4287a; Körte, 2753; Reinsberg I, 152. Dän.: Naar hønnen ikke saa vel skraber som hanen, er det skarn med huusholdningen. (Prov. dan., 306.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0264" n="[258]"/><cb n="515"/> 128 Keine Henne fliegt über die Mauer.</hi> – <hi rendition="#i">Pistor., I, 44; Blum, 513; Dreyer, III, 313; Bodmann, 384; Hillebrand, 28, 36; Estor, I, 86; Eisenhart, 53; Eiselein, 324; Hertius, II, 11; Graf, 59, 247; Grimm, Rechtsalt., 376; Simrock, 4564; Körte, 2761.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Leibeigenen mussten bei den alten Deutschen ihren Gutsherren Korn, Kleidungsstücke, Vieh als Zins liefern, welche Gewohnheit sich bis in die neue Zeit erhalten hat, wo man unter andern auch Leibhühner (d. h. Leibeigenschaftshühner) lieferte, daher in diesem Sprichwort unter „Henne“ ein leibeigener Unterthan verstanden wird. Das Sprichwort sagt nun, dass kein Leibeigener, so lange er nicht von der Leibeigenschaft losgesprochen war, zum Bürgerrecht gelangen konnte, weil man in den Städten keine Leibeigenen duldete. Jeder Städter war frei; und wer das Bürgerrecht erlangen wollte, musste zuerst darthun, dass er kein Leibeigener sei. Das Sprichwort kann aber auch den Gedanken ausdrücken, dass der Hörige, welcher seinen Wohnsitz in der Stadt genommen hatte, seinem bisherigen Herrn keine Hühner (das Zeichen der Leibeigenschaft) mehr zu liefern brauchte.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">129 Keine Henne schreit umsonst.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">130 Kommt die Henne in die Stadt, so kommt sie auch leicht in die Küche.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">131 Könnte die Henne ihr Gackern lassen, so würde sie ihre Eier behalten.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Hønnen med sin kaglen røber sine egne æg. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 3962.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">132 Krägget de Henne un swigt de Hane, dann ist dat Hûs üewel deran.</hi> (<hi rendition="#i">Osnabrück.</hi>) – <hi rendition="#i">Firmenich, III, 162, 18; Lyra, 61;</hi> für das Münsterland: <hi rendition="#i">Frommann, VI, 427, 73;</hi> hochdeutsch bei <hi rendition="#i">Eiselein, 299; Simrock, 4562<hi rendition="#sup">a</hi>; Reinsberg I, 168.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Dasselbe Wort findet sich bei <hi rendition="#i">Assmann</hi> hochdeutsch. In Mailand heisst es: In dem Hause, wo die Henne kräht und der Hahn schweigt, wird nimmer Friede sein. Und: Wo der Hahn schweigt und die Henne kräht, kann man nichts als Schlimmes erwarten. (<hi rendition="#i">Reinsberg I, 168.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">133 Kräht die Henne und piept der Hahn, muss es im Hause übel stahn.</hi> – <hi rendition="#i">Körte<hi rendition="#sup">2</hi>, 3411.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Malheureuse maison et méchante, où coq se tait et poulle chante.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">134 Kreht die Henne für den Han, vnd das Weib redt für dem Mann, so soll man die Henne ropfen vnd das Weib auf die Scheiden klopfen.</hi> – <hi rendition="#i">Teutsch Stammbuch, 1647.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">135 Man muss der Henne ein Nest machen, so verträgt sie die Eier nicht.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Port.</hi>: A gallinha oaparta-lhe o ninho, e pôr-te-ha o ovo. (<hi rendition="#i">Bohn, I, 264.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">136 Man muss die Henne im voraus bezahlen, ehe sie gelegt hat.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Man muss zuweilen handeln, ohne dass man voraussehen kann, wie es ausfallen werde.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">137 Man muss die Henne rupfen, ohne dass sie schreit.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 4584; Körte, 2754; Braun, I, 1284.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Wie es scheint, versteht man dies in Deutschland noch nicht, oder die deutschen Hühner sind sehr empfindlich; denn sie fangen sofort an zu schreien, wenn man zu rupfen beginnt.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">138 Man muss nicht Einer Henne alle Eier unterlegen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Men moet niet al de eijeren onder ééne hen leggen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 178.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">139 Man soll die Henne nicht eher rupfen, als bis man sie geschlachtet hat.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Aehnlich russisch <hi rendition="#i">Altmann, VI, 429.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">140 'Ne alle (alte) Henne lätt sik nit met Kawe<hi rendition="#sup">1</hi> locken.</hi> (<hi rendition="#i">Iserlohn.</hi>) – <hi rendition="#i">Firmenich, III, 186, 53; Woeste, 73, 191.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Spreu; mittelhochdeutsch Kave, Schote, Hülse.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">141 'Ne oalle Henne giet de fettste Soppe.</hi> (<hi rendition="#i">Grafschaft Mark.</hi>) – <hi rendition="#i">Woeste, 65, 11.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">142 Quea Hinnen, der de Aeyen üwtligge int huws to iten geane.</hi> (<hi rendition="#i">Westfries.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et">Böse Hennen, welche die Eier draussen legen und nach Hause gehen zu essen.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">143 Scharrende Henne findet ein Körnlein.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Aehnlich die Letten <hi rendition="#i">Reinsberg III, 134.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">144 Scharrt nicht die Henne so gut wie der Hahn, so kann der Haushalt nicht bestahn.</hi> – <hi rendition="#i">Lohrengel, I, 618.</hi></p><lb/> <cb n="516"/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">145 Schleusst du der Henne die Hand, so schleusst sie dir den Hintern.</hi> – <hi rendition="#i">Winckler, V, 77.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">146 So eine Henn dem Hanen entgehet, die ander bald wider bey jhm stehet.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">147 So lang die Henne Eier legt, legt man ihr auch.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 299; Simrock, 4573.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">148 Uch en Hîn schärt nit ümsonst.</hi> – <hi rendition="#i">Schuster, 971.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">149 Vierzehn hennen und Ein Hahn.</hi> – <hi rendition="#i">Lassberg, Liedersaal, 14. Jahrhundert; Eiselein, 360.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Hochzeitsgeschenk des Bräutigams für die Braut im schwäbischen Mittelalter.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">150 Wan d' Hen mehr schilt als da Han, und 's Wei' mehr gilt als da Man, da ist's nimma guet.</hi> – <hi rendition="#i">Baumgarten, 92.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">151 Wann die henn jhr gatzen liesse, so wisst man nit, das sie gelegt het.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 89<hi rendition="#sup">b</hi>; Egenolff, 348<hi rendition="#sup">b</hi>; Petri, II, 643; Henisch, 1376, 25; Gruter, I, 72; Gaal, 877; Mauvillon, I, 3; Blum, 141; Winckler, I, 90; Eiselein, 299; Körte, 2749; Simrock, 4568; Braun, I, 1286.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Dersom hønen ikke kaglede, vidste man ikke hvad hun havde giort. (<hi rendition="#i">Bohn I, 357.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Als de hen haar kakelen liet, zoo wist men niet, dat zie gelegd had. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 304.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Se tacesse la gallina non si saprebbe che ha fatto l'uovo. (<hi rendition="#i">Bohn I, 126; Cahier, 2936.</hi>) – La gallina che chiamazza, è quella ch'a fatto l'uovo. (<hi rendition="#i">Gaal, 877.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Qui se ingerit, pro suspecto habetur. (<hi rendition="#i">Gaal, 877.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">152 Wann die Henn krähet vor dem Han und das Weib redet für dem Mann, so soll man die Henne braten und das Weib mit Prügeln berathen.</hi> – <hi rendition="#i">Hoffmann, Monatsschrift von und für Schlesien, II, 548; Simrock, 4562; Reinsberg I, 168.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Holländer: Es ist doch zu verdreht, wenn's Hähnchen schweigt und 's Hennchen kräht. Und die Araber: Wenn die Henne wie ein Hahn kräht, muss sie geschlachtet werden. (<hi rendition="#i">Reinsberg I, 168.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">153 Wann die Henn krähet vor dem Han vnd die Fraw redt vor dem Mann, soll man das weib auff das Maul schlagen vnd die Henn in Spiess jagen.</hi> – <hi rendition="#i">Gruter, III, 103; Lehmann, II, 869, 132.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">154 Was keine Henne ist, muss sich nicht treten lassen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Die Russen sagen: Das Getretenwerden ist nur bei einer Henne von Folgen. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 389.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">155 Was von einer Hänn kompt, das gatzet (gackert).</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 537, 1; Sailer, 148; Simrock, 4571; Reinsberg II, 59.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Finnen sagen: Dem Seehund braucht man das Bellen nicht zu lehren. (<hi rendition="#i">Reinsberg II, 59.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi di gallina nasce, convien che razzoli. (<hi rendition="#i">Gaal, 115.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">156 Was von Hennen kommt, scharrt auch.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Qui est extrait de gelinette il ne peut qui ne gratte. (<hi rendition="#i">Leroux, I, 113.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">157 Weh der Henne, an der die Falken hacken.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Anspielung auf die Aerzte, die an einem armen Kranken ihre Erfahrungen durch Versuche mit allen möglichen Mitteln zu machen pflegen.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">158 Weil die Henne (Eier) legt, legt man ihr wieder.</hi> – <hi rendition="#i">Winckler, I, 19.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">159 Wenn d' Henn' mehr kräht als der Hahn, und 's Weib mehr greint als der Mann, soll man d' Henn' in Bratspiess jag'n und 's Weib aufs Maul hinaufschlag'n.</hi> (<hi rendition="#i">Oberösterreich.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et">Krähende Hennen hält man in Oberösterreich für Unglücksvögel; man meint, sie krähen um Feuer oder schreien nach einem andern Unglück, welches bereits sehr nahe sei. Man soll ihnen daher auf der Stelle den Kopf abschlagen. (<hi rendition="#i">Baumgarten, 18 u. 92.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">160 Wenn die alte Henne für einen Schilling auf den Markt geht (verkauft wird), wie dann die jungen?</hi> – <hi rendition="#i">Wullschlägel.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Wenn man sich aus dir, dem Aeltern, Hochgestellten nichts macht, wie wird man mich, den Geringen, achten, behandeln?</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">161 Wenn die Henn das gatzen liess, so wüste niemand, wo sie hingelegt hett.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 181, 21 u. 715, 10.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">162 Wenn die Henn nit so wol scharret als der Han, so kan die Hausshaltung nicht bestahn.</hi> (S. Hahn 33.) – <hi rendition="#i">Lehmann, 365, 4; Simrock, 4287<hi rendition="#sup">a</hi>; Körte, 2753; Reinsberg I, 152.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Naar hønnen ikke saa vel skraber som hanen, er det skarn med huusholdningen. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 306.</hi>)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[258]/0264]
128 Keine Henne fliegt über die Mauer. – Pistor., I, 44; Blum, 513; Dreyer, III, 313; Bodmann, 384; Hillebrand, 28, 36; Estor, I, 86; Eisenhart, 53; Eiselein, 324; Hertius, II, 11; Graf, 59, 247; Grimm, Rechtsalt., 376; Simrock, 4564; Körte, 2761.
Die Leibeigenen mussten bei den alten Deutschen ihren Gutsherren Korn, Kleidungsstücke, Vieh als Zins liefern, welche Gewohnheit sich bis in die neue Zeit erhalten hat, wo man unter andern auch Leibhühner (d. h. Leibeigenschaftshühner) lieferte, daher in diesem Sprichwort unter „Henne“ ein leibeigener Unterthan verstanden wird. Das Sprichwort sagt nun, dass kein Leibeigener, so lange er nicht von der Leibeigenschaft losgesprochen war, zum Bürgerrecht gelangen konnte, weil man in den Städten keine Leibeigenen duldete. Jeder Städter war frei; und wer das Bürgerrecht erlangen wollte, musste zuerst darthun, dass er kein Leibeigener sei. Das Sprichwort kann aber auch den Gedanken ausdrücken, dass der Hörige, welcher seinen Wohnsitz in der Stadt genommen hatte, seinem bisherigen Herrn keine Hühner (das Zeichen der Leibeigenschaft) mehr zu liefern brauchte.
129 Keine Henne schreit umsonst.
130 Kommt die Henne in die Stadt, so kommt sie auch leicht in die Küche.
131 Könnte die Henne ihr Gackern lassen, so würde sie ihre Eier behalten.
Dän.: Hønnen med sin kaglen røber sine egne æg. (Prov. dan., 3962.)
132 Krägget de Henne un swigt de Hane, dann ist dat Hûs üewel deran. (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162, 18; Lyra, 61; für das Münsterland: Frommann, VI, 427, 73; hochdeutsch bei Eiselein, 299; Simrock, 4562a; Reinsberg I, 168.
Dasselbe Wort findet sich bei Assmann hochdeutsch. In Mailand heisst es: In dem Hause, wo die Henne kräht und der Hahn schweigt, wird nimmer Friede sein. Und: Wo der Hahn schweigt und die Henne kräht, kann man nichts als Schlimmes erwarten. (Reinsberg I, 168.)
133 Kräht die Henne und piept der Hahn, muss es im Hause übel stahn. – Körte2, 3411.
Frz.: Malheureuse maison et méchante, où coq se tait et poulle chante.
134 Kreht die Henne für den Han, vnd das Weib redt für dem Mann, so soll man die Henne ropfen vnd das Weib auf die Scheiden klopfen. – Teutsch Stammbuch, 1647.
135 Man muss der Henne ein Nest machen, so verträgt sie die Eier nicht.
Port.: A gallinha oaparta-lhe o ninho, e pôr-te-ha o ovo. (Bohn, I, 264.)
136 Man muss die Henne im voraus bezahlen, ehe sie gelegt hat.
Man muss zuweilen handeln, ohne dass man voraussehen kann, wie es ausfallen werde.
137 Man muss die Henne rupfen, ohne dass sie schreit. – Simrock, 4584; Körte, 2754; Braun, I, 1284.
Wie es scheint, versteht man dies in Deutschland noch nicht, oder die deutschen Hühner sind sehr empfindlich; denn sie fangen sofort an zu schreien, wenn man zu rupfen beginnt.
138 Man muss nicht Einer Henne alle Eier unterlegen.
Holl.: Men moet niet al de eijeren onder ééne hen leggen. (Harrebomée, I, 178.)
139 Man soll die Henne nicht eher rupfen, als bis man sie geschlachtet hat.
Aehnlich russisch Altmann, VI, 429.
140 'Ne alle (alte) Henne lätt sik nit met Kawe1 locken. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 53; Woeste, 73, 191.
1) Spreu; mittelhochdeutsch Kave, Schote, Hülse.
141 'Ne oalle Henne giet de fettste Soppe. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 65, 11.
142 Quea Hinnen, der de Aeyen üwtligge int huws to iten geane. (Westfries.)
Böse Hennen, welche die Eier draussen legen und nach Hause gehen zu essen.
143 Scharrende Henne findet ein Körnlein.
Aehnlich die Letten Reinsberg III, 134.
144 Scharrt nicht die Henne so gut wie der Hahn, so kann der Haushalt nicht bestahn. – Lohrengel, I, 618.
145 Schleusst du der Henne die Hand, so schleusst sie dir den Hintern. – Winckler, V, 77.
146 So eine Henn dem Hanen entgehet, die ander bald wider bey jhm stehet. – Petri, II.
147 So lang die Henne Eier legt, legt man ihr auch. – Eiselein, 299; Simrock, 4573.
148 Uch en Hîn schärt nit ümsonst. – Schuster, 971.
149 Vierzehn hennen und Ein Hahn. – Lassberg, Liedersaal, 14. Jahrhundert; Eiselein, 360.
Hochzeitsgeschenk des Bräutigams für die Braut im schwäbischen Mittelalter.
150 Wan d' Hen mehr schilt als da Han, und 's Wei' mehr gilt als da Man, da ist's nimma guet. – Baumgarten, 92.
151 Wann die henn jhr gatzen liesse, so wisst man nit, das sie gelegt het. – Franck, I, 89b; Egenolff, 348b; Petri, II, 643; Henisch, 1376, 25; Gruter, I, 72; Gaal, 877; Mauvillon, I, 3; Blum, 141; Winckler, I, 90; Eiselein, 299; Körte, 2749; Simrock, 4568; Braun, I, 1286.
Dän.: Dersom hønen ikke kaglede, vidste man ikke hvad hun havde giort. (Bohn I, 357.)
Holl.: Als de hen haar kakelen liet, zoo wist men niet, dat zie gelegd had. (Harrebomée, I, 304.)
It.: Se tacesse la gallina non si saprebbe che ha fatto l'uovo. (Bohn I, 126; Cahier, 2936.) – La gallina che chiamazza, è quella ch'a fatto l'uovo. (Gaal, 877.)
Lat.: Qui se ingerit, pro suspecto habetur. (Gaal, 877.)
152 Wann die Henn krähet vor dem Han und das Weib redet für dem Mann, so soll man die Henne braten und das Weib mit Prügeln berathen. – Hoffmann, Monatsschrift von und für Schlesien, II, 548; Simrock, 4562; Reinsberg I, 168.
Die Holländer: Es ist doch zu verdreht, wenn's Hähnchen schweigt und 's Hennchen kräht. Und die Araber: Wenn die Henne wie ein Hahn kräht, muss sie geschlachtet werden. (Reinsberg I, 168.)
153 Wann die Henn krähet vor dem Han vnd die Fraw redt vor dem Mann, soll man das weib auff das Maul schlagen vnd die Henn in Spiess jagen. – Gruter, III, 103; Lehmann, II, 869, 132.
154 Was keine Henne ist, muss sich nicht treten lassen.
Die Russen sagen: Das Getretenwerden ist nur bei einer Henne von Folgen. (Altmann VI, 389.)
155 Was von einer Hänn kompt, das gatzet (gackert). – Lehmann, 537, 1; Sailer, 148; Simrock, 4571; Reinsberg II, 59.
Die Finnen sagen: Dem Seehund braucht man das Bellen nicht zu lehren. (Reinsberg II, 59.)
It.: Chi di gallina nasce, convien che razzoli. (Gaal, 115.)
156 Was von Hennen kommt, scharrt auch.
Frz.: Qui est extrait de gelinette il ne peut qui ne gratte. (Leroux, I, 113.)
157 Weh der Henne, an der die Falken hacken.
Anspielung auf die Aerzte, die an einem armen Kranken ihre Erfahrungen durch Versuche mit allen möglichen Mitteln zu machen pflegen.
158 Weil die Henne (Eier) legt, legt man ihr wieder. – Winckler, I, 19.
159 Wenn d' Henn' mehr kräht als der Hahn, und 's Weib mehr greint als der Mann, soll man d' Henn' in Bratspiess jag'n und 's Weib aufs Maul hinaufschlag'n. (Oberösterreich.)
Krähende Hennen hält man in Oberösterreich für Unglücksvögel; man meint, sie krähen um Feuer oder schreien nach einem andern Unglück, welches bereits sehr nahe sei. Man soll ihnen daher auf der Stelle den Kopf abschlagen. (Baumgarten, 18 u. 92.)
160 Wenn die alte Henne für einen Schilling auf den Markt geht (verkauft wird), wie dann die jungen? – Wullschlägel.
Wenn man sich aus dir, dem Aeltern, Hochgestellten nichts macht, wie wird man mich, den Geringen, achten, behandeln?
161 Wenn die Henn das gatzen liess, so wüste niemand, wo sie hingelegt hett. – Lehmann, 181, 21 u. 715, 10.
162 Wenn die Henn nit so wol scharret als der Han, so kan die Hausshaltung nicht bestahn. (S. Hahn 33.) – Lehmann, 365, 4; Simrock, 4287a; Körte, 2753; Reinsberg I, 152.
Dän.: Naar hønnen ikke saa vel skraber som hanen, er det skarn med huusholdningen. (Prov. dan., 306.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:47Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:47Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |