Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] 63 Furcht ist Menschen und Thieren angeboren. - Lehmann, 226, 1. Was die Thiere betrifft, möchte man fast das Gegentheil annehmen. In von Menschen unbewohnten Gegenden sind die Vögel so dreist, dass sie sich dem Jäger auf die Flinte setzen. 64 Furcht ist offt ein Warsager, offt ein Lügner. - Lehmann, 229, 82; Struve, 26. D. h. sie sagt selten wahr, lügt, täuscht aber oft. Dän.: Frygt er ofte en spaamand, ofte en lögner. (Prov. dan., 204.) 65 Furcht ist offt grösser als die noth vnd Gefahr. - Lehmann, 227, 34. 66 Furcht ist schlimmer als das viertägige Fieber. Frz.: Il n'y a pas de medecin pour la peur. (Cahier, 1365.) - On ne saurait guerir de la peur. (Cahier, 1362.) 67 Furcht lähmt. Dän.: Frygt i lovlige forretninger er tegn til vanartighed. (Prov. dan., 204.) Frz.: La peur n'est bonne a rien, ne guerit de rien. (Starschedel, 309.) Lat.: Vires subtrahit ipse timor. (Ovid.) (Philippi, II, 252.) 68 Furcht legt alle dinge übel auss. - Lehmann, 227, 19. 69 Furcht macht aus Mücken Elefanten. 70 Furcht macht klug. - Lehmann, 226, 5; Struve, 26. Aber gewiss in keinem hohen Grade. Dän.: Frygt giör klog. (Prov. dan., 204.) Holl.: De vrees maakt vroom. (Harrebomee, II, 409.) 71 Furcht macht lange Schritte. 72 Furcht macht Löwen zahm. 73 Furcht sieht Gespenster am Tage. "Wer sich fürchtet, ist nicht frei; er sieht mit verblendeten Augen sein eigenes Wesen für ein Gespenst an." (A. Ruge, Sämmtliche Werke, II, 45.) Lat.: Timor ipse malorum saepe super vacuos cogit habero metus. (Ovid.) (Philippi, II, 219.) 74 Furcht steckt mehr an als die Pest. Es ist eine bekannte Erfahrung, dass je mehr feige Menschen zur Berathung über ihr Wohl zusammenkommen, desto grösser wird deren Furcht; zuletzt fürchten sie sich vor sich selbst. 75 Furcht thut nichts recht. - Lehmann, 228, 47. 76 Furcht treibt den Ochsen im Pfluge. 77 Furcht und Hoffnung sind friedliche Schwestern. Die Indier sagen: Wer Furcht hat, verliert die Hoffnung, und Schüchternheit verfehlt die Wissenschaft. (Cahier, 2353.) 78 Furcht und Hunger verderben ein Heer. Holl.: De vrees en de honger zijn de ruine van het leger. (Harrebomee, II, 409.) 79 Furcht und Liebe sind des Lebens Getriebe. Lat.: Amor et timor sunt temo et scutica humanae aurigationis. (Bovill, II, 12.) 80 Furcht und Liebe wohnen nicht unter Einem Dach. Lat.: Quem quisque odit, hunc periisse expetit. (Cicero.) (Philippi, II, 125.) 81 Furcht und Scham machen manchem die Hände lahm. Mancher beginnt etwas nicht, weil er den Erfolg für unsicher, ein anderer, weil er die Sache seiner Stellung nicht angemessen hält. 82 Furcht und Sorge lassen nicht schlafen. Lat.: Metus ubi venit rarum habet somnus locum. (Philippi, II, 249.) 83 Furcht vergrössert die Gefahr. Dän.: Frygt foröger faren. (Prov. dan., 204.) Lat.: Prona est timori semper in pejus fides. (Philippi, II, 111.) 84 Furcht vermag bissweilen mehr denn liebe. - Henisch, 1295, 60. 85 Furcht verwahret den Berg. (S. 16.) - Firmenich, I, 325, 22. 86 Furcht vnd Argwon bringt eitel qual. - Petri, II, 321; Henisch, 1296, 44. 87 Furcht vnd Armuth hüten wol. - Lehmann, 71, 25. 88 Furcht vnd scham hindern viel vnfall. - Lehmann, 227, 28; Kirchhofer, 342. 89 Furcht vnnd angst machen auch einen alten Mann lauffen. - Petri, II, 321; Henisch, 1296, 40. 90 Furcht weissagt von der Hünlein Farb, da sie noch in Schalen stecken. - Lehmann, 227, 17. 91 Furcht wült im Mist, der noch nicht gepfercht ist. - Lehmann, 227, 17. 92 In furcht isset man Kirschen mit den Herren. - Petri, II, 404. [Spaltenumbruch] 93 Je grösser die Furcht, je grösser die Zubuss. - Graf, 321, 249. Die Busstaxe richtete sich nach den Standes- und Geschlechtsverhältnissen des Beleidigten. Je grösser und mächtiger die Familie, desto höher die Busse. Der Beleidiger fügte sogar oft noch Geschenke bei, aus Furcht vor der Rache des starken Feindes, um der Fehde ein Ende zu machen. "Wo gröter de Fruchte, je gröter dat giörsum is." (Das jütische Lov zu Thorsen, Kopenhagen 1853, III, 21, 3.) 94 Jede furcht ist eine dienstbarkeit. - Henisch, 1295, 62. Darum sagte wol E. M. Arndt: "Wer alle Furcht überwunden hat, muss immer einem mächtigen und gewaltigen Kerl gleich sehen." Lat.: Omnis timor est servitus. 95 Keyn forcht ist in der liebe. - Franck, I, 50d. 96 Man muss aus Furcht nicht seine Ehre opfern. It.: Per timore non perder l'honore. (Pazzaglia, 170, 10.) 97 Mit der Furcht wird man eher fertig als mit der Hoffnung. 98 Nichts ist schmertzlicher als in steter furcht leben. - Lehmann, 227, 15. 99 Offt steckt ein furcht die andern an, dass sie gar zum grossen Fewer wird. - Lehmann, 230, 88. 100 Wa forcht ist, da ist auch ehre, wa ehre ist, da ist auch schame, wa aber kein ehre ist, da ist eitel schande. - Tappius, 184b; Gruter, I, 86; Franck, II, 117a; Petri, II, 804; Henisch, 818, 9; Lehmann, 226, 4; Lehmann, II, 825, 2; Eyering, I, 186; Sutor, 992; Körte, 1698; Körte, 2, 2095; Simrock, 2934 u. 2935; Eiselein, 197; Reinsberg VII, 80. Dän.: Hvor frygt er, der er haeder (aere). (Prov. dan., 204.) Lat.: Audacia vero parit impudentiam. (Eiselein, 197.) - Ubi timor, ibi pudor; ubi pudor, ibi honor. (Sutor, 992; Philippi, II, 231.) 101 War früchte is, dar is oeck schembde. - Tappius, 184b. 102 Was Furcht gethan, kann nicht bestahn. Holl.: Dat door vreeze is gedaan, kan naar regten niet bestaan. (Harrebomee, II, 409.) 103 Was ist denn Furcht für ein Ding, sagte der Hase, und lief in den Wald, als er einen fetten Mops sah. 104 Wer aus Furcht davonläuft, fällt in die Grube. 105 Wer aus Furcht stirbt, den mag man im Mehl begraben. In den Minnesängern heisst es: "Man sprichet: wer von förchten stirbt, das der im selber das erwirbt, das man in soll in mel vergraben." 106 Wer Furcht in der Reisetasche hat, der findet überall Grefahren. 107 Wer Furcht mitnimmt, der hat Gefahr zur Begleiterin. 108 Wer Furcht zum Westenfutter hat, dem begegnen überall Gespenster. 109 Wer mit furcht bittet, der lehret, das man jhm die bitt abschlagen soll. - Henisch, 401, 34. 110 Wer vor Furcht stirbt, dem soll man mit Schweinsblasen zu Grabe läuten. (S. Drohen 26 u. 27.) 111 Wer zur Forcht zwingt sein vnterthan, der muss auch förchten jedermann. - Lehmann, 228, 58. 112 Wer zwischen Furcht und Hoffnung lebt, immer wie 'ne Spinne schwebt. 113 Wo Furcht ist, da ist auch Ehre, sagte Jerms Friede, da erwartete er zitternd auf der Ofenbank den Jüngsten Tag. 114 Wo kein furcht ist, da ist kein lehr (Scham, Zucht). - Henisch, 1298; Schottel, 1127a; Pauli, Schimpf, 524b; Graf, 340, 334. Holl.: Waar geene vrees is, daar is geene schaamte. (Harrebomee, II, 409.) 115 Wo keyn forcht, da ist keyn scham. - Franck, I, 74a; Reinsberg VII, 79. Mhd.: Swer ane vorhte wehset, der wirt gerne sunder ere greis. (Zingerle, 43.) 116 Zu viel Furcht zerbricht das Glas. - Sutor, 992. 117 Zur furcht kan man die Leut zwingen, zur lieb muss man sie bereden. - Lehmann, 467, 99. Dän.: Man kand twinge folk til frygt, de skulle over til kierlighed. (Prov. dan., 338.)
[Spaltenumbruch] 63 Furcht ist Menschen und Thieren angeboren. – Lehmann, 226, 1. Was die Thiere betrifft, möchte man fast das Gegentheil annehmen. In von Menschen unbewohnten Gegenden sind die Vögel so dreist, dass sie sich dem Jäger auf die Flinte setzen. 64 Furcht ist offt ein Warsager, offt ein Lügner. – Lehmann, 229, 82; Struve, 26. D. h. sie sagt selten wahr, lügt, täuscht aber oft. Dän.: Frygt er ofte en spaamand, ofte en løgner. (Prov. dan., 204.) 65 Furcht ist offt grösser als die noth vnd Gefahr. – Lehmann, 227, 34. 66 Furcht ist schlimmer als das viertägige Fieber. Frz.: Il n'y a pas de médecin pour la peur. (Cahier, 1365.) – On ne saurait guérir de la peur. (Cahier, 1362.) 67 Furcht lähmt. Dän.: Frygt i lovlige forretninger er tegn til vanartighed. (Prov. dan., 204.) Frz.: La peur n'est bonne à rien, ne guérit de rien. (Starschedel, 309.) Lat.: Vires subtrahit ipse timor. (Ovid.) (Philippi, II, 252.) 68 Furcht legt alle dinge übel auss. – Lehmann, 227, 19. 69 Furcht macht aus Mücken Elefanten. 70 Furcht macht klug. – Lehmann, 226, 5; Struve, 26. Aber gewiss in keinem hohen Grade. Dän.: Frygt giør klog. (Prov. dan., 204.) Holl.: De vrees maakt vroom. (Harrebomée, II, 409.) 71 Furcht macht lange Schritte. 72 Furcht macht Löwen zahm. 73 Furcht sieht Gespenster am Tage. „Wer sich fürchtet, ist nicht frei; er sieht mit verblendeten Augen sein eigenes Wesen für ein Gespenst an.“ (A. Ruge, Sämmtliche Werke, II, 45.) Lat.: Timor ipse malorum saepe super vacuos cogit habero metus. (Ovid.) (Philippi, II, 219.) 74 Furcht steckt mehr an als die Pest. Es ist eine bekannte Erfahrung, dass je mehr feige Menschen zur Berathung über ihr Wohl zusammenkommen, desto grösser wird deren Furcht; zuletzt fürchten sie sich vor sich selbst. 75 Furcht thut nichts recht. – Lehmann, 228, 47. 76 Furcht treibt den Ochsen im Pfluge. 77 Furcht und Hoffnung sind friedliche Schwestern. Die Indier sagen: Wer Furcht hat, verliert die Hoffnung, und Schüchternheit verfehlt die Wissenschaft. (Cahier, 2353.) 78 Furcht und Hunger verderben ein Heer. Holl.: De vrees en de honger zijn de ruïne van het leger. (Harrebomée, II, 409.) 79 Furcht und Liebe sind des Lebens Getriebe. Lat.: Amor et timor sunt temo et scutica humanae aurigationis. (Bovill, II, 12.) 80 Furcht und Liebe wohnen nicht unter Einem Dach. Lat.: Quem quisque odit, hunc periisse expetit. (Cicero.) (Philippi, II, 125.) 81 Furcht und Scham machen manchem die Hände lahm. Mancher beginnt etwas nicht, weil er den Erfolg für unsicher, ein anderer, weil er die Sache seiner Stellung nicht angemessen hält. 82 Furcht und Sorge lassen nicht schlafen. Lat.: Metus ubi venit rarum habet somnus locum. (Philippi, II, 249.) 83 Furcht vergrössert die Gefahr. Dän.: Frygt forøger faren. (Prov. dan., 204.) Lat.: Prona est timori semper in pejus fides. (Philippi, II, 111.) 84 Furcht vermag bissweilen mehr denn liebe. – Henisch, 1295, 60. 85 Furcht verwahret den Berg. (S. 16.) – Firmenich, I, 325, 22. 86 Furcht vnd Argwon bringt eitel qual. – Petri, II, 321; Henisch, 1296, 44. 87 Furcht vnd Armuth hüten wol. – Lehmann, 71, 25. 88 Furcht vnd scham hindern viel vnfall. – Lehmann, 227, 28; Kirchhofer, 342. 89 Furcht vnnd angst machen auch einen alten Mann lauffen. – Petri, II, 321; Henisch, 1296, 40. 90 Furcht weissagt von der Hünlein Farb, da sie noch in Schalen stecken. – Lehmann, 227, 17. 91 Furcht wült im Mist, der noch nicht gepfercht ist. – Lehmann, 227, 17. 92 In furcht isset man Kirschen mit den Herren. – Petri, II, 404. [Spaltenumbruch] 93 Je grösser die Furcht, je grösser die Zubuss. – Graf, 321, 249. Die Busstaxe richtete sich nach den Standes- und Geschlechtsverhältnissen des Beleidigten. Je grösser und mächtiger die Familie, desto höher die Busse. Der Beleidiger fügte sogar oft noch Geschenke bei, aus Furcht vor der Rache des starken Feindes, um der Fehde ein Ende zu machen. „Wo gröter de Fruchte, je gröter dat giörsum is.“ (Das jütische Lov zu Thorsen, Kopenhagen 1853, III, 21, 3.) 94 Jede furcht ist eine dienstbarkeit. – Henisch, 1295, 62. Darum sagte wol E. M. Arndt: „Wer alle Furcht überwunden hat, muss immer einem mächtigen und gewaltigen Kerl gleich sehen.“ Lat.: Omnis timor est servitus. 95 Keyn forcht ist in der liebe. – Franck, I, 50d. 96 Man muss aus Furcht nicht seine Ehre opfern. It.: Per timore non perder l'honore. (Pazzaglia, 170, 10.) 97 Mit der Furcht wird man eher fertig als mit der Hoffnung. 98 Nichts ist schmertzlicher als in steter furcht leben. – Lehmann, 227, 15. 99 Offt steckt ein furcht die andern an, dass sie gar zum grossen Fewer wird. – Lehmann, 230, 88. 100 Wa forcht ist, da ist auch ehre, wa ehre ist, da ist auch schame, wa aber kein ehre ist, da ist eitel schande. – Tappius, 184b; Gruter, I, 86; Franck, II, 117a; Petri, II, 804; Henisch, 818, 9; Lehmann, 226, 4; Lehmann, II, 825, 2; Eyering, I, 186; Sutor, 992; Körte, 1698; Körte, 2, 2095; Simrock, 2934 u. 2935; Eiselein, 197; Reinsberg VII, 80. Dän.: Hvor frygt er, der er hæder (ære). (Prov. dan., 204.) Lat.: Audacia vero parit impudentiam. (Eiselein, 197.) – Ubi timor, ibi pudor; ubi pudor, ibi honor. (Sutor, 992; Philippi, II, 231.) 101 War früchte is, dar is oeck schembde. – Tappius, 184b. 102 Was Furcht gethan, kann nicht bestahn. Holl.: Dat door vreeze is gedaan, kan naar regten niet bestaan. (Harrebomée, II, 409.) 103 Was ist denn Furcht für ein Ding, sagte der Hase, und lief in den Wald, als er einen fetten Mops sah. 104 Wer aus Furcht davonläuft, fällt in die Grube. 105 Wer aus Furcht stirbt, den mag man im Mehl begraben. In den Minnesängern heisst es: „Man sprichet: wer von förchten stirbt, das der im selber das erwirbt, das man in soll in mel vergraben.“ 106 Wer Furcht in der Reisetasche hat, der findet überall Grefahren. 107 Wer Furcht mitnimmt, der hat Gefahr zur Begleiterin. 108 Wer Furcht zum Westenfutter hat, dem begegnen überall Gespenster. 109 Wer mit furcht bittet, der lehret, das man jhm die bitt abschlagen soll. – Henisch, 401, 34. 110 Wer vor Furcht stirbt, dem soll man mit Schweinsblasen zu Grabe läuten. (S. Drohen 26 u. 27.) 111 Wer zur Forcht zwingt sein vnterthan, der muss auch förchten jedermann. – Lehmann, 228, 58. 112 Wer zwischen Furcht und Hoffnung lebt, immer wie 'ne Spinne schwebt. 113 Wo Furcht ist, da ist auch Ehre, sagte Jerms Friede, da erwartete er zitternd auf der Ofenbank den Jüngsten Tag. 114 Wo kein furcht ist, da ist kein lehr (Scham, Zucht). – Henisch, 1298; Schottel, 1127a; Pauli, Schimpf, 524b; Graf, 340, 334. Holl.: Waar geene vrees is, daar is geene schaamte. (Harrebomée, II, 409.) 115 Wo keyn forcht, da ist keyn scham. – Franck, I, 74a; Reinsberg VII, 79. Mhd.: Swer âne vorhte wehset, der wirt gerne sunder êre grîs. (Zingerle, 43.) 116 Zu viel Furcht zerbricht das Glas. – Sutor, 992. 117 Zur furcht kan man die Leut zwingen, zur lieb muss man sie bereden. – Lehmann, 467, 99. Dän.: Man kand twinge folk til frygt, de skulle over til kierlighed. (Prov. dan., 338.)
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0666" n="[638]"/><cb n="1275"/> 63 Furcht ist Menschen und Thieren angeboren.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 226, 1.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Was die Thiere betrifft, möchte man fast das Gegentheil annehmen. In von Menschen unbewohnten Gegenden sind die Vögel so dreist, dass sie sich dem Jäger auf die Flinte setzen.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">64 Furcht ist offt ein Warsager, offt ein Lügner.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 229, 82; Struve, 26.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">D. h. sie sagt selten wahr, lügt, täuscht aber oft.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Frygt er ofte en spaamand, ofte en løgner. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 204.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">65 Furcht ist offt grösser als die noth vnd Gefahr.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 34.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">66 Furcht ist schlimmer als das viertägige Fieber.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il n'y a pas de médecin pour la peur. (<hi rendition="#i">Cahier, 1365.</hi>) – On ne saurait guérir de la peur. (<hi rendition="#i">Cahier, 1362.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">67 Furcht lähmt.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Frygt i lovlige forretninger er tegn til vanartighed. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 204.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: La peur n'est bonne à rien, ne guérit de rien. (<hi rendition="#i">Starschedel, 309.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Vires subtrahit ipse timor. (<hi rendition="#i">Ovid.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II, 252.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">68 Furcht legt alle dinge übel auss.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 19.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">69 Furcht macht aus Mücken Elefanten.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">70 Furcht macht klug.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 226, 5; Struve, 26.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Aber gewiss in keinem hohen Grade.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Frygt giør klog. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 204.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De vrees maakt vroom. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 409.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">71 Furcht macht lange Schritte.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">72 Furcht macht Löwen zahm.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">73 Furcht sieht Gespenster am Tage.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Wer sich fürchtet, ist nicht frei; er sieht mit verblendeten Augen sein eigenes Wesen für ein Gespenst an.“ (<hi rendition="#i">A. Ruge, Sämmtliche Werke, II, 45.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Timor ipse malorum saepe super vacuos cogit habero metus. (<hi rendition="#i">Ovid.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II, 219.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">74 Furcht steckt mehr an als die Pest.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Es ist eine bekannte Erfahrung, dass je mehr feige Menschen zur Berathung über ihr Wohl zusammenkommen, desto grösser wird deren Furcht; zuletzt fürchten sie sich vor sich selbst.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">75 Furcht thut nichts recht.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 228, 47.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">76 Furcht treibt den Ochsen im Pfluge.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">77 Furcht und Hoffnung sind friedliche Schwestern.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Die Indier sagen: Wer Furcht hat, verliert die Hoffnung, und Schüchternheit verfehlt die Wissenschaft. (<hi rendition="#i">Cahier, 2353.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">78 Furcht und Hunger verderben ein Heer.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De vrees en de honger zijn de ruïne van het leger. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 409.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">79 Furcht und Liebe sind des Lebens Getriebe.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Amor et timor sunt temo et scutica humanae aurigationis. (<hi rendition="#i">Bovill, II, 12.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">80 Furcht und Liebe wohnen nicht unter Einem Dach.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Quem quisque odit, hunc periisse expetit. (<hi rendition="#i">Cicero.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II, 125.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">81 Furcht und Scham machen manchem die Hände lahm.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Mancher beginnt etwas nicht, weil er den Erfolg für unsicher, ein anderer, weil er die Sache seiner Stellung nicht angemessen hält.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">82 Furcht und Sorge lassen nicht schlafen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Metus ubi venit rarum habet somnus locum. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 249.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">83 Furcht vergrössert die Gefahr.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Frygt forøger faren. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 204.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Prona est timori semper in pejus fides. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 111.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">84 Furcht vermag bissweilen mehr denn liebe.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1295, 60.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">85 Furcht verwahret den Berg. (S. 16.)</hi> – <hi rendition="#i">Firmenich, I, 325, 22.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">86 Furcht vnd Argwon bringt eitel qual.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 321; Henisch, 1296, 44.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">87 Furcht vnd Armuth hüten wol.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 71, 25.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">88 Furcht vnd scham hindern viel vnfall.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 28; Kirchhofer, 342.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">89 Furcht vnnd angst machen auch einen alten Mann lauffen.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 321; Henisch, 1296, 40.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">90 Furcht weissagt von der Hünlein Farb, da sie noch in Schalen stecken.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 17.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">91 Furcht wült im Mist, der noch nicht gepfercht ist.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 17.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">92 In furcht isset man Kirschen mit den Herren.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 404.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1276"/> 93 Je grösser die Furcht, je grösser die Zubuss.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 321, 249.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Busstaxe richtete sich nach den Standes- und Geschlechtsverhältnissen des Beleidigten. Je grösser und mächtiger die Familie, desto höher die Busse. Der Beleidiger fügte sogar oft noch Geschenke bei, aus Furcht vor der Rache des starken Feindes, um der Fehde ein Ende zu machen. „Wo gröter de Fruchte, je gröter dat giörsum is.“ (<hi rendition="#i">Das jütische Lov zu Thorsen, Kopenhagen 1853, III, 21, 3.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">94 Jede furcht ist eine dienstbarkeit.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1295, 62.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Darum sagte wol <hi rendition="#i">E. M. Arndt:</hi> „Wer alle Furcht überwunden hat, muss immer einem mächtigen und gewaltigen Kerl gleich sehen.“</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Omnis timor est servitus.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">95 Keyn forcht ist in der liebe.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 50<hi rendition="#sup">d</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">96 Man muss aus Furcht nicht seine Ehre opfern.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Per timore non perder l'honore. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 170, 10.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">97 Mit der Furcht wird man eher fertig als mit der Hoffnung.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">98 Nichts ist schmertzlicher als in steter furcht leben.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 227, 15.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">99 Offt steckt ein furcht die andern an, dass sie gar zum grossen Fewer wird.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 230, 88.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">100 Wa forcht ist, da ist auch ehre, wa ehre ist, da ist auch schame, wa aber kein ehre ist, da ist eitel schande.</hi> – <hi rendition="#i">Tappius, 184<hi rendition="#sup">b</hi>; Gruter, I, 86; Franck, II, 117<hi rendition="#sup">a</hi>; Petri, II, 804; Henisch, 818, 9; Lehmann, 226, 4; Lehmann, II, 825, 2; Eyering, I, 186; Sutor, 992; Körte, 1698; Körte, <hi rendition="#sup">2</hi>, 2095; Simrock, 2934 u. 2935; Eiselein, 197; Reinsberg VII, 80.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Hvor frygt er, der er hæder (ære). (<hi rendition="#i">Prov. dan., 204.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Audacia vero parit impudentiam. (<hi rendition="#i">Eiselein, 197.</hi>) – Ubi timor, ibi pudor; ubi pudor, ibi honor. (<hi rendition="#i">Sutor, 992; Philippi, II, 231.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">101 War früchte is, dar is oeck schembde.</hi> – <hi rendition="#i">Tappius, 184<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">102 Was Furcht gethan, kann nicht bestahn.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Dat door vreeze is gedaan, kan naar regten niet bestaan. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 409.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">103 Was ist denn Furcht für ein Ding, sagte der Hase, und lief in den Wald, als er einen fetten Mops sah.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">104 Wer aus Furcht davonläuft, fällt in die Grube.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">105 Wer aus Furcht stirbt, den mag man im Mehl begraben.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">In den <hi rendition="#i">Minnesängern</hi> heisst es: „Man sprichet: wer von förchten stirbt, das der im selber das erwirbt, das man in soll in mel vergraben.“</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">106 Wer Furcht in der Reisetasche hat, der findet überall Grefahren.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">107 Wer Furcht mitnimmt, der hat Gefahr zur Begleiterin.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">108 Wer Furcht zum Westenfutter hat, dem begegnen überall Gespenster.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">109 Wer mit furcht bittet, der lehret, das man jhm die bitt abschlagen soll.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 401, 34.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">110 Wer vor Furcht stirbt, dem soll man mit Schweinsblasen zu Grabe läuten. (S. Drohen 26 u. 27.)</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">111 Wer zur Forcht zwingt sein vnterthan, der muss auch förchten jedermann.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 228, 58.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">112 Wer zwischen Furcht und Hoffnung lebt, immer wie 'ne Spinne schwebt.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">113 Wo Furcht ist, da ist auch Ehre, sagte Jerms Friede, da erwartete er zitternd auf der Ofenbank den Jüngsten Tag.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">114 Wo kein furcht ist, da ist kein lehr (Scham, Zucht).</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1298; Schottel, 1127<hi rendition="#sup">a</hi>; Pauli, Schimpf, 524<hi rendition="#sup">b</hi>; Graf, 340, 334.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Waar geene vrees is, daar is geene schaamte. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 409.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">115 Wo keyn forcht, da ist keyn scham.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 74<hi rendition="#sup">a</hi>; Reinsberg VII, 79.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Swer âne vorhte wehset, der wirt gerne sunder êre grîs. (<hi rendition="#i">Zingerle, 43.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">116 Zu viel Furcht zerbricht das Glas.</hi> – <hi rendition="#i">Sutor, 992.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">117 Zur furcht kan man die Leut zwingen, zur lieb muss man sie bereden.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 467, 99.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Man kand twinge folk til frygt, de skulle over til kierlighed. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 338.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[638]/0666]
63 Furcht ist Menschen und Thieren angeboren. – Lehmann, 226, 1.
Was die Thiere betrifft, möchte man fast das Gegentheil annehmen. In von Menschen unbewohnten Gegenden sind die Vögel so dreist, dass sie sich dem Jäger auf die Flinte setzen.
64 Furcht ist offt ein Warsager, offt ein Lügner. – Lehmann, 229, 82; Struve, 26.
D. h. sie sagt selten wahr, lügt, täuscht aber oft.
Dän.: Frygt er ofte en spaamand, ofte en løgner. (Prov. dan., 204.)
65 Furcht ist offt grösser als die noth vnd Gefahr. – Lehmann, 227, 34.
66 Furcht ist schlimmer als das viertägige Fieber.
Frz.: Il n'y a pas de médecin pour la peur. (Cahier, 1365.) – On ne saurait guérir de la peur. (Cahier, 1362.)
67 Furcht lähmt.
Dän.: Frygt i lovlige forretninger er tegn til vanartighed. (Prov. dan., 204.)
Frz.: La peur n'est bonne à rien, ne guérit de rien. (Starschedel, 309.)
Lat.: Vires subtrahit ipse timor. (Ovid.) (Philippi, II, 252.)
68 Furcht legt alle dinge übel auss. – Lehmann, 227, 19.
69 Furcht macht aus Mücken Elefanten.
70 Furcht macht klug. – Lehmann, 226, 5; Struve, 26.
Aber gewiss in keinem hohen Grade.
Dän.: Frygt giør klog. (Prov. dan., 204.)
Holl.: De vrees maakt vroom. (Harrebomée, II, 409.)
71 Furcht macht lange Schritte.
72 Furcht macht Löwen zahm.
73 Furcht sieht Gespenster am Tage.
„Wer sich fürchtet, ist nicht frei; er sieht mit verblendeten Augen sein eigenes Wesen für ein Gespenst an.“ (A. Ruge, Sämmtliche Werke, II, 45.)
Lat.: Timor ipse malorum saepe super vacuos cogit habero metus. (Ovid.) (Philippi, II, 219.)
74 Furcht steckt mehr an als die Pest.
Es ist eine bekannte Erfahrung, dass je mehr feige Menschen zur Berathung über ihr Wohl zusammenkommen, desto grösser wird deren Furcht; zuletzt fürchten sie sich vor sich selbst.
75 Furcht thut nichts recht. – Lehmann, 228, 47.
76 Furcht treibt den Ochsen im Pfluge.
77 Furcht und Hoffnung sind friedliche Schwestern.
Die Indier sagen: Wer Furcht hat, verliert die Hoffnung, und Schüchternheit verfehlt die Wissenschaft. (Cahier, 2353.)
78 Furcht und Hunger verderben ein Heer.
Holl.: De vrees en de honger zijn de ruïne van het leger. (Harrebomée, II, 409.)
79 Furcht und Liebe sind des Lebens Getriebe.
Lat.: Amor et timor sunt temo et scutica humanae aurigationis. (Bovill, II, 12.)
80 Furcht und Liebe wohnen nicht unter Einem Dach.
Lat.: Quem quisque odit, hunc periisse expetit. (Cicero.) (Philippi, II, 125.)
81 Furcht und Scham machen manchem die Hände lahm.
Mancher beginnt etwas nicht, weil er den Erfolg für unsicher, ein anderer, weil er die Sache seiner Stellung nicht angemessen hält.
82 Furcht und Sorge lassen nicht schlafen.
Lat.: Metus ubi venit rarum habet somnus locum. (Philippi, II, 249.)
83 Furcht vergrössert die Gefahr.
Dän.: Frygt forøger faren. (Prov. dan., 204.)
Lat.: Prona est timori semper in pejus fides. (Philippi, II, 111.)
84 Furcht vermag bissweilen mehr denn liebe. – Henisch, 1295, 60.
85 Furcht verwahret den Berg. (S. 16.) – Firmenich, I, 325, 22.
86 Furcht vnd Argwon bringt eitel qual. – Petri, II, 321; Henisch, 1296, 44.
87 Furcht vnd Armuth hüten wol. – Lehmann, 71, 25.
88 Furcht vnd scham hindern viel vnfall. – Lehmann, 227, 28; Kirchhofer, 342.
89 Furcht vnnd angst machen auch einen alten Mann lauffen. – Petri, II, 321; Henisch, 1296, 40.
90 Furcht weissagt von der Hünlein Farb, da sie noch in Schalen stecken. – Lehmann, 227, 17.
91 Furcht wült im Mist, der noch nicht gepfercht ist. – Lehmann, 227, 17.
92 In furcht isset man Kirschen mit den Herren. – Petri, II, 404.
93 Je grösser die Furcht, je grösser die Zubuss. – Graf, 321, 249.
Die Busstaxe richtete sich nach den Standes- und Geschlechtsverhältnissen des Beleidigten. Je grösser und mächtiger die Familie, desto höher die Busse. Der Beleidiger fügte sogar oft noch Geschenke bei, aus Furcht vor der Rache des starken Feindes, um der Fehde ein Ende zu machen. „Wo gröter de Fruchte, je gröter dat giörsum is.“ (Das jütische Lov zu Thorsen, Kopenhagen 1853, III, 21, 3.)
94 Jede furcht ist eine dienstbarkeit. – Henisch, 1295, 62.
Darum sagte wol E. M. Arndt: „Wer alle Furcht überwunden hat, muss immer einem mächtigen und gewaltigen Kerl gleich sehen.“
Lat.: Omnis timor est servitus.
95 Keyn forcht ist in der liebe. – Franck, I, 50d.
96 Man muss aus Furcht nicht seine Ehre opfern.
It.: Per timore non perder l'honore. (Pazzaglia, 170, 10.)
97 Mit der Furcht wird man eher fertig als mit der Hoffnung.
98 Nichts ist schmertzlicher als in steter furcht leben. – Lehmann, 227, 15.
99 Offt steckt ein furcht die andern an, dass sie gar zum grossen Fewer wird. – Lehmann, 230, 88.
100 Wa forcht ist, da ist auch ehre, wa ehre ist, da ist auch schame, wa aber kein ehre ist, da ist eitel schande. – Tappius, 184b; Gruter, I, 86; Franck, II, 117a; Petri, II, 804; Henisch, 818, 9; Lehmann, 226, 4; Lehmann, II, 825, 2; Eyering, I, 186; Sutor, 992; Körte, 1698; Körte, 2, 2095; Simrock, 2934 u. 2935; Eiselein, 197; Reinsberg VII, 80.
Dän.: Hvor frygt er, der er hæder (ære). (Prov. dan., 204.)
Lat.: Audacia vero parit impudentiam. (Eiselein, 197.) – Ubi timor, ibi pudor; ubi pudor, ibi honor. (Sutor, 992; Philippi, II, 231.)
101 War früchte is, dar is oeck schembde. – Tappius, 184b.
102 Was Furcht gethan, kann nicht bestahn.
Holl.: Dat door vreeze is gedaan, kan naar regten niet bestaan. (Harrebomée, II, 409.)
103 Was ist denn Furcht für ein Ding, sagte der Hase, und lief in den Wald, als er einen fetten Mops sah.
104 Wer aus Furcht davonläuft, fällt in die Grube.
105 Wer aus Furcht stirbt, den mag man im Mehl begraben.
In den Minnesängern heisst es: „Man sprichet: wer von förchten stirbt, das der im selber das erwirbt, das man in soll in mel vergraben.“
106 Wer Furcht in der Reisetasche hat, der findet überall Grefahren.
107 Wer Furcht mitnimmt, der hat Gefahr zur Begleiterin.
108 Wer Furcht zum Westenfutter hat, dem begegnen überall Gespenster.
109 Wer mit furcht bittet, der lehret, das man jhm die bitt abschlagen soll. – Henisch, 401, 34.
110 Wer vor Furcht stirbt, dem soll man mit Schweinsblasen zu Grabe läuten. (S. Drohen 26 u. 27.)
111 Wer zur Forcht zwingt sein vnterthan, der muss auch förchten jedermann. – Lehmann, 228, 58.
112 Wer zwischen Furcht und Hoffnung lebt, immer wie 'ne Spinne schwebt.
113 Wo Furcht ist, da ist auch Ehre, sagte Jerms Friede, da erwartete er zitternd auf der Ofenbank den Jüngsten Tag.
114 Wo kein furcht ist, da ist kein lehr (Scham, Zucht). – Henisch, 1298; Schottel, 1127a; Pauli, Schimpf, 524b; Graf, 340, 334.
Holl.: Waar geene vrees is, daar is geene schaamte. (Harrebomée, II, 409.)
115 Wo keyn forcht, da ist keyn scham. – Franck, I, 74a; Reinsberg VII, 79.
Mhd.: Swer âne vorhte wehset, der wirt gerne sunder êre grîs. (Zingerle, 43.)
116 Zu viel Furcht zerbricht das Glas. – Sutor, 992.
117 Zur furcht kan man die Leut zwingen, zur lieb muss man sie bereden. – Lehmann, 467, 99.
Dän.: Man kand twinge folk til frygt, de skulle over til kierlighed. (Prov. dan., 338.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |