Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.mit den Augen gewesen / so ist nichts unbeständiges zu hoffen/ doch wollen wir unsere leibliche Begierden zwingen und zähmen/ biß wir ins rechte Ehebette kommen/ daß ich mich aber so vergeblich mit Gedancken plage/ ist wol eine Narrheit. Aber an diesem Fieber der Lieba haben viel dapssere Leute biß an den Tode gelegen/ hat sich doch der berühmte Poet Virgilius an einem Strick eines Thurns ziehen lassen / und allda lange hengen blieben/ einer Jungfrau zu gefallen/ denn ich begehre doch nun in der Welt nichts mehr/ als nach ihren Sitten und Willen zu leben / ja ihr zu gefallen/ durch ein Feuer zu gehen/ und den Todt zu leiden. Es schreibet zwar der fürnemhste Poet Virgilius, daß Circes etlich ihrer Buhlen in gestalt und form unvernünfftiger Thier verkehret habe/ freylich ist es also / daß aus der hitzigen Flamm der Liebe deß Menschen Gemüth also geendert wird / daß gar wenig unterscheides ist/ zwischen denselben Gemüth/ und einem unvernünfftigen Thier. Ach wer wolte nicht lieber sterben/ als recht lieb haben / und der Liebe nicht geniessen. Nicht lange nach solchem kamen diese zwo recht liebhabende Personen gegen Abend zusammen/ da sie denn erst recht einander ihre heimliche Hertzen-Gedancken offenbahren/ und sprach der Jüngling: Nun ist alle meine Sorge und Angst verschwunden/ jetzt were leicht zu sterben/ weil unsere Liebe so groß und frisch/ auch kein mit den Augen gewesen / so ist nichts unbeständiges zu hoffen/ doch wollen wir unsere leibliche Begierden zwingen und zähmen/ biß wir ins rechte Ehebette kommen/ daß ich mich aber so vergeblich mit Gedancken plage/ ist wol eine Narrheit. Aber an diesem Fieber der Lieba haben viel dapssere Leute biß an den Tode gelegen/ hat sich doch der berühmte Poet Virgilius an einem Strick eines Thurns ziehen lassen / und allda lange hengen blieben/ einer Jungfrau zu gefallen/ denn ich begehre doch nun in der Welt nichts mehr/ als nach ihren Sitten und Willen zu leben / ja ihr zu gefallen/ durch ein Feuer zu gehen/ und den Todt zu leiden. Es schreibet zwar der fürnemhste Poet Virgilius, daß Circes etlich ihrer Buhlen in gestalt und form unvernünfftiger Thier verkehret habe/ freylich ist es also / daß aus der hitzigen Flamm der Liebe deß Menschen Gemüth also geendert wird / daß gar wenig unterscheides ist/ zwischen denselben Gemüth/ und einem unvernünfftigen Thier. Ach wer wolte nicht lieber sterben/ als recht lieb haben / und der Liebe nicht geniessen. Nicht lange nach solchem kamen diese zwo recht liebhabende Personen gegen Abend zusammen/ da sie denn erst recht einander ihre heimliche Hertzen-Gedancken offenbahren/ und sprach der Jüngling: Nun ist alle meine Sorge und Angst verschwundẽ/ jetzt were leicht zu sterben/ weil unsere Liebe so groß und frisch/ auch kein <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0802" n="782"/> mit den Augen gewesen / so ist nichts unbeständiges zu hoffen/ doch wollen wir unsere leibliche Begierden zwingen und zähmen/ biß wir ins rechte Ehebette kommen/ daß ich mich aber so vergeblich mit Gedancken plage/ ist wol eine Narrheit. Aber an diesem Fieber der Lieba haben viel dapssere Leute biß an den Tode gelegen/ hat sich doch der berühmte Poet Virgilius an einem Strick eines Thurns ziehen lassen / und allda lange hengen blieben/ einer Jungfrau zu gefallen/ denn ich begehre doch nun in der Welt nichts mehr/ als nach ihren Sitten und Willen zu leben / ja ihr zu gefallen/ durch ein Feuer zu gehen/ und den Todt zu leiden. Es schreibet zwar der fürnemhste Poet Virgilius, daß Circes etlich ihrer Buhlen in gestalt und form unvernünfftiger Thier verkehret habe/ freylich ist es also / daß aus der hitzigen Flamm der Liebe deß Menschen Gemüth also geendert wird / daß gar wenig unterscheides ist/ zwischen denselben Gemüth/ und einem unvernünfftigen Thier. Ach wer wolte nicht lieber sterben/ als recht lieb haben / und der Liebe nicht geniessen. Nicht lange nach solchem kamen diese zwo recht liebhabende Personen gegen Abend zusammen/ da sie denn erst recht einander ihre heimliche Hertzen-Gedancken offenbahren/ und sprach der Jüngling: Nun ist alle meine Sorge und Angst verschwundẽ/ jetzt were leicht zu sterben/ weil unsere Liebe so groß und frisch/ auch kein </p> </div> </body> </text> </TEI> [782/0802]
mit den Augen gewesen / so ist nichts unbeständiges zu hoffen/ doch wollen wir unsere leibliche Begierden zwingen und zähmen/ biß wir ins rechte Ehebette kommen/ daß ich mich aber so vergeblich mit Gedancken plage/ ist wol eine Narrheit. Aber an diesem Fieber der Lieba haben viel dapssere Leute biß an den Tode gelegen/ hat sich doch der berühmte Poet Virgilius an einem Strick eines Thurns ziehen lassen / und allda lange hengen blieben/ einer Jungfrau zu gefallen/ denn ich begehre doch nun in der Welt nichts mehr/ als nach ihren Sitten und Willen zu leben / ja ihr zu gefallen/ durch ein Feuer zu gehen/ und den Todt zu leiden. Es schreibet zwar der fürnemhste Poet Virgilius, daß Circes etlich ihrer Buhlen in gestalt und form unvernünfftiger Thier verkehret habe/ freylich ist es also / daß aus der hitzigen Flamm der Liebe deß Menschen Gemüth also geendert wird / daß gar wenig unterscheides ist/ zwischen denselben Gemüth/ und einem unvernünfftigen Thier. Ach wer wolte nicht lieber sterben/ als recht lieb haben / und der Liebe nicht geniessen. Nicht lange nach solchem kamen diese zwo recht liebhabende Personen gegen Abend zusammen/ da sie denn erst recht einander ihre heimliche Hertzen-Gedancken offenbahren/ und sprach der Jüngling: Nun ist alle meine Sorge und Angst verschwundẽ/ jetzt were leicht zu sterben/ weil unsere Liebe so groß und frisch/ auch kein
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/802>, abgerufen am 16.07.2024. |