Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

ERasmus in seinen Adagiis, (editlone novissima) sub titulo Risus, meldet/ daß in der Insul Sardinia ein Kräutlein/ vornemblich an den Brundquellen wachse / welches auch von derselben Insul den Namen hat/ daß es genennet wird Sardoa, oder Sardonia, und ähnlich sein soll dem appio oder appiastro, das soll diese Eigenschafft an Ihme haben: Wenn es gessen und genossen wird/ ist es süsse / lieblich und anmuthig zu nehmen/ Aber nach der Kost machet es solche Schmertzen / daß es alles Geblüt im Leibe beweget/ die Adern und Mund zusammen zeucht in eine sonderbahre und wiedrige Form und Gestalt/ ist auch tödlich/ wo dem Menschen nicht balde wieder gerathen und geholffen wird. Sind nicht die Kinder eine solche Sardonia? Wann sie uns GOTT giebet/ sie erhält/ sie auffwachsen lässet/ daß wir meinen Trost und Freude an ihnen zu haben und zu erleben/ da ist Christlichen Eltern nichts liebers/ nichts anmuthigers/ nichts erfreulicher/ und heisset aus dem Menandro: O filii! filiae! quantum Philtrum estis humanae menti. O ihr Kinder! O Jhr Kinder! was seyd ihr doch dem Menschlichen Gemüthe vor ein starcker Liebes-Trunck. Dargegen aber wenn solche Kinder durch den zeitlichen Todt wieder abgefordert und hinweg genommen werden / bricht den Eltern das Hertz/ und fühlen sie in allen Adern/ in allen affecten, an dem Gemüth/ an dem Willen und Geist eitel Schmertzen.

ERasmus in seinen Adagiis, (editlone novissimâ) sub titulo Risus, meldet/ daß in der Insul Sardinia ein Kräutlein/ vornemblich an den Bruñquellen wachse / welches auch von derselben Insul den Namen hat/ daß es genennet wird Sardoa, oder Sardonia, und ähnlich sein soll dem appio oder appiastro, das soll diese Eigenschafft an Ihme haben: Wenn es gessen und genossen wird/ ist es süsse / lieblich und anmuthig zu nehmen/ Aber nach der Kost machet es solche Schmertzen / daß es alles Geblüt im Leibe beweget/ die Adern und Mund zusammen zeucht in eine sonderbahre und wiedrige Form und Gestalt/ ist auch tödlich/ wo dem Menschen nicht balde wieder gerathen und geholffen wird. Sind nicht die Kinder eine solche Sardonia? Wann sie uns GOTT giebet/ sie erhält/ sie auffwachsen lässet/ daß wir meinen Trost und Freude an ihnen zu haben und zu erleben/ da ist Christlichen Eltern nichts liebers/ nichts anmuthigers/ nichts erfreulicher/ und heisset aus dem Menandro: O filii! filiae! quantum Philtrum estis humanae menti. O ihr Kinder! O Jhr Kinder! was seyd ihr doch dem Menschlichen Gemüthe vor ein starcker Liebes-Trunck. Dargegen aber wenn solche Kinder durch den zeitlichen Todt wieder abgefordert und hinweg genommen werden / bricht den Eltern das Hertz/ und fühlen sie in allen Adern/ in allen affecten, an dem Gemüth/ an dem Willen und Geist eitel Schmertzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0289" n="269"/>
        <p>ERasmus in seinen Adagiis, (editlone novissimâ) sub titulo Risus, meldet/ daß in                      der Insul Sardinia ein Kräutlein/ vornemblich an den Brun&#x0303;quellen wachse                     / welches auch von derselben Insul den Namen hat/ daß es genennet wird Sardoa,                      oder Sardonia, und ähnlich sein soll dem appio oder appiastro, das soll diese                      Eigenschafft an Ihme haben: Wenn es gessen und genossen wird/ ist es süsse /                      lieblich und anmuthig zu nehmen/ Aber nach der Kost machet es solche Schmertzen                     / daß es alles Geblüt im Leibe beweget/ die Adern und Mund zusammen zeucht in                      eine sonderbahre und wiedrige Form und Gestalt/ ist auch tödlich/ wo dem                      Menschen nicht balde wieder gerathen und geholffen wird. Sind nicht die Kinder                      eine solche Sardonia? Wann sie uns GOTT giebet/ sie erhält/ sie auffwachsen                      lässet/ daß wir meinen Trost und Freude an ihnen zu haben und zu erleben/ da                      ist Christlichen Eltern nichts liebers/ nichts anmuthigers/ nichts                      erfreulicher/ und heisset aus dem Menandro: O filii! filiae! quantum Philtrum                      estis humanae menti. O ihr Kinder! O Jhr Kinder! was seyd ihr doch dem                      Menschlichen Gemüthe vor ein starcker Liebes-Trunck. Dargegen aber wenn solche                      Kinder durch den zeitlichen Todt wieder abgefordert und hinweg genommen werden /                      bricht den Eltern das Hertz/ und fühlen sie in allen Adern/ in allen affecten,                      an dem Gemüth/ an dem Willen und Geist eitel Schmertzen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0289] ERasmus in seinen Adagiis, (editlone novissimâ) sub titulo Risus, meldet/ daß in der Insul Sardinia ein Kräutlein/ vornemblich an den Bruñquellen wachse / welches auch von derselben Insul den Namen hat/ daß es genennet wird Sardoa, oder Sardonia, und ähnlich sein soll dem appio oder appiastro, das soll diese Eigenschafft an Ihme haben: Wenn es gessen und genossen wird/ ist es süsse / lieblich und anmuthig zu nehmen/ Aber nach der Kost machet es solche Schmertzen / daß es alles Geblüt im Leibe beweget/ die Adern und Mund zusammen zeucht in eine sonderbahre und wiedrige Form und Gestalt/ ist auch tödlich/ wo dem Menschen nicht balde wieder gerathen und geholffen wird. Sind nicht die Kinder eine solche Sardonia? Wann sie uns GOTT giebet/ sie erhält/ sie auffwachsen lässet/ daß wir meinen Trost und Freude an ihnen zu haben und zu erleben/ da ist Christlichen Eltern nichts liebers/ nichts anmuthigers/ nichts erfreulicher/ und heisset aus dem Menandro: O filii! filiae! quantum Philtrum estis humanae menti. O ihr Kinder! O Jhr Kinder! was seyd ihr doch dem Menschlichen Gemüthe vor ein starcker Liebes-Trunck. Dargegen aber wenn solche Kinder durch den zeitlichen Todt wieder abgefordert und hinweg genommen werden / bricht den Eltern das Hertz/ und fühlen sie in allen Adern/ in allen affecten, an dem Gemüth/ an dem Willen und Geist eitel Schmertzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/289
Zitationshilfe: Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/289>, abgerufen am 18.05.2024.