Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.aber man kan sich nicht so bald wiedrumb draus wickeln. Amor animi arbitrio sumitur, non depenitur, pflegen die Lateiner zu sagen. 103. Ein Bildhauer wil einer Frauen sein schönstes Bild verehren. EIn vortrefflicher Künstler und Bildhauer Praxitele/ hat einem Weibe/ Phryre genant/ versprochen/ er wolte ihr das schönste Bild/ daß er in feiner Kunst-Kammer hätte/ verehren. Nun wuste sie lange nicht/ wie sie erfahren solte/ welches das schönste/ und ihm/ dem Meister am liebsten wäre/ inmassen er ihrs selbsten nicht sagen wolte/ endlich erdacht sie einen solchen List: Sie lieff ihn an/ ausser dem Hause/ nach dem er eine geraume Zeit nicht daheim gewesen/ erschreckte ihn mit der bösen Zeitung und sagte: Es were in seinem Abwesen Feuer auskommen/ und seine Wohnung sambt der Werckstatt verbronnen. Darüber erschrickt er/ und im Schrecken fieng er an zuruffen: Ach das Bild Cupidinis! Da merckte dis Weib/ das müste das theuerste und wertheste Stück seyn/ und erinnert ihm seines Versprechens. 1. Weiber-List/ pfleget man wohl in Sprichwort zu sagen/ uber alle List / aber man kan sich nicht so bald wiedrumb draus wickeln. Amor animi arbitrio sumitur, non depenitur, pflegen die Lateiner zu sagen. 103. Ein Bildhauer wil einer Frauen sein schönstes Bild verehren. EIn vortrefflicher Künstler und Bildhauer Praxitele/ hat einem Weibe/ Phryre genant/ versprochen/ er wolte ihr das schönste Bild/ daß er in feiner Kunst-Kammer hätte/ verehren. Nun wuste sie lange nicht/ wie sie erfahren solte/ welches das schönste/ und ihm/ dem Meister am liebsten wäre/ inmassen er ihrs selbsten nicht sagen wolte/ endlich erdacht sie einen solchen List: Sie lieff ihn an/ ausser dem Hause/ nach dem er eine geraume Zeit nicht daheim gewesen/ erschreckte ihn mit der bösen Zeitung und sagte: Es were in seinem Abwesen Feuer auskommen/ und seine Wohnung sambt der Werckstatt verbronnen. Darüber erschrickt er/ und im Schrecken fieng er an zuruffen: Ach das Bild Cupidinis! Da merckte dis Weib/ das müste das theuerste und wertheste Stück seyn/ und erinnert ihm seines Versprechens. 1. Weiber-List/ pfleget man wohl in Sprichwort zu sagen/ uber alle List / <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0263" n="243"/> aber man kan sich nicht so bald wiedrumb draus wickeln. Amor animi arbitrio sumitur, non depenitur, pflegen die Lateiner zu sagen.</p> <p>103. Ein Bildhauer wil einer Frauen sein schönstes Bild verehren.</p> <p>EIn vortrefflicher Künstler und Bildhauer Praxitele/ hat einem Weibe/ Phryre genant/ versprochen/ er wolte ihr das schönste Bild/ daß er in feiner Kunst-Kammer hätte/ verehren. Nun wuste sie lange nicht/ wie sie erfahren solte/ welches das schönste/ und ihm/ dem Meister am liebsten wäre/ inmassen er ihrs selbsten nicht sagen wolte/ endlich erdacht sie einen solchen List: Sie lieff ihn an/ ausser dem Hause/ nach dem er eine geraume Zeit nicht daheim gewesen/ erschreckte ihn mit der bösen Zeitung und sagte: Es were in seinem Abwesen Feuer auskommen/ und seine Wohnung sambt der Werckstatt verbronnen. Darüber erschrickt er/ und im Schrecken fieng er an zuruffen: Ach das Bild Cupidinis! Da merckte dis Weib/ das müste das theuerste und wertheste Stück seyn/ und erinnert ihm seines Versprechens.</p> <p>1. Weiber-List/ pfleget man wohl in Sprichwort zu sagen/ uber alle List / </p> </div> </body> </text> </TEI> [243/0263]
aber man kan sich nicht so bald wiedrumb draus wickeln. Amor animi arbitrio sumitur, non depenitur, pflegen die Lateiner zu sagen.
103. Ein Bildhauer wil einer Frauen sein schönstes Bild verehren.
EIn vortrefflicher Künstler und Bildhauer Praxitele/ hat einem Weibe/ Phryre genant/ versprochen/ er wolte ihr das schönste Bild/ daß er in feiner Kunst-Kammer hätte/ verehren. Nun wuste sie lange nicht/ wie sie erfahren solte/ welches das schönste/ und ihm/ dem Meister am liebsten wäre/ inmassen er ihrs selbsten nicht sagen wolte/ endlich erdacht sie einen solchen List: Sie lieff ihn an/ ausser dem Hause/ nach dem er eine geraume Zeit nicht daheim gewesen/ erschreckte ihn mit der bösen Zeitung und sagte: Es were in seinem Abwesen Feuer auskommen/ und seine Wohnung sambt der Werckstatt verbronnen. Darüber erschrickt er/ und im Schrecken fieng er an zuruffen: Ach das Bild Cupidinis! Da merckte dis Weib/ das müste das theuerste und wertheste Stück seyn/ und erinnert ihm seines Versprechens.
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/263>, abgerufen am 16.02.2025. |