Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Kindes, das ihn geflissentlich beschädigt hätte, we-
nig verantwortlich sein würde, so begnügte sie sich,
dem gottlosen Bösewicht unter einem Vorwand et-
was von seinem Lohn abzubrechen. Der Herr Ad-
vocat zahlte es ihm selbst, und versicherte, daß
Hanns es blos der Güte der Madam Schnitzer zu
danken hätte, wenn er so weg käme; denn sollte
es ihr noch einfallen zu klagen, so würde er aller-
dings gestraft, weil er mich sehr übel zugerichtet
hätte, und überhaupt nicht befugt gewesen wäre,
sich selbst zu rächen, sondern es der Madam hätte
überlassen müssen, ihr Kind zu strafen. Hanns
glaubte es halb und halb, und gieng mit dem, was
ihm gegeben ward; der Consulent empfieng einen
Thaler für seine Bemühung, und so war die Sache
vorbei.

Aber für meinen Hintern war sie es nicht,
dieser befand sich etliche Tage in traurigen Umstän-
den, und machte mir, weil ich durch herumfahren
im Bett und durch kratzen, wenns heilen wollte,
das Uebel verlängerte, viel Schmerz. Mutter Sus-
chen, die schon am Abend der Execution etwas ein-
nehmen mußte, konnte den Jammer über mein Lei-
den ebenfalls nicht sogleich überwinden, sie ward
würklich unpäßlich davon, und ich vermehrte ihren
Kummer durch meine Ungeduld und einen recht

aus-

Kindes, das ihn gefliſſentlich beſchaͤdigt haͤtte, we-
nig verantwortlich ſein wuͤrde, ſo begnuͤgte ſie ſich,
dem gottloſen Boͤſewicht unter einem Vorwand et-
was von ſeinem Lohn abzubrechen. Der Herr Ad-
vocat zahlte es ihm ſelbſt, und verſicherte, daß
Hanns es blos der Guͤte der Madam Schnitzer zu
danken haͤtte, wenn er ſo weg kaͤme; denn ſollte
es ihr noch einfallen zu klagen, ſo wuͤrde er aller-
dings geſtraft, weil er mich ſehr uͤbel zugerichtet
haͤtte, und uͤberhaupt nicht befugt geweſen waͤre,
ſich ſelbſt zu raͤchen, ſondern es der Madam haͤtte
uͤberlaſſen muͤſſen, ihr Kind zu ſtrafen. Hanns
glaubte es halb und halb, und gieng mit dem, was
ihm gegeben ward; der Conſulent empfieng einen
Thaler fuͤr ſeine Bemuͤhung, und ſo war die Sache
vorbei.

Aber fuͤr meinen Hintern war ſie es nicht,
dieſer befand ſich etliche Tage in traurigen Umſtaͤn-
den, und machte mir, weil ich durch herumfahren
im Bett und durch kratzen, wenns heilen wollte,
das Uebel verlaͤngerte, viel Schmerz. Mutter Sus-
chen, die ſchon am Abend der Execution etwas ein-
nehmen mußte, konnte den Jammer uͤber mein Lei-
den ebenfalls nicht ſogleich uͤberwinden, ſie ward
wuͤrklich unpaͤßlich davon, und ich vermehrte ihren
Kummer durch meine Ungeduld und einen recht

aus-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="91"/>
Kindes, das ihn gefli&#x017F;&#x017F;entlich be&#x017F;cha&#x0364;digt ha&#x0364;tte, we-<lb/>
nig verantwortlich &#x017F;ein wu&#x0364;rde, &#x017F;o begnu&#x0364;gte &#x017F;ie &#x017F;ich,<lb/>
dem gottlo&#x017F;en Bo&#x0364;&#x017F;ewicht unter einem Vorwand et-<lb/>
was von &#x017F;einem Lohn abzubrechen. Der Herr Ad-<lb/>
vocat zahlte es ihm &#x017F;elb&#x017F;t, und ver&#x017F;icherte, daß<lb/>
Hanns es blos der Gu&#x0364;te der Madam Schnitzer zu<lb/>
danken ha&#x0364;tte, wenn er &#x017F;o weg ka&#x0364;me; denn &#x017F;ollte<lb/>
es ihr noch einfallen zu klagen, &#x017F;o wu&#x0364;rde er aller-<lb/>
dings ge&#x017F;traft, weil er mich &#x017F;ehr u&#x0364;bel zugerichtet<lb/>
ha&#x0364;tte, und u&#x0364;berhaupt nicht befugt gewe&#x017F;en wa&#x0364;re,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu ra&#x0364;chen, &#x017F;ondern es der Madam ha&#x0364;tte<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ihr Kind zu &#x017F;trafen. Hanns<lb/>
glaubte es halb und halb, und gieng mit dem, was<lb/>
ihm gegeben ward; der Con&#x017F;ulent empfieng einen<lb/>
Thaler fu&#x0364;r &#x017F;eine Bemu&#x0364;hung, und &#x017F;o war die Sache<lb/>
vorbei.</p><lb/>
        <p>Aber fu&#x0364;r meinen Hintern war &#x017F;ie es nicht,<lb/>
die&#x017F;er befand &#x017F;ich etliche Tage in traurigen Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den, und machte mir, weil ich durch herumfahren<lb/>
im Bett und durch kratzen, wenns heilen wollte,<lb/>
das Uebel verla&#x0364;ngerte, viel Schmerz. Mutter Sus-<lb/>
chen, die &#x017F;chon am Abend der Execution etwas ein-<lb/>
nehmen mußte, konnte den Jammer u&#x0364;ber mein Lei-<lb/>
den ebenfalls nicht &#x017F;ogleich u&#x0364;berwinden, &#x017F;ie ward<lb/>
wu&#x0364;rklich unpa&#x0364;ßlich davon, und ich vermehrte ihren<lb/>
Kummer durch meine Ungeduld und einen recht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0095] Kindes, das ihn gefliſſentlich beſchaͤdigt haͤtte, we- nig verantwortlich ſein wuͤrde, ſo begnuͤgte ſie ſich, dem gottloſen Boͤſewicht unter einem Vorwand et- was von ſeinem Lohn abzubrechen. Der Herr Ad- vocat zahlte es ihm ſelbſt, und verſicherte, daß Hanns es blos der Guͤte der Madam Schnitzer zu danken haͤtte, wenn er ſo weg kaͤme; denn ſollte es ihr noch einfallen zu klagen, ſo wuͤrde er aller- dings geſtraft, weil er mich ſehr uͤbel zugerichtet haͤtte, und uͤberhaupt nicht befugt geweſen waͤre, ſich ſelbſt zu raͤchen, ſondern es der Madam haͤtte uͤberlaſſen muͤſſen, ihr Kind zu ſtrafen. Hanns glaubte es halb und halb, und gieng mit dem, was ihm gegeben ward; der Conſulent empfieng einen Thaler fuͤr ſeine Bemuͤhung, und ſo war die Sache vorbei. Aber fuͤr meinen Hintern war ſie es nicht, dieſer befand ſich etliche Tage in traurigen Umſtaͤn- den, und machte mir, weil ich durch herumfahren im Bett und durch kratzen, wenns heilen wollte, das Uebel verlaͤngerte, viel Schmerz. Mutter Sus- chen, die ſchon am Abend der Execution etwas ein- nehmen mußte, konnte den Jammer uͤber mein Lei- den ebenfalls nicht ſogleich uͤberwinden, ſie ward wuͤrklich unpaͤßlich davon, und ich vermehrte ihren Kummer durch meine Ungeduld und einen recht aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/95
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/95>, abgerufen am 21.11.2024.