als Mensch zuzuerkennen ist, wie hoch oder nie- drig der Stand auch sei, in dem es gebohren wird. Denn ein Mensch -- wer es recht weiß, was in dem Wesen, welchem man diesen Nahmen beilegt, für Fähigkeiten liegen, zu welcher Macht und Hoheit es geschaffen ist, -- -- Der Leser ver- zeihe mir, daß ich die philosophisch-moralische Vorlesung, welche jetzt aus Celestins Munde floß, nicht weiter anführe, ich habe sie wirklich verges- sen, nun wollte nicht gern die Werke dieses sen- timentalischen Mannes durch Darstellung meiner thiermenschischen Begriffe von dergleichen Din- gen, verfälschen, welches man als einen Beweiß meiner Bescheidenheit wird loben müssen.
Jch hatte eben meine gutmüthige Stunde, wollte also meinen Freund Celestin in der Freude, daß ich doch zuweilen vernünftige Gedanken hätte, nicht stöhren und that, als ob ich eben das bei meiner Anmerkung gedacht hätte, aber nicht ein Jota von alle dem war mir dabei in den Sinn gekommen. Jch dachte an nichts, als an den billigen und löblichen Egoismus der Menschen, der sich unter den niedern Ständen, besonders bei Familiengelagen recht nachdrücklich zeigt. Man würde es ganz armen Leuten nicht verübeln, wenn sie ihre Kinder still wegtaufen ließen, aber das
geschieht
als Menſch zuzuerkennen iſt, wie hoch oder nie- drig der Stand auch ſei, in dem es gebohren wird. Denn ein Menſch — wer es recht weiß, was in dem Weſen, welchem man dieſen Nahmen beilegt, fuͤr Faͤhigkeiten liegen, zu welcher Macht und Hoheit es geſchaffen iſt, — — Der Leſer ver- zeihe mir, daß ich die philoſophiſch-moraliſche Vorleſung, welche jetzt aus Celeſtins Munde floß, nicht weiter anfuͤhre, ich habe ſie wirklich vergeſ- ſen, nun wollte nicht gern die Werke dieſes ſen- timentaliſchen Mannes durch Darſtellung meiner thiermenſchiſchen Begriffe von dergleichen Din- gen, verfaͤlſchen, welches man als einen Beweiß meiner Beſcheidenheit wird loben muͤſſen.
Jch hatte eben meine gutmuͤthige Stunde, wollte alſo meinen Freund Celeſtin in der Freude, daß ich doch zuweilen vernuͤnftige Gedanken haͤtte, nicht ſtoͤhren und that, als ob ich eben das bei meiner Anmerkung gedacht haͤtte, aber nicht ein Jota von alle dem war mir dabei in den Sinn gekommen. Jch dachte an nichts, als an den billigen und loͤblichen Egoismus der Menſchen, der ſich unter den niedern Staͤnden, beſonders bei Familiengelagen recht nachdruͤcklich zeigt. Man wuͤrde es ganz armen Leuten nicht veruͤbeln, wenn ſie ihre Kinder ſtill wegtaufen ließen, aber das
geſchieht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0008"n="4"/>
als Menſch zuzuerkennen iſt, wie hoch oder nie-<lb/>
drig der Stand auch ſei, in dem es gebohren<lb/>
wird. Denn ein Menſch — wer es recht weiß,<lb/>
was in dem Weſen, welchem man dieſen Nahmen<lb/>
beilegt, fuͤr Faͤhigkeiten liegen, zu welcher Macht<lb/>
und Hoheit es geſchaffen iſt, —— Der Leſer ver-<lb/>
zeihe mir, daß ich die philoſophiſch-moraliſche<lb/>
Vorleſung, welche jetzt aus Celeſtins Munde floß,<lb/>
nicht weiter anfuͤhre, ich habe ſie wirklich vergeſ-<lb/>ſen, nun wollte nicht gern die Werke dieſes ſen-<lb/>
timentaliſchen Mannes durch Darſtellung meiner<lb/>
thiermenſchiſchen Begriffe von dergleichen Din-<lb/>
gen, verfaͤlſchen, welches man als einen Beweiß<lb/>
meiner Beſcheidenheit wird loben muͤſſen.</p><lb/><p>Jch hatte eben meine gutmuͤthige Stunde,<lb/>
wollte alſo meinen Freund Celeſtin in der Freude,<lb/>
daß ich doch zuweilen vernuͤnftige Gedanken haͤtte,<lb/>
nicht ſtoͤhren und that, als ob ich eben das bei<lb/>
meiner Anmerkung gedacht haͤtte, aber nicht ein<lb/>
Jota von alle dem war mir dabei in den Sinn<lb/>
gekommen. Jch dachte an nichts, als an den<lb/>
billigen und loͤblichen Egoismus der Menſchen,<lb/>
der ſich unter den niedern Staͤnden, beſonders bei<lb/>
Familiengelagen recht nachdruͤcklich zeigt. Man<lb/>
wuͤrde es ganz armen Leuten nicht veruͤbeln, wenn<lb/>ſie ihre Kinder ſtill wegtaufen ließen, aber das<lb/><fwplace="bottom"type="catch">geſchieht</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[4/0008]
als Menſch zuzuerkennen iſt, wie hoch oder nie-
drig der Stand auch ſei, in dem es gebohren
wird. Denn ein Menſch — wer es recht weiß,
was in dem Weſen, welchem man dieſen Nahmen
beilegt, fuͤr Faͤhigkeiten liegen, zu welcher Macht
und Hoheit es geſchaffen iſt, — — Der Leſer ver-
zeihe mir, daß ich die philoſophiſch-moraliſche
Vorleſung, welche jetzt aus Celeſtins Munde floß,
nicht weiter anfuͤhre, ich habe ſie wirklich vergeſ-
ſen, nun wollte nicht gern die Werke dieſes ſen-
timentaliſchen Mannes durch Darſtellung meiner
thiermenſchiſchen Begriffe von dergleichen Din-
gen, verfaͤlſchen, welches man als einen Beweiß
meiner Beſcheidenheit wird loben muͤſſen.
Jch hatte eben meine gutmuͤthige Stunde,
wollte alſo meinen Freund Celeſtin in der Freude,
daß ich doch zuweilen vernuͤnftige Gedanken haͤtte,
nicht ſtoͤhren und that, als ob ich eben das bei
meiner Anmerkung gedacht haͤtte, aber nicht ein
Jota von alle dem war mir dabei in den Sinn
gekommen. Jch dachte an nichts, als an den
billigen und loͤblichen Egoismus der Menſchen,
der ſich unter den niedern Staͤnden, beſonders bei
Familiengelagen recht nachdruͤcklich zeigt. Man
wuͤrde es ganz armen Leuten nicht veruͤbeln, wenn
ſie ihre Kinder ſtill wegtaufen ließen, aber das
geſchieht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/8>, abgerufen am 31.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.