Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
letzten Stoß gab, und seinem Tod näher brachte, ihm aber auch für das Restchen seines Lebens zu mehr Ruhe verhalf. Der Baron hatte für gut befunden, die Bühne zu verlassen, als meine Mutter auf derselben er- schienen war, und blieb diesen ganzen Tag abwe- send. Die Frau Baroninn fuhr noch mitten im Ge- schrei mit ihrer Freundinn aus, und schickte gegen Abend ihren Bedienten zurück, um die Kammer- Jungfer nebst allen ihren Effekten abholen zu lassen; meine Mutter aber wollte sie schlechterdings nicht verabfolgen lassen, weil der Herr Baron nicht zuge- gen war, es setzte also neuen Lerm, und da eben die Theilhaber und Theilhaberinnen des Soupee spirituel ankamen, so erfuhren sie sämmtlich die Zerrüttung im Hause, und die Veranlassung dazu ward natür- lich nicht zur Ehre der Frau von Treff mitgetheilt. Der Gemahl dieser gekränkten Dame lobte, als er nach Hause kam, meine Mutter darum, daß sie die Sachen nicht hergegeben hatte, er gerieth auf den Einfall, sie sämmtlich als Kostenentschädi- gung zu behalten, wofern seine Gemahlinn sich nicht wieder mit ihm vertragen wollte. Dazu hatte diese keine Lust, also kam es zur Klage unter ihnen, bei welcher jeder Theil die meiste Ursache zur Scheidung haben wollte, um Geld von dem andern zu ziehen; während
letzten Stoß gab, und ſeinem Tod naͤher brachte, ihm aber auch fuͤr das Reſtchen ſeines Lebens zu mehr Ruhe verhalf. Der Baron hatte fuͤr gut befunden, die Buͤhne zu verlaſſen, als meine Mutter auf derſelben er- ſchienen war, und blieb dieſen ganzen Tag abwe- ſend. Die Frau Baroninn fuhr noch mitten im Ge- ſchrei mit ihrer Freundinn aus, und ſchickte gegen Abend ihren Bedienten zuruͤck, um die Kammer- Jungfer nebſt allen ihren Effekten abholen zu laſſen; meine Mutter aber wollte ſie ſchlechterdings nicht verabfolgen laſſen, weil der Herr Baron nicht zuge- gen war, es ſetzte alſo neuen Lerm, und da eben die Theilhaber und Theilhaberinnen des Soupee ſpirituel ankamen, ſo erfuhren ſie ſaͤmmtlich die Zerruͤttung im Hauſe, und die Veranlaſſung dazu ward natuͤr- lich nicht zur Ehre der Frau von Treff mitgetheilt. Der Gemahl dieſer gekraͤnkten Dame lobte, als er nach Hauſe kam, meine Mutter darum, daß ſie die Sachen nicht hergegeben hatte, er gerieth auf den Einfall, ſie ſaͤmmtlich als Koſtenentſchaͤdi- gung zu behalten, wofern ſeine Gemahlinn ſich nicht wieder mit ihm vertragen wollte. Dazu hatte dieſe keine Luſt, alſo kam es zur Klage unter ihnen, bei welcher jeder Theil die meiſte Urſache zur Scheidung haben wollte, um Geld von dem andern zu ziehen; waͤhrend
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letzten Stoß gab, und ſeinem Tod naͤher brachte,
ihm aber auch fuͤr das Reſtchen ſeines Lebens zu
mehr Ruhe verhalf.
Der Baron hatte fuͤr gut befunden, die Buͤhne
zu verlaſſen, als meine Mutter auf derſelben er-
ſchienen war, und blieb dieſen ganzen Tag abwe-
ſend. Die Frau Baroninn fuhr noch mitten im Ge-
ſchrei mit ihrer Freundinn aus, und ſchickte gegen
Abend ihren Bedienten zuruͤck, um die Kammer-
Jungfer nebſt allen ihren Effekten abholen zu laſſen;
meine Mutter aber wollte ſie ſchlechterdings nicht
verabfolgen laſſen, weil der Herr Baron nicht zuge-
gen war, es ſetzte alſo neuen Lerm, und da eben die
Theilhaber und Theilhaberinnen des Soupee ſpirituel
ankamen, ſo erfuhren ſie ſaͤmmtlich die Zerruͤttung
im Hauſe, und die Veranlaſſung dazu ward natuͤr-
lich nicht zur Ehre der Frau von Treff mitgetheilt.
Der Gemahl dieſer gekraͤnkten Dame lobte,
als er nach Hauſe kam, meine Mutter darum, daß
ſie die Sachen nicht hergegeben hatte, er gerieth
auf den Einfall, ſie ſaͤmmtlich als Koſtenentſchaͤdi-
gung zu behalten, wofern ſeine Gemahlinn ſich nicht
wieder mit ihm vertragen wollte. Dazu hatte dieſe
keine Luſt, alſo kam es zur Klage unter ihnen, bei
welcher jeder Theil die meiſte Urſache zur Scheidung
haben wollte, um Geld von dem andern zu ziehen;
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