Weiter, sagte Celestin, in dem Bericht sei- ner Großthaten, daß er immer an denen die meh- reste Freude erlebt, welche aufrichtig in ihren Er- zählungen gewesen, ja sich so gar nicht leicht hätten überzeugen lassen, daß sie auf dem Wege des La- sters wären. Von denen aber, welche Besserung geheuchelt hätten, wäre er immer betrogen worden, so daß sie nachdem sie aus seiner Aufsicht gewesen, es toller, als vorher gemacht hätten. Daher hätte er auch keine Hoffnung bei solchen, die sich nach ei- nem wüsten Leben auf einmal gut und willig zur Tu- gend stellten.
Da ich also sowohl Celestin auf eine neue Art betrügen, als meinen Onele je eher je lieber um einen Theil seines Vermögens, wenn es nicht um das ganze sein könnte, bringen wollte; so nahm ich mir vor zu thun, was mir ohnehin soviel Vergnü- gen gewährte d. h. ich begann zu behaupten, daß es eine Grille sei, den mannichfaltigen Freuden eines zügellosen Lebens zu entsagen, ja ich spottete den Schilderungen von dem Reitz der Tugend, die mir Celestin machte, und erzählte ihm, wie es meine Leser im vorigen besonders im ersten Theil meines Buchs ersehn haben, alle bunte und krause Bege- benheiten vor und nach meiner Erscheinung in der Welt mit Lachen und Beweisen meines Beifalls. Nur zuweilen hielt ich es für nöthig, ein wenig nachzugeben und hauptsächlich war ich dahin bedacht, ihm eine Gutmüthigkeit bemerken zu lassen, die er für völlig natürlich hielt. Um ihrentwillen setzte er die größte Hoffnung auf mich; indem er fest be- hauptete, daß bei einem lockern Menschen, dessen
Herz
Weiter, ſagte Celeſtin, in dem Bericht ſei- ner Großthaten, daß er immer an denen die meh- reſte Freude erlebt, welche aufrichtig in ihren Er- zaͤhlungen geweſen, ja ſich ſo gar nicht leicht haͤtten uͤberzeugen laſſen, daß ſie auf dem Wege des La- ſters waͤren. Von denen aber, welche Beſſerung geheuchelt haͤtten, waͤre er immer betrogen worden, ſo daß ſie nachdem ſie aus ſeiner Aufſicht geweſen, es toller, als vorher gemacht haͤtten. Daher haͤtte er auch keine Hoffnung bei ſolchen, die ſich nach ei- nem wuͤſten Leben auf einmal gut und willig zur Tu- gend ſtellten.
Da ich alſo ſowohl Celeſtin auf eine neue Art betruͤgen, als meinen Onele je eher je lieber um einen Theil ſeines Vermoͤgens, wenn es nicht um das ganze ſein koͤnnte, bringen wollte; ſo nahm ich mir vor zu thun, was mir ohnehin ſoviel Vergnuͤ- gen gewaͤhrte d. h. ich begann zu behaupten, daß es eine Grille ſei, den mannichfaltigen Freuden eines zuͤgelloſen Lebens zu entſagen, ja ich ſpottete den Schilderungen von dem Reitz der Tugend, die mir Celeſtin machte, und erzaͤhlte ihm, wie es meine Leſer im vorigen beſonders im erſten Theil meines Buchs erſehn haben, alle bunte und krauſe Bege- benheiten vor und nach meiner Erſcheinung in der Welt mit Lachen und Beweiſen meines Beifalls. Nur zuweilen hielt ich es fuͤr noͤthig, ein wenig nachzugeben und hauptſaͤchlich war ich dahin bedacht, ihm eine Gutmuͤthigkeit bemerken zu laſſen, die er fuͤr voͤllig natuͤrlich hielt. Um ihrentwillen ſetzte er die groͤßte Hoffnung auf mich; indem er feſt be- hauptete, daß bei einem lockern Menſchen, deſſen
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Weiter, ſagte Celeſtin, in dem Bericht ſei-
ner Großthaten, daß er immer an denen die meh-
reſte Freude erlebt, welche aufrichtig in ihren Er-
zaͤhlungen geweſen, ja ſich ſo gar nicht leicht haͤtten
uͤberzeugen laſſen, daß ſie auf dem Wege des La-
ſters waͤren. Von denen aber, welche Beſſerung
geheuchelt haͤtten, waͤre er immer betrogen worden,
ſo daß ſie nachdem ſie aus ſeiner Aufſicht geweſen,
es toller, als vorher gemacht haͤtten. Daher haͤtte
er auch keine Hoffnung bei ſolchen, die ſich nach ei-
nem wuͤſten Leben auf einmal gut und willig zur Tu-
gend ſtellten.
Da ich alſo ſowohl Celeſtin auf eine neue Art
betruͤgen, als meinen Onele je eher je lieber um
einen Theil ſeines Vermoͤgens, wenn es nicht um
das ganze ſein koͤnnte, bringen wollte; ſo nahm ich
mir vor zu thun, was mir ohnehin ſoviel Vergnuͤ-
gen gewaͤhrte d. h. ich begann zu behaupten, daß es
eine Grille ſei, den mannichfaltigen Freuden eines
zuͤgelloſen Lebens zu entſagen, ja ich ſpottete den
Schilderungen von dem Reitz der Tugend, die mir
Celeſtin machte, und erzaͤhlte ihm, wie es meine
Leſer im vorigen beſonders im erſten Theil meines
Buchs erſehn haben, alle bunte und krauſe Bege-
benheiten vor und nach meiner Erſcheinung in der
Welt mit Lachen und Beweiſen meines Beifalls.
Nur zuweilen hielt ich es fuͤr noͤthig, ein wenig
nachzugeben und hauptſaͤchlich war ich dahin bedacht,
ihm eine Gutmuͤthigkeit bemerken zu laſſen, die er
fuͤr voͤllig natuͤrlich hielt. Um ihrentwillen ſetzte er
die groͤßte Hoffnung auf mich; indem er feſt be-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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