Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Alles ging nach Wunsch, ich holte die Frau-
enzimmer zu rechter Zeit in die Comödie ab, Bla-
sewitz hingegen setzte sich, da es finster war, in den
bestellten Wagen, fuhr darin auf einen freien wenig
besuchten Platz, wo keine Wagen zu halten pfleg-
ten, hinter dem Schauspielhause und wartete, wie
unser Anschlag ablaufen würde. Gegen das Ende
des letzten Acts erhob sich ein Brandgeruch hinter
dem nächsten Bogen am Theater und zügleich wur-
de Feuer geschrieen. Johann hatte ein großes Stück
brennenden Schwamm in ein Tuch gewickelt, sich
damit hinauf geschlichen, so wie das Tuch über
und über glimmte, ihm mehr Luft gemacht, da-
mit sich der Geruch verbreiten möchte und da
dieß erfolgte, es hurtig hinter sich geworfen, wor-
auf er fort lief, und Feuer schrie.

Zehn Stimmen schricen es nach und alles erhob
sich. Jch hatte mich zwischen Mienchen und Lenchen
gesteckt, auf Johanns Ausruf nahm ich sie geschwind
bei den Händen und riß sie zur Loge heraus. Wir
kamen ins Gedränge, aber doch durch, denn da ich
nicht gezögert, sondern ehe noch Johann das Wort
ausgesprochen hatte, mit den Mädchen davon eilte,
so waren wir unter den vordersten. Meine Mutter!
Madam Busch! schrie Wilhelmine und Madelon;
nur ins Freie! rief ich, dann will ich sie suchen, und
so schleppte ich die halbtodten Mädchen fort. Das
Gedränge wurde ärger, aber immer behielten wir ei-
nen Vorsprung, und glücklich brachte ich Madelon,
die ich am festesten hielt, an den Wagen, in dem Bla-
sewitz saß, ich warf sie hinein und befahl dem Kut-
scher
Alles ging nach Wunſch, ich holte die Frau-
enzimmer zu rechter Zeit in die Comoͤdie ab, Bla-
ſewitz hingegen ſetzte ſich, da es finſter war, in den
beſtellten Wagen, fuhr darin auf einen freien wenig
beſuchten Platz, wo keine Wagen zu halten pfleg-
ten, hinter dem Schauſpielhauſe und wartete, wie
unſer Anſchlag ablaufen wuͤrde. Gegen das Ende
des letzten Acts erhob ſich ein Brandgeruch hinter
dem naͤchſten Bogen am Theater und zuͤgleich wur-
de Feuer geſchrieen. Johann hatte ein großes Stuͤck
brennenden Schwamm in ein Tuch gewickelt, ſich
damit hinauf geſchlichen, ſo wie das Tuch uͤber
und uͤber glimmte, ihm mehr Luft gemacht, da-
mit ſich der Geruch verbreiten moͤchte und da
dieß erfolgte, es hurtig hinter ſich geworfen, wor-
auf er fort lief, und Feuer ſchrie.

Zehn Stimmen ſchricen es nach und alles erhob
ſich. Jch hatte mich zwiſchen Mienchen und Lenchen
geſteckt, auf Johanns Ausruf nahm ich ſie geſchwind
bei den Haͤnden und riß ſie zur Loge heraus. Wir
kamen ins Gedraͤnge, aber doch durch, denn da ich
nicht gezoͤgert, ſondern ehe noch Johann das Wort
ausgeſprochen hatte, mit den Maͤdchen davon eilte,
ſo waren wir unter den vorderſten. Meine Mutter!
Madam Buſch! ſchrie Wilhelmine und Madelon;
nur ins Freie! rief ich, dann will ich ſie ſuchen, und
ſo ſchleppte ich die halbtodten Maͤdchen fort. Das
Gedraͤnge wurde aͤrger, aber immer behielten wir ei-
nen Vorſprung, und gluͤcklich brachte ich Madelon,
die ich am feſteſten hielt, an den Wagen, in dem Bla-
ſewitz ſaß, ich warf ſie hinein und befahl dem Kut-
ſcher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#STA">
          <pb facs="#f0400" n="396"/>
          <p>Alles ging nach Wun&#x017F;ch, ich holte die Frau-<lb/>
enzimmer zu rechter Zeit in die Como&#x0364;die ab, Bla-<lb/>
&#x017F;ewitz hingegen &#x017F;etzte &#x017F;ich, da es fin&#x017F;ter war, in den<lb/>
be&#x017F;tellten Wagen, fuhr darin auf einen freien wenig<lb/>
be&#x017F;uchten Platz, wo keine Wagen zu halten pfleg-<lb/>
ten, hinter dem Schau&#x017F;pielhau&#x017F;e und wartete, wie<lb/>
un&#x017F;er An&#x017F;chlag ablaufen wu&#x0364;rde. Gegen das Ende<lb/>
des letzten Acts erhob &#x017F;ich ein Brandgeruch hinter<lb/>
dem na&#x0364;ch&#x017F;ten Bogen am Theater und zu&#x0364;gleich wur-<lb/>
de Feuer ge&#x017F;chrieen. Johann hatte ein großes Stu&#x0364;ck<lb/>
brennenden Schwamm in ein Tuch gewickelt, &#x017F;ich<lb/>
damit hinauf ge&#x017F;chlichen, &#x017F;o wie das Tuch u&#x0364;ber<lb/>
und u&#x0364;ber glimmte, ihm mehr Luft gemacht, da-<lb/>
mit &#x017F;ich der Geruch verbreiten mo&#x0364;chte und da<lb/>
dieß erfolgte, es hurtig hinter &#x017F;ich geworfen, wor-<lb/>
auf er fort lief, und Feuer &#x017F;chrie.</p><lb/>
          <p>Zehn Stimmen &#x017F;chricen es nach und alles erhob<lb/>
&#x017F;ich. Jch hatte mich zwi&#x017F;chen Mienchen und Lenchen<lb/>
ge&#x017F;teckt, auf Johanns Ausruf nahm ich &#x017F;ie ge&#x017F;chwind<lb/>
bei den Ha&#x0364;nden und riß &#x017F;ie zur Loge heraus. Wir<lb/>
kamen ins Gedra&#x0364;nge, aber doch durch, denn da ich<lb/>
nicht gezo&#x0364;gert, &#x017F;ondern ehe noch Johann das Wort<lb/>
ausge&#x017F;prochen hatte, mit den Ma&#x0364;dchen davon eilte,<lb/>
&#x017F;o waren wir unter den vorder&#x017F;ten. Meine Mutter!<lb/>
Madam Bu&#x017F;ch! &#x017F;chrie Wilhelmine und Madelon;<lb/>
nur ins Freie! rief ich, dann will ich &#x017F;ie &#x017F;uchen, und<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chleppte ich die halbtodten Ma&#x0364;dchen fort. Das<lb/>
Gedra&#x0364;nge wurde a&#x0364;rger, aber immer behielten wir ei-<lb/>
nen Vor&#x017F;prung, und glu&#x0364;cklich brachte ich Madelon,<lb/>
die ich am fe&#x017F;te&#x017F;ten hielt, an den Wagen, in dem Bla-<lb/>
&#x017F;ewitz &#x017F;aß, ich warf &#x017F;ie hinein und befahl dem Kut-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;cher</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0400] Alles ging nach Wunſch, ich holte die Frau- enzimmer zu rechter Zeit in die Comoͤdie ab, Bla- ſewitz hingegen ſetzte ſich, da es finſter war, in den beſtellten Wagen, fuhr darin auf einen freien wenig beſuchten Platz, wo keine Wagen zu halten pfleg- ten, hinter dem Schauſpielhauſe und wartete, wie unſer Anſchlag ablaufen wuͤrde. Gegen das Ende des letzten Acts erhob ſich ein Brandgeruch hinter dem naͤchſten Bogen am Theater und zuͤgleich wur- de Feuer geſchrieen. Johann hatte ein großes Stuͤck brennenden Schwamm in ein Tuch gewickelt, ſich damit hinauf geſchlichen, ſo wie das Tuch uͤber und uͤber glimmte, ihm mehr Luft gemacht, da- mit ſich der Geruch verbreiten moͤchte und da dieß erfolgte, es hurtig hinter ſich geworfen, wor- auf er fort lief, und Feuer ſchrie. Zehn Stimmen ſchricen es nach und alles erhob ſich. Jch hatte mich zwiſchen Mienchen und Lenchen geſteckt, auf Johanns Ausruf nahm ich ſie geſchwind bei den Haͤnden und riß ſie zur Loge heraus. Wir kamen ins Gedraͤnge, aber doch durch, denn da ich nicht gezoͤgert, ſondern ehe noch Johann das Wort ausgeſprochen hatte, mit den Maͤdchen davon eilte, ſo waren wir unter den vorderſten. Meine Mutter! Madam Buſch! ſchrie Wilhelmine und Madelon; nur ins Freie! rief ich, dann will ich ſie ſuchen, und ſo ſchleppte ich die halbtodten Maͤdchen fort. Das Gedraͤnge wurde aͤrger, aber immer behielten wir ei- nen Vorſprung, und gluͤcklich brachte ich Madelon, die ich am feſteſten hielt, an den Wagen, in dem Bla- ſewitz ſaß, ich warf ſie hinein und befahl dem Kut- ſcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/400
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/400>, abgerufen am 16.06.2024.